Krise und Insolvenz des Vertragspartners - Landkreis Nürnberger ...
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<strong>Krise</strong> <strong>und</strong> <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> <strong>Vertragspartners</strong><br />
- Handlungsempfehlungen<br />
Jörg Leißner, Steuerberater/Rechtsanwalt<br />
Ernst & Young Law GmbH, Nürnberg<br />
21. Oktober 2009, Landratsamt Lauf
Agenda<br />
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
II.<br />
III.<br />
IV.<br />
Risiken der <strong>Insolvenz</strong> für die Vertragspartner <strong>des</strong> insolventen Unternehmens<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
1. Auf <strong>Krise</strong>nanzeichen reagieren<br />
2. Vorsorgen für den <strong>Insolvenz</strong>fall<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
1. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> K<strong>und</strong>en<br />
2. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> Lieferanten<br />
Seite 2
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
„Was ist ein <strong>Insolvenz</strong>verfahren?“<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Gesamtvollstreckungsverfahren zugunsten aller Gläubiger; Ziel ist die gleichmäßige<br />
Verteilung der Aktiv-Masse <strong>des</strong> Schuldners<br />
Forderungen der Gläubiger können NUR noch nach den Vorschriften der<br />
<strong>Insolvenz</strong>ordnung geltend gemacht werden (§ 87 InsO).<br />
Gläubiger mit Sicherungsrechten <strong>und</strong> Gläubiger von Masseverbindlichkeiten werden<br />
besser gestellt.<br />
Seite 3
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► <strong>Insolvenz</strong>gründe<br />
Zahlungsunfähigkeit<br />
(§ 17 InsO)<br />
Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er<br />
nicht in der Lage ist, die fälligen<br />
Zahlungspflichten zu erfüllen.<br />
Überschuldung<br />
(§ 19 InsO)<br />
Überschuldung liegt vor, wenn das<br />
Vermögen <strong>des</strong> Schuldners die bestehenden<br />
Verbindlich-keiten nicht mehr deckt <strong>und</strong> die<br />
Fortführung <strong>des</strong> Unternehmens nicht<br />
überwiegend wahrscheinlich ist.<br />
Drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
(§ 18 InsO)<br />
Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er<br />
voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden<br />
Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.<br />
Eröffnung <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verfahrens nur nach schriftlichem Antrag<br />
Antragsberechtigt ist Gläubiger<br />
Antragsverpflichtet ist Schuldner<br />
Antragsberechtigt ist nur der Schuldner<br />
Seite 4
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Antragsgr<strong>und</strong> Zahlungsunfähigkeit<br />
► Gesetzeswortlaut: jede Nichtzahlung einer fälligen Verbindlichkeit<br />
► Definition <strong>des</strong> BGH – Abgrenzung zur Zahlungsstockung<br />
► innerhalb von 21 Tagen<br />
► können weniger als 90%<br />
► der fälligen Verbindlichkeiten bezahlt werden<br />
Seite 5
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Antragsgr<strong>und</strong> Überschuldung<br />
► Temporäre Änderung <strong>des</strong> Überschuldungsbegriffes durch Finanzmarktstabilisierungsgesetz<br />
(FmStG ab 10/2008 bis 12/2013):<br />
„Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen <strong>des</strong> Schuldners die bestehenden<br />
Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung <strong>des</strong> Unternehmens<br />
ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“<br />
