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Der Patient im Spannungsfeld diverser Informationsquellen

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Magazin2/2004<br />

Informationen für Prostatakrebserkrankte und Angehörige<br />

<strong>Der</strong> <strong>Patient</strong> <strong>im</strong> <strong>Spannungsfeld</strong><br />

<strong>diverser</strong> <strong>Informationsquellen</strong>


INHALTSVERZEICHNIS<br />

Heft 2, September 2004<br />

Titelthema:<br />

<strong>Der</strong> <strong>Patient</strong> <strong>im</strong> <strong>Spannungsfeld</strong> <strong>diverser</strong> <strong>Informationsquellen</strong>........................................................................................3<br />

Diagnose und Therapie:<br />

TRPV6: Ein neuer Ansatz für die Diagnostik und Therapie von Prostatakrebs ................................................................8<br />

Selektive interne Bestrahlung (SIRT) mit Yttrium 90 Partikeln ............................................................................................9<br />

Aggressivitätsbest<strong>im</strong>mung von Prostatakarzinomen durch DNA-Zytometrie ..............................................................10<br />

Chemotherapie be<strong>im</strong> hormonunabhängigen Prostatakarzinom..............................................................................14<br />

Taxan-Therapie verlängert das Leben von Männern mit Prostata-Ca........................................................................16<br />

Intermittierende Hormontherapie des Prostatakarzinoms ..........................................................................................17<br />

Hormonblockade <strong>im</strong> frühen Stadium wirkt lächerlich gut ........................................................................................18<br />

Protektive Effekte von Dutasterid gegen Prostata-Ca geprüft....................................................................................21<br />

Be<strong>im</strong> Tumorstaging macht PET-CT manche Operation überflüssig ..........................................................................22<br />

Aktuelle Studien:<br />

Humaner Antikörper MT201 in klinischer Phase-II-Studie zur Behandlung von Prostatakrebs ......................................23<br />

Untersuchung zu neuem Medikament be<strong>im</strong> Prostatakarzinom (Gefinitib) ................................................................24<br />

Selbsthilfe:<br />

Onkologie und Sport ................................................................................................................................................25<br />

Sonstiges:<br />

Düsseldorfer Prostatakrebs Gespräche......................................................................................................................31<br />

Bei Krebspatienten leidet die Seele mit ....................................................................................................................32<br />

Partnerschaft und Int<strong>im</strong>ität bei Prostatakarzinom ......................................................................................................33<br />

GKV muss anthroposophische Mistelpräparate bei Krebs zahlen ............................................................................35<br />

Interdisziplinäre Prostatakrebs Sprechstunde ............................................................................................................37<br />

Impressum:<br />

Verantwortlich sind <strong>im</strong> Auftrage des Vorstandes<br />

Marlene Kühlechner und Wolfgang Petter.<br />

Herausgeber:<br />

Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V.<br />

Alte Straße 4, 30989 Gehrden<br />

Postfach 10 11 25, 30983 Gehrden<br />

Telefon: (0 5108) 92 66 46<br />

Fax: (0 5108) 92 66 47<br />

E-Mail: info@prostatakrebs-bps.de<br />

Internet: www.prostatakrebs-bps.de<br />

Erscheinungsweise: 3 x jährlich<br />

Bankverbindung:<br />

Sparkasse Hannover: Konto-Nummer 70 20 100<br />

Bankleitzahl 250 501 80<br />

Spendenkonto:<br />

Sparkasse Hannover: Konto-Nummer 70 20 621<br />

Bankleitzahl 250 501 80<br />

Eingetragen <strong>im</strong> Vereinsregister Bonn: VR-Nr. 7824<br />

Gemeinnützigkeit durch FA Hannover-Land I: 23/200/46792<br />

<strong>Der</strong> Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. wird unterstützt<br />

durch die Deutsche Krebshilfe. Er finanziert seine Arbeit<br />

darüber hinaus durch Spenden. Die Spenden sind abzugsfähig<br />

<strong>im</strong> Sinne des § 10 des Einkommensteuergesetzes.


DER PATIENT IM SPANNUNGSFELD DIVERSER<br />

INFORMATIONSQUELLEN<br />

In Deutschland sterben jährlich mehr<br />

als 12.000 Männer an Prostatakrebs<br />

Grundlage des folgenden Aufsatzes sind eigene<br />

Erfahrungen, Erfahrungen aus der Selbsthilfegruppenarbeit,<br />

viele Gespräche mit Betroffenen, sowie<br />

Gespräche mit Urologen und Erkenntnisse aus Vorträgen<br />

von medizinischen Fachleuten anlässlich der 8. Jahrestagung<br />

der „Vereinigung der Mitteldeutschen Urologen<br />

e.V.“ <strong>im</strong> Juni 2004 in Gießen und der 45. Jahrestagung<br />

der „Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.“ <strong>im</strong><br />

Juni 2004 in Heidelberg.<br />

Auf beiden Tagungen stellte ich in Vorträgen den<br />

„<strong>Patient</strong> <strong>im</strong> <strong>Spannungsfeld</strong> <strong>diverser</strong> <strong>Informationsquellen</strong>“<br />

dar. Drei Botschaften waren mir dabei besonders wichtig:<br />

• Mehr miteinander reden<br />

Gespräch betreffend)<br />

(das Arzt-<strong>Patient</strong>en-<br />

• Mehr Zeit lassen (um Überdiagnosen und Übertherapien<br />

zu vermeiden)<br />

• Kein automatischer Ablauf vom ersten PSA-Wert bis<br />

zur Therapieentscheidung (Kaskadierung), falls<br />

etwas erhöhte PSA-Werte bei einer Früherkennung<br />

gemessen wurden (In vielen Fällen kann eine „Aktive<br />

Vorsorge und Überwachung“ – „Active Surveillance“<br />

– für mehrere Jahre ausreichen.)<br />

<strong>Der</strong> Informations-Dschungel<br />

Wenn bei einem Mann Prostatakrebs diagnostiziert worden<br />

ist, hat er sich üblicherweise nicht bereits vorher<br />

schon mit dieser Krankheit auseinander gesetzt, es sei<br />

denn diese Krankheit ist bereits in seinem <strong>im</strong> engeren<br />

Lebenskreis aufgetreten. Dann allerdings stürzt auf den<br />

Betroffenen eine Fülle an Informationen ein; er steht vor<br />

einem schier undurchdringbaren Dschungel. Dieser<br />

kommt erschwerend zu seinem Diagnose-Schock und<br />

seinen Ängsten hinzu.<br />

Nahezu undurchdringbar<br />

sind ebenfalls<br />

die Informationen<br />

aus dem<br />

Internet; gibt man<br />

in die Internet-Suchmaschine „Google“ das Wort<br />

„Prostatakrebs“ ein, so werden ca. siebzigtausend Hits<br />

angeboten; wählt man die englische Bezeichnung<br />

„Prostate Cancer“ weist das Angebot fast zwei Millionen<br />

Wahlmöglichkeiten auf.<br />

Bei einer Internet-Recherche findet man auch die Web-<br />

Site des BPS (www.prostatakrebs-bps.de). Diese <strong>im</strong><br />

Februar 2001 errichtete Website des BPS registriert derzeit<br />

pro Tag zwischen 500 und 600 Zugriffe und man erhält<br />

umfangreiche, allgemeinverständliche Informationen<br />

zur Krankheit, Diagnose und Therapie. Im Forum der<br />

Website herrscht ein reger Austausch zwischen<br />

Betroffenen untereinander und auch zwischen<br />

Betroffenen und Ärzten. Dem Benutzer dieser<br />

Internetseite wird auch der Kontakt zur Geschäftsstelle<br />

des BPS vermittelt, Kontaktadressen zu regionalen<br />

Selbsthilfegruppen über ganz Deutschland verteilt sind<br />

ebenfalls dort zu finden.<br />

Von der Geschäftsstelle des BPS erhalten <strong>Patient</strong>en<br />

kostenlos telefonischen Rat. Es wird versucht den<br />

Männern Ängste zu nehmen. Die Mitarbeiter stellen<br />

Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe her und verschicken<br />

Informationsmaterial über die Erkrankung. Dazu gehören<br />

neben den Broschüren der Deutschen Krebshilfe auch<br />

ein <strong>Patient</strong>en-Ratgeber des BPS und eine neue BPS-<br />

Broschüre „Informationen zur Vorsorge und Diagnostik<br />

von Prostatakrebs“. Auch erscheint dre<strong>im</strong>al <strong>im</strong> Jahr das<br />

gern gelesene „BPS-Magazin“. Im BPS-<strong>Patient</strong>enratgeber<br />

„Ich habe Prostatakrebs – Was nun?“ befinden sich <strong>im</strong><br />

Anhang die „Partin-Tabellen“, die die Parameter „PSA-<br />

Wert“, „Gleason-Summe“ und die „Tumorklassifikation“,<br />

3


den T-Wert (klinisch), in Beziehung setzen, um prozentual<br />

eine statistische Wahrscheinlichkeit der Organbegrenztheit<br />

des Prostatakarzinoms darzustellen. Leider meinen<br />

einige Urologen, die Tabellen sollten den <strong>Patient</strong>en eher<br />

nicht zugänglich gemacht werden, da diese sie eher irritieren<br />

würden.<br />

Über dies hinaus stehen dem <strong>Patient</strong>en noch eine Fülle<br />

weiterer Angebote an Informationen gegenüber, die oftmals<br />

eher verwirren und verunsichern und häufig werden<br />

dadurch Therapieentscheidungen erschwert.<br />

Da sind zum einen die audiovisuellen Mittler. Jeder<br />

Fernseh- und Rundfunksender hat in der Regel sein<br />

eigenes Gesundheitsformat und hier wird <strong>im</strong>mer wieder<br />

auch einmal über Prostatakrebs gesprochen, allerdings<br />

kann das naturgemäß <strong>im</strong>mer nur ein Ausschnitt aus<br />

dem komplexen Bereich der Erkrankung sein.<br />

Die Printmedien: Zeitungen, Zeitschriften und Ratgeber<br />

geben ein großes Angebot an Informationen auch <strong>im</strong><br />

Zusammenhang mit Prostatakrebs; hier gilt es jedoch<br />

den Überblick zu behalten und die Kunst der Selektion zu<br />

beherrschen; doch wer kann das schon; es bedarf langer<br />

Erfahrung und setzt einiges an Wissen voraus.<br />

Auch macht die Werbung vor der Altersgruppe der<br />

potentiell betroffen Männer nicht halt. In diesem<br />

Zusammenhang steht die Warnung: „Vorsicht vor Werbe-<br />

Post aus Holland!“, welche Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel<br />

anbieten.<br />

Diese Warnung gilt ebenso dem boomenden<br />

Psychomarkt und den Heilsbringern, die die Not der<br />

Betroffenen oft auf schamlose Weise ausnutzen. Die<br />

Sichtweise der Heilsbringer von Krebsentstehung und<br />

deren Therapie basieren <strong>im</strong> Kern oft auf magisch-religiösen<br />

Vorstellungen, die Vorsehung, Schuld, Strafe und<br />

Sühne in ihr Repertoire aufgenommen haben und sich<br />

hin- und wieder naturheilkundlicher Aspekte bedienen,<br />

wobei sie m. E. der Naturheilkunde damit keinen guten<br />

Dienst erweisen. Die Schulmedizin als wissenschaftliche<br />

Medizin wird häufig grundsätzlich abgelehnt und komplementäre<br />

und alternative Therapien in den Mittelpunkt<br />

gestellt.<br />

Ein wichtiger Informant sind die persönlichen Kontakte<br />

(personalen Medien). Zu den personalen Mittlern gehören<br />

u. a. Bekannte, Verwandte, Nachbarn und Freunde;<br />

irgendeiner weiß <strong>im</strong>mer etwas und gibt gute<br />

Ratschläge, denn jeder kennt einen, der mit dem Arzt,<br />

mit dem Medikament, mit dem Krankenhaus oder mit<br />

der Therapie gute oder schlechte Erfahrungen gemacht<br />

hat, die man nun doch ausprobieren oder meiden sollte.<br />

Das ist grundsätzlich wenig hilfreich. An dieser Stelle<br />

kommen dann auch oft die komplementären und alternativen<br />

Therapien zur Debatte.<br />

Hilfreich ist es am ehesten, sich Informationen vom Arzt<br />

zu holen, von <strong>Patient</strong>enverbänden, wie BPS, NAKOS, der<br />

Deutschen Krebshilfe, dem Krebsinformationsdienst, den<br />

Krebsgesellschaften. Auch sind Fachkongresse,<br />

Fachtagungen, Männergesundheitstage und <strong>Patient</strong>enforen<br />

eine gute Quelle zielgerichteter Informationen.<br />

Nach wie vor ist jedoch der Arzt der wichtigste Informant<br />

für den vom Prostatakrebs betroffenen <strong>Patient</strong>en. Wir treten<br />

dafür ein, dass ein mündiger (souveräner) <strong>Patient</strong> ein<br />

wichtiges Mitglied eines Teams sein sollte: „<strong>Patient</strong> –<br />

Urologe – Krebsspezialist – Hausarzt“. Das erfordert einigen<br />

organisatorischen Aufwand für alle Beteiligten. Die<br />

Wirklichkeit sieht anders aus. Nicht selten wird am Ende<br />

des entscheidenden Arztgespräches in der urologischen<br />

Praxis der <strong>Patient</strong> vor Wahlmöglichkeiten gestellt, die<br />

analog einer Speisekarte <strong>im</strong> Restaurant <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

nur drei Menüs aufzeigt:<br />

• Wir können das radikal operieren.<br />

• Wir bestrahlen den Tumor.<br />

• Wir können auch abwarten und dann sehen, ob Sie<br />

Symptome entwickeln.<br />

Dann kommt die belastendste Aufforderung, auf die der<br />

Arzt aus rechtlichen Gründen verpflichtet ist, hinzuweisen:<br />

„Das müssen Sie entscheiden!“<br />

Das Ergebnis ist Angst, Verunsicherung und<br />

Kontrollverlust.<br />

Soll ich oder soll ich nicht?<br />

Das <strong>im</strong> Frühjahr 2003 erschienene Buch „Mythos<br />

Krebsvorsorge“ mit dem Untertitel „Schaden und Nutzen<br />

der Früherkennung“ hat nicht unerheblich zur Verunsicherung<br />

der <strong>Patient</strong>en beigetragen.<br />

Die Wissenschaftsjournalisten Dr. Christian Weymayer<br />

und Klaus Koch sprechen in ihrem Buch von<br />

Vorsorgehysterie und Wahn zur Krebsvorsorge. Das Fazit:<br />

4


<strong>Der</strong> Mann, der nicht zur Vorsorge geht, erspart sich eine<br />

Menge psychischer Probleme. Außerdem: Statistisch<br />

gesehen zeigen die Mortalitätsraten trotz Früherkennung<br />

kaum Veränderungen auf. Weymayer und Koch schreiben:<br />

„Wer nicht zur Früherkennung geht, braucht kein schlechtes<br />

Gewissen zu haben. Er hat die Wahl, sich zwischen<br />

zwei Möglichkeiten zu entscheiden. Beide beinhalten<br />

Chancen und Risiken, beide können falsch oder richtig<br />

sein. Wer nicht zur Früherkennung geht, lässt vielleicht<br />

eine kleine Chance aus, das eigene Leben zu verlängern.<br />

Aber wer hingeht, n<strong>im</strong>mt das Risiko einer Lebenskrise<br />

in Kauf, die er ohne Früherkennung nie hätte durchmachen<br />

müssen.“<br />

Grundsätzlich halte ich die Aussage für eher schädlich,<br />

weil dadurch die negative Einstellung vieler Männer zum<br />

eigenen Gesundheitsverhalten und zur Vorsorge verstärkt<br />

wird und eine Generalisierung auf andere medizinische<br />

Bereiche stattfinden kann.<br />

Die Meinungen zum PSA-Test sind gespalten. Die eine<br />

Gruppe versucht mit vielfältigen Kampagnen, <strong>im</strong>mer<br />

mehr Männer dazu zu bewegen, ihren PSA-Wert best<strong>im</strong>men<br />

zu lassen. Auch der BPS vertritt diese Meinung. Eine<br />

andere Gruppe warnt vor dem PSA-Test; von den gesetzlichen<br />

Krankenkassen wird die Routineuntersuchung<br />

nicht bezahlt.<br />

Die Unsicherheit über die Nutzen- und Schadens-Bilanz<br />

der PSA-Früherkennung spaltet auch die Fachwelt. Die<br />

<strong>im</strong> Oktober 2002 veröffentlichte Leitlinie deutscher<br />

Urologen empfiehlt einen jährlichen PSA-Test „nach sorgfältiger<br />

Information über Nutzen und Risiko“ für <strong>Patient</strong>en<br />

zwischen 50 und 75 Jahren, die den Wunsch zur<br />

Prostata-Früherkennung äußern. Eine Stellungnahme des<br />

Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin kommt<br />

hingegen zu der Empfehlung, „be<strong>im</strong> Angebot dieser<br />

Screening-Maßnahme große Zurückhaltung zu üben.“<br />

Wegen dieses Potenzials, Schaden durch so genannte<br />

Überdiagnosen und vor allem Übertherapien zu erzeugen,<br />

fordern viele Experten bis auf weiteres einen sehr<br />

zurückhaltenden Umgang mit dem Test. Vier von fünf<br />

Männern mit PSA-Werten zwischen 4 und 10 ng/ml<br />

haben in Wirklichkeit gar keinen Tumor. Ob ein Tumor die<br />

Ursache der PSA-Erhöhung ist, lässt sich also erst nach<br />

einer Gewebeentnahme (Biopsie) beurteilen. Bei einem<br />

Schwellenwert von 4 ng/ml werden durch Biopsien bei<br />

100 Männern etwa 20 Tumore gefunden, das heißt der<br />

Verdacht war in 80 von 100 Fällen falsch.<br />

An dieser Stelle ist eine Klärung des Begriffes<br />

„Massenscreening“ hinsichtlich der Früherkennung des<br />

Prostatakrebses angezeigt. Screening ist eine<br />

Reihenuntersuchung zur Erfassung der Verteilung von<br />

Krankheiten in der Bevölkerung, z. B PSA-Best<strong>im</strong>mung <strong>im</strong><br />

