Berichte Heft 76/2001, Fachbeiträge zur Dorferneuerung und ...
Berichte Heft 76/2001, Fachbeiträge zur Dorferneuerung und ...
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Darüber hinaus ist zu befürchten, daß die B<strong>und</strong>esregierung<br />
die süddeutschen Länder bei der Verteilung der<br />
EU-Mittel benachteiligen wird. Damit werden ausgerechnet<br />
die Länder abgestraft, die in der Vergangenheit<br />
durch eine aktive Politik vor allem im<br />
Agrarumweltbereich EU-Mittel geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> so erheblich<br />
zu einer Stärkung des deutschen Anspruchs beigetragen<br />
haben.<br />
Lassen Sie mich an dieser Stelle etwas näher auf die<br />
B<strong>und</strong>espolitik eingehen. Die bayerischen <strong>und</strong> deutschen<br />
Bäuerinnen <strong>und</strong> Bauern müssen derzeit die Zeche einer<br />
B<strong>und</strong>esagrarpolitik bezahlen, die nicht an den sachlichen<br />
Notwendigkeiten interessiert ist. Die lässige Haltung<br />
der B<strong>und</strong>esregierung gegenüber den Problemen<br />
unserer Landwirte zeigt sich <strong>zur</strong> Zeit in vielen Politikbereichen.<br />
Zunächst muß der B<strong>und</strong>esregierung ein Versagen in den<br />
Agenda-Verhandlungen attestiert werden. Ich meine<br />
dabei nicht nur die Einkommensminderung, die unseren<br />
Bauern unter deutscher Ratspräsidentschaft aufgebürdet<br />
wird — mir geht es auch um das Versagen bei<br />
der Fortschreibung des europäischen Landwirtschaftsmodells.<br />
Und die B<strong>und</strong>esregierung will die Bauern weiter <strong>zur</strong><br />
Kasse bitten. Für die Jahre 2000 bis 2003 sind drastische<br />
Einsparungen bei der Alterssicherung, der Unfallversicherung,<br />
der Gasölbeihilfe <strong>und</strong> der Gemeinschaftsaufgabe<br />
vorgesehen, die allein für die bayerische Landwirtschaft<br />
in diesen vier Jahren Einbußen in Höhe von etwa<br />
1,25 Milliarden Mark ausmachen würden.<br />
Dabei hat die B<strong>und</strong>esregierung schon mit den landwirtschaftsrelevanten<br />
Teilen der Steuerreform unsere Bauern<br />
mit fast 1 /2 Milliarde Mark belastet. Und auch die<br />
Ökosteuer verschlechtert die Wettbewerbskraft der<br />
Landwirtschaft deutlich. Schon im Jahr <strong>2001</strong> werden<br />
die Belastungen daraus r<strong>und</strong> 290 Millionen Mark betragen.<br />
Schwerwiegende Auswirkungen für den ländlichen<br />
Raum hat neben der deutlichen Belastung der landwirtschaftlichen<br />
Einkommen auch die vorgesehene<br />
Erhöhung der Mineralölsteuer um insgesamt 24 Pf. pro<br />
Liter. Dadurch wird gerade der ländliche Raum enorm<br />
benachteiligt, sind doch die Menschen dort viel<br />
mehr auf das Auto angewiesen als in den großen<br />
Städten.<br />
Es muß unser aller Anliegen sein, gegen diese Belastungen<br />
schärfsten Widerstand zu leisten. Ich fordere die<br />
B<strong>und</strong>esregierung auf, sofort ihre verfehlte Politik zu<br />
Lasten der Landwirtschaft <strong>und</strong> des ländlichen Raumes<br />
zu beenden! Jetzt muß es doch darum gehen, die<br />
AGENDA-Folgen abzuschwächen. Stattdessen übertrifft<br />
die B<strong>und</strong>esregierung mit ihrer landwirtschaftsfeindlichen<br />
Politik die Folgen der AGENDA sogar, anstatt<br />
sie abzufedern. Ich fordere deshalb die B<strong>und</strong>esregierung<br />
auf, diese Belastungen <strong>zur</strong>ückzunehmen <strong>und</strong><br />
