Heft 30 - Technische Universität Dresden
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(1897), und schließlich (iii) der große „Atlas der Krystallformen“ (9 Tafel- und 9 Textbände;<br />
1913 - 1923). Im letzteren werden – alphabetisch geordnet – Daten, Fundorte und Literaturangaben<br />
von 538 Mineralarten aufgelistet. Die Tafelbände enthalten allein <strong>30</strong>000 Abbildungen<br />
von Kristallformen und Trachten.<br />
Ein besonderes Verdienst Goldschmidts bestand darin, statt der bis dahin üblichen Tabellen<br />
von Winkeln, die je zwei Flächen miteinander bilden (bei n Flächen also bis zu n·(n-1)<br />
Winkelangaben), nur die Raumwinkelkoordinaten „Azimut ϕ“ und „Poldistanz ρ“ des Durchstoßpunktes<br />
der Flächennormale auf der Lagekugel anzugeben, woraus dann alle interessierenden<br />
Winkel leicht berechnet werden können. Auch durch die Hinzunahme von vier zusätzlichen<br />
Winkelwerten zur Herstellung umorientierter stereographischer Projektionen sowie von<br />
drei zusätzlichen Koordinatenwerten zur Zeichnung von gnomonischen Projektionen beträgt<br />
der Platzbedarf der Goldschmidtschen Tabellen nur etwa 10% des Platzbedarfs der Tabellen<br />
alten Stils. Eine Reproduktion der neun Tafelbände des Atlas der Kristallformen kann im Netz<br />
unter www.meinemineraliensammlung.de/victor/goldschmidt eingesehen werden. (Es ist sehr<br />
bezeichnend für die verbreitete Unkenntnis über die Existenz zwei verschiedener „mineralogischer“<br />
Goldschmidts, dass auf dieser Homepage neben einem Text von Victor (Mordechai)<br />
Goldschmidt ein Photo von Victor Moritz Goldschmidt abgedruckt ist.)<br />
(3) Der Begriff, den man im Besonderen mit dem Namen Goldschmidt in Verbindung<br />
bringt, ist das „Komplikationsgesetz“, das die morphologische Bedeutung von Flächen<br />
innerhalb einer Zone beschreibt. Goldschmidt leitete es aus umfangreichen Beobachtungen<br />
empirisch ab. Bei der statistischen Untersuchung über die Häufigkeit des Auftretens von<br />
beobachteten Wachstumsflächen fand Goldschmidt heraus, dass sich die Repräsentationspunkte<br />
tautozonaler Flächen auf den Zonengeraden der gnomonischen Projektion in gesetzmäßiger<br />
Weise anordnen.<br />
Goldschmidt wählte innerhalb einer Zone zwei besonders prominente Flächen, die zugleich<br />
auch anderen wichtigen Zonen angehören (beispielsweise (001) und (010) ), als „Hauptknoten“<br />
aus und ordnete ihnen, unter Bezug auf die Koordinaten der gnomonischen Projektion,<br />
die Werte „0“ und „∞“ zu. Nach Wahl eines dazwischenliegenden „dominanten Knotens“,<br />
dem die „1“ zugeordnet wird, werden nun nach dem Ableitungsschema der Brocot-schen<br />
Reihen (jedes zwischenzuschiebende Glied der nachfolgenden Reihe ergibt sich aus: (Zähler<br />
+ Zähler) geteilt durch (Nenner + Nenner) der vorangehenden darüber stehenden Glieder)<br />
„Normalreihen“ N i gebildet:<br />
N 0 0/1 = 0 ∞ = 1/0<br />
N 1 0 1 ∞<br />
N 2 0 1/2 1 2 ∞<br />
N 3 0 1/3 1/2 2/3 1 3/2 2 3 ∞<br />
·<br />
·<br />
·<br />
N n 0 1/n usw. 1 usw. n ∞<br />
Zum Beispiel könnten den Zahlen der Normalreihe N 3 die folgenden Flächen zugeordnet<br />
werden:<br />
N 3 0 1/3 1/2 2/3 1 3/2 2 3 ∞<br />
(001) (013) (012) (023) (011) (032) (021) (031) (010)<br />
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