Rahmen der Blutspende; es kann auch Teil eines<br />

Früherkennungsprogramms sein. Bei einem solchen<br />

Massenscreening ist in der Tat die Gefahr einer häufigen<br />

falsch positiven Diagnostik, der Überdiagnostik und der<br />

Übertherapie gegeben.<br />

<strong>Der</strong> BPS distanziert sich vom Massenscreening und<br />

appelliert an die Männer ein Gesundheitsbewusstsein zu<br />

entwickeln und von sich aus ab 45 Jahren (wenn erbliche<br />

Vorbelastung vorhanden ist, dann schon früher), die<br />

Möglichkeit der Früherkennung durch den PSA-Test wahrzunehmen.<br />

<strong>Der</strong> BPS tritt grundsätzlich für die Früherkennung des<br />

Prostatakarzinoms ein, aber nicht um jeden Preis, denn<br />

es muss nicht zwangsläufig eine automatisierte Kaskade<br />

ablaufen, die da heißt: PSA-Best<strong>im</strong>mung – Biopsie –<br />

Diagnose – Prostatektomie oder Bestrahlung.<br />

Empfehlen die Autoren Weymayer und Koch ein Stopp-<br />

Schild vor den Anfang der Kaskade, also vor die PSA-<br />

Best<strong>im</strong>mung gestellt, so stellt der BPS das Stoppschild<br />

hinter die PSA-Best<strong>im</strong>mung, d.h. Früherkennung: Ja! –<br />

aber es kann sich in vielen Fällen Zeit gelassen werden<br />

für eine aktive Beobachtung und einer Beschreibung<br />

des Zustandes der Prostata; die Bezeichnung hierfür<br />

heißt „Active Surveillance“. Merke: der Prostatakrebs ist<br />

der am langsamsten wachsende Krebs, den es gibt. In<br />

5


den allermeisten Fällen gibt es keine Notwendigkeit zur<br />

schnellen Diagnose oder schnellen Therapieentscheidung.<br />

Paradigmenwechsel<br />

Ist ein erhöhter PSA-Wert aufgetreten, dann muss in vielen<br />

Fällen nicht unmittelbar der Automatismus der<br />

„Kaskadierung“ eintreten. Dem Betroffenen ist Zeit zum<br />

Bedenken einzuräumen; er muss Zeit zur Besinnung<br />

bekommen. Zur Beschreibung des Zustandes der<br />

Prostata gehören diagnostische Techniken wie:<br />

Diagnostische Techniken:<br />

• Körperliche Untersuchung<br />

(insbesondere rektaler Tastbefund)<br />

• Ultraschall<br />

(insbesondere transrektaler Ultraschall)<br />

• Laborbefunde<br />

(insbesondere PSA)<br />

• Neuronale Netzwerke / Formeln<br />

die PSA – Dynamik:<br />

• Mehrfache PSA-Messung<br />

• cPSA: (cPSA = tPsa – fPSA) *)<br />

• PSA – Ratio (f / t – PSA)<br />

• PSA – Anstiegsgeschwindigkeit<br />

• PSA Verdopplungszeit<br />

*) Anmerkungen zum f-PSA, hier Labilität. Freies PSA ist:<br />

• thermisch labil<br />

• bei fehlender Kühlung unbrauchbar<br />

• ohne Kühlung beträgt die Halbwertzeit 2,5 Stunden<br />

• Hämolyse beeinflusst das Ergebnis.<br />

„Active Surveillance“ schließt natürlich mit ein:<br />

• Best<strong>im</strong>mung des Prostatavolumens<br />

• Best<strong>im</strong>mung der PSA – Dichte (PSAD) = tPSA /<br />

Pros.-Vol.<br />

• Untersuchung auf Benigne Prostatahyperplasie<br />

(BPH)<br />

• Untersuchung auf Prostatitis<br />

• PSA-Adaption an alterspezifische Normenwerte<br />

Be<strong>im</strong> „Active Surveillance“ ist Zeit zum Reden da, der<br />

Betroffene kann sich informieren; es können vermehrt<br />

Arzt-<strong>Patient</strong>engespräche geführt und die Unterstützung<br />

der Selbsthilfegruppen kann in Anspruch genommen<br />

werden. Es kann eine Zweitmeinung eingeholt werden.<br />

Ist eine Biopsie erforderlich, sollte vor der Biopsie eine<br />

Risikoabschätzung des PCa mit der Nutzung artifizieller<br />

neuronaler Netzwerke, wie z.B. dem Computerprogramm<br />

„ProstataClass“ der Charité durchgeführt werden,<br />

um eine Risikoabschätzung für das Prostatakarzinom<br />

zu erhalten und die Zahl unnötiger Biopsien zu<br />

min<strong>im</strong>ieren.<br />

Nach der Biopsie sollte erfolgen:<br />

• Ausloten der Therapiechancen<br />

• Einsatz der Partin – Tabelle<br />

• DNA - Zytometrie hinsichtlich einer<br />

Hormontherapie<br />

• PAP (Prostataspezifische alkalische Phosphatase)<br />

• Messen des Testestoron-Spiegels<br />

• Zweit – Meinung, auch zur Gewebeuntersuchung<br />

• u.a. mehr<br />

Die folgende Tabelle zeigt in der Gegenüberstellung die Unterschiede zwischen dem „active surveillance“ und dem<br />

„watchful waiting“.<br />

Chris Parker et al.: Lancet<br />

Oncol.; 5, 101-106, 2004<br />

Active Surveillance<br />

Watchful Waiting<br />

Ziel individuelle Behandlung Vermeiden einer Behandlung<br />

<strong>Patient</strong>en-Charakteristik für radikale Therapie geeignet Alter > 70 oder Lebenserwartung < 15 Jahre<br />

Tumor-Charakteristik T1-T2 GS < 8 initial PSA 8 jedes PSA<br />

Monitoring Häufige PSA-Best<strong>im</strong>mung (alle 3 Monate) PSA-Best<strong>im</strong>mung unwichtig, nur auf Symptome achten<br />

jährliche Tastuntersuchung<br />

Therapieindikation Kürzer werdende PSA- Verdoppelungszeit symptomat. Progress<br />

Therapiebeginn Früh, daher rechtzeitig spät<br />

Therapieziel kurativ palliativ<br />

6


Neue Leitlinie zur<br />

Früherkennung und Behandlung<br />

des Prostatakarzinoms<br />

Die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) ist der<br />

Auffassung, dass es in den letzten 4 bzw. 7 Jahren zu<br />

einem erheblichen Erkenntnisgewinn gekommen ist, so<br />

dass es dringend notwendig ist, die alten Fassungen der<br />

Leitlinie zu revidieren! So wird es alsbald zu einer<br />

Neuformulierung der „Leitlinie zur Früherkennung und<br />

Behandlung des Prostatakarzinoms“ mit Beteiligung des<br />

BPS geben. Dabei soll die <strong>im</strong> Jahre 2002 erstellte S3-<br />

Leitlinie in die Neufassung der Leitlinie integriert werden.<br />

Ebenso könnte es sein, dass ein vom BPS unter Mitarbeit<br />

von Urologen erstellter und demnächst veröffentlichter<br />

<strong>Patient</strong>enpass integraler Bestandteil der neuen Leitlinie<br />

wird. Dieser persönliche <strong>Patient</strong>enpass, den der <strong>Patient</strong><br />

selbst führen soll, enthält die Kapitel: Arzttermine, digitale<br />

rektale Untersuchung, PSA-Ergebnisse, deren graphische<br />

Darstellung, andere Laboruntersuchungen, diagnostische<br />

Maßnahmen, Biopsie-Ergebnisse, operative<br />

Maßnahmen, Bestrahlung, Hormon-Therapie, weitere<br />

Medikamente, Begleiterkrankungen, persönlicher<br />

<strong>Patient</strong>enpass.<br />

Was soll nun voraussichtlich in der Leitlinie anders werden?<br />

Hier einige Änderungen stichpunktartig aufgezählt:<br />

➢ Empfehlungen zur PSA-gesteuerten Aufdeckung<br />

kurabler Prostatakarzinome<br />

➢ Flexible Früherkennungsintervalle<br />

➢ PSA - Velocity (Anstiegsgeschwindigkeit)<br />

• Anstiegswert : 0,75 ng / Jahr<br />

• Wie lange beobachten?<br />

– Keine Maßnahme nach nur einer PSA-Messung,<br />

mindestes 3 PSA-Messungen in Folge<br />

– 62 % haben PCA bei negativer DRU<br />

<strong>Der</strong> mündige <strong>Patient</strong><br />

Darstellung von Kommunikationsmustern:<br />

1. Asymmetrische Kommunikation (oder das Meister-<br />

Marionetten-Modell):<br />

Arzt<br />

2. Symmetrische Kommunikation:<br />

Arzt<br />

<strong>Patient</strong><br />

<strong>Patient</strong><br />

3. Arzt – <strong>Patient</strong>en – Kommunikation be<strong>im</strong> mündigen<br />

<strong>Patient</strong>en<br />

• Bei unauffälligem Tastbefund:<br />

– PSA-Werte ab 4.0 ng/ml: Weitere Abklärung ob<br />

Biopsie indiziert ist<br />

Arzt<br />

<strong>Patient</strong><br />

– PSA-Werte unter 4ng/ml: PSA – Anstiegsgeschwindigkeit<br />

auf der Basis jährlicher Untersuchungen<br />

– PSA-Wert unter 2.0 ng/ml: 2-jährliche PSA-Testintervalle<br />

ausreichend<br />

➢ 70% der untersuchten Population zwischen 50 und 70<br />

Jahre haben PSA-Werte unter 2 ng/ml:<br />

• Großes Einsparungspotenzial durch El<strong>im</strong>ination der<br />

jährlichen PSA-Tests für diese Männer<br />

➢ PSA-Grenzwert von 4 auf 3 ng/ml<br />

Schnittmenge aus<br />

Medizinischer Kompetenz und <strong>Patient</strong>enkompetenz<br />

Ein <strong>Patient</strong> <strong>im</strong> <strong>Spannungsfeld</strong> <strong>diverser</strong> <strong>Informationsquellen</strong><br />

auf dem Weg zum mündigen, kompetenten<br />

und souveränen <strong>Patient</strong>en könnte zu der folgenden<br />

Erkenntnis kommen:<br />

„Ich bin als <strong>Patient</strong>, der in eine Notlage geraten ist, zu<br />

einem Kunden geworden, dem geschickte Verkäufer<br />

7


alles verkaufen können. Weiterhin stelle ich fest, dass es<br />

Informations- und Kommunikationsprobleme gibt und<br />

dass mit den mich Beratenden oft eine asymmetrische<br />

Kommunikation besteht, also entschließe ich mich dazu,<br />

ein souveräner <strong>Patient</strong> zu werden! Dabei komme ich zu<br />

folgenden Fragestellungen:<br />

• Wie sieht es mit meiner Lebensqualität aus?<br />

• Wurde ich über alle mir zur Verfügung stehenden<br />

Therapieoptionen informiert?<br />

• Wurde ich umfänglich und zufrieden stellend informiert?<br />

• Habe ich genügend Alternativen durchdacht?<br />

• Kann ich die <strong>Informationsquellen</strong> einsehen?<br />

• Hole ich mir eine zweite Meinung ein?<br />

• Warum möchte ich einem anderen Therapievorschlag<br />

folgen?<br />

• Welche Chancen gewinne ich, welche Risiken vermeide<br />

ich?<br />

• Möchte ich zusätzlich etwas tun?<br />

• Möchte ich selbst eine „alternative“ Behandlung oder<br />

drängt meine Umgebung dazu?<br />

Zusammenfassend:<br />

<strong>Der</strong> souveräne <strong>Patient</strong> will keine Ärzte, die nach einem<br />

vorgeschriebenen Ritual nur medizinisch – technische<br />

Lösungen anbieten, sondern ärztliche Helfer auf dem<br />

neuesten Stand des medizinischen Wissens, die ihn<br />

begleiten.<br />

<strong>Der</strong> BPS hilft zur Stärkung der Selbstkompetenz von<br />

Betroffenen, um sie in die Lage zu versetzen, als hervorragend<br />

informierte und souveräne Teammitglieder an<br />

ihrem Krebsmanagement mitzuwirken, denn…<br />

Die Therapieentscheidung<br />

ist das Recht des <strong>Patient</strong>en!<br />

WOLFGANG PETTER<br />

Vorsitzender des Bundesverbandes<br />

Prostatakrebs Selbsthilfe e. V.<br />

TRPV6: EIN NEUER ANSATZ FÜR DIE DIAGNOSTIK<br />

UND THERAPIE VON PROSTATAKREBS?<br />

Forscher sind dauernd auf der Suche nach möglichen<br />

Ansatzpunkten für neue diagnostische und therapeutische<br />

Methoden bei Krebs. Nun hat eine Gruppe von<br />

Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes in<br />

Homburg einen möglichen Kandidaten entdeckt:<br />

TRPV6.<br />

Bei TRPV6 handelt es sich um ein ganz spezielles Eiweiß,<br />

das in die Zellmembran eingebettet ist und dort als<br />

Kanal für Kalziumionen dient. Allerdings wird es erst<br />

nachweisbar, wenn ein Prostatakrebs eine best<strong>im</strong>mte<br />

Größe überschritten hat, wobei die Menge mit der<br />

Ausbreitung und dem Gleason-Score (der „Bösartigkeit“)<br />

des Tumors steigt.<br />

Neben gesundem Prostatagewebe und von Vorstufen<br />

von Prostatakrebs haben die Forscher Gewebeproben<br />

von 140 <strong>Patient</strong>en mit Prostatakrebs auf TRPV6 untersucht<br />

und ihre Ergebnisse <strong>im</strong> Oktober 2003 in der<br />

Zeitschrift Oncogene veröffentlicht.<br />

In weiteren Studien soll nun der neue Marker mit den bisherigen<br />

Markern wie Gleason-Score und PSA-<br />

Best<strong>im</strong>mung verglichen werden. Wichtig ist insbesondere,<br />

ob die zusätzliche Best<strong>im</strong>mung von TRPV6 in<br />

Gewebeproben die Aussagen über den Krebs verbessert.<br />

Möglicherweise so sehr, dass Therapieentscheidungen<br />

davon beeinflusst werden, dass sich also<br />

die Behandlung besser planen lässt als bisher.<br />

Zugleich wird untersucht, ob TRPV6 in anderen gesunden<br />

Körpergeweben und bei anderen Krebsformen vorkommt.<br />

Nach einer neueren Veröffentlichung von 2004<br />

8


wurde es bisher in Speicheldrüsen, der Bauchspeicheldrüse<br />

und der Plazenta gefunden, nicht hingegen<br />

bei einigen Krebsformen wie Melanom und<br />

Bauchspeicheldrüsenkrebs.<br />

Grund für diese rege Forschungstätigkeit ist das Ziel,<br />

einen Stoff herzustellen, der nur an TRPV6 bindet. Denn<br />

der könnte helfen, Prostatakrebszellen <strong>im</strong> Körper aufzuspüren<br />

oder gezielt abzutöten, ein Riesenschritt auf dem<br />

Weg zu einer opt<strong>im</strong>alen Diagnostik und Therapie von<br />

Prostatakrebs.<br />

Quellen:<br />

Fixemer, Th., U. Wissenbach, V. Flockerzi, H. Bonkhoff:<br />

Expression of the Ca2+-selective cation channel TRPV6<br />

in human prostate cancer: a novel prognostic marker<br />

for tumor progression. Oncogene 22 (2003) 7858-7861<br />

Wissenbach, U., B. A. Niemeyer, V. Flockerzi: TRP channels<br />

as potential drug targets. Biology of the Cell 96<br />

(2004) 47-54<br />

DR. MED. HUBERT E. WEIß<br />

www.prostata.de<br />

SELEKTIVE INTERNE BESTRAHLUNG (SIRT) MIT<br />

YTTRIUM 90 PARTIKELN<br />

Im Rahmen eines individuellen therapeutischen Heilversuchs<br />

Red.: Bei der SIRT (selektive internal radiation therapy) mit<br />

Yttrium 90 handelt es sich um eine Behandlung bösartiger<br />

Lebertumore pr<strong>im</strong>ären (Leberzellkrebs) oder sekundären<br />

(Metastasen) Ursprungs, die sich nicht für eine operative<br />

Behandlung eignen. Im Rahmen dieser Therapie werden<br />

biokompatible Mikrosphären (Durchmesser 20-40<br />

µm), die Yttrium 90<br />

enthalten, direkt in die die Leber versorgenden<br />

Gefäße injiziert. Die Mikrosphären, und damit<br />

auch das Yttrium reichern sich aufgrund besonderer<br />

Blutfluss-bedingter Verhältnisse vornehmlich in tumorösem<br />

Gewebe in der Leber an. Yttrium ist ein Isotop, das<br />

überwiegend Betastrahlen mit kurzer Reichweite<br />

abstrahlt, so dass das umliegende gesunde<br />

Lebergewebe nur wenig belastet wird. Während die SIRT<br />

in USA, Australien, Neuseeland und mehreren asiatischen<br />

Ländern zugelassen ist, stellt sie in der<br />

Bundesrepublik derzeit noch kein zugelassenes<br />

Verfahren zur Behandlung bösartiger Leberprozesse dar<br />

und wird deshalb auch noch nicht von den<br />

Krankenkassen bezahlt. Berichte aus der wissenschaftlichen<br />

Literatur sind jedoch durchaus positiv und ermutigen<br />

zur Anwendung für einen individuellen<br />

Therapieansatz; eine abschließende Aussage hinsichtlich<br />

der Sicherheit und der Wirkung ist aufgrund der<br />

aktuellen Datenlage noch nicht möglich.<br />

Wann kann eine SIRT-Yttrium 90<br />

Behandlung durchgeführt<br />

werden?<br />

In der Regel wird die SIRT bisher erst dann eingesetzt,<br />

wenn andere etablierte Therapieverfahren, wie<br />

Operation oder Chemotherapie nicht mehr oder nur mit<br />

geringer Erfolgswahrscheinlichkeit angewendet werden<br />

können.<br />

Folgende Voraussetzungen sollten für eine SIRT<br />

Behandlung erfüllt sein:<br />

• ausschließlicher Befall der Leber durch mehrere, nicht<br />

operable Tumorknoten oder diffuser Lebertumorbefall,<br />

• Ausschluss eines Tumorbefalls außerhalb der Leber<br />

(ob eine SIRT unter besonderen Umständen dennoch<br />

durchgeführt werden kann, muss <strong>im</strong> Einzelfall geprüft<br />

werden),<br />

• ausreichende Leberfunktion,<br />

• interdisziplinäre onkologische Betreuung.<br />

Erste Studien mit größeren <strong>Patient</strong>enzahlen zeigen, dass<br />

die Kombination der SIRT mit einer Chemotherapie der<br />

9


alleinig durchgeführten Chemotherapie überlegen ist,<br />

so dass häufig die SIRT plus Chemotherapie empfohlen<br />

wird.<br />

Wie wird geprüft, ob eine<br />

SIRT Behandlung durchgeführt<br />

werden kann?<br />

Um entscheiden zu können, ob eine SIRT überhaupt<br />

durchgeführt werden kann, müssen die <strong>Patient</strong>en über<br />

ihren Krankheits- und Behandlungsverlauf umfangreich<br />

informieren. Hierzu gehören Arztbriefe, evtl. Krankenhausberichte,<br />

aktuelle CT- und Kernspin-Aufnahmen und<br />

aktuelle Blutuntersuchungen. In der Phase der unmittelbaren<br />

Vorbereitung zur SIRT werden dann noch eine<br />

Positronen-Emissionstomographie und eine Gefäßdarstellung<br />

mit Szintigraphie der Leber durchgeführt.<br />

Hierzu ist ein kurzer Krankenhausaufenthalt von 2 Tagen<br />

notwendig.<br />

Wie läuft die SIRT Behandlung ab?<br />

Sind alle Voraussetzungen für eine SIRT erfüllt, so werden<br />

die Yttrium 90 Partikel <strong>im</strong> Rahmen einer angiographischen<br />

Untersuchung über einen Katheter in der Leberarterie in<br />

die Leber eingeschwemmt. Diese Untersuchung dauert<br />

etwa bis 60 Minuten. Da infolge des Verschlusses kleiner<br />

Lebergefäße durch die Yttrium 90 Partikel Schmerzen auftreten<br />

können, wird während der Untersuchung ein<br />

Schmerzmittel verabreicht. Während der folgenden<br />

Tage nach der Behandlung sind Fieber und<br />

Oberbauchschmerzen möglich, die sich mit leichten<br />

Schmerzmitteln oder entzündungshemmenden<br />

Medikamenten gut behandeln lassen. <strong>Der</strong> gesamte<br />

Krankenhausaufenthalt beträgt etwa 4 Tage.<br />

Nach der bisherigen Erfahrung ist die SIRT sehr gut verträglich.<br />

Dennoch können Nebenwirkungen (Fieber,<br />

Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Infektion) auftreten.<br />

Die SIRT mit Yttrium 90 Partikeln wird in enger interdisziplinärer<br />

Zusammenarbeit zwischen Interventionellen<br />

Radiologen, Nuklearmedizinern und Onkologen durchgeführt.<br />

Kontaktadresse<br />

Sekretariat: Fr. R. Jaugstetter, Hr. M. Schmidt<br />

Institut für Klinische Radiologie<br />

Klinikum der Universität München - Grosshadern<br />

Ludwig-Max<strong>im</strong>ilians-Universität München<br />

Marchioninistr. 15<br />

D-81377 München<br />

Tel. +49 (0)89 7095 3620<br />

Fax +49 (0)89 7095 8832<br />

Interdisziplinäre Ansprechpartner<br />

Priv. Doz. Dr. Thomas Helmberger<br />

(Interventionelle Radiologie)<br />

Prof. Dr. Klaus Tatsch (Nuklearmedizin)<br />

AGGRESSIVITÄTBESTIMMUNG VON PROSTATA-<br />

KARZINOMEN DURCH DNA-ZYTOMETRIE<br />

– Für Wahl der Therapie wichtiges Verfahren –<br />

„Sie haben Prostatakrebs.“ Diese Botschaft wird von<br />

einem betroffenen Mann empfunden, vergleichbar<br />

einem lebensbedrohenden Angriff einer wilden, fremden<br />

Macht auf ein friedliebendes Volk. Doch Panik ist in<br />

einer solchen Situation, wie in einer realen kriegerischen<br />

Auseinandersetzung, fehl am Platz. Jetzt geht es darum,<br />

den Feind, seine Eigenschaften, seine Aggressivität,<br />

seine Waffen, seine Verhaltensweisen etc. möglichst<br />

umfassend zu studieren, um ihn effektiv bekämpfen zu<br />

können. Dies gilt selbstverständlich auch für den Kampf<br />

gegen den eigenen Prostatakrebs.<br />

Tumore haben unterschiedliche Eigenschaften – das gilt<br />

vor allem für Prostatakarzinome. Ihr Spektrum reicht von<br />

recht harmlos bis sehr aggressiv und sie sind individuell<br />

10


sehr unterschiedlich. Manche Krebse sind für die betroffenen<br />

Männer schl<strong>im</strong>m, verkürzen deren Lebenserwartung<br />

deutlich und sind trotz Therapie kaum zu<br />

beherrschen. Andere sind eher harmlos und führen,<br />

besonders bei älteren Männern, auch ohne Therapie<br />

nicht zu einer Verschlechterung der Lebensqualität oder<br />

zu einer krebsbedingten Verkürzung der Lebenserwartung.<br />

Folglich ist es eine wichtige Bedingung für<br />

alle weiteren Überlegungen und Handlungen <strong>im</strong> Kampf<br />

gegen den Krebs, den Aggressor möglichst genau zu<br />

kennen.<br />

Damit Ihnen der Urologe ein auf Ihren speziellen Tumor<br />

abgest<strong>im</strong>mtes Behandlungskonzept unterbreiten kann,<br />

muss er folglich verschiedene Eigenschaften des Tumors<br />

kennen, vor allem aber seine Aggressivität (Malignitätsgrad).<br />

Er muss außerdem wissen, wie weit sich der Tumor<br />

<strong>im</strong> Körper verbreitet hat (TNM-Stadium). Kein Urologe sollte<br />

