die Bahnhofsmission Büchen - Otto-Hahn-Gymnasium
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Akten ist zumeist von „Zigeunern“ <strong>die</strong> Rede. Da Polen sie nicht zurücknehmen wollte, DDR<br />
und BRD <strong>die</strong> Einreise verweigerten, kampierten <strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> ohne Papiere waren, fünf<br />
Tage und Nächte auf dem Fußboden in der <strong>Bahnhofsmission</strong>. „Es war ein Zustand, der auch<br />
an uns alle hohe Anforderungen stellte, und wir waren froh, als […] <strong>die</strong> letzten 30 Personen,<br />
<strong>die</strong> keine Sippe haben wollte, mit Fremdpässen und Fahrkarten nach Segeberg und Neumünster<br />
in den Zug gesetzt werden konnte, ohne daß eine Seuche ausgebrochen war“, fasst Friedegart<br />
Belusa <strong>die</strong>se Episode zusammen.<br />
2.3. Kindertransporte / jugendliche Grenzgänger<br />
Eine Gruppe von Interzonenreisenden, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Jahrzehnte immer wieder in den Aufzeichnungen<br />
der <strong>Bahnhofsmission</strong> erscheint, sind Berliner Kinder, <strong>die</strong> von der Caritas, der Diakonie<br />
und dem Berliner Senat zur Erholung an <strong>die</strong> Nord- und Ostsee geschickt wurden. In dreißig<br />
Jahren waren es etwa 3.200 Transporte mit rund 50.000 Kindern. 11 Mehr als <strong>die</strong>se Zahlen<br />
erfährt man aus Akten nicht. Ein knapper Bericht aus den 50er Jahren findet sich in der Lauenburgischen<br />
Landeszeitung. Durchschnittlich vier Wochen dauerten <strong>die</strong> Erholungsreisen der<br />
Berliner Kinder, <strong>die</strong> meisten seien in Kinderheimen an der See untergebracht worden, einige<br />
aber auch in Pflegefamilien im Kreis Herzogtum Lauenburg. 12<br />
Besondere Sorgen bereiteten den Mitarbeiterinnen der <strong>Bahnhofsmission</strong> <strong>die</strong> Abgeschobenen:<br />
heimatlose Jugendliche oder Ausreißer und nicht sesshafte junge Erwachsene, <strong>die</strong> zum Teil<br />
mehrfach in Büchen strandeten und weder in der Bundesrepublik noch in der DDR Fuß fassen<br />
konnten. Die meisten wurden nachts aufgegriffen und landeten so in der <strong>Bahnhofsmission</strong>. In<br />
<strong>die</strong>sen Fällen bemühten sich <strong>die</strong> christlichen Helferinnen durch ihre Verbindungen zum Sozial-,<br />
Jugend- und Arbeitsamt um eine Perspektive für <strong>die</strong> Betreuten. 13 In den 50er Jahren<br />
durchläuft offenbar noch eine weitere Menschengruppe den Grenzbahnhof: „[… ] Die Jugendlichen<br />
von drüben. […] All <strong>die</strong>se jungen Menschen, Arbeiter, Vopos, Oberschüler und<br />
Studenten kommen mit soviel Hoffnungen und Erwartungen zu uns in <strong>die</strong> ‚goldene Freiheit‘.<br />
Dann sind sie da und wissen mit <strong>die</strong>ser Freiheit nichts anzufangen. Sie, denen bisher all ihr<br />
Denken und Tun vorgeschrieben wurde, müssen nun selbst <strong>die</strong> Wahl zwischen Gut und Böse<br />
treffen […]. Sie kommen hier allein nicht zurecht und brauchen immer wieder Menschen, <strong>die</strong><br />
11 Rückblick Friedegart Belusa vom 1.12.1995<br />
12 „2000 Berliner Kinder kamen“, Lauenburgische Landeszeitung vom 24.10.1957<br />
13 Situationsbericht über das Problem der Abgeschobenen auf den Grenzbahnhöfen, 15. März 1961<br />
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