► Positive Fortbestehensprognose: überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass mittelfristig nicht<br />
mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu rechnen ist<br />
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I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► <strong>Insolvenz</strong>antragspflichten (§ 15a InsO)<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Mitglieder <strong>des</strong> Vertretungsorgans einer juristischen Person (z.B. Vorstand einer AG) oder die<br />
organschaftlichen Vertreter der zur Geschäftsführung der Gesellschaft ermächtigten<br />
Gesellschafter (z.B. Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG) haben<br />
ohne schuldhaftes Zögern,<br />
spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung<br />
einen <strong>Insolvenz</strong>antrag zu stellen.<br />
Seite 7
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Mögliche Antragstellung durch den Gläubiger<br />
►<br />
►<br />
Gläubiger muss ein rechtliches Interesse an der Eröffnung eines <strong>Insolvenz</strong>verfahrens haben<br />
Gläubiger muss seine Forderung <strong>und</strong> den Eröffnungsgr<strong>und</strong> glaub-haft machen (i.d.R. Titel<br />
<strong>und</strong> vergebliche Zwangsvollstreckung)<br />
►<br />
►<br />
►<br />
<strong>Insolvenz</strong>gericht entscheidet nach Anhörung <strong>des</strong> Schuldners<br />
Zulassungsvoraussetzung ist die Kostendeckung <strong>des</strong> Verfahrens<br />
Bei Nichteröffnung haftet der Gläubiger für die Gerichtskosten<br />
Seite 8
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Umfang der <strong>Insolvenz</strong>masse (§§ 35, 36 InsO)<br />
Vorhandene pfändbare Vermögensgegenstände (Ist-Masse)<br />
./. Aussonderungsrechte<br />
./. Absonderungsrechte<br />
./. Aufrechnungsrechte<br />
./. Masseverbindlichkeiten, Verfahrenskosten<br />
+ Rückgewährungsansprüche aus <strong>Insolvenz</strong>anfechtungen<br />
+ Ergebnisse in Anspruch genommener schwebender Rechtsgeschäfte<br />
+ Ergebnisse aufgenommener Prozesse<br />
= Soll-Masse (Aktiv-Masse)<br />
Die Aktiv-Masse ist Gr<strong>und</strong>lage der Errechnung der sog. Quote, d.h. <strong>des</strong> Anteils bzgl. <strong>des</strong>sen der Gläubiger<br />
Befriedigung seiner Forderungen erlangen kann.<br />
Seite 9
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Gläubigergruppen nach InsO<br />
Gläubigergruppe<br />
Aussonderungsberechtigte Gläubiger<br />
(§ 47 InsO)<br />
Absonderungsberechtigte Gläubiger<br />
(§§ 49 ff. InsO)<br />
Massegläubiger<br />
(§§ 53 ff. InsO)<br />
Definition<br />
… können geltend machen, dass ein Gegenstand aufgr<strong>und</strong> eines persön-lichen oder dinglichen Rechts<br />
nicht zur Masse gehört <strong>und</strong> daher an sie herauszugeben ist.<br />
… haben ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös eines bestimmten Gegenstan<strong>des</strong>, der<br />
sich zwar im Vermögen <strong>des</strong> Schuldners befindet, aber mit Rechten zugunsten <strong>des</strong> Gläubigers belastet<br />
ist.<br />
… sind Gläubiger von Massekosten <strong>und</strong> Masseschulden. Sie sind Inhaber von Ansprüchen, die erst<br />
nach Verfahrenseröffnung oder durch die Verfahrens-eröffnung entstehen. Die Masseverbindlichkeiten sind<br />
aus der <strong>Insolvenz</strong>-masse vorweg zu berichtigen.<br />
Nicht nachrangige <strong>Insolvenz</strong>gläubiger<br />
(§ 38 InsO)<br />
… sind Gläubiger, die zur Zeit der Eröffnung <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verfahrens einen persönlichen, bereits<br />
begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuld-ner haben. Die Forderungen dieser<br />