Ihnen deshalb ein Therapiekonzept vorlegen, ohne<br />

dabei einen aussagefähigen Tumor Malignitätsgrad<br />

berücksichtigt zu haben. Er ist ein Maß für die Bösartigkeit<br />

des Tumors, d.h. für seine Wachstumsgeschwindigkeit,<br />

seine Fähigkeit Metastasen (Tochtergeschwülste) zu setzen<br />

und letztlich Ihr Leben zu bedrohen.<br />

Im Malignitätsgrad sind die Tumoren individuell eben<br />

völlig unterschiedlich. Wenn Sie also (darüber gibt es<br />

zahlreiche übereinst<strong>im</strong>mende wissenschaftliche Erfahrungen<br />

verschiedener Forschergruppen) einen recht<br />

harmlosen, wenig aggressiven, langsam wachsenden<br />

Tumor beherbergen und z.B. 70 Jahre alt sind, warum<br />

sollten Sie sich dann einer belastenden hormonellen,<br />

operativen oder radiologischen Therapie unterziehen?<br />

Wie best<strong>im</strong>mt man nun diesen<br />

wichtigen Malignitätsgrad?<br />

Dafür gibt es verschiedene Verfahren. Alle Methoden zu<br />

seiner Best<strong>im</strong>mung sollen Gruppen von <strong>Patient</strong>en unterscheiden,<br />

die bei gleichem Tumorstadium und gleicher<br />

Therapie unterschiedliche Überlebenswahrscheinlichkeiten<br />

aufweisen (prognostische Validität). Diese<br />

Best<strong>im</strong>mung wird bei einem Prostatakarzinom üblicherweise<br />

vom Pathologen mikroskopisch am Gewebsschnitt<br />

(histologisch) nach einem Vorschlag des<br />

Amerikaners Gleason (1984) best<strong>im</strong>mt. Dabei werden für<br />

das vorherrschende und das zweithäufigste Wachstumsmuster<br />

zwei Zahlen von eins bis fünf vergeben. Die<br />

Reproduzierbarkeit dieser histologischen Gradierung<br />

beträgt nur 65%, ist also schlecht (Svanholm und<br />

Mygind, 1985). Mit einem anderen Verfahren mittels<br />

Feinnadel-Aspirationsbiopsien und zytologischer Beurteilung<br />

kann ebenfalls ein Malignitätsgrading nach Esposti<br />

(1980) oder Böcking (1982) durchgeführt werden.<br />

Eine bessere Möglichkeit jedoch, den Grad der<br />

Bösartigkeit eines Prostatakarzinoms zu best<strong>im</strong>men, als<br />

subjektiv <strong>im</strong> Mikroskop (und damit abhängig von der<br />

„Kunst“ des einzelnen Pathologen) Wachstumsmuster zu<br />

beurteilen, besteht darin, den Gehalt an Erbsubstanz<br />

(DNA) in den Tumorzellen unter Anwendung moderner<br />

Messverfahren zu best<strong>im</strong>men. Dieses Verfahren beruht<br />

auf folgender Überlegung: Da alle Karzinome Störungen<br />

der Zahl und Struktur ihrer (<strong>im</strong> wesentlichen aus DNA<br />

bestehenden) Chromosomen aufweisen (sog. chromosomale<br />

Aneuploidie), und diese mit zunehmender<br />

Bösartigkeit des Tumors <strong>im</strong>mer ausgeprägter werden,<br />

lässt sich durch Messung des Ausmaßes dieser Störung<br />

die Aggressivität von Tumoren objektiv und reproduzierbar<br />

best<strong>im</strong>men (Duisberg et al., 2004). So zeigen<br />

Prostatakarzinome geringer Bösartigkeit, die das Leben<br />

ihres Trägers kaum gefährden, meist noch einen annähernd<br />

normalen Chromosomensatz (entsprechend<br />

einer sog. peridiploiden DNA-Verteilung, Abb. 1). Findet<br />

mit der Zeit eine Progression also Erhöhung der<br />

Aggressivität des Tumors statt, verdoppelt das<br />

Prostatakarzinom seinen Chromosomensatz, es entsteht<br />

eine sog. peritetraploide DNA-Verteilung (Abb. 2). Im weiteren<br />

Krankheitsverlauf können die Tumoren dann<br />

Chromosomen verlieren oder zugewinnen, so dass ein<br />

x-beliebiger DNA-Gehalt resultiert (sog. x-ploide<br />

Verteilung, Abb. 3), was dann einem aggressiven Tumor<br />

entspricht. Wenn schließlich die meisten Zellen verschiedene<br />

Chromosomensätze bzw. DNA-Gehalte aufweisen<br />

(sog. multiploides Muster, Abb. 4), ist das Prostatakarzinom<br />

sehr aggressiv geworden. Zwischen diesen vier<br />

verschiedenen DNA-Verteilungsmustern, die einem wissenschaftlich<br />

begründeten DNA-Malignitätsgrading<br />

(Böcking et al., 1984, Haroske et al., 2001) entsprechen<br />

und die für die individuelle Prognose und Therapie der<br />

betroffenen <strong>Patient</strong>en von höchster Bedeutung sind, gibt<br />

es fließende Übergänge. Ein Tumor kann <strong>im</strong> einen Fall in<br />

einem Malignitätsgrad verharren, sich aber in einem<br />

anderen mit der Zeit auch zu höheren Graden weiter<br />

11


entwickeln, muss es aber nicht. Die Reproduzierbarkeit<br />

dieses DNA Malignitätsgrading ist höher als bei den<br />

anderen Verfahren und beträgt etwa 82% (Böcking et<br />

al., 1989, Nguyen et al., 2004).<br />

Die ausgezeichnete Vorhersagekraft (sog. prognostische<br />

Validität) dieses DNA Malignitätsgrading für das<br />

Prostatakarzinom hat der Forscher B. Tribukait aus<br />

Stockholm <strong>im</strong> Jahre 1993 in einer preisgekrönten Arbeit<br />

<strong>im</strong> European Journal of Urology nachgewiesen. Dabei<br />

konnte er zeigen, dass <strong>Patient</strong>en mit peridiploidem<br />

Prostatakarzinom in einem Zeitraum von 15 Jahren auch<br />

ohne Therapie genauso lange lebten, wie gleich alte<br />

Männer ohne dieses Karzinom. Eine hormonelle<br />

Therapie brachte <strong>Patient</strong>en mit diesem relativ harmlosen<br />

Tumor keinen weiteren Überlebensvorteil. Auch Prostatakarzinom-Kranke<br />

mit periteraploiden Mustern lebten<br />

unbehandelt kaum weniger lang als gesunde Männer<br />

<strong>im</strong> gleichen Alter. Sie starben jedoch – und das ist sehr<br />

wichtig – früher, wenn sie hormonell mit antiandrogen<br />

wirksamen Substanzen behandelt worden waren.<br />

Lediglich Männer mit sehr aggressiven Tumoren, also x-<br />

ploiden oder multiploiden Karzinomen der Prostata lebten<br />

unbehandelt kürzer als gesunde. Aber auch bei diesen<br />

brachte eine Hormontherapie keinen Vorteil. Zu ähnlichen<br />

Ergebnissen kamen auch andere Forschergruppen<br />

wie Tavares et al. (1973), Winkler et al. (1988),<br />

Forsslund et al. (1992), Al-Abadi und Nagel (1999) und<br />

Ross et al. (1999).<br />

Eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingesetzte<br />

Arbeitsgruppe st<strong>im</strong>mte daher auf Grundlage dieser<br />

zahlreichen Arbeiten mit ähnlichen Ergebnissen darin<br />

überein, dass die Kenntnis des DNA-Gehaltes der<br />

Prostatakrebszellen und die Best<strong>im</strong>mung ihres<br />

Malignitätsgrades mittels Zytometrie bei individuellen<br />

Therapieentscheidungen wertvoll ist, insbesondere,<br />

wenn eine abwartende Haltung („wait and see“) eingenommen<br />

werden soll. Die Experten empfahlen, bei allen<br />

neuen Studien zu Therapieverfahren für das Prostatakarzinom<br />

dieses DNA-Malignitätsgrading zu berücksichtigen<br />

(Schröder et al., 1994).<br />

Da die meisten Prostatakarzinome nicht einheitlich aufgebaut<br />

sind, sondern es unterschiedlich bösartige<br />

„Krebsnester“ <strong>im</strong> Prostataorgan gibt, haben Wang und<br />

Mitarbeiter (2001) empfohlen, den DNA-Malignitätsgrad<br />

an mehreren Stellen des Karzinoms (je nach Größe des<br />

Tumors in bis zu vier Punktaten) zu best<strong>im</strong>men, wenn aus<br />

dem Ergebnis die Konsequenz eines abwartenden<br />

Beobachtens („wait and see“) gezogen werden soll.<br />

Die Durchführung und diagnostische Interpretation der<br />

DNA-Bildzytometrie, mit der der DNA-Malignitätsgrad<br />

best<strong>im</strong>mt werden kann, ist durch vier internationale<br />

Konsensus-Reports hoch standardisiert (Böcking et al.,<br />

1995, Haroske et al., 1997, Giroud et al., 1997, Haroske<br />

et al., 2001). Die Methode ist <strong>im</strong> Leistungskatalog der<br />

gesetzlichen Krankenkassen vertreten und wird in<br />

Deutschland von etwa 45 Instituten angeboten (siehe<br />

auch www.sanfte-krebsdiagnostik.de). Die Messung des<br />

DNA-Gehaltes pro Zellkern erfolgt unter ständiger<br />

Kontrolle eines erfahrenen Untersuchers am Monitor<br />

eines TV Bildanalyse-Systems, das mit einem Lichtmikroskop<br />

verbunden ist.<br />

Um eine derartige Messung an fixierten und in Paraffin<br />

eingebetteten Stanzbiopsien aus der Prostata anwenden<br />

zu können, müssen die Zellkerne zunächst mit<br />

Enzymen herausgelöst werden (sog. Zellvereinzelung).<br />

Die DNA Zytometrie kann auch noch nach vielen Jahren<br />

an archivierten Gewebsproben durchgeführt werden.<br />

An Zellausstrichen von sog. Feinnadel-Aspirationsbiopsien,<br />

einer sehr treffsicheren, nebenwirkungsfreien<br />

und recht schmerzlosen aber leider sehr wenig angewandten<br />

Biopsie-Methode, sind diese Messungen noch<br />

einfacher, präziser und preiswerter vorzunehmen. Diese<br />

Technik eignet sich daher vor allem zur Verlaufskontrolle<br />

und natürlich besonders, wenn „abwartendes Beobachten“<br />

bei rein diploiden Prostatakarzinomen angesagt ist.<br />

Die sich durch die diagnostische DNA-Bildzytometrie<br />

ergebenden therapeutischen Möglichkeiten insbesondere<br />

des „wait and see“ bei diploiden Prostatakarzinomen<br />

älterer Männer und des Verzichtes auf eine<br />

hormonelle Therapie bei tetraploiden Karzinomen sollten<br />

den Betroffenen durch ihre behandelnden Urologen<br />

bekannt gemacht und mit ihnen diskutiert werden.<br />

Angesichts der verschiedenen therapeutischen<br />

Möglichkeiten sollten diese ihre <strong>Patient</strong>en entsprechend<br />

aufklären und sie in die anstehenden diagnostischen<br />

und therapeutischen Entscheidungen einbinden<br />

(Böcking, 1996).<br />

Literatur be<strong>im</strong> Verfasser:<br />

UNIV.-PROF. DR. MED. ALFRED BÖCKING<br />

Direktor des Instituts für Cytopathologie<br />

Universitätsklinikum Düsseldorf<br />

Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf<br />

12


7717-04 DNA-Histogram 28-Jul-2004<br />

Modalwert 1.985 Exc5 0 (0,00 %) Exc9 0 (0,00 %) 2cDI 213.83<br />

10098-00 DNA-Histogram 28-Jul-2004<br />

Modalwert 2.072 Exc5 12 (3,90 %) Exc9 0 (0,00 %) 2cDI 205.40<br />

Abbildung 1: Peridiploide DNA-Verteilung eines Prostatakarzinoms mit<br />

guter Prognose. Auf der Ordinate ist die Zahl gemessener Zellkerne<br />

aufgetragen, auf der Abszisse deren Gehalt an Erbsubstanz DNA in<br />

der D<strong>im</strong>ension c. 1c entspricht dem DNA-Gehalt eines einfachen<br />

Chromosomensatzes<br />

Abbildung 2: Peritetraploide DNA-Verteilung mit noch relativ guter<br />

Prognose<br />

7769-04 DNA-Histogram 28-Jul-2004<br />

Modalwert 3.570 Exc5 22 (5,80 %) Exc9 1 (0,28 %) 2cDI 108.34<br />

10318-00 DNA-Histogram 28-Jul-2004<br />

Modalwert 3.400 Exc5 99 (33,00 %) Exc9 1 (0,33 %) 2cDI 19.63<br />

Abbildung 3: X-ploide DNA-Verteilung mit ungünstiger Prognose<br />

Abbildung 4: Multiploide DNA-Verteilung mit schlechter Prognose<br />

13


CHEMOTHERAPIE BEIM HORMON-<br />

UNABHÄNGIGEN PROSTATAKARZINOM<br />

Nachdem ich selbst wieder in der misslichen Lage bin,<br />

dringend etwas unternehmen zu müssen, da meine<br />

Lebermetastasen deutliche Progression zeigen, habe<br />

ich mich entschlossen, eine Übersicht über derzeit hoffnungsvolle<br />

Therapieansätze für die Behandlung des<br />

Hormon unabhängigen (HRPC, engl.:AIPC) Prostatakarzinom<br />

zusammen zu stellen.<br />

Wie Sie wissen, sind für die Behandlung des HRPC nur<br />

zwei Zytostatika zugelassen: Estramustinphosphat und<br />

Mitoxantron.<br />

Da das Prostatakarzinom auf Zytostatika allgemein nur<br />

schlecht anspricht, hat man in den letzten Jahren versucht,<br />

mit Kombinationen verschiedener Medikamente<br />

erfolgreiche Behandlungen durchzuführen.<br />

Dazu gehört u. a. auch die Kombination von Estramustinphosphat<br />

und Docetaxel, mit der z.T. gute<br />

Ergebnisse sowohl in der Reduzierung des PSA als auch<br />

in der Remission von Metastasen erzielt wurden. Auch<br />

mit Multosin als Monotherapie kann eine rasche<br />

Absenkung des PSA erreicht werden.<br />

Bei den durchgeführten Studien hat sich allerdings<br />

gezeigt, dass eine Reihe <strong>Patient</strong>en z. T. erhebliche koronare<br />

und thrombotische Probleme mit Estramustinphosphat<br />

(Medikamente: Multosin, Cellmustin) hatten,<br />

und deshalb die Behandlung abbrechen mussten.<br />

Neuere Therapieansätze zeigen <strong>im</strong>mer deutlicher, dass<br />

synthetisch aufbereitete Bestandteile der Eibe, sog.<br />

TAXOTERE, künftig die Medikamente der ersten Wahl für<br />

die Behandlung des hormonrefraktären Prostatakarzinoms<br />

sein könnten.<br />

DOCETAXEL wird derzeit sowohl hoch dosiert als auch<br />

niedrig dosiert eingesetzt:<br />

• hoch dosiert, 75 mg/m 2 , in Verbindung mit Prednisolon<br />

• niedrig dosiert, 30 mg/m 2 , mit hochdosiertem<br />

Calcitriol am Tag vor der Infusion.<br />

Hier nun die unterschiedlichen Therapieansätze:<br />

Wöchentliche Gabe von hochdosiertem Calcitriol und<br />

Docetaxel be<strong>im</strong> Androgen unabhängigen Prostata-<br />

Karzinom.<br />

J Clin Oncol 2003 Jan 1; 21(1):123-8. Behandlungskonzept nach Beer<br />

TM, Eilers KM, Garzotto M, Egorin MJ, Lowe BA, Henner WD. Oregon<br />

Health & Science University and Portland VA Medical Center, Portland,<br />

OR 97239, USA, beert@ohsu.edu<br />

Übersetzung: Franz Stadlbauer; überarbeitet von<br />

Christian Ligensa <strong>im</strong> Juni 2003<br />

Studienvorgabe<br />

Best<strong>im</strong>mung der Sicherheit und Wirksamkeit einer<br />

wöchentlichen Hochdosis von oral verabreichtem<br />

Calcitriol (Rocaltrol, Roche Pharmaceuticals, Basel,<br />

Switzerland) und Docetaxel (Taxotere, Aventis Pharmaceuticals,<br />

Bridgewater, NJ) bei <strong>Patient</strong>en mit metastasiertem<br />

Androgen unabhängigem Prostatakarzinom<br />

(AIPC).<br />

<strong>Patient</strong>en und Methodik<br />

37 <strong>Patient</strong>en wurden am Tag 1 mit oral verabreichtem<br />

CALCITRIOL (0,5 micro g/kg) gefolgt von DOCETAXEL (36<br />

mg/m 2 ) am 2. Tag behandelt. Die Behandlung wurde<br />

wöchentlich wiederholt und zwar 6 Wochen lang, innerhalb<br />

eines 8-Wochenzyklus. Die <strong>Patient</strong>en erhielten eine<br />

Calzium reduzierte Nahrung und eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme.<br />