wirksame Entlastungen zu schaffen.<br />
Bedeutung der bäuerlichen Landwirtschaft<br />
Die Haltung der B<strong>und</strong>esregierung macht deutlich, daß<br />
es heute in unserer Gesellschaft leider nicht mehr selbstverständlich<br />
ist, die Arbeit, die Leistung der Bauern zu<br />
achten. Die Landwirtschaft trägt aber eine enorme Verantwortung<br />
für die Zukunft unseres Landes. Mit ihrer<br />
Arbeit prägen unsere Bäuerinnen <strong>und</strong> Bauern das<br />
Gesicht Bayerns. Wie kaum einer anderen Berufsgruppe<br />
sind ihnen unsere natürlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen anvertraut.<br />
Zu oft zählen heute aber nur noch Umsätze <strong>und</strong> Renditen.<br />
Nicht selten wird sogar argumentiert, die Landwirtschaft<br />
erbringe gerade einmal einen Anteil von 1 % an<br />
der Bruttowertschöpfung in Bayern. Ich dagegen meine,<br />
wir müssen noch ganz andere Fakten in unsere Betrachtung<br />
einbeziehen, denn:<br />
● Die Landwirtschaft sichert Arbeitsplätze: 4,2 % der<br />
bayerischen Erwerbstätigen arbeiten in der Landwirtschaft.<br />
Jeder achte Arbeitsplatz in Bayern das sind<br />
etwa 680 000 — hängt direkt oder indirekt von der<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> den ihr vor- <strong>und</strong> nachgelagerten<br />
Bereichen ab.<br />
● Nach Elektrotechnik, Fahrzeug- <strong>und</strong> Maschinenbau<br />
liegt die Ernährungswirtschaft mit einem Produktionswert<br />
von über 48 Mrd Mark auf Platz 4, <strong>und</strong><br />
schließlich<br />
● sind die Landschaftspflegeleistungen unserer Bauern<br />
von unschätzbarem Wert für die Kulturlandschaft, für<br />
den Natur- <strong>und</strong> Umweltschutz, für das Gemeinwohl<br />
<strong>und</strong> den Tourismus.<br />
Unsere bäuerliche Landwirtschaft produziert ges<strong>und</strong>e<br />
Lebensmittel, sie gestaltet aber darüber hinaus unseren<br />
Lebensraum <strong>und</strong> schafft so die Gr<strong>und</strong>lagen für unsere<br />
Lebensqualität. In diesem Sinne müssen wir alle Bürger,<br />
nicht nur die Landwirte, für eine aktive <strong>und</strong> zukunftsorientierte<br />
Agrar- <strong>und</strong> Strukturpolitik gewinnen. Das<br />
sind Ausgangsbedingungen, die jeder berücksichtigen<br />
muß, der die Politik für die Landwirtschaft <strong>und</strong> den<br />
ländlichen Raum des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts gestalten will.<br />
Politik für eine bäuerliche Landwirtschaft<br />
Wir haben im Agrarteil unseres Regierungsprogramms<br />
deutlich gemacht, welche hohe Bedeutung wir der Rolle<br />
der bäuerlichen Landwirtschaft in der Gesellschaft beimessen.<br />
Unsere agrarpolitischen Maßnahmen sind gezielt<br />
auf die Stärkung der Landwirtschaft in Bayern mit<br />
einer möglichst großen Zahl bäuerlicher Familienbetriebe<br />
ausgerichtet. Dabei fordern wir von unserer Landwirtschaft<br />
eine umweltfre<strong>und</strong>liche, naturnahe, nachhaltige<br />
<strong>und</strong> flächendeckende Bewirtschaftung.<br />
Der aktuelle, von Belgien ausgelöste Dioxin-Skandal<br />
hat auf drastische Weise deutlich gemacht, wie wichtig<br />
eine Nahrungsmittelproduktion ohne umweltbelastende<br />
Stoffe ist. Denn am Ende des Nährstoffkreislaufes steht<br />
immer der Mensch.<br />
<strong>Berichte</strong> <strong>zur</strong> Ländlichen Entwicklung <strong>76</strong>/<strong>2001</strong> 41