<strong>Insolvenz</strong>gläubiger werden quoten-mäßig aus der <strong>Insolvenz</strong>masse reguliert.<br />
Seite 10
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Bevorrechtigte Gläubiger<br />
Aussonderungsberechtigte Gläubiger<br />
Absonderungsberechtigte Gläubiger<br />
Beispiele<br />
► Leihe<br />
► Herausgabe einer Mietsache<br />
► (Einfacher) Eigentumsvorbehalt<br />
Beispiele<br />
► Sicherungseigentum<br />
► Sicherungsabtretung<br />
► (Modifizierter) Eigentumsvorbehalt<br />
Gläubiger hat Herausgabeanspruch<br />
Gläubiger hat Anspruch auf angemessene Vergütung<br />
während der unentgeltlichen Nutzung durch den<br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
Gegenstand wird abgesondert verwertet <strong>und</strong> der<br />
Verwertungserlös steht dem Gläubiger zu<br />
(abzgl. Vergütung für <strong>Insolvenz</strong>verwalter <strong>und</strong> USt)<br />
(Keine Befriedigung > 100% möglich)<br />
Seite 11
I. Gr<strong>und</strong>züge <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>rechts<br />
► Vorrang der Gläubiger von Masseverbindlichkeiten<br />
►<br />
Kosten <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verfahrens <strong>und</strong> die sonstigen Masseverbindlichkeiten sind vorweg zu<br />
befriedigen<br />
►<br />
►<br />
Kosten <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verfahrens sind Gerichtskosten, sowie Vergütungen <strong>und</strong> Auslagen <strong>des</strong><br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalters<br />
Sonstige Masseverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten die durch Handlungen <strong>des</strong><br />
<strong>Insolvenz</strong>verwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung <strong>und</strong> Verteilung der<br />
<strong>Insolvenz</strong>masse begründet werden<br />
Seite 12
II. Risiken der <strong>Insolvenz</strong> für die Vertragspartner <strong>des</strong> insolventen<br />
Unternehmens<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Verlust von Forderung trotz Bestehenbleiben der eigenen Pflichten<br />
Verlust von Gewährleistungsansprüchen<br />
Eigenes Unvermögen der Vertragserfüllung gegenüber Abnehmern, Notwendigkeit der Sicherung der<br />
eigenen Produktion<br />
„Blockierung“ von Werkzeugen / Formen / Know-how bei insolventem Lieferanten verhindert kurzfristige<br />
Einschaltung anderer Lieferanten<br />
Hierdurch ausgelöste eigene Liquiditäts- oder Vermögensrisiken<br />
Störung der Gleichwertigkeit von Leistung <strong>und</strong> Gegenleistung<br />
1. Realisierung der offenen Forderungen außerhalb / vor <strong>Insolvenz</strong>eröffnung<br />
2. Vorrangige Befriedigung im <strong>Insolvenz</strong>verfahren durch Sicherungsrechte<br />
3. Frühzeitig durch richtige Rahmenbedingungen die Handlungsfähigkeit sicherstellen<br />
Seite 13
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
1. <strong>Krise</strong>nanzeichen erkennen <strong>und</strong> reagieren<br />
► Vorhandene Informationsquellen nutzen<br />
►<br />
►<br />
Eigene Mitarbeiter (Einkauf, Service, Vertrieb), Wettbewerber, (andere) Lieferanten / K<strong>und</strong>en,<br />
Wirtschaftsauskunfteien (Creditreform, Schufa etc.)<br />
Informationsbasis ggf. vergrößern<br />
Muss Teil der Compliance in jedem Unternehmen sein!<br />
Erkennen UND<br />
(Re-)Agieren!<br />
Seite 14
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Vorsorgen für den <strong>Insolvenz</strong>fall<br />
Generelle Handlungsoptionen<br />
► Alternativanbieter aufbauen/testen/qualifizieren<br />
► Konsequente Forderungseintreibung<br />