Vorrangiges Endziel war die Reaktion des prostataspezifischen<br />

Antigen (PSA), die als Reduzierung des PSA-<br />

Wertes um mindestens 50 % definiert und nach<br />

4 Wochen auch erreicht wurde.<br />

Ergebnisse<br />

30 von 37 <strong>Patient</strong>en, also 81 %, (95 % confidence<br />

Interval, (CI)*, 68% bis 94 %) erreichten einen PSA-Abfall.<br />

14


22 <strong>Patient</strong>en, also 59 %, hatten mehr als 75 % Abfall<br />

des PSA-Wertes (95 % CI, zwischen 43% und 75%).<br />

8 von 15 <strong>Patient</strong>en mit messbarer Erkrankung, also<br />

53 %, hatten eine best<strong>im</strong>mbare Teilremission (bei 95 %<br />

CI, zwischen 27 % bis 79 %).<br />

Die mittlere Zeit bis zur Progression betrug 11,4 Monate<br />

(95 % CI, 8,7 bis 14 Monate), und das mittlere Überleben<br />

war 19,5 Monate (95 % CI, 15,3 Monate bis nicht erfassbar).<br />

Das Gesamtüberleben nach einem (1) Jahr war 89 %<br />

(95 % CI, 74 % bis 95 %).<br />

Die behandlungsabhängigen Nebenwirkungen waren<br />

grundsätzlich ähnlich denen, die bei einer<br />

Monotherapie mit DOCETAXEL erwartet werden können.<br />

Die Pharmakokinetik (Verhalten, Abbau, Stoffwechsel<br />

etc. der Stoffe <strong>im</strong> Körper) beider Medikamente – sowohl<br />

CALCITRIOL als auch DOCETAXEL wurde durch das<br />

Vorhandensein des jeweils anderen Medikamentes nicht<br />

beeinflusst, wie in einer weiteren Unterstudie herausgefunden<br />

wurde.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Kombination von wöchentlich oral verabreichtem,<br />

hochdosierten CALCITRIOL und wöchentlich gegebenem<br />

DOCETAXEL ist ein gut verträgliches Therapiekonzept<br />

für die Behandlung von AIPC.<br />

PSA – und messbarer Krankheitsrückgang sowie die Zeit<br />

bis Progression und für das Gesamtüberleben sind vielversprechend<br />

<strong>im</strong> Vergleich mit den derzeitigen Phase-II-<br />

Studien der DOCETAXEL-Monotherapie be<strong>im</strong> AIPC.<br />

Confidence interval (CI): deutsch: Konfidenzintervall,<br />

statistischer Begriff (mit 95%-iger Sicherheit)<br />

Angiostatische Therapie<br />

be<strong>im</strong> hormonrefrektären<br />

Prostatakarzinom<br />

Angiostatische Therapieprinzipien sind in ersten Phase-<br />

I/II-Studien erfolgreich bei therapierefraktären Neoplasien<br />

(Nierzellkarzinom, Brustkrebs) eingesetzt worden<br />

(Reichle, A. et al, Vogl, T. et al). Im vorliegenden Studienkonzept<br />

soll die Wirkung der antiangionetischen Therapie<br />

be<strong>im</strong> hormonrefraktären Prostatakarzinom (HRPC)<br />

geprüft werden. Die gesamte Medikation kann in<br />

Tablettenform eingenommen werden und verfügt über<br />

geringe Nebenwirkungen bei hoher Lebensqualität.<br />

Im vorliegenden Therapiekonzept wird davon ausgegangen,<br />

dass das HRPC eine erhebliche erworbene<br />

genetische Heterogenität aufweist und somit direkt mit<br />

Zytostatika nur mehr bedingt palliativ therapierbar ist.<br />

Stroma orientierte Therapien können das Tumorwachstum<br />

klinisch relevant negativ beeinflussen:<br />

Wir kombinieren daher die Angiogenesehemmer<br />

Glitazon (Actos ) und einen selektiven COX-2-Hemmer<br />

(Vioxx) als Basistherapie. Die Effektivität dieser zwei<br />

Substanzen konnte bereits klinisch bei einer Vielzahl von<br />

Tumoren nachgewiesen werden (Fujita, H. et al, Song, X.<br />

et al, Reichle, A. et al, Kirschbaum, A. et al).<br />

Ab der dritten Therapiewoche erhalten die <strong>Patient</strong>en<br />

intermittierend neben der angiostatischen Therapie<br />

auch eine Therapie mit dem niedrig dosierten<br />

Zytostatikum Capecitabin (Xeloda) und Dexamethason<br />

(Fortecortin). Chemotherapie kann ebenfalls durch<br />

grundlegende Änderung der Applikationsweise zur stromaaktiven<br />

Therapie <strong>im</strong> Sinne einer Hemmung der<br />

Tumorneoangiogenese eingesetzt werden.<br />

Um dieses Ziel zu erreichen, muss Chemotherapie kontinuierlich<br />

verabreicht werden. Wesentlich ist dabei, dass<br />

keine tumorzytotoxischen Dosen verabreicht werden<br />

müssen. (Hoshi, S. et al, Mitsiades, C. S. et al).<br />

Eine Androgenentzugstherapie soll weiter fortgeführt werden<br />

auf dem Hintergrund, dass Dexamethason möglicherweise<br />

wieder eine Hormonsensitivität induzieren<br />

kann. Unabhängig vom Wirkmechanismus hat Dexamethason<br />

in niedriger Dosierung Monoaktivität be<strong>im</strong><br />

HRPC (Nish<strong>im</strong>ura, K. et al).<br />

Dieser Therapieansatz läuft z.Z. als Studie an der<br />

Universitätsklinik Regensburg.<br />

Leiter der Studie: Prof. Dr. A. Reichle,<br />

Hämatologie/Onkologie<br />

Klinikum der Universität Regensburg<br />

Franz-Josef-Strauß-Allee 11<br />

93053 Regensburg<br />

Tel.: 0941/944-5510<br />

Fax: 0941/944-7202<br />

www.uni-regensburg.de<br />

15


Die Prostatakrebspatienten werden betreut: Klinik und<br />

Polyklinik für Urologie der Uni Regensburg am<br />

Caritaskrankenhaus St. Josef.<br />

Betreuender Arzt: Dr. S. Rogenhofer,<br />

Universitätskrankenhaus St. Josef<br />

Landshuter Straße 65<br />

93053 Regensburg<br />

Tel.: 0941/782-3510<br />

(Fr. Hermann, Vorz<strong>im</strong>mer Prof. Wieland)<br />

www.CaritasStJosef.de<br />

Angiostatische Therapie<br />

be<strong>im</strong> HRPC<br />

Die Überwachung der <strong>Patient</strong>en erfolgt <strong>im</strong> Abstand von<br />

drei Wochen.<br />

Die Studiendauer liegt momentan zwischen 7 und 9<br />

Monaten.<br />

Ansprechrate:<br />

• 100 % angesprochen auf die Therapie<br />

• bei 90 % der Pat. Vorübergehender PSA-Anstieg =<br />

„Signaleffekt“<br />

• bei 1 Pat. bisher nicht angesprochen<br />

– bei diesem erfolgt Umstellung auf Second-line-<br />

Therapie, d.h. Ersatz XELODA durch DOCETAXEL<br />

Bei <strong>Patient</strong>en, die auf XELODA nicht oder nur schwach<br />

ansprechen, kann XELODA durch DOCETAXEL ersetzt<br />

werden.<br />

Nachteil: DOCETAXEL kann <strong>im</strong> Gegensatz zu XELODA<br />

nur als Infusion gegeben werden; d.h. wöchentliche<br />

Infusion von 15 mg/m 2 Körperoberfläche.<br />

FRANZ STADLBAUER<br />

Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e. V.<br />

TAXAN-THERAPIE VERLÄNGERT DAS LEBEN VON<br />

MÄNNERN MIT PROSTATA-CA<br />

Überlebenszeit stieg mit Taxan-haltiger Chemotherapie <strong>im</strong><br />

Mittel um zwei Monate<br />

Bei der Therapie von Prostatakarzinom-<strong>Patient</strong>en<br />

machen Onkologen Fortschritte, speziell bei<br />

Metastasierung. Nachdem seit etwa 40 Jahren die antiandrogene<br />

Behandlung besonders in dieser<br />

Erkrankungsphase Standard ist, kommt jetzt eine<br />

Komponente hinzu, die – zumindest in Europa – bislang<br />

kaum genutzt wurde: die Chemotherapie. Warum das<br />

und warum erst jetzt?<br />

Es dauert <strong>im</strong> Durchschnitt 18 Monate, dann sind die bösartigen<br />

Prostatazellen Hormon-insensitiv. Als Ursache<br />

dafür wird die Therapie-bedingte Selektion Androgenunempfindlicher<br />

Tumorzellklone des zunächst heterogenen<br />

Tumors genannt. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, ist die<br />

Prognose des <strong>Patient</strong>en äußerst schlecht: Nur noch<br />

sechs bis 15 Monate betrage dann die mediane Überlebensrate,<br />

so Professor Ronald de Wit vom Rotterdam<br />

Cancer Institute in den Niederlanden be<strong>im</strong> ASCO-<br />

Kongress in New Orleans.<br />

Bislang hat die Chemotherapie, etwa mit Mitoxantron<br />

und Prednison, daran nichts geändert, allenfalls die<br />

Schmerzen und andere Karzinom-bedingte Symptome<br />

wurden damit gelindert. Nun sind be<strong>im</strong> ASCO-Kongreß<br />

gleich zwei Studien vorgestellt worden, die neue<br />

Hoffnung für die <strong>Patient</strong>en bedeuten. Beidesmal handelt<br />

es sich um Taxan-haltige Reg<strong>im</strong>es.<br />

16


Einmal wurde Docetaxel (Taxotere ® ), das in Deutschland<br />

bei Brust- und Bronchial-Ca zugelassen ist, mit Prednison<br />

und einmal mit Estramustin kombiniert. Damit verlängerte<br />

sich die mediane Überlebenszeit um zwei bis zweieinhalb<br />

Monate <strong>im</strong> Vergleich zum bisherigen Standard auf<br />

1,5 Jahre. Fast 1800 Männer mit metastasiertem und<br />

Hormon-insensitivem Prostatakarzinom nahmen an der<br />

Studie teil (wir berichteten).<br />

Wer die Überlebenszahlen nicht überragend findet, sollte<br />

bedenken: „median“ bedeutet, dass 50 Prozent der<br />

<strong>Patient</strong>en deutlich länger leben werden als anderthalb<br />

Jahre – unter Umständen mehrere Jahre. Doch selbst<br />

wenn es nur zwei bis drei Monate mehr sind als bisher<br />

möglich: „Das ist die Zeit, in der der <strong>Patient</strong> noch die<br />

Hochzeit seiner Tochter oder Enkelin erleben kann“,<br />

meint Professor Daniel P. Petrylak aus New York, einer der<br />

Studienleiter.<br />

Auch andere, nicht an der Studie beteiligte Onkologen<br />

bewerten die Ergebnisse überaus positiv, etwa Professor<br />

Robert J. Mayer vom Dana-Farber Cancer Institute in<br />

Boston und Massachusetts: „Diese Studien haben große<br />

Bedeutung dafür, wie wir künftig Prostata- und Hodenkrebs-<strong>Patient</strong>en<br />

behandeln werden.“<br />

Denn dass Taxan-haltige Reg<strong>im</strong>es signifikante Wirkungen<br />

haben (auch für Paclitaxel liegen positive Daten vor),<br />

eröffnet die Möglichkeit für Kombinationen mit weiteren<br />

Substanzen, deren Wirkprofil die zunehmenden Erkenntnisse<br />

über die Tumorbiologie widerspiegeln. Ein Beispiel<br />

ist der Angriff auf das antiapoptotische Protein, das vermehrt<br />

auf Hormon-insensitiven Prostata-Ca-Zellen vorkommt.<br />

Es verhindert die Apoptose der Krebszellen.<br />

<strong>Der</strong>zeit laufen Studien mit einer Bcl-2-Antisense-Substanz<br />

mit Docetaxel und mit Mitoxantron.<br />

Die Zulassung von Docetaxel plus Prednison als Therapie<br />

bei hormonrefraktärem metastasiertem Prostata-Ca wird<br />

in Europa für dieses Jahr erwartet.<br />

Thomas Meißner<br />

ÄRZTE ZEITUNG, 12.07.2004<br />

INTERMITTIERENDE HORMONTHERAPIE DES<br />

PROSTATAKARZINOMS<br />

Red.: Professor Dr. Ulf W. Tunn, Chefarzt der Urologischen<br />

Klinik Offenbach berichtete auf der AUA (Amerikanischen<br />

Urologischen Gesellschaft) 2004 San Francisco<br />

von einer Zwischenauswertung der Studie zur intermittierenden<br />

Hormontherapie mit Trenantone ®<br />

bei PSA<br />

Relapse nach Prostatektomie. Die gemeinsame<br />

Auswertung deutscher und italienischer Daten bestätigte<br />

das Therapiekonzept der intermittierenden Hormonsuppression<br />

mit Normalisierung des Testosterons in den<br />

therapiefreien Intervallen. Bei gleicher Effektivität des<br />

Therapieschemas profitierte der <strong>Patient</strong> in den<br />

Therapiepausen vom erneuten Testosteronanstieg.<br />

Es wurde nach einem PSA Relapse auf >1 ng/ml nach<br />

radikaler Prostatektomie eine sechsmonatige Hormontherapie<br />

mit Trenantone ®<br />

durchgeführt. Sank der PSA-<br />

Wert unter 0,5 ng/ml folgte ein therapiefreies Intervall.<br />

Die Therapie wurde dann für mindestens sechs Monate<br />

wieder aufgenommen, wenn es zu einem Anstieg des<br />

PSA auf ≥ 3 ng/ml kam oder Anzeichen eines klinischen<br />

Progresses auftraten.<br />

Dieser Zyklus wiederholte sich bei <strong>Patient</strong>en bis zu viermal<br />

und sie erreichten ein mittleres progressionsfreies Überleben<br />

von 1233 Tagen <strong>im</strong> Vergleich zur kontinuierlichen<br />

Therapie mit 1009 Tagen (n.s.).<br />

Die Kaplan Meier Kurve stellte sich folgendermaßen dar:<br />

p=0,98<br />

Tage<br />

17


<strong>Der</strong> 1. Zyklus dauerte ca. 16 Monate, die nachfolgenden<br />

Zyklen wurden kürzer (12 Monate; 10 Monate). Im<br />

ersten Zyklus war 59% der Zeit therapiefrei und es<br />

erreichten in dieser Therapiepause 91% der <strong>Patient</strong>en<br />

einen normalen Testosteronspiegel (≥ 2,3 ng/ml). In den<br />

folgenden Zyklen wurden die Therapiepausen relativ<br />

kürzer (2. Zyklus: 47%; 3. Zyklus: 37%). Im 2. Zyklus<br />

erreichten noch 81% der <strong>Patient</strong>en einen normalen T-<br />

Wert. Entsprechend entwickelte sich auch die PSA-Verdopplungszeit<br />

gemessen zwischen dem Min<strong>im</strong>um unter<br />

Therapie und dem Max<strong>im</strong>um vor Wiederaufnahme der<br />

Therapie. Im 1. Zyklus lag die PSAVZ bei 52 Tagen, sank<br />

<strong>im</strong> 2. Zyklus auf 36 und <strong>im</strong> 3. Zyklus auf 33 Tage.<br />

HORMONBLOCKADE IM FRÜHEN STADIUM<br />

WIRKT LÄCHERLICH GUT<br />

Einige Auszüge aus dem Bericht „EARLY HORMONAL THE-<br />

RAPY WORKS RIDICULOUSLY WELL, Januar 2004, Dr. Bob<br />

Leibowitz“<br />

Traditionell werden <strong>Patient</strong>en mit Prostatakrebs nur drei<br />

Behandlungsoptionen angeboten: „Beobachten“, also<br />

keine Behandlung, radikale Prostatektomie (der angebliche<br />

Goldstandard) und die Standard-Strahlentherapie.<br />

Eine vierte Behandlungsoption, die Brachytherapie oder<br />

Seeds-Implantation wird in zunehmendem Maße angeboten.<br />

Seit 1991 ist die pr<strong>im</strong>äre Androgen-<br />

Entzugstherapie ohne jegliche radikale Behandlung die<br />

einzige von mir empfohlene Behandlung. Ich nenne die<br />

„Triple Hormone Blockade ® “ den „Platin- und Diamantenstandard“<br />

weil ich glaube, dass dieser jeglichem<br />

„Goldstandard“ bei weitem überlegen ist.<br />

Bei der Europäischen Onkologischen Konferenz am 22.<br />

September 2003 wurde das Abstrakt Nr. 328, Ergebnisse<br />

der Hormonblockade, präsentiert und diskutiert. In einer<br />

Pressekonferenz danach wurde Sir Richard Peto,<br />

Professor Medizinische Statistik an der Universität von<br />

Oxford, Vereinigtes Königreich, interviewt. Dr. Peto hat<br />

internationale Anerkennung und eine gewisse<br />

Berühmtheit mit seiner Analyse der begleitenden<br />

Hormonblockade zum Brustkrebs errungen.<br />

Ich glaube, der folgende Satz beschreibt am besten Dr.<br />

Petos Analyse: „Hormonblockade insgesamt wirkt lächerlich<br />

gut. Signifikante Verringerungen der 10-Jahres<br />

Mortalität wurden in den USA und in England, wie auch<br />

in anderen Teilen Europas durch eine Meta-Analyse eindeutig<br />

identifiziert. Eine Meta-Analyse ist eine Art der<br />

Analyse, die die Ergebnisse aller zutreffenden medizinischen<br />

Veröffentlichungen zu einem Gesamtergebnis<br />

zusammenführt in der Hoffnung, durch die Aufaddierung<br />

aller <strong>Patient</strong>energebnisse aus jeder dieser<br />

Studien mit größerer Wahrscheinlichkeit eine statistisch<br />

signifikante Schlussfolgerung ziehen zu können wegen<br />

der größeren Anzahl der Probanden. Dr. Peto untersuchte<br />

die Frage nach früherem gegenüber einem späteren<br />

Beginn der Hormonblockade. Seine Meta-Analyse kam<br />

zu der Schlussfolgerung, dass eine frühe Anwendung der<br />

Hormonblockade bei Prostatakrebs etwa genau so wirksam<br />

ist, wie dies bei frühem Brustkrebs festgestellt worden<br />

ist...“<br />

Es ist bekannt, dass 80% der 80jährigen Prostatakrebs<br />

haben, aber nur 2% bis 3% sterben am Prostatakrebs.<br />

Die meisten von ihnen werden mit dem Prostatakrebs<br />

sterben, nicht an ihm. Daher ist es für die meisten<br />

Männer nicht erforderlich, vom Prostatakrebs geheilt zu<br />

werden, um sich einer normalen Länge der Lebenszeit<br />

18


zu erfreuen. Die Behandlung mit 13 Monaten der<br />

Dreifachen Hormonblockade/ Leibowitzprotokoll ®<br />

ist die<br />

am wenigsten in den Körper eingreifende Form der<br />

Therapie für den sogenannten lokalisierten Prostatakrebs<br />

und ist dabei <strong>im</strong>mer noch eine der aussichtsreichsten<br />

und effektivsten Therapien. Es ist auch die einzige<br />

Therapieoption ohne Chemotherapeutika, die solche<br />

Prostatakrebszellen abtöten kann, die aus der Prostata<br />

entwichen sind und sich an anderen Stellen des Körpers,<br />

z.B. in den Knochen ausgebreitet haben. CAPSURE<br />

Daten wurden bei dem Kongress der „American<br />

Urologic Association“ <strong>im</strong> Mai 2003 veröffentlicht und<br />

belegten, dass <strong>im</strong> Zeitraum von 1989 bis 2001 die<br />

Anwendung der Hormonentzugstherapie als eine der<br />

Therapieoptionen an Häufigkeit stark zugenommen hat.<br />

Ich war wohl einer der ersten, der diese Option vor mehr<br />

als 12 Jahren befürwortete und bleibe nach wie vor der<br />

stärkste Befürworter für diesen Therapieansatz.<br />

Offensichtlich verschreiben <strong>im</strong>mer mehr Ärzte die<br />

Hormonblockade als die erste und einzige Behandlung<br />

für Prostatakrebs-<strong>Patient</strong>en oder st<strong>im</strong>men dieser<br />

