Vortrag Salisbury - Langversion-1 - Evangelisch-lutherischen ...
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anderen gehören keiner Kirche an. Dabei handelt es sich – wie oben bereits<br />
beschrieben - um eine Entwicklung, die in vielen ostdeutschen Gemeinden<br />
vorfindlich ist. Menschen sind infolge kirchenfeindlicher Propaganda und<br />
Repressalien aus der Kirche ausgetreten oder ihr einfach nur fern geblieben<br />
und haben für ihre Kinder keine Beziehung dahin mehr gepflanzt.<br />
Zudem wird konstatiert, dass im Zuge der deutschen Wiedervereinigung und<br />
dem damit einhergehenden Zusammenbruch des Arbeitsmarktes und der<br />
Entwertung bereits erbrachter Lebensleistungen die Region in eine so tiefe<br />
Depression gefallen ist, dass es einen dringenden Bedarf nach<br />
Hoffnungszeichen und Perspektiven gibt. In diesem Zusammenhang<br />
bekommen, nach Einschätzung des Pfarrerehepaars, auch die biblischen<br />
Heilungsgeschichten und solche, die von Samen und Saaten sprechen, eine<br />
neue Bedeutung. Sie bieten - ebenso wie die Geschichte vom verlorenen<br />
Sohn, welche die Existenz einer Heimat, zu der man zurückkehren und bei der<br />
man neu anfangen kann, beschreibt – einen lebensgeschichtlichen<br />
Anknüpfungspunkt.<br />
Auch hier ist das Pfarrerehepaar aber der Überzeugung, dass der<br />
Gottesdienst selbst eigentlich nicht die primäre Form der Verkündigung ist,<br />
sondern dass es, statt um Verkündigung im konfessionslosen Umfeld, um<br />
Verkündigung durch Arbeit mit Konfessionslosen gehen muss. Die<br />
Öffentlichkeit und damit „die Wartenden an den Zäunen“ bekommen eine<br />
neue Bedeutung.<br />
Dabei entsteht Offenheit durch Gemeinschaft und Beziehungsarbeit. Die<br />
Erfahrung zeigt, dass kirchenpädagogische und seminaristische Formen bei<br />
weitem eher ermöglichen, Menschen der Kirche wieder nahe zu bringen oder<br />
sogar eine Taufbereitschaft hervorzurufen, als die klassische gottesdienstliche<br />
Struktur. Dies einmal mehr, weil Menschen, die auf diesem Wege gewonnen<br />
werden, gelegentlich nur mühsam in die traditionelle Gottesdienstform<br />
hineinfinden, ohne sich im Vergleich zu allen anderen sehr fremd zu fühlen.<br />
So ist es gerade für diese Arbeit besonders wichtig, genau abzufragen und zu<br />
erspüren, mit welchen Fragen Menschen gekommen sind. Auch diese Einsicht<br />
schließt – nach Einschätzung unserer Mitarbeiter dort - den klassischen<br />
Predigtstil nach Perikopenordnung aus.<br />
Weiter berichten sie, dass der Umgang mit Tod oder Sterben in weitaus<br />
größerem Maße tabuisiert ist als in Westdeutschland. So fehlen nicht nur<br />
deutende Horizonte, sondern auch Rituale mit Verstorbenen umzugehen.<br />
Auch hier wird es darum gehen müssen, Vertrauen neu aufzubauen und<br />
tröstende Begleitung so anzubieten, dass sie geglaubt und gewagt werden<br />
kann.<br />
Damit kein Missverständnis aufkommt: Natürlich bleibt der gemeindliche<br />
Gottesdienst nach der üblichen Agende das zentrale gottesdienstliche<br />
Geschehen.<br />
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