► Aufrechnungsmöglichkeiten nutzen<br />
► Geschäftsbeziehung beenden<br />
► Erfüllungs- / Gewährleistungsbürgschaften<br />
verlangen<br />
► Beschränkung <strong>des</strong> Risikos (z.B. Lieferung nur<br />
gegen Vorkasse)<br />
► Gebrauchmachen von Zurückbehaltungsrechten<br />
► <strong>Insolvenz</strong>sichere Sicherungsmittel vereinbaren <strong>und</strong><br />
realisieren; Ziel: Aussonderungs-<br />
/Absonderungsrecht im <strong>Insolvenz</strong>verfahren<br />
► Kreditversicherungen<br />
Vorsicht vor Fallstricken!<br />
z.B. Anfechtungsprobleme durch entsprechende Vertragsgestaltungen vermeiden!<br />
Seite 15
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Vorsorgen für den <strong>Insolvenz</strong>fall<br />
► Für Lieferanten besonders wichtig: Allgemeine Lieferbedingungen<br />
► Lieferbedingungen wirksam in den Vertrag einbeziehen<br />
► Problem: Sich überschneidende Liefer- <strong>und</strong> Einkaufsbedingungen<br />
► Risiko-Faktor AGB!<br />
►Gesetzliche Beschränkung <strong>des</strong> Inhalts von AGB auch für Unternehmer<br />
►Ständige Änderungen / Neuerungen durch Rechtsprechung<br />
AGB durch Rechtsabteilung / rechtlichen Berater erstellen<br />
UND regelmäßig überprüfen lassen!<br />
Seite 16
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Vorsorgen für den <strong>Insolvenz</strong>fall<br />
►„Zwingende“ Lieferbedingung: Eigentumsvorbehalt<br />
►Einfacher Eigentumsvorbehalt<br />
Eigentum <strong>des</strong> Verkäufers bleibt bestehen, bis der Kaufpreis für gelieferte Ware vollständig gezahlt ist<br />
►Erweiterter Eigentumsvorbehalt<br />
Eigentum <strong>des</strong> Verkäufers bleibt bestehen, bis sämtliche offenen Forderungen aus der Geschäftsverbindung<br />
vollständig bezahlt sind<br />
►Verlängerter Eigentumsvorbehalt<br />
Ermächtigung zur Weiterveräußerung der Ware gegen Vorausabtretung der hieraus resultierenden<br />
Zahlungsansprüche gegen den Endk<strong>und</strong>en (verb<strong>und</strong>en mit Einziehungsermächtigung)<br />
►Herstellerklausel<br />
Schutz gegen Eigentumsverlust durch Verarbeitung, Verbindung, Vermischung beim K<strong>und</strong>en<br />
Seite 17
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Vorsorgen für den <strong>Insolvenz</strong>fall<br />
► Wirkung der Lieferbedingungen<br />
► Einfacher Eigentumsvorbehalt<br />
gewährt Aussonderungsrecht; die Ware kann jederzeit herausverlangt werden, vorausgesetzt, das Recht zum<br />
Besitz <strong>des</strong> Käufers (z.B. Kaufvertrag) wurde beseitigt (aber: kein Recht zur Selbsthilfe!)<br />
► Erweiterter Eigentumsvorbehalt, Verlängerter Eigentumsvorbehalt <strong>und</strong> Herstellerklausel<br />
gewähren Absonderungsrecht an Ware bzw. abgetretener Forderung<br />
►Problem: Lieferungen ins Ausland<br />
Seite 18
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
3. Risiko <strong>Insolvenz</strong>anfechtung<br />
► Gr<strong>und</strong>sätze der <strong>Insolvenz</strong>anfechtung (§ 129 InsO)<br />
►<br />
►<br />
►<br />
<strong>Insolvenz</strong>anfechtung soll verhindern, dass der Schuldner aufgr<strong>und</strong> von Rechtshandlungen<br />
Vermögenswerte der <strong>Insolvenz</strong>beschlag-nahme entzieht bzw. sich einzelne Gläubiger vor<br />
<strong>Insolvenz</strong>-eröffnung Vorteile verschaffen<br />
Anfechtbar sind Rechtshandlungen, die vor Eröffnung <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verfahrens vorgenommen<br />
wurden<br />
Zeitraum kurz vor <strong>Insolvenz</strong>antrag<br />
►<br />
►<br />
Erhöhte Gefahr von Anfechtungen<br />
Zwangsvollstreckung im letzten Monat vor Antragstellung ist ggf. unwirksam<br />