Behandlung zu.<br />

Ich bin fest davon überzeugt, dass man niemals die<br />

beste Therapie gegen den Prostatakrebs für später aufsparen<br />

sollte. Die Zeit, Prostatakrebszellen abzutöten ist<br />

jetzt. Geben Sie den Prostatakrebszellen nicht die<br />

Gelegenheit zu mutieren und noch aggressiver zu werden.<br />

Wenn irgendeine Therapie bei einer weiter fortgeschrittenen<br />

Krankheit gut wirkt (Anmerkung:<br />

Standardtherapie bei metastatischen Krebs), dann wirkt<br />

sie grundsätzlich viel besser in einem früheren Stadium<br />

dieser Krankheit. Daraus folgt: wende die Hormonblockade<br />

lieber früher an als später. Wenn radikale<br />

Prostatektomie oder Strahlentherapie versagen, einen<br />

Mann vollständig zu heilen, dann verkürzt sich die<br />

Verdoppelungszeit des PSA-Wertes von drei bis vier<br />

Jahren aus der Zeit vor der radikalen Prostatektomie<br />

oder der Bestrahlung auf etwa vier Monate nach einer<br />

solchen Behandlung. Das ist furchterregend, aber wahr.<br />

Ich bin überzeugt, dass die Dreifache Hormonblockade/Leibowitzprotokoll<br />

®<br />

die effizienteste Hormonblockade<br />

darstellt und erheblich besser wirkt als eine<br />

Blockade mit zwei Komponenten. Wir glauben, dass die<br />

besten Ergebnisse erzielt werden, in dem man einen<br />

einmaligen 13-monatigen Zyklus einer Dreifachen<br />

Hormonblockade ® sofort anwendet, anstatt eines häufigeren<br />

kürzeren Wechsels einer intermittierenden<br />

Blockade. Im Anschluss an diesen ersten Zyklus der<br />

Hormonblockade sollten auch unterstützende Behandlungsformen<br />

angewendet werden, um die Notwendigkeit<br />

eines zweiten Zyklus der Hormonblockade zu verhindern.<br />

Je länger man von der Hormonblockade<br />

abgesetzt bleibt, umso viel länger wird man überleben.<br />

Beispiele dieser unterstützenden Therapie schließen zunächst<br />

mal die Finasterid (Proscar) Erhaltungstherapie ein.<br />

Hohes Risiko wird definiert als ein PSA-Wert größer oder<br />

gleich 20 ng/ml und/oder ein Gleason Score von 8 bis<br />

10 und/oder ein lokal fortgeschrittener Prostatakrebs.<br />

Niedriges Risiko wird definiert durch einen PSA-Wert kleiner<br />

10 ng/ml und einen Gleason Score von 6 und darunter<br />

und entweder „nichtfühlbar“ oder es kann nur ein<br />

kleiner abnormaler Bereich bei der digitalen rektalen<br />

Untersuchung (Fingertest) festgestellt werden. Alles was<br />

dazwischen liegt ist dann der mittlere Risikobereich.<br />

Nahezu alle <strong>Patient</strong>en nehmen einen COX-2 Hemmer,<br />

vorzugsweise Celebrex. Die anderen COX-2-Hemmer,<br />

die wir einsetzen sind Vioxx oder Bextra. Wir haben herausgefunden,<br />

dass Thalidomid die wirkungsvollste medikamentöse<br />

Möglichkeit darstellt, die Notwendigkeit eines<br />

zweiten Zyklus der Hormonblockade hinauszuzögern<br />

oder zu verhindern. Unserer Erfahrung nach reagieren<br />

mehr als 85% der Männer positiv auf Thalidomid, in dem<br />

ein PSA-Abfall üblicherweise innerhalb von Wochen<br />

nach Beginn der Einnahme festgestellt werden konnte.<br />

Die Dreifache Hormonblockade/Leibowitzprotokoll ®<br />

ist<br />

zunächst ausgelegt für Männer, die niemals eine lokale<br />

Therapie hatten und bei denen niemals vorher irgendeine<br />

Form der Hormonblockade angewandt worden ist.<br />

Diese Männer werden 13 Monate lang mit der<br />

Dreifachen Hormonblockade ®<br />

behandelt, dabei wird<br />

entweder Enantone/Trenantone oder Zoladex eingesetzt,<br />

3 Casodex a 50mg pro Tag und eine Tablette<br />

Finasterid (Proscar). Nach den 13 Monaten werden sie<br />

nur noch mit der Finasterid – Erhaltungstherapie (Proscar<br />

– Erhaltungstherapie) behandelt. Den Männern, die sich<br />

Casodex finanziell nicht erlauben können, empfehle ich<br />

Flutamid, 250 mg, drei mal am Tag. Ich empfehle nicht,<br />

nur eine oder zwei Casodex á 50 mg pro Tag zu nehmen.<br />

Für ein opt<strong>im</strong>ales Ergebnis benötigen Sie 150mg<br />

Casodex.<br />

19


Im September 2003 habe ich unsere auf den neuesten<br />

Stand gebrachten Daten bei dem Symposium des<br />

„Prostate Cancer Research Institute“ vorgetragen. Ich<br />

berichtete über 177 Männer, die alle mit einen durch<br />

eine Biopsie bestätigten Prostatakrebs hatten. Alle<br />

Männer hatten eine lokale Therapie abgelehnt. Bis in<br />

den September 2003 hatten wir nur 12 Männer wieder<br />

zu behandeln. Alle 12 zeigten mindestens einen prognostischen<br />

Hochrisikofaktor.<br />

Bis zum September 2003 lag unsere spezifische Überlebensrate<br />

bei 99,4%. Das bedeutet, dass nur ein <strong>Patient</strong><br />

der 177 am Prostatakrebs gestorben ist. Diese Ergebnisse<br />

sind jeglichen statistischen Serien von chirurgischen<br />

oder radiotherapeutischen Auswertungen überlegen.<br />

Unsere Ergebnisse wurden <strong>im</strong> dem Journal „The<br />

Oncologist“, ein internationales von Wissenschaftlern<br />

überprüftes Journal, veröffentlicht. Siehe „Treatment of<br />

Localised Prostate Cancer with Triple Androgen<br />

Blockade: Prel<strong>im</strong>inary Results in 110 Consecutive<br />

<strong>Patient</strong>s;“ 2001; 6:177-182. Auf unseren Artikel<br />

wurde bei der „AUA Convention“ während einer<br />

Ausbildungsveranstaltung zum Thema „Androgen<br />

Entzugstherapie“ Bezug genommen. Die Zusammenfassung,<br />

geschrieben von Dr. Eric Small, besagt: „Die<br />

Dreifache Hormonblockade, bei der zugleich LH-RH-<br />

Agonist, Antiandrogen und 5 Alpha-Reduktase-Hemmer<br />

(Finasterid) angewandt werden, könnte zusätzliche<br />

Vorteile gegenüber der Standard Hormontherapie mit<br />

zwei Komponenten bringen, insbesondere <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit einem intermittierendem Behandlungsprotokoll.<br />

Unsere Arbeit wurde auch <strong>im</strong> Journal of<br />

Cancer, veröffentlicht durch die American Cancer<br />

Society, erwähnt“.<br />

Beginnen Sie die Behandlung mit der Dreifachen<br />

Hormonblockade/Leibowitzprotokoll ® . Dies verschafft<br />

Ihnen die Zeit, gegebenenfalls alle anderen Therapieoptionen<br />

zu überprüfen. Später, falls Sie sich dann doch<br />

dafür entscheiden wollen, können Sie <strong>im</strong>mer noch lokale<br />

Therapien hinzufügen. Sie brechen keine Brücken hinter<br />

sich ab, wenn Sie erst mal mit der Dreifachen<br />

Hormonblockade beginnen. Wir empfehlen nicht eine<br />

lokale Therapie, aber Sie haben die Option, diese zu<br />

jeder Zeit hinzuzufügen. Zurzeit wird etwa zwei Dritteln der<br />

Männer, die mit einer Strahlentherapie gegen ihren lokal<br />

fortgeschrittenen Prostatakrebs behandelt werden sollen,<br />

gesagt, dass sie auch noch zusätzlich<br />

Hormonblockade benötigen. Prospektive, randomisierte<br />

Versuche haben nachgewiesen, dass Bestrahlung plus<br />

Hormonblockade statistisch die Überlebenszeit verlängert,<br />

verglichen mit einer Strahlentherapie allein. Nach<br />

all den Jahren hat jedoch keine Studie jemals einen<br />

Vorteil nachgewiesen, wenn Strahlentherapie zur<br />

Hormonblockade hinzugefügt wird. <strong>Der</strong> Wert der<br />

Anwendung von Hormonblockade ist nachgewiesen.<br />

Das ist nicht etwa nur meine Meinung, das ist medizinischer<br />

Tatbestand.<br />

Einfach ausgedrückt, wir glauben nicht an den Vorteil<br />

irgendeiner Form der radikalen lokalen Therapie. Es<br />

wurde nachgewiesen, dass dreiundsiebzig Prozent der<br />

Männer vor dem Beginn ihres chirurgischen Eingriffs zur<br />

radikalen Prostatektomie bereits PSA absondernde Zellen<br />

in ihren Knochen (Knochenmark) haben. Die meisten<br />

Experten st<strong>im</strong>men darin überein, dass es sich dabei um<br />

bösartige Prostatakrebszellen handelt. Nicht alle werden<br />

zu reifen Metastasen heranwachsen, aber es ist ernüchternd,<br />

sich klar zu machen, dass drei von vier Männern<br />

diese Zellen bereits zum Zeitpunkt der Diagnose in ihren<br />

Knochen haben. Das ist einer der wesentlichen Gründe,<br />

warum wir glauben, dass es sich bei Prostatakrebs um<br />

eine systemische Krankheit handelt. Das bedeutet, dass<br />

Prostatazellen sich bereits zum Zeitpunkt der ersten<br />

Diagnose auch in den Lymphknoten und den Knochen<br />

ausgebreitet haben können. Da die Dreifache<br />

Hormonblockade/Leibowitzprotokoll ®<br />

eine systemische<br />

Therapie ist, kann diese die Prostatakrebszellen irgendwo<br />

<strong>im</strong> Körper und überall angreifen. Keine Form der lokalen<br />

Therapie tötet Prostatakrebszellen, die sich bereits in<br />

Ihren Knochen oder in anderen entfernten Stellen ausgebreitet<br />

haben. Dr. Peto, nachdem er die Literatur der<br />

Welt in diesem Zusammenhang analysiert hat, zieht den<br />

Schluss, dass Hormonblockade nahezu lächerlich gut<br />

wirkt. Hormonblockade kann Prostatakebszellen abtöten.<br />

Lassen Sie sich ebenfalls durch die Dreifache<br />

Hormonblockade/Leibowitzprotokoll ® helfen.<br />

Wir haben eine sehr lange Liste von <strong>Patient</strong>en, die mit<br />

der Dreifachen Hormonblockade/Leibowitzprotokoll ®<br />

behandelt worden sind und jetzt sich freiwillig zur<br />

Verfügung stellen, um irgendwelche Fragen oder<br />

Bedenken zu beantworten, die Sie oder der von Ihnen<br />

Betreute haben. Bitte rufen Sie unser Büro an und lassen<br />

20


Sie sich eine Kopie der Liste schicken. Rufen Sie an und<br />

hören Sie, was diese zu sagen haben.<br />

Und wie <strong>im</strong>mer<br />

Wünsche ich Ihnen Glück, Wohlergehen und ein langes<br />

Leben<br />

DR. BOB<br />

Gekürzt und für das BPS-Magazin bearbeitet von<br />

CHRISTIAN LIGENSA<br />

Anmerkung von Christian Ligensa über die Situation in Deutschland:<br />

Diese Therapie ist <strong>im</strong>mer noch eine exper<strong>im</strong>entelle Therapie: Die offizielle<br />

Stellungnahme der Urologen hier in Deutschland lautet: „ein<br />

interessanter Ansatz“. Falls Sie diesen Therapieansatz in Erwägung ziehen,<br />

sollten Sie sich sehr gut darüber informieren, weil Ärzte oft nur mit<br />

solchen <strong>Patient</strong>en diese Therapie durchführen, die den ausdrücklichen<br />

Wunsch nach dieser Therapie vorbringen und über die<br />

Chancen und Risiken informiert sind. Über 80 Ärzte in Deutschland<br />

haben diese Therapie mit ihren <strong>Patient</strong>en zusammen schon durchgeführt.<br />

Sowohl als Ersttherapie, wozu sie auch ausgelegt ist, aber auch<br />

nach Operation oder Bestrahlung. Die meisten Ärzte erkennen das<br />

Potenzial dieser Therapie, auch wenn sie wegen des exper<strong>im</strong>entellen<br />

Charakters diesen Ansatz von sich aus nicht empfehlen können. Eine<br />

Zusammenstellung der übersetzten Berichte mit Therapieplan,<br />

Nebenwirkungen, notwendige Tests vor, während und nach der DHB<br />

sowie die Aussichten nach Absetzen können Sie bei mir anfordern:<br />

E-Mail: ligensa@rz-online.de, Tel: 02602-2433.<br />

In Deutschland gibt es 300 bis 400 <strong>Patient</strong>en, die eine DHB durchführen<br />

oder durchgeführt haben. Eine Auswertung der <strong>Patient</strong>energebnisse<br />

ist in Bearbeitung.<br />

PROTEKTIVE EFFEKTE VON DUTASTERID GEGEN<br />

PROSTATA-CA GEPRÜFT<br />

REDUCE-Studie mit 8000 Männern läuft jetzt/Medikament<br />

reduziert Dihydrotestosteron-Produktion um 90 Prozent<br />

WIEN (ner). In einer großen Studie war bei der Therapie<br />

mit dem 5-alpha-Reduktase-Hemmer Finasterid die<br />

Prostata-Karzinom-Rate reduziert. Hinweise auf eine<br />

ähnlich protektive Wirkung gibt es auch für Dutasterid.<br />

Dieser Effekt soll jetzt in einer Studie mit dem neuen<br />

Medikament untersucht werden.<br />

Finasterid hatte in der PCPT-Studie mit 18800 Männern<br />

das Prostatakarzinom-Risiko in sieben Jahren um 25<br />

Prozent reduziert <strong>im</strong> Vergleich zu Placebo. PCPT steht für<br />

Prostate Cancer Prevention Trial.<br />

In zwei anderen Studien gab es keinen Unterschied zwischen<br />

den Gruppen, hieß es be<strong>im</strong> europäischen<br />

Urologenkongreß in Wien. Verunsichert sind Urologen vor<br />

allem, weil in der PCPT-Studie unter Verum vermehrt<br />

hochmaligne Prostatakarzinome aufgetreten waren.<br />

Wissenschaftler halten dies jedoch für einen<br />

Studienartefakt und führen diese Zahlen auf methodische<br />

Mängel zurück.<br />

In den Zulassungsstudien sind auch mit dem neuen 5-<br />

alpha-Reduktase-Hemmer Dutasterid (Avodart ® ) reduzierte<br />

Prostatakarzinom-Inzidenzen festgestellt worden.<br />

Das berichtete Professor Neil Fleshner aus Toronto in<br />

Kanada bei einem vom Unternehmen GlaxoSmithKline<br />

unterstützten Symposium zum Kongreß. Die Hoffnung ist,<br />

dass die mit Dutasterid um mehr als 90 Prozent verminderte<br />

Produktion von Dihydrotestosteron das Risiko reduziert,<br />

ein Prostatakarzinom zu bekommen.<br />

Weil die Zulassungsstudien nicht für diese Frage konzipiert<br />

waren, wird die in der jetzt laufenden REDUCE-<br />

Studie (Reduction by Dutasteride of Prostate Cancer<br />

Events) geklärt.<br />

Diese prospektive und Placebo-kontrollierte Untersuchung<br />

ist auf vier Jahre angelegt. Eingeschlossen werden<br />

weltweit etwa 8000 Männer <strong>im</strong> Alter zwischen 50<br />

und 75 Jahren mit negativem Prostata-Biopsie-Befund<br />

und PSA-Werten zwischen 2,5 und 10 ng/ml. Nach zwei<br />

und vier Jahren sollen Ultraschall-gestützt mehrere<br />

Prostata-Biopsien entnommen werden, berichtete<br />

Fleshner.<br />

ÄRZTE ZEITUNG, 19.04.2004<br />

21


BEIM TUMORSTAGING MACHT PET-CT MANCHE<br />

OPERATION ÜBERFLÜSSIG<br />

Viele unklare Befunde können differenziert werden<br />

BERLIN (gvg). Auf den hohen Nutzen der PET-CT-<br />

Untersuchung bei der Klassifizierung von Tumorerkrankungen<br />

haben Nuklearmediziner auf einem<br />

Symposium in Berlin hingewiesen. Für mehrere<br />

Indikationen sei zudem die Kosteneffektivität der etwa<br />

1000 Euro teuren Untersuchung klar erwiesen.<br />

Die PET-CT ist ein erst seit wenigen Jahren verfügbares<br />

Verfahren, bei dem eine Computer-Tomographie und<br />

eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit radioaktiv<br />

markierter Glukose in nur einem Untersuchungsgang<br />

erfolgen. In der Onkologie können damit viele Tumoren<br />

sehr präzise lokalisiert werden.<br />

„Kaum ein anderes diagnostisches Verfahren hat so oft<br />

direkten Einfluss auf die therapeutischen Entscheidungen<br />

wie die PET-CT“, sagte Professor Wolfgang Mohnike,<br />

der in einer privaten Praxis in Berlin eines von <strong>im</strong> Moment<br />

sieben PET-CT-Geräten in Deutschland betreibt.<br />

Bei etwa jedem dritten <strong>Patient</strong>en ändere die Diagnose<br />

den Behandlungsverlauf. Mohnike nannte als Stärke vor<br />

allem das präzisere Tumorstaging bei der PET-CT, mit der<br />

als Ganzkörperuntersuchung mehr Metastasen entdeck<br />

werden könnten als mit anderen Verfahren.<br />

Es gebe Studien, die belegten, dass durch eine PET-CT<br />

bei <strong>Patient</strong>en mit vermutetem nicht-kleinzelligem<br />

Lungenkarzinom die Zahl der Thoraxoperationen, die<br />

sich <strong>im</strong> Nachhinein als überflüssig erweisen, halbiert werden<br />

könne. Bei <strong>Patient</strong>en mit Lymphomen mache die<br />

Kombination aus PET und CT häufig die teuren und für<br />

die <strong>Patient</strong>en wegen der Infektionsgefahr problematischen<br />

Mediastinoskopien überflüssig.<br />

<strong>Der</strong> Präsident der Europäischen Gesellschaft für<br />

Nuklearmedizin, Professor Frans Corstens aus den<br />

Niederlanden, bestätigte Mohnikes gute Erfahrungen. Es<br />

gebe mittlerweile genügend Daten, die belegten, dass<br />

eine frühe PET-CT-Untersuchung zum Tumorstaging bei<br />

<strong>Patient</strong>en mit kolorektalen Karzinomen, malignen<br />

Melanomen und nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen<br />

<strong>im</strong> Vergleich zur herkömmlichen Diagnostik mit CT, MRT<br />

und Biopsie Kosten spare und den Behandlungsverlauf<br />

beschleunige.<br />

Die Nuklearmediziner be<strong>im</strong> Kongress forderten, dass PET-<br />

CT-Untersuchungen künftig auch in Deutschland bei<br />

genau definierten Indikationen erstattungsfähig sein<br />

sollten.<br />

ÄRZTE ZEITUNG, 07.05.2004<br />

22


HUMANER ANTIKÖRPER MT201 IN KLINISCHER<br />

PHASE-II-STUDIE ZUR BEHANDLUNG VON<br />

PROSTATAKREBS<br />

Erste Studie eines umfassenden Phase-II- Programms gegen<br />

verbreitete Karzinomformen<br />

Jeder Mensch verfügt in seinem Körper über eine<br />

Vielzahl unterschiedlicher Antikörper; sie werden vom<br />

Immunsystem gebildet, um eingedrungene Fremdkörper<br />

wie Bakterien und Viren zu bekämpfen. Bei MT201<br />

handelt es sich um einen spezifischen Antikörper, der<br />

einen best<strong>im</strong>mten Eiweißstoff, der „Epithelial Cellular<br />

Adhesion Molecule (Ep-CAM)“ genannt wird, erkennen<br />

und binden kann. Ep-CAM findet sich auf der<br />

Oberfläche von normalen Körperzellen und auf sehr vielen<br />

Tumorzellen, auch auf Prostatakarzinomzellen. Wenn<br />

MT201 an diese Tumorzellen bindet, können die Tumorzellen<br />

durch Aktivierung körpereigener Immunzellen zerstört<br />

werden.<br />

Nach der Entfernung<br />

eines Prostatakarzinoms,<br />

wird<br />

das Blut des <strong>Patient</strong>en<br />

regelmäßig<br />

auf das Prostataspezifische<br />

Antigen<br />

(PSA) untersucht. Ein<br />

PSA-Anstieg deutet<br />

auf verbliebene<br />

Tumorzellen <strong>im</strong><br />

Körper hin. Diese<br />

Tumorzellen können<br />

in der Umgebung<br />

der entfernten<br />

Prostata, aber<br />

auch an einer<br />

anderen Stelle <strong>im</strong> Körper sein, zum Beispiel in der Lunge<br />

oder <strong>im</strong> Knochen.<br />

Es wird angenommen, dass der Antikörper MT201 die<br />

verbliebenen Tumorzellen, wo <strong>im</strong>mer sie sich <strong>im</strong> Körper<br />

befinden, angreifen und ihre Vernichtung bewirken kann.<br />

In dieser Studie, werden zwei unterschiedliche Dosierungen<br />

von MT201 und eine nicht wirksame Substanz<br />

(Plazebo) miteinander verglichen. Es soll herausgefunden<br />

werden, ob die PSA-Konzentration <strong>im</strong> Blut durch<br />

MT201-Infusionen erniedrigt werden kann. Die <strong>Patient</strong>en<br />

werden nach dem Zufallsprinzip einer der Behandlungsgruppen<br />

zugeteilt.<br />

Die wichtigsten Einschlusskriterien sind<br />

• Zustand nach radikaler Prostatektomie (RP), als<br />

Behandlung eines lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms,<br />

längstens 3 Jahre vor Studienbeginn<br />

• Tumorstadium > pT2c<br />

• Ansteigendes Serum-PSA<br />

• Kein klinischer oder radiologischer Hinweis auf ein<br />

lokales Rezidiv und/oder Metastasen und/oder<br />

Lymphknotenbeteiligung<br />

• Kein hormonrefraktäres Prostatakarzinom<br />

Die Studie ist in verschiedene Abschnitte unterteilt: Eine<br />

zweiwöchige Phase ohne Behandlung (Screening),<br />

eine 10-wöchige Behandlungshase und eine 37-wöchige<br />

Nachbeobachtungsphase.<br />

<strong>Der</strong> Gesundheitszustand wird engmaschig in der Klinik<br />

beurteilt, zum Beispiel durch körperliche Untersuchungen,<br />

digitale rektale Untersuchungen, Messungen des<br />

Blutdrucks, der Herzfrequenz und der Körpertemperatur<br />

und es werden Blutproben entnommen, um zu best<strong>im</strong>men,<br />

ob sich während der Behandlung best<strong>im</strong>mte<br />

Blutwerte verändern. Außerdem wird die PSA-<br />

Konzentration <strong>im</strong> Blut gemessen.<br />

Studienzentren: siehe Seite 24!<br />

23


Studienzentren<br />

Universitätsklinik Marburg<br />

Dr. Axel Hegele, 06421-286-2513 oder - 36 90<br />

Universitätsklinik Homburg<br />

Prof. Dr. M. Stöckle, 06841-16 24-702<br />

Dr. Jan Lehmann, 06841-624-700 oder -701<br />

Dr. Markus Hack, 06841-624-700 oder -701<br />

Universitätsklinik Köln<br />

Prof. Dr. Axel Heidenreich, 0221-478 - 86 577<br />

oder -36 32<br />

Prof. Dr. Udo Engelmann, 0221-478-42 42<br />

Urologische Klinik München-Planegg<br />

Dr. Ralf Oberneder, 089-856 93 -132 oder -531<br />

Dr. Philip Stürminger, 089-856 93-542<br />

Dr. Ines Kotter, 089-856 93-547<br />

Universitätsklinik Halle-Wittenberg<br />

Dr. med. A. Jurczok, 0345-557-14 15 oder -351<br />

Dr. M. AI-Mwalad, 0345-557-14 46<br />

Klinikum Augsburg<br />

PD Dr. Dorothea Weckermann, 0821-400-2829<br />

Universitätsklinik Dresden<br />

Prof. Manfred Wirth, 0351-458-24 47<br />

Dr. Clemens Linne, 0351-458-37 21<br />

Universitätsklinik Tübingen<br />

Dr. Susan Feyerabend, 07071-298-72 35<br />

UNTERSUCHUNG ZU NEUEM MEDIKAMENT BEIM<br />

PROSTATAKARZINOM<br />

Studienteilnehmer gesucht<br />

Red.: Untersuchungen <strong>im</strong> Labor haben Hinweise ergeben,<br />

dass das neue Anti-Krebsmittel Gefitinib (ZD1839)<br />

auch be<strong>im</strong> Prostatakarzinom wirksam sein könnte. Es sollen<br />

nun Prostatakrebs-<strong>Patient</strong>en mit dieser Substanz<br />

behandelt werden, um herauszufinden, wie sie darauf<br />

ansprechen und welche Nebenwirkungen auftreten.<br />

Bei <strong>Patient</strong>en, denen die Prostata komplett entfernt<br />

wurde (radikale Prostatektomie), kann es dazu kommen,<br />

dass der PSA-Wert (Prostata-Spezifisches Antigen) nach<br />

der Operation wieder ansteigt. Dieser PSA-Anstieg <strong>im</strong> Blut<br />

deutet darauf hin, dass noch irgendwo <strong>im</strong> Körper<br />

Prostatakrebs-Zellen existieren und es zu einem<br />

Wiederauftreten der Krankheit kommen kann. Zurzeit gibt<br />

es für solche Fälle keine Standardtherapie.<br />

Die Studie soll ermitteln, ob Gefitinib (entweder in einer<br />

Dosierung von 250mg oder 500mg) hilft, in diesem sehr<br />

frühen Stadium den Anstieg des PSA-Wertes hinauszuzögern<br />

oder zu verhindern. Es wird auch die Sicherheit und<br />

Verträglichkeit des Medikamentes untersucht werden.<br />

Für die Studie kommen <strong>Patient</strong>en in Frage, deren<br />

Prostata komplett entfernt wurde und deren PSA-Werte<br />

nach der Operation nun wieder ansteigen. Weitere Einund<br />

Ausschlusskriterien prüfen die Studienärzte vor dem<br />

Beginn der Therapie mit Gefitinib. Insgesamt sollen in die<br />

Studie in Deutschland 76 <strong>Patient</strong>en eingeschlossen werden.<br />

Wer Interesse an einer Studienteilnahme hat, kann auf<br />

der Internet-Seite www.astrazeneca.de (➔ Klinische Forschung,<br />

➔ Aktuelle Studien, ➔ Gefitinib) seine Eignung<br />

testen und ärztliche Ansprechpartner in seiner Nähe<br />

erfahren.<br />

24


ONKOLOGIE UND SPORT<br />

Überblick<br />

Seit der industriellen Revolution <strong>im</strong> 19. Jahrhundert verkürzt<br />

sich die Zeit, in der es notwendig ist, körperlich zu<br />

arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.<br />

Zweifellos hat sich die körperliche Aktivität für große Teile<br />

der Bevölkerung in den Industrienationen in den<br />

Freizeitbereich verlagert. Diese „gesetzte“ Lebensweise<br />

birgt Risiken. Adipositas, Osteoporose und koronare<br />

Herzerkrankungen sind bekannte Beispiele für<br />

Erkrankungen, die stark durch die Lebensweise beeinflusst<br />

sind. Auch für die Onkologie existiert mittlerweile<br />

eine gute Datenbasis, dass Sport für die Prävention<br />

einen Stellenwert besitzt. Zudem hat sich erst in den letzten<br />

Jahren herauskristallisiert, dass Sport und Fitness<br />

einen wichtigen Einfluss auf die Bewältigung und<br />

Rehabilitation von Tumorerkrankungen nehmen können.<br />

Die physiologischen Grundlagen reichen von einer<br />

unspezifischen Aktivierung des Immun- und Herzkreislaufsystems<br />

bis hin zu einem spezifischen Einfluss von<br />

körperlicher Aktivität auf hormonelle Parameter und neuro<strong>im</strong>munologische<br />

Faktoren. Die wissenschaftliche<br />

Datenbasis verbreitert sich sowohl von grundlagenwissenschaftlicher<br />

als auch von klinischer Seite zunehmend.<br />

Körperliche Fitness und die entsprechenden Programme<br />

werden sowohl in die Pr<strong>im</strong>ärprävention als auch in die<br />

Sekundär- und Tertiärprävention von onkologischen<br />

Therapiekonzepten Eingang finden.<br />

Körperliche Fitness<br />

und Onkologie<br />

<strong>Der</strong> günstige Einfluss<br />

einer sportlichen<br />

Aktivität auf<br />

das Körpergewicht<br />

ist eindeutig<br />

und braucht hier<br />

nicht näher erläutert<br />

zu werden.<br />

Ebenso ist die<br />

Relevanz des Risikofaktors „Adipositas“ für Herz-<br />

Kreislauferkrankungen, Diabetes mellitus und Gelenkerkrankungen<br />

unstrittig. In diesem Zusammenhang ist<br />

wichtig, dass entgegen der landläufigen Ansicht in allen<br />

Altersklassen eine größere Zahl von Männern einen<br />

hohen body mass index (BMI > 25) als Frauen aufweist<br />

bzw. deutlich adipös ist. Männer würden demnach<br />

durch eine Gewichtsreduktion entsprechend mehr profitieren.<br />

Altern bringt eine langsame Verringerung der funktionellen<br />

Kapazität fast aller Organsysteme mit sich. Als<br />

Faustregel gilt ein Abfall der funktionellen Kapazität von<br />

10-15% pro Lebensalterdekade. Dieser Abfall der funktionellen<br />

Kapazität ist an einer Reihe von physiologischen<br />

Parametern ablesbar (Tabelle 1). Dabei kommt<br />

der Verringerung der funktionellen Kapazität alleine noch<br />

kein Krankheitswert zu, allerdings können additive<br />

Belastungen schlechter kompensiert werden. Dies spielt<br />

gerade für die Bewältigung von onkologischen<br />

Erkrankungen eine entscheidende Rolle. Es ist unmittelbar<br />

einsichtig, dass <strong>Patient</strong>en mit einer guten altersentsprechenden<br />

körperlichen Fitness einen komplikationsärmeren<br />

Verlauf nach z.B. radikalchirurgischen onkologischen<br />

Eingriffen aufweisen, als <strong>Patient</strong>en mit schlechter<br />

körperlicher Fitness (Sommer 2002).<br />

Parallel mit dem Abfall der funktionellen Organkapazität<br />

<strong>im</strong> Alter kommt es zu einem Anstieg der altersassoziierten<br />

Tumorerkrankungen. Hier sind vor allem Malignome<br />

zu nennen, die epithelialen Ursprungs sind. Ursächlich für<br />

die Zunahme der Alterskarzinome wird neben dem<br />

kumulativen Einfluss von umweltbezogenen Risikofaktoren<br />

(z.B. Rauchen) über Jahrzehnte die parallele<br />

physiologische Abnahme der <strong>im</strong>munologischen<br />

Abwehrmechanismen betrachtet. Für alle Tumorentitäten<br />

zusammengenommen, kommt es dabei zu<br />

einem jährlichen altersbedingten Inzidenzanstieg von<br />

ca. 6%. Ein weiterer Grund für den Inzidenzanstieg von<br />

sogenannten Alterskarzinomen ist die verbesserte<br />

Diagnostik. So zeigt sich gerade für das Prostatakarzinom,<br />

dass die steigende Inzidenz dieses langsam<br />

wachsenden Tumors durch die PSA-Serumdiagnostik mit<br />

verursacht wird (Trinkler 1995).<br />

Die Todesursache „Krebs“ wird dabei <strong>im</strong> höheren Alter<br />

<strong>im</strong>mer häufiger (Tabelle 2). Insbesondere die urologi-<br />

25


schen Krebserkrankungen passen in das Bild steigender<br />

Todeshäufigkeitszahlen. Während z.B. in den USA die<br />

Todesursache Herz- und Kreislauferkrankungen eine fallende<br />

Tendenz aufweist, steigt die Zahl der Krebstoten<br />

weiter an. In der BRD waren <strong>im</strong> Jahre 1995 noch 24%<br />

aller Todesursachen Krebserkrankungen, <strong>im</strong> Oktober<br />

2001 wurden bereits 25,2% durch das statistische<br />

Bundesamt erfasst. Im Jahre 2001 sind in der BRD<br />

164500 Männer an Krebs neu erkrankt.<br />

Immer mehr rückt das Thema Sport als Mittel zur<br />

Prävention und Therapieunterstützung in den Fokus des<br />

öffentlichen Interesses. Leider ist dieses Interesse u.a. von<br />

politischen Entscheidungsträgern durch die Vorstellung<br />

geprägt, durch eine Sportprävention den Schlüssel zu<br />

einer Kostenreduktion <strong>im</strong> Gesundheitswesen gefunden<br />

zu haben. Dieser Ansatz mag <strong>im</strong> Individualfall schlüssig<br />

sein. Epidemiologische Studien belegen jedoch, dass<br />

sich durch eine Sportprävention die gesundheitsbezogenen<br />

Gesamtkosten in einer überalternden<br />

Gesellschaft eher nicht senken lassen, sondern vor allem<br />

die Lebensqualität älterer Bevölkerungsgruppen positiv<br />

beeinflusst wird (Greenwald 2002, Friedenreich 2001).<br />

Zur öffentlichkeitswirksamen Betrachtung von Sport <strong>im</strong><br />

Rahmen onkologischer Erkrankungen trugen u. a.<br />

Auftritte von Hochleistungssportlern bei, die Tumorerkrankungen<br />

überstanden haben. Hier ist z.B. der Tour<br />

de France Sieger Lance Armstrong zu nennen, der eine<br />

Hodentumorerkrankung erfolgreich überwand und in<br />

den Spitzensport zurückkehrte. Diese Einzelberichte lassen<br />

jedoch keine generellen Rückschlüsse auf den<br />

Einfluss von Sport auf Tumorerkrankungen zu.<br />

Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

Sport gilt als präventive Maßnahme für Krebserkrankungen<br />

und vor allem als Katalysator für eine<br />

Änderung der Lebensführung zur Verringerung verhaltensbezogener<br />

Tumorrisiken. Die aktuelle Datenlage ist<br />

allerdings für einen direkten protektiven Einfluss von körperlicher<br />

Aktivität auf die Tumorentstehung noch keineswegs<br />

eindeutig (McTiernan et a.1998). Die Aktivierung<br />

des körpereigenen Immunsystems stellt für die<br />

Hypothese des Einflusses von Sport auf das Tumorrisiko<br />

den entscheidenden Faktor dar. Bei ca. 350 Milliarden<br />

Zellteilungen täglich bei einem Erwachsenen ist die<br />

Entstehung von bösartigen Mutationen durchaus wahrscheinlich.<br />

Hier tritt <strong>im</strong> Normalfall eine intakte Immunabwehr<br />

in Kraft, die ständig in Alarmbereitschaft,<br />

Tumorzellen unterhalb einer kritischen Anzahl zerstört<br />

(Uhlenbruck et al. 1991). Das Immunsystem (Tabelle 3)<br />

reagiert nach einer sportlichen Betätigung mit einer gut<br />

belegten, seit längerem bekannten, gesteigerten<br />

Aktivität von Makrophagen, NK-Zellen, B-Lymphozyten<br />

etc. (Polednak 1976). Vergleichbar ist diese St<strong>im</strong>ulation<br />

des Immunsystems von Seiten der messbaren <strong>im</strong>munologischen<br />

Parameter mit einer Infektion durch gering<br />

virulente Erreger (Uhlenbruck et al. 1992).<br />

Obwohl die Mechanismen des präventiven Effekts von<br />

Sport bzw. die erhöhte qualitative Kapazität des<br />

Immunsystems für eine Zerstörung von Tumorzellen nicht<br />

abschließend geklärt sind, haben eine Vielzahl von epidemiologischen<br />

Studien den Zusammenhang von körperlicher<br />

Aktivität und Krebsrisiko be<strong>im</strong> Menschen evaluiert.<br />

Die meisten Studien weisen hier einen protektiven<br />

Effekt nach. Allerdings sind die zusätzlichen Einflussfaktoren<br />

erheblich, was die adäquate Interpretation von<br />

Studienergebnissen stark erschwert (D<strong>im</strong>eo et al. 1997).<br />

Ein wesentlicher Punkt ist, dass körperliche Aktivität neben<br />

den <strong>im</strong>munologischen Vorgängen eine Reduktion von<br />

Risikoverhalten quasi „beiläufig“ erzwingt. Hier sind<br />

Nikotinabusus, Übergewicht und Ernährung anzuführen.<br />

Beispielhafte<br />

Studienergebnisse<br />

Von 27 Studien über das Risiko von Prostatakarzinomen<br />

zeigten bei sportlich aktiven Männern 17 Studien eine<br />

Risikoreduktion, vier Studien ein erhöhtes Risiko und sechs<br />

Studien keinen signifkanten Unterschied zwischen aktiven<br />

und inaktiven Männern. Diese Inhomogenität hat mehrere<br />

methodische Gründe, die grundsätzlich für onkologische<br />

Studien gelten. So haben einige Studien zusätzliche<br />

Risikofaktoren wie Übergewicht und Familienanamnese<br />

nicht berücksichtigt (Sommer 2002).<br />

Insgesamt sind Ernährungsfaktoren und genetische<br />

Disposition offenbar für die Prostatakarzinomentstehung<br />

von größerer Bedeutung als körperliche Aktivität.<br />

Möglicherweise wirkt sich körperliche Aktivität nicht allgemein,<br />

sondern nur bei best<strong>im</strong>mten Subgruppen protektiv<br />

aus (Friedenreich 2001). Anders verhält sich die<br />

26


Situation bezüglich der benignen Prostatahyperplasie<br />

und lower urinary tract symptoms (LUTS). Hier konnten<br />

Kohortenstudien über mehrere Jahre zeigen, dass regelmäßige<br />

körperliche Aktivität eine Risikosenkung um ca.<br />

25% für das Auftreten von LUTS bewirkt.<br />

Ein weiteres Beispiel für die methodischen<br />

Schwierigkeiten des Nachweises einer Pr<strong>im</strong>ärprävention<br />

durch Sport bezüglich einzelner Tumorentitäten stellt das<br />

Nierenzellkarzinom dar. Mit ca. 8500 Neuerkrankungen<br />

pro Jahr weist es eine steigende Inzidenz in Deutschland<br />

auf (Schmitz-Dräger et al. 1995). Während Übergewicht<br />

und Rauchen als Risikofaktoren für das Nierenzellkarzinom<br />

identifiziert wurden, ist die Datenlage für<br />

den protektiven Einfluss von Sport nicht eindeutig<br />

(Bergstrom 2001; Moyad 2001). Andererseits führt eine<br />

regelmäßige körperliche Aktivität zu einer Reduktion des<br />

Gewichts und des Nikotinkonsums und damit sekundär<br />

zu einer Reduktion des Erkrankungsrisikos „Nierenzellkarzinom“.<br />

Unstrittig ist mittlerweile der positive Einfluss von Sport,<br />

wenn nicht die einzelne Tumorentität, sondern das onkologische<br />

Gesamtrisiko betrachtet wird. Dieser<br />

Zusammenhang wurde in einer aktuellen prospektiven<br />

Studie in 24 Städten in England, Schottland und Wales<br />

für Männer <strong>im</strong> mittleren Lebensalter untersucht.<br />

Insgesamt wurden 7588 Männer <strong>im</strong> Alter zwischen 40<br />

und 59 Jahren über knapp 19 Jahre verfolgt. Nach<br />

Berücksichtigung von Alter, Rauchen, Alkoholkonsum<br />

und Body-Mass-Index zeigt sich, dass diejenigen Männer<br />

ihr Krebsgesamtrisiko senken konnten, die wenigstens<br />

einmal in der Woche intensiv Sport trieben. Nur leichte<br />

körperliche Aktivität hatte dagegen keinen Einfluss auf<br />

das Malignomrisiko (Wannamethee et al. 2001, Thune et<br />

al. 2001). Ähnliche Studien von anderen Arbeitsgruppen<br />

konnten diese Befunde erhärten.<br />

Sport <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Krebsbehandlung und<br />