Seite 19
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
3. Risiko <strong>Insolvenz</strong>anfechtung<br />
Ungerechtfertigt ist die Vermögensverschiebung, wenn:<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
zwar ein Anspruch besteht, der Gläubiger aber Kenntnis vom <strong>Insolvenz</strong>gr<strong>und</strong> hatte <strong>und</strong>/oder<br />
kein fälliger oder kein Anspruch auf die Leistung (bzw. die Leistung in dieser Form) an den<br />
Gläubiger besteht (§ 131 InsO) <strong>und</strong>/oder<br />
andere Gläubiger absichtlich benachteiligt werden sollen (§ 133 InsO) <strong>und</strong>/oder<br />
die Leistung unentgeltlich erfolgt (§ 134 InsO) <strong>und</strong>/oder<br />
die Handlung <strong>des</strong> Schuldners unmittelbar nachteilig für die <strong>Insolvenz</strong>masse ist.<br />
Seite 20
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
3. Risiko <strong>Insolvenz</strong>anfechtung<br />
► Rechtsfolgen einer <strong>Insolvenz</strong>anfechtung (§ 143 InsO)<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen <strong>des</strong> Schuldners veräußert,<br />
weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur <strong>Insolvenz</strong>masse zurückgewährt werden.<br />
Ist der zurückzugewährende Gegenstand selbst nicht mehr vorhanden, so schuldet der<br />
Anfechtungsgegner Wertersatz<br />
Gegenleistung <strong>des</strong> Gläubigers: § 144 InsO:<br />
Die Gegenleistung wird nur zurückgewährt, wenn sie sich noch unterscheidbar in der<br />
Vermögensmasse <strong>des</strong> Schuldners befindet (was bei Geld regelmäßig nicht der Fall ist).<br />
Seite 21
III.<br />
Handlungsempfehlungen vor der <strong>Insolvenz</strong><br />
3. Risiko <strong>Insolvenz</strong>anfechtung<br />
► Bargeschäft (§ 142 InsO)<br />
►<br />
►<br />
Eine Leistung <strong>des</strong> Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen<br />
gelangt, ist nur anfechtbar, wenn der Schuldner seine Gläubiger vorsätzlich benachteiligt hat<br />
(Verweis auf § 133 Abs. 1 InsO)<br />
Leistung <strong>und</strong> Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden (enger<br />
zeitlicher Zusammenhang genügt)<br />
Warenlieferung<br />
BGH vom 29.05.2008:<br />
Enger zeitlicher Zusammenhang gegeben<br />
<br />
Verkäufer<br />
Einzugsermächtigung<br />
(Einzug im Anschluss an Lieferung)<br />
Schuldner<br />
(befindet sich im <strong>Insolvenz</strong>verfahren)<br />
Nachträgliche Genehmigung durch<br />
Schuldner bzw. <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
Seite 22
IV.<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
1. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> K<strong>und</strong>en<br />
Schutz bestehender Sicherheiten<br />
Schreiben an K<strong>und</strong>en (=Schuldner)<br />
►<br />
►<br />
Entzug der Befugnis zur Weiterveräußerung / Weiterverarbeitung von Eigentumsvorbehaltsware<br />
Untersagung <strong>des</strong> Einzuges der zur Sicherheit abgetretenen Forderungen<br />
Schreiben an K<strong>und</strong>en <strong>des</strong> Schuldners (soweit bekannt)<br />
►<br />
Aufforderung, nicht mehr an den Schuldner, sondern an den Lieferanten (Gläubiger) zu zahlen; Hinweis,<br />
dass Zahlungen an Schuldner nicht mehr mit schuldbefreiender Wirkung möglich<br />
Abholen der unter Eigentumsvorbehalt (EV) veräußerten Ware:<br />
►<br />
►<br />
Einfacher EV: Anspruch auf Herausgabe (aber: kein Recht zur Selbsthilfe!)<br />
Erweiterter EV: Kein Anspruch auf Herausgabe (aber nach BGH ist die Herausgabe von EV-belasteter<br />
Ware nicht anfechtbar)<br />