Rehabilitation<br />

Zahlreiche Untersuchungen haben die Effekte körperlicher<br />

Belastungen auf die Entwicklung und das<br />

Wachstum von Tumoren in Tiermodellen evaluiert. Diese<br />

Studien basieren auf der Hypothese, physische Aktivität<br />

könne durch verschiedene Mechanismen zu einer<br />

Hemmung des Tumorwachstums oder einer vermehrten<br />

Tumorlyse führen (D<strong>im</strong>eo et al. 1998). Die beschriebenen<br />

Effekte dürfen nach dem gegenwärtigen<br />

Kenntnisstand als noch nicht gesichert gelten (Jadeski et<br />

al. 1996, MacNeil et al. 1993). Sinnvoll ist die Anwendung<br />

von moderater körperlicher Aktivität als supportive<br />

Therapiemodalität. Häufig wird die Therapie der<br />

Krebserkrankung von gravierenden Nebenwirkungen wie<br />

Mukositis, Anämie, Durchfall und Müdigkeit begleitet.<br />

Dies gilt vor allem für Chemotherapien. Hier konnten<br />

Untersuchungen nachvollziehbar belegen, dass ein<br />

moderates Trainingsprogramm die Intensität und<br />

Häufigkeit der Nebenwirkungen einer onkologischen<br />

Therapie verringert (Sommer 2001). Ähnliches gilt für die<br />

Notwendigkeit der Dauer eines stationären Aufenthalts<br />

<strong>im</strong> Rahmen einer Chemotherapie. Diese Effekte sind<br />

jedoch stark vom Einzelfall abhängig und können nicht<br />

generalisiert werden (Abb. 1).<br />

Im Rahmen der Rehabilitation stellen die Einschränkung<br />

der körperlichen Leistungsfähigkeit und die ausgeprägte<br />

Müdigkeit gravierende Probleme dar (D<strong>im</strong>eo et al.<br />

1997). Diese Symptome werden bei ca. 70% aller<br />

<strong>Patient</strong>en nach Abschluss der unmittelbaren onkologischen<br />

Therapie beobachtet (Schwartz 1998). Mehr als<br />

ein Drittel aller Tumorpatienten berichten über diese<br />

Probleme auch noch mehrere Jahre nach Abschluß<br />

einer kurativen onkologischen Behandlung. Oftmals wird<br />

onkologischen <strong>Patient</strong>en empfohlen, körperliche<br />

Belastungen zu vermeiden und jede unnötige<br />

Anstrengung aus dem Wege zu gehen. Das Ergebnis<br />

dieser Empfehlung führt jedoch zum Gegenteil des<br />

gewünschten Erfolges. Die Reduktion der körperlichen<br />

Aktivität bedingt einen weiteren Muskelabbau und eine<br />

Degeneration neuromuskulärer Elemente, die durch die<br />

Tumorerkrankung und -therapie in der Regel bereits fortgeschritten<br />

ist. Daraus resultiert, dass normale Aktivitäten<br />

des täglichen Lebens durch die fehlende Muskelkraft<br />

und Koordination zum Willensakt und Kraftanstrengung<br />

werden, was zu einem weiteren Vermeidungsverhalten<br />

be<strong>im</strong> <strong>Patient</strong>en führt (Abb. 2). Dadurch lässt sich schließlich<br />

die Chronifizierung der Symptome <strong>im</strong> Rahmen eines<br />

Circulus vitiosus erklären (D<strong>im</strong>eo et al. 1999).<br />

Hier kann durch ein gezieltes Trainingsprogramm effektiv<br />

und rasch entgegengewirkt werden. Es wurde gezeigt,<br />

dass bereits nach wenigen Tagen eine deutliche<br />

27


Besserung des Allgemeinzustands erreichbar ist (D<strong>im</strong>eo<br />

et al. 1998 und 1999). Aus diesem Grund ist körperliche<br />

Aktivität und Sport unabdingbarer Bestandteil in der<br />

Rehabilitation von Tumorpatienten. Die positiven Effekte<br />

sind nicht nur auf eine verbesserte kardiovaskuläre oder<br />

muskuläre Organfunktion beschränkt. Das erhöhte<br />

Leistungsvermögen führt zu einer Besserung des psychischen<br />

Zustandes und Erhöhung der Selbständigkeit. Dies<br />

erleichtert die soziale Reintegration nach onkologischer<br />

Therapie.<br />

Ein weiterer wichtiger Bereich in Zusammenhang mit<br />

Lebensqualität sind depressive Erkrankungen und<br />

Schlafstörungen. <strong>Der</strong> positive Einfluss von Sport auf die<br />

Schlafqualität darf als gesichert angesehen werden.<br />

Untersuchungen belegen, dass sich die Schlafqualität<br />

bei 40% der <strong>Patient</strong>en mit Schlafstörungen unter<br />

Ausdauertraining verbessert. Die Datenlage bezüglich<br />

depressiver Störungen ist unklar, dennoch scheint ein<br />

positiver Einfluss von Sport wahrscheinlich.<br />

Kontraindikationen<br />

Eine kardiologische und orthopädische Eingangsuntersuchung<br />

ist für die Einleitung eines Trainingsprogramms<br />

stets angezeigt. Bei Tumorpatienten kommen<br />

spezielle Gegebenheiten hinzu. So stellen eine<br />

Skelettinstabilität bei ossären Metastasen, das Risiko von<br />

Krampfanfällen bei zerebralen Metastasen, mangelnde<br />

Nahrungsaufnahme und eine Thrombozytenanzahl von<br />

unter 40000/ml in der Regel Kontraindikationen für die<br />

Aufnahme eines Trainingsprogramms dar. Hier ist <strong>im</strong><br />

Einzelfall sehr genau zu prüfen, was dem einzelnen<br />

<strong>Patient</strong>en sinnvoll zugemutet werden darf.<br />

Lifestyle und Sport<br />

<strong>Der</strong> positive Einfluss von Sport auf Körperbewusstsein,<br />

sozialen Erfolg und sexuelle Attraktivität darf als gesichert<br />

gelten. In einer Gesellschaft, in der Lebensqualität und<br />

Lebensgenuss zu den Leitbildern des Alters gehören werden,<br />

wird auch die Bedeutung der körperlichen Fitness<br />

einen hohen Stellenwert einnehmen (Klotz 1998, 2002).<br />

Für Männer sind aufgrund ihrer Sozialisation und ihres<br />

geschlechtsspezifischen Erkrankungsmusters die positiven<br />

Effekte einer moderaten sportlichen Aktivität<br />

besonders ausgeprägt, allerdings auch besonders<br />

schwer zu vermitteln. Dabei muss der Beginn einer regelmäßigen<br />

sportlichen Aktivität unter Präventionsaspekten<br />

spätestens um das 30-35. Lebensjahr beginnen, damit<br />

die positiven Effekte <strong>im</strong> höheren Alter zu tragen kommen.<br />

Die Fokussierung einer Aufklärungskampagne bezüglich<br />

körperlicher Aktivität als sinnvoll für die Prävention von<br />

Tumorerkrankungen greift in der Regel be<strong>im</strong> männlichen<br />

<strong>Patient</strong>en nicht, da Prävention für das männliche<br />

Selbstverständnis zu wenig konkret ist. Betont werden<br />

müssen die positiven Auswirkungen auf sozialen Status<br />

und sexuelle Attraktivität. Für die Aufklärung sind folgende<br />

einfach gehaltenen Empfehlungen zu geben.<br />

Fazit<br />

Viele Fragen bezüglich der Wirkung von körperlicher<br />

Aktivität <strong>im</strong> Bereich Onkologie sind noch offen. Unstrittig<br />

ist die Steigerung der Lebensqualität durch sportliche<br />

Betätigung, wobei in jedem Lebensalter positive Effekte<br />

nachweisbar sind.<br />

Sport scheint in der Pr<strong>im</strong>ärpravention von Tumorerkrankungen<br />

eine Bedeutung zu haben. Dabei ist die<br />

Datenlage bezüglich einzelner Tumorarten noch unklar.<br />

Allerdings darf der präventive Einfluss von Sport auf das<br />

Gesamtrisiko an einem Malignom zu erkranken, als gesichert<br />

gelten. <strong>Der</strong> Effekt wird allerdings nur bei intensiver<br />

und regelmäßiger körperlichen Aktivität deutlich.<br />

Gesichert sind die protektiven Begleiteffekte eines regelmäßigen<br />

Trainings hinsichtlich bekannter onkologischer<br />

Risikofaktoren wie Übergewicht und Nikotinabusus.<br />

Im Rahmen einer onkologischen Therapie kann Sport<br />

Nebenwirkungen <strong>im</strong> Einzelfall reduzieren. Hier entscheidet<br />

über Art und Ausmaß der körperlichen Aktivität der<br />

individuelle Krankheits- und Therapieverlauf.<br />

<strong>Der</strong> positive Effekt von Sport <strong>im</strong> Rahmen der<br />

Rehabilitation ist belegt und unstrittig. Neben positiven<br />

kardiovaskulären und muskulären Effekten kommt es zu<br />

einer psychischen Stabilisierung und Verbesserung der<br />

sozialen Reintegration.<br />

THEODOR KLOTZ UND FRANK SOMMER,<br />

Klinikum Weiden<br />

28


Tabelle 1<br />

Parameter<br />

Physiologische Parameter und Alter<br />

Veränderungen be<strong>im</strong> Mann<br />

Blutdruck10-40 mm Hg bis zum 70. Lebensjahr<br />

Abdominelles Fett<br />

→ →<br />

20% bis zum 70.Lebensjahr<br />

Knochendichte<br />

Nervenleitgeschwindigkeit<br />

Testosteron<br />

→ → →<br />

1-2% pro Jahr ab dem 50. Lebensjahr<br />

0,4% pro Jahr ab dem 20. Lebensjahr<br />

1% pro Jahr ab dem 40. Lebensjahr<br />

Tabelle 2<br />

Häufige altersassoziierte Malignome bei Männern (Statistisches Bundesamt)<br />

Tumorart Neuerkrankungen BRD (Männer) <strong>im</strong> Jahr 2001<br />

Prostatakarzinom 31600<br />

Bronchialkarzinom 27900<br />

Colonkarzinom 24600<br />

Blasenkarzinom 10500<br />

Hauttumoren ca. 8000<br />

Tabelle 3<br />

Qualitative Reaktionen des Immunsystems nach Infektion und Sport<br />

Immunologische Parameter Sport Infektion<br />

Phagozytoseaktivität ++ +++<br />

Aktivierte Makrophagen ++ +++<br />

Aktivierte B-Zellen + +++<br />

Aktivierte T-Zellen ++ +++<br />

Akute Phase Proteine +++ +++<br />

Komplementaktivität ++ ++<br />

Gerinnungsfaktoren ++ +<br />

Muzinbildung ++ ++<br />

29


Abbildung 1<br />

Intensität von Begleiterscheinungen während Chemotherapien<br />

Abbildung 2<br />

Circulus vitiosus nach onkologischer Erkrankung<br />

Verminderte körperliche Aktivität<br />

Rasche Ermüdbarkeit<br />

Muskelmasse<br />

→<br />

Herzkreislaufsystem<br />

→<br />

Leistungsfähigkeit<br />

→<br />

Vermeiden von Bewegung<br />

30


DÜSSELDORFER PROSTATAKREBS GESPRÄCHE<br />

Prostatakrebs-Selbsthilfegruppen informieren über aktuelle<br />

Erkenntnisse<br />

Publicis Vital PR: Vom 16. bis 18. April 2004 trafen sich<br />

mehr als 100 Leiter von Prostatakrebs-Selbsthilfegruppen<br />

aus ganz Deutschland zu den „Düsseldorfer<br />

Prostatakrebs Gesprächen“. Bei den zwei mal jährlich<br />

vom Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS)<br />

organisierten Treffen steht der persönliche Austausch mit<br />

anderen Betroffenen <strong>im</strong> Vordergrund. Aber auch die<br />

Fortbildung spielt eine wichtige Rolle: So waren namhafte<br />

Experten eingeladen, die die engagierten <strong>Patient</strong>en<br />

über aktuelle Entwicklungen in Diagnose und Therapie<br />

informierten. Themen waren neben der Diskussion um<br />

den PSA-Test zur Früherkennung, die operative<br />

Entfernung der Prostata sowie neue Erkenntnisse aus der<br />

Hormontherapie.<br />

Wie groß das Informationsbedürfnis gerade bei<br />

Prostatakrebs ist, zeigt die rasante Entwicklung des BPS.<br />

Erst 1999 gegründet, gehören inzwischen 134 Selbsthilfegruppen<br />

zu dem von der Deutschen Krebshilfe e.V.<br />

unterstützten Verband. Damit ist er in Europa die größte<br />

Prostatakrebs-Selbsthilfeorganisation, die mehr als<br />

10.000 Betroffene repräsentiert.<br />

Sinn und Unsinn der<br />

PSA-Best<strong>im</strong>mung<br />

<strong>Der</strong> BPS setzt sich auch für die Aufnahme des so<br />

genannten PSA-Testes in die gesetzliche Vorsorgeuntersuchung<br />

ein. Dabei handelt es sich um eine<br />

Blutuntersuchung, die Hinweise auf einen Tumor in der<br />

Prostata geben kann. „Zur Zeit sprechen die vorliegenden<br />

Daten sicher für diese Früherkennungsmethode“,<br />

erklärte Professor Dr. Peter Hammerer vom Städtischen<br />

Klinikum Braunschweig bei der Veranstaltung. Verglichen<br />

mit der Tastuntersuchung, lässt sich der Prostatakrebs<br />

wesentlich häufiger in einem frühen und damit noch<br />

heilbaren Stadium erkennen.<br />

Eine einschneidende<br />

Maßnahme: Die Operation<br />

„Wenn der Krebs noch auf die Prostata beschränkt ist,<br />

sind die Heilungschancen ausgesprochen gut“, sagte<br />

Professor Dr. Jürgen E. Gschwend, Urologische Universitätsklinik<br />

und Poliklinik Ulm. Bei der Entscheidung für die<br />

Operation sollten aber mögliche Nebenwirkungen<br />

bedacht werden. Trotz moderner Operationsmethoden<br />

kann es zu Inkontinenz oder Impotenz kommen. Neben<br />

Tumorstadium, PSA-Wert, Grad der Differenzierung der<br />

Zellen und Alter sowie Nebenerkrankungen sollte daher<br />

<strong>im</strong>mer der Wunsch des <strong>Patient</strong>en berücksichtigt werden.<br />

Starke Wirkung – sanfte<br />

Nebenwirkung: Die moderne<br />

Hormontherapie<br />

Positive Entwicklungen verzeichnet die Hormontherapie.<br />

Das männliche Geschlechtshormon Testosteron begünstigt<br />

das Wachstum der Prostatakrebszellen. Das heißt <strong>im</strong><br />

Umkehrschluss: Wird seine Wirkung unterbunden, kann<br />

der Krebs schlechter wachsen. Dies macht man sich in<br />

der Therapie zu Nutze. Moderne Medikamente wie das<br />

Antiandrogen Bicalutamid wirken gezielt in der<br />

Prostatazelle. Sie blockieren die Andockstellen für das<br />

Testosteron. So bleibt das Hormon <strong>im</strong> Gegensatz zu herkömmlichen<br />

Methoden (operative Entfernung der<br />

Hoden oder das Spritzen so genannter LHRH-Analoga)<br />

zwar <strong>im</strong> Körper erhalten, kann aber seine negative<br />

Wirkung auf die Krebszellen nicht mehr ausüben. Das<br />

vermeidet sonst übliche Nebenwirkungen. „Sexuelles<br />

Interesse sowie Leistungsfähigkeit und Muskelmasse bleiben<br />

erhalten“, sagte Professor Dr. Johannes M. Wolff vom<br />

Caritas-Krankenhaus in Bad Mergenthe<strong>im</strong>. Zum Einsatz<br />

kommt das Antiandrogen insbesondere bei <strong>Patient</strong>en<br />

mit hohem Rückfallrisiko, um dieses nach Operation<br />

oder Bestrahlung zu senken.<br />

Die bei den Düsseldorfer Prostatakrebs-Gesprächen<br />

gehaltenen Vorträge sind über die Homepage des BPS<br />

(www.prostatakrebs-bps.de) zugänglich.<br />

Besonders jüngeren Prostatakrebs-<strong>Patient</strong>en mit gutem<br />

Allgemeinzustand wird oft zu einer Operation geraten.<br />

31


BEI KREBSPATIENTEN LEIDET DIE SEELE MIT<br />

Deutsche Krebshilfe fördert psycho-onkologische Betreuung<br />

München (nh) – Krebs bedeutet für viele <strong>Patient</strong>en<br />

eine große körperliche Belastung. Aber auch die<br />

Seele leidet: Viele Betroffene bleiben mit ihren psychischen<br />

Problemen sich selbst überlassen. Denn die<br />

wenigsten Krebs-Zentren bieten eine psycho-onkologische<br />

Betreuung an. „Unser Anliegen ist es, den kranken<br />

Menschen in seiner Gesamtheit wahrzunehmen,<br />

als Einheit von Körper und Seele“, erläutert Professor<br />

Dr. Dagmar Schipanski, Präsidentin der Deutschen<br />

Krebshilfe. Daher fördert die Organisation jetzt ein<br />

Projekt mit über 200.000 Euro <strong>im</strong> Clinical Cancer<br />

Center der Technischen Universität München, das die<br />

Psycho-Onkologie in die Behandlung krebskranker<br />

Menschen integriert.<br />

Wieso habe gerade ich Krebs bekommen? Werde ich<br />

wieder gesund? Was geschieht mit meiner Familie, so<br />

lange ich nicht zu Hause sein kann? Solche Fragen stellen<br />

sich sicher viele Krebspatienten. „Um zu verhindern,<br />

dass Gefühle wie Angst und Depressionen die<br />

Genesung verschlechtern, müssen die psycho-sozialen<br />

Beschwerden frühzeitig erkannt und behandelt werden“,<br />

erklärt die Projektleiterin Professor Dr. Almuth Sellschopp.<br />

„Denn die Lebensqualität und damit auch der<br />

Heilungsprozess des Betroffenen hängt entscheidend<br />

davon ab, wie es ihm gelingt, sich in der belastenden<br />

Situation zu orientieren,“ betont die Leiterin der<br />

Arbeitsgruppe Psycho-Onkologie am Tumortherapie-<br />

Zentrum des Klinikum rechts der Isar.<br />

Die rechtzeitige Beachtung von psychischen<br />

Symptomen bei Krebspatienten ist bislang jedoch ein<br />

Stiefkind geblieben. Auch am Münchener Clinical<br />

Cancer Center war die Psycho-Onkologie bisher nicht in<br />

die Abläufe integriert. Dieses Tumortherapie-Zentrum<br />

wurde bereits 1999 durch die Unterstützung der<br />

Deutschen Krebshilfe am Klinikum rechts der Isar der<br />

Technischen Universität München initiiert. Das Ziel des<br />

innovativen Clinical Cancer Centers ist es, durch interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit in der Krebstherapie die<br />

Qualität der medizinischen Behandlung zu steigern und<br />

die <strong>Patient</strong>enversorgung zu verbessern.<br />

Um die Krebspatienten auch psychologisch betreuen zu<br />

können, wird an dem Zentrum jetzt ein neues Screening-<br />

Verfahren eingesetzt: Es soll dem Arzt ermöglichen,<br />

psycho-soziale Risikopatienten zu erkennen, um ihnen<br />

frühzeitig eine psycho-onkologische Behandlung anbieten<br />

zu können. Im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein<br />

Kurz-Fragebogen, den der Arzt nach der <strong>Patient</strong>en-<br />

Anamnese ausfüllt. „Pr<strong>im</strong>äres Ziel dieser Befragung ist es,<br />

psycho-sozial besonders belastete Risiko-<strong>Patient</strong>en<br />

zuverlässig identifizieren zu können“, erklärt die<br />

Projektleiterin. Zusätzlich geben die <strong>Patient</strong>en in<br />

Selbstauskunfts-Fragebögen an, welche körperlichen<br />

und psychischen Belastungen und Einschränkungen sie<br />

erleben und wie sie ihren Gesundheitszustand und ihre<br />

Lebensqualität selbst einstufen. Stellt sich für einen<br />

<strong>Patient</strong>en ein hohes psycho-soziales Belastungsprofil dar,<br />

so wird ein Psycho-Onkologe hinzugezogen, um weitergehende<br />

diagnostische Gespräche zu führen und einen<br />

Behandlungsplan auszuarbeiten.<br />

Nach seiner Entlassung erhält der <strong>Patient</strong> einen weiteren<br />

Fragebogen. Dieser soll klären, ob sich die<br />

Berücksichtigung seiner psycho-sozialen Situation positiv<br />

ausgewirkt hat auf sein psychisches Befinden, seine<br />

Lebensqualität und auf seine Zufriedenheit mit dem<br />

Krankenhausaufenthalt während der onkologischen<br />

Behandlung.<br />

„Durch die Einbindung der Psycho-Onkologie in das<br />

Clinical Cancer Center in München soll die seit langem<br />

bestehende Zusammenarbeit von Onkologen und<br />

Psycho-Onkologen am Klinikum rechts der Isar weiter<br />

ausgebaut und die ganzheitliche Versorgung der<br />

<strong>Patient</strong>en verbessert werden“, erläutert Frau Professor<br />

Sellschopp.<br />

DEUTSCHE KREBSHILFE, Mai 2004<br />

32


PARTNERSCHAFT UND INTIMITÄT BEI<br />

PROSTATAKARZINOM<br />

Können sexuelle Beeinträchtigungen wirklich von<br />

Bedeutung sein in einer Situation, in der die <strong>Patient</strong>en<br />

vollständig beansprucht sind von der Bewältigung ihrer<br />

Erkrankung und deren Behandlung? Viele würden diese<br />

Frage sicher verneinen. Die Untersuchung einer Gruppe<br />

amerikanischer Wissenschaftler weist jedoch auf das<br />

Gegenteil hin: 80 % der von ihnen interviewten Krebskranken<br />

wünschte ausdrücklich mehr Informationen zum<br />

Thema Sexualität. Natürlich<br />

konzentrieren sich alle<br />

Gedanken und Gefühle<br />

zunächst auf die notwendig<br />

werdende Behandlung und<br />

das Überleben – das Thema<br />

Sexualität tritt für die meisten<br />

Menschen in dieser Situation<br />

in den Hintergrund. Jedoch<br />

spätestens mit der Rückkehr<br />

in den Lebensalltag rückt für<br />

viele Männer auch das<br />

Sexuelle wieder in den<br />

Blickpunkt, und es tauchen<br />

Fragen dazu auf.<br />

Einschränkungen des sexuellen<br />

Erlebens und Verhaltens<br />

können durch unterschiedliche<br />

Ursachen <strong>im</strong> Kontext<br />

eines Prostatakarzinoms auftreten;<br />

je nach Krankheitsstadium<br />

und den therapeutisch<br />

notwendig werdenden<br />

Maßnahmen tragen körperliche und/oder seelische<br />

Ursachen dazu bei.<br />

Körperliche Ursachen<br />

sexueller Störungen<br />

• allgemeine Verschlechterung des körperlichen<br />

Befindens durch die Krebserkrankung und deren<br />

Behandlung (z.B. durch das Fatigue-Syndrom)<br />

• Erektionsstörungen nach radikaler Prostatektomie, perkutaner<br />

Strahlentherapie und Brachytherapie oder<br />

Androgendeprivation<br />

• Vermindertes sexuelles Verlangen nach Androgendeprivation<br />

• Blutbe<strong>im</strong>engungen <strong>im</strong> Sperma (Hämatospermie),<br />