Kontaktaufnahme mit Schuldner <strong>und</strong> <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />
Seite 23
IV.<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> Lieferanten<br />
► Thema: Mangelhafte Ware<br />
Problem:<br />
►<br />
Zahlungsanspruch <strong>des</strong> Lieferanten kann ohne Abzüge vom <strong>Insolvenz</strong>verwalter geltend<br />
gemacht werden.<br />
►<br />
►<br />
Mängelgewährleistungsansprüche <strong>des</strong> Käufers sind bei fortlaufender Lieferbeziehung<br />
oft nur <strong>Insolvenz</strong>forderungen.<br />
Lösung durch Aufrechnung?<br />
Seite 24
IV.<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> Lieferanten<br />
► Aufrechnung (§ 94 ff. InsO)<br />
►<br />
►<br />
Recht zur Aufrechnung eines <strong>Insolvenz</strong>gläubigers wird weder durch die Eröffnung noch durch<br />
die Durchführung <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>-verfahrens berührt, sofern das Recht zur Aufrechnung bereits<br />
vor dem Verfahren bestanden hat.<br />
Bei aufschiebend bedingten oder noch nicht fälligen Forderungen kann während <strong>des</strong><br />
<strong>Insolvenz</strong>verfahrens ebenfalls eine Aufrechnung erfolgen, wenn die Aufrechnungslage dann<br />
eingetreten ist.<br />
Voraussetzung der Aufrechnung:<br />
Aufrechnungserklärung + Aufrechnungslage<br />
(vgl. §§ 387 ff. BGB)<br />
Seite 25
IV.<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> Lieferanten<br />
►Thema: Sicherung der eigenen Produktion bei<br />
insolventem Lieferanten<br />
►<br />
Möglichkeiten, <strong>Insolvenz</strong>verwalter zur Weiterbelieferung zu zwingen?<br />
(-): Wahlrecht <strong>des</strong> <strong>Insolvenz</strong>verwalters gemäß §§ 103ff. InsO<br />
►<br />
<br />
Empfehlung:<br />
<br />
<br />
bei <strong>Krise</strong>nanzeichen Aufbau eines Ersatzlieferanten<br />
Kündigung der Lieferbeziehung<br />
Aber: Vereinbarung eines außerordentlichen Kündigungsrechts für den <strong>Insolvenz</strong>fall - Wirksamkeit strittig<br />
(§ 119 InsO)<br />
Seite 26
IV.<br />
Handlungsempfehlungen während der <strong>Insolvenz</strong><br />
2. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>des</strong> Lieferanten<br />
►Thema:<br />
Werkzeuge / Formen<br />
►<br />
►<br />
►<br />
Problem: Abnehmer hat dem Lieferanten für die Produktion Werkzeuge oder Formen zur Verfügung gestellt oder<br />
Know-how für die Herstellung vermittelt<br />
Ziel: Aussonderungsrecht; wichtig nicht nur wegen <strong>des</strong> Vermögenswertes, sondern auch, um die Werkzeuge/<br />
Formen kurzfristig dem Ersatzlieferanten zur Verfügung stellen zu können<br />
Sicherung: klare Festlegung der Eigentumsverhältnisse (Werkzeugvertrag) <strong>und</strong> Erkennbarkeit durch Kennzeichnung,<br />
z.B. Schilder, Stempel, Gravuren, regelmäßig aktualisierte Listen (wenn nur Know-how oder Rohmaterial zur<br />
Verfügung gestellt wurde: Übereignung der Werkzeuge)<br />
Gerichtliche Durchsetzung?<br />
Seite 27
Fazit<br />
► Immer wachsam sein!<br />
► Sorgfältige Beobachtung der geschäftlichen Entwicklung von K<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
Lieferanten!<br />
► Kontinuierliche Überprüfung der Verträge/Dokumentationen!<br />
Seite 28
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Kontaktdaten<br />
Jörg Leißner<br />
Rechtsanwalt/Steuerberater<br />
Ernst & Young Law GmbH<br />
Rechtsanwaltsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft<br />
Forchheimer Straße 2<br />
90425 Nürnberg<br />
Tel. +49 911 3958 28369<br />
Fax +49 911 3958 28284<br />
E-mail: joerg.leissner@de.ey.com<br />
Website: www.ey.com<br />
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