Intensitätsverlust und Schmerzen be<strong>im</strong> Orgasmus<br />

(Orgasmialgie) nach Brachytherapie<br />

• Ebenso wichtig sind psychosoziale<br />

Faktoren, die mit der<br />

Erkrankung und ihren Folgen in<br />

enger Wechselwirkung stehen<br />

und die Sexualität beeinflussen<br />

können:<br />

• Konfrontation mit der Diagnose<br />

Krebs und deren Auswirkung<br />

auf das Selbsterleben<br />

und Selbstwertgefühl<br />

• Krankheits- und therapiebedingte<br />

depressive Verst<strong>im</strong>mungen<br />

• Zunehmender Rückzug von<br />

der Partnerin wegen sexueller<br />

Versagensängste<br />

• Schamgefühle durch eine<br />

postoperativ auftretende<br />

Inkontinenz<br />

Während der durch eine Hormonbehandlung verursachte<br />

Verlust des sexuellen Verlangens bisher nicht<br />

behandelt werden kann, stehen für die Therapie der<br />

Erektionsstörungen mehrere Therapiemöglichkeiten zur<br />

Verfügung. Sie reichen von medikamentösen Ansätzen<br />

(Viagra ® , Cialis ® , Levitra ® ) über die Injektion von<br />

Medikamenten in die Schwellkörper (SKAT-Technik) bzw.<br />

über die Harnröhre (MUSE ® ), die Anwendung von<br />

Vakuum-Erektionshilfen bis hin zur Implantation einer<br />

33


Penisprothese. Die erfolgreiche Anwendung der 5-<br />

Phosphodiesterasehemmer (Viagra ® , Cialis ® , Levitra ® ) ist<br />

allerdings von der angewandten Operationstechnik<br />

abhängig: Während 80% der Betroffenen nach nervenschonendem<br />

Eingriff eine zufrieden stellende Erektion<br />

durch die Einnahme der Medikamente erreichen, ist die<br />

Erfolgsrate bei einseitiger (55%) oder fehlender<br />

Nervenschonung (20%) deutlich vermindert. Die klinische<br />

Erfahrung zeigt auch, dass eine Therapie mit diesen<br />

Medikamenten möglichst frühzeitig in niedriger<br />

Dosierung begonnen werden sollte, um irreversiblen<br />

Funktionsverlusten in den Schwellkörpern entgegen zu<br />

wirken.<br />

Auch wenn in den<br />

öffentlichen Medien<br />

die Sexualität <strong>im</strong>mer<br />

tabuloser zur Schau<br />

gestellt wird, kostet es<br />

jedoch <strong>im</strong>mer noch<br />

Mut, die behandelnde<br />

Ärztin oder den<br />

Arzt auf Veränderungen<br />

in der Sexualität<br />

anzusprechen. Aber<br />

nur dann kann eine<br />

adäquate medizinische<br />

Behandlung<br />

eingeleitet werden.<br />

Bei Auswirkungen der<br />

sexuellen Einschränkungen auf das Selbsterleben und<br />

die Zufriedenheit mit der Partnerschaft können die<br />

psychosozialen Beratungsstellen der Krebsgesellschaft<br />

und von Pro Familia hilfreiche Unterstützung anbieten.<br />

DIPL.-PSYCH. DIPL.-BIOL. STEFAN ZETTL<br />

stefan.zettl@med.uni-heidelberg.de<br />

Red.: Informationen können über das Internet abgerufen<br />

werden:<br />

www.<strong>im</strong>potenz-selbsthilfe.de<br />

www.ed-magazin.de/125_homepage/homepage.php<br />

www.lilly-pharma.de/gesundheit/erektionsstoerungen/<br />

index.php<br />

Penisverkürzung nach<br />

radikaler Prostataentfernung<br />

(Prostatektomie)<br />

Die Penisverkürzung, die manchen Betroffenen sehr zu<br />

schaffen macht und von den Urologen vor der OP meist<br />

verschwiegen wird, tritt ein, weil die Prostata mit dem<br />

durchlaufenden Harnleiter herausgeschnitten und der<br />

Harnleiter neu an die Blase angenäht wird.<br />

Die Chirurgen versuchen die Verkürzung zu min<strong>im</strong>ieren,<br />

in dem sie die Harnblase möglichst weit herunterziehen.<br />

Den entscheidenderen<br />

Anteil an der Verkürzung<br />

scheint aber die nachträgliche<br />

Atrophie<br />

(Verkümmerung) der<br />

Schwellkörper durch<br />

deren Nichtgebrauch<br />

zu haben.<br />

<strong>Der</strong> menschliche Körper<br />

ist ein sehr rationales<br />

System und alle aktiven<br />

Muskeln, die nicht<br />

benutzt werden, verkümmern.<br />

So ist es<br />

auch mit den Schwellkörpern,<br />

wenn sie nach<br />

der Operation nicht mehr aktiviert werden.<br />

Deshalb sollten die Schwellkörper trainiert werden.<br />

Allerdings ist dies nur mit der SKAT-Methode, MUSE oder<br />

den PDE-5-Inhibitoren (Viagra ® , Cialis ® , Levitra ®<br />

etc.) zu<br />

erreichen. <strong>Der</strong> Grund dafür ist, dass nur mit diesen Mitteln<br />

arterielles und damit sauerstoffreiches Blut in die<br />

Schwellkörper gelangt.<br />

Mit der Vakuumpumpe, die von den Herstellern auch<br />

zum Training der Schwellkörper empfohlen wird, scheint<br />

dies nicht so erfolgreich zu sein, weil nur Venöses und<br />

damit Sauerstoffarmes Blut in Schwellkörper gepumpt<br />

wird.<br />

HANSJÖRG BURGER<br />

Ressort Erektile Dysfunktion und Sexualität<br />

Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Rhein-Neckar<br />

34


GKV MUSS ANTHROPOSOPHISCHE<br />

MISTELPRÄPARATE BEI KREBS ZAHLEN<br />

NEU-ISENBURG (HR). Mit einer Interpretation, die <strong>im</strong><br />

Interesse betroffener <strong>Patient</strong>en und ihrer Ärzte liegt,<br />

hat das Bundesgesundheitsministerium auf eine der<br />

Unst<strong>im</strong>migkeiten in den Regeln für die Verschreibung<br />

rezeptfreier Medikamente auf Kassenrezept reagiert.<br />

Anthroposophische Mistel-Präparate müssen, wie<br />

Staatssekretärin Marion Caspers-Merck mitgeteilt hat,<br />

allgemein bei malignen Tumoren und nicht nur „in der<br />

palliativen Therapie bei malignen Tumoren zur<br />

Verbesserung der Lebensqualität“ von den<br />

Krankenkassen bezahlt werden.<br />

Eine Einschränkung auf die palliative Therapie war vom<br />

Gemeinsamen Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen in<br />

der so genannten Ausnahmeliste festgelegt worden und<br />

mit Veröffentlichung der Liste <strong>im</strong> Bundesanzeiger am 23.<br />

April in Kraft getreten.<br />

Ob diese Einschränkung allerdings auch für anthroposophische<br />

Arzne<strong>im</strong>ittel gilt, war umstritten.<br />

Medizinisch macht die enge Auslegung nach Ansicht<br />

von Onkologen ohnehin keinen Sinn, unabhängig<br />

davon, ob es sich um normale Phytotherapeutika oder<br />

um anthroposophische Mittel handelt. Bei anthroposophischen<br />

Arzne<strong>im</strong>itteln aber kommt noch hinzu, dass sie<br />

grundsätzlich in allen Indikationsgebieten, die der<br />

Ausschuss in seiner Liste genannt hat, auf Kassenrezept<br />

verordnet werden können.<br />

Nur: Hat als Indikationsgebiet bei Anthroposophika wirklich<br />

die Formulierung des Ausschusses („palliative<br />

Therapie bei malignen Tumoren zur Verbesserung der<br />

Lebensqualität“) zu gelten, oder sollte als Indikationsgebiet<br />

die Krankheit selbst (maligne Tumore) genommen<br />

werden, damit den <strong>Patient</strong>en wichtige Mittel nicht<br />

vorenthalten werden müssen?<br />

Die parlamentarische Staatssekretärin <strong>im</strong> Bundesgesundheitsministerium<br />

Caspers-Merk hat mit der<br />

Interpretation ihres Ministeriums in diesem Fall für die<br />

<strong>Patient</strong>en entschieden. „Eine Verordnung anthroposophischer<br />

Mistelpräparate auf Kassenrezept ist … möglich,<br />

wenn das Indikationsgebiet ,maligne Tumore’ vorliegt“,<br />

schreibt sie in weitgehend gleich lautenden<br />

Briefen an die Unternehmen Weleda in Schwäbisch-<br />

Gmünd und Helixor in Rosenfeld.<br />

Die Erklärung von Caspers-Merk bezieht sich zwar in<br />

erster Linie auf die von beiden Unternehmen hergestellten<br />

anthroposophischen Mistelpräparate Iscador ®<br />

und<br />

Helixor ® , hat jedoch möglicherweise auch für andere<br />

rezeptfreie Präparate in anderen Gebieten, die vom<br />

Bundesausschuss in seiner Liste genannt werden,<br />

Konsequenzen. Denn Caspers-Merk argumentiert grundsätzlich.<br />

„<strong>Der</strong> Begriff Indikation“, so die Staatssekretärin, bezieht<br />

sich <strong>im</strong> Hinblick auf Anthroposophie und Homöopathie<br />

„stets auf den Grund für die Anwendung einer best<strong>im</strong>mten<br />

Behandlung, nicht aber auf Aspekte der Diagnostik<br />

und Therapie“. Denn „die Form der Therapie in den<br />

besonderen Therapierichtungen folgt … nicht den<br />

Vorgaben der allopathischen Medizin“.<br />

Was, übertragen auf die gesamte Liste des Gemeinsamen<br />

Bundesausschusses, bedeutet: Wo <strong>im</strong>mer Indikationsgebiete<br />

eng formuliert sind, gelten nach der<br />

Einschätzung des Bundesgesundheitsministeriums diese<br />

Beschränkungen für homöopathische und anthroposophische<br />

Arzne<strong>im</strong>ittel nicht.<br />

Für die anthroposophischen Mistelpräparate hat demnach<br />

jeder <strong>Patient</strong> mit Krebs ein Anrecht darauf, dass die<br />

Krankenkassen ihm diese Medikamente bezahlen.<br />

ÄRZTE ZEITUNG, 24.05.2004<br />

35


INTERDISZIPLINÄRE PROSTATAKREBS<br />

SPRECHSTUNDE<br />

Red. (gf): <strong>Der</strong> Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe<br />

hat Dr. Stephen Strum, einen auf die Behandlung des<br />

Prostatakrebs spezialisierten Onkologen aus Oregon, USA<br />

zu zwei öffentlichen Veranstaltungen <strong>im</strong> Oktober diesen<br />

Jahres nach Deutschland eingeladen.<br />

Dr. Strum ist Mitbegründer des<br />

Prostate Cancer Research<br />

Institutes (PCRI) und Autor des<br />

Buches „A Pr<strong>im</strong>er on Prostate<br />

Cancer“. Dieses Buch wurde<br />

geschrieben, um Betroffenen<br />

und ihren Angehörigen zu<br />

helfen, die Erkrankung Prostatakrebs<br />

besser zu verstehen<br />

und <strong>im</strong> Kampf<br />

gegen den Krebs die besten Methoden<br />

erfolgreich einsetzen zu können. <strong>Der</strong> BPS<br />

wird voraussichtlich noch in diesem Jahr<br />

die deutsche Ausgabe veröffentlichen<br />

können.<br />

Die beiden öffentlichen Veranstaltungen<br />

werden am 15. Oktober in Hannover <strong>im</strong><br />

Marit<strong>im</strong> Grand Hotel und am 18. Oktober<br />

<strong>im</strong> Klinikum Großhadern bei München<br />

stattfinden. Zu beiden Terminen sind<br />

Erkrankte und ihre Angehörigen ebenso<br />

eingeladen wie Ärzte und medizinische<br />

Assistenzkräfte.<br />

Zusammen mit Dr. Strum werden drei weitere<br />

Ärzte aus der Radiologie, Pathologie<br />

und aus der Urologie eine interdisziplinäre Beratung über<br />

je drei tatsächliche Prostatakrebserkrankungen für die<br />

Besucher der Veranstaltungen exemplarisch durchführen.<br />

Das Ziel dieses Ärztekonsiliums ist, die unbedingt<br />

erforderlichen Maßnahmen und Mittel der Diagnose<br />

und Therapie so zu besprechen und zu erläutern, dass<br />

Betroffene und ihre Angehörigen dadurch mit mehr<br />

Verständnis der Erkrankung, mit mehr Zutrauen zu sich<br />

selber und mehr Vertrauen in die Möglichkeiten einer<br />

guten Behandlung, ihr Schicksal gemeinsam mit Ärzten<br />

aktiv gestalten können.<br />

Die Ärzte die sich gemeinsam mit Dr. Strum für die beiden<br />

Veranstaltungen dankenswerterweise zur Verfügung<br />

stellen werden, sind – Dr. Jelle Barentsz, Holland, Prof.<br />

Bonkhoff, Bonn und Dr. Eichhorn, Bad<br />

Reichenhall.<br />

Dr. Barentzs ist ein europaweit anerkannter<br />

Radiologe, Prof. Dr. Helmut<br />

Bonkhoff ist ein anerkannter<br />

Pathologe, der ein Referenzzentrum<br />

für Prostatakrebs leitet und Dr. Frank<br />

Eichhorn ist ein auf Prostatakrebs<br />

spezialisierter niedergelassener<br />

Urologe und Belegarzt und besonderen<br />

Kenntnissen in der Naturheilkunde.<br />

Wir werden über die Veranstaltungen<br />

in der Ausgabe Dezember 2004<br />

berichten.<br />

36


+ Aktuelles + Aktuelles + Aktuelles + Aktuelles + Aktuelles +<br />

ELIGARD ®<br />

Red.: Seit dem 4. Mai 2004 steht steht Ärzten und<br />

<strong>Patient</strong>en mit Eligard ® eine weitere, innovative Option zur<br />

Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs in den<br />

Apotheken zur Verfügung.<br />

Eligard ® (vormals Leuprogel ® ) war <strong>im</strong> Dezember 2003<br />

(7,5 mg 1-Monatsdepot) und <strong>im</strong> Januar 2004 (22,5 mg<br />

3-Monatsdepot) für die Vermarktung in Deutschland<br />

zugelassen worden.<br />

Eligard ®<br />

ist ein LHRH-Agonist (LHRH = Luteinisierendes<br />

Hormon Releasing Hormon), der den Testosteronspiegel<br />

<strong>im</strong> Körper stark und dauerhaft senkt und dadurch das<br />

Tumorwachstum bei <strong>Patient</strong>en mit fortgeschrittenem,<br />

hormonabhängigem Prostatakrebs unterdrückt (palliative<br />

Therapie). Eligard ® (Wirkstoff: Leuprorelin-Acetat) kombiniert<br />

die Hormon-Standardtherapie mit einer neuen,<br />

patientenschonenden und effizienten Darreichungsform,<br />

der Atrigel ® -Depottechnologie. Das flüssige<br />

Eligard ® wird unter die Haut des <strong>Patient</strong>en gespritzt und<br />

bildet dort ein festes Implantat, das den Wirkstoff langsam<br />

und kontinuierlich freisetzt, während sich das bioabbaubare<br />

Depot auflöst. Die klinischen Studien haben<br />

gezeigt, dass Eligard ® sicher, gut verträglich und wirksam<br />

ist.<br />

BRACHYTHERAPIE KOMBINIERT MIT IMRT<br />

Das Klinikum Mannhe<strong>im</strong>, Sektion Strahlentherapie unter<br />

Leitung von Prof. Wenz bietet eine neue Behandlungsmöglichkeit<br />

an, in der die innere und äußere<br />

Bestrahlung miteinander kombiniert werden.<br />

Dadurch wird eine intensivere Therapie erreicht unter<br />

gleichzeitiger Min<strong>im</strong>ierung der Nebenwirkungen.<br />

Die bisher sehr restriktiv angewandte Auswahl der<br />

<strong>Patient</strong>en für die Brachytherapie kann etwas gelockert<br />

werden und so können mehr Betroffene in den Genuss<br />

dieser schonenden, allerdings aufwändigen, Behandlungsmethode<br />

gelangen.<br />

TELEFONBERATUNG GESICHERT<br />

Kassen finanzieren Dienst für Tumorpatienten weiter<br />

HEIDELBERG (eb). <strong>Der</strong> „Telefonische Informationsdienst<br />

für Tumorschmerzpatienten“ wird von den Spitzenverbänden<br />

der Krankenkassen <strong>im</strong> Rahmen eines<br />

Modellprojekts ein weiteres Jahr bis Ende 2005 finanziert.<br />

Die bundesweite telefonische Beratung ist ein Angebot<br />

für <strong>Patient</strong>en mit Tumorschmerzen und deren<br />

Angehörige. Diese erhalten auf Grundlagen von WHO-<br />

Empfehlungen ausführliche Informationen über die<br />

Möglichkeiten der Schmerztherapie. Organisiert wird der<br />

telefonische Dienst vom Deutschen Krebsforschungszentrum<br />

in Heidelberg.<br />

Weitere Informationen unter: www.ksid.de<br />

ÄRZTE ZEITUNG, 14.05.2004<br />

37


Termine 2004<br />

16. September Seniorengesundheitstag Rosenhe<strong>im</strong><br />

23. September <strong>Patient</strong>enforum Wiesbaden,<br />

(DGU-Kongress)<br />

02. Oktober Selbsthilfegruppentag Freiburg<br />

09. Oktober Selbsthilfe- und Gesundheitstag Wittlich<br />

09. Oktober Selbsthilfe- und Gesundheitstag Bottrop<br />

16. Oktober <strong>Patient</strong>en- und Informationstag Krefeld<br />

19. Oktober Informations- und Aktionstag Landshut<br />

23. Oktober Selbsthilfegruppentag Mühlacker<br />

03. November Wirtschaftstag Sprendlingen<br />

06. November Krebsinformationstag Braunschweig<br />

13. November Männergesundheitstag Nürnberg<br />

Nähere Angaben entnehmen Sie bitte der örtlichen Presse!<br />

Bundesverband<br />

Prostatakrebs Selbsthilfe e.V.<br />

Ordentliche Mitgliederversammlung<br />

Samstag, den 16. Oktober 2004<br />

in Hannover<br />

38


✂<br />

Informationsmaterial<br />

❑ <strong>Patient</strong>enbroschüre:<br />

Ich habe Prostatakrebs – Was tun?<br />

❑ Prostatakrebs – viel häufiger als<br />

man denkt<br />

❑ Prostata: Reine Männersache.<br />

Informationen zur Vorsorge und<br />

Diagnostik von Prostatakrebs<br />

❑ Krebs – Wer ist gefährdet?<br />

❑ Prostatakrebs<br />

❑ Strahlentherapie<br />

❑ Krebsschmerzen wirksam bekämpfen<br />

❑ Wegweiser zu Sozialleistungen<br />

❑ Hilfen für Angehörige<br />

❑ Teamwork<br />

❑ Ernährung bei Krebs<br />

❑ Klinische Studien<br />

❑ Gesund bleiben<br />

❑ Wertvoll – Gesunde Ernährung<br />

❑ Krebsschmerz – Was tun?<br />

❑ <strong>Patient</strong>eninformation zu Symptomen,<br />

Diagnostik und Behandlung von<br />

Knochenmetastasen<br />

❑ Brachytherapie<br />

❑ Arzne<strong>im</strong>ittelkosten-Vergleich<br />

❑ Musterbrief:<br />

Einsicht in die Krankenakten<br />

❑ BPS-Magazin, Ausgabe 2/2003<br />

❑ BPS-Magazin, Ausgabe 1/2004


Erscheint in Kürze:<br />

Ihre nächste<br />

Prostatakrebs Selbsthilfegruppe:<br />

Diese Ausgabe erscheint mit freundlicher<br />

Unterstützung durch:<br />

✂<br />

Absender:<br />

Name<br />

Straße / Nr.<br />

PLZ / Ort<br />

Bundesverband<br />

Prostatakrebs Selbsthilfe e. V.<br />

Alte Straße 4<br />

30989 Gehrden

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