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Ergebnisse Workshop A_13.03.09 - Universität Bremen

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Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

1<br />

<strong>Workshop</strong> A<br />

„Bis dann an einem Wochenende alles eskalierte…“<br />

– ein Narrativ aus der ambulanten Pflege<br />

Christine Steiner, Universität <strong>Bremen</strong>


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

2<br />

Gruppenergebnisse Didaktische Reflexion:<br />

(Die Situation basiert auf dem Narrativ einer Pflegenden)<br />

„Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“<br />

„Ich kam 3xtgl. als Pflegerin der Sozialstation zu Familie W.. Betreut wurde Frau W., sie litt an Morbus Prakinson, der so weit fortgeschritten war, dass sie<br />

bettlägerig war. Außerdem hatte sie einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus.<br />

Herr W. litt an beginnender Alzheimer Demenz und versorgte den Haushalt und seine Frau mehr schlecht als recht.<br />

Morgens wurde Frau W. immer gewaschen und das Insulin nach BZ-Kontrolle und Plan gespritzt. Essen gab immer der Ehemann ein. Mittags und abends<br />

wurde die Inkontinenzhose gewechselt und die Patientin frisch gemacht. Abends wurde außerdem noch nach Plan Insulin gespritzt.<br />

Ich versorgte Frau W. über längere Zeit. Der Sommer war sehr heiß und ich bemerkte, dass Frau W. kaum etwas zu trinken bekam, der Urin war stark konzentriert<br />

und roch unangenehm. Da die BZ-Werte hoch waren, fragte ich den Ehemann, was sie zum Essen bekommt. Er sagte: Sahnetorte zum Frühstück,<br />

zum Mittagessen etwas vom Altersheim und außerdem, das würde mich nichts angehen, er wüsste selbst, was er zu geben hat. Auch versuchte ich ihr öfters<br />

was zu Trinken zu geben, was er kategorisch ablehnte: seine Frau würde genügend bekommen, was aber nicht stimmte. Ich stand oft der Situation hilflos<br />

gegenüber. Der uneheliche Sohn hatte auch nichts zu sagen. Beim Ehemann merkte man seinen Beruf als Leutnant noch immer, er duldete keinen Widerspruch.<br />

Ich sah, dass sie zu wenig zu trinken bekam, konnte aber nichts machen.<br />

Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte. Ich habe Frau W. wie üblich gespritzt. Ihr Mann war am Vortag beim Gartenfest des Nachbarn und war wohl<br />

recht angeheitert zurückgekommen. Am Morgen war er dann nicht mehr fit genug und hatte vergessen, seiner Frau das Frühstück zu geben. Mittags war sie<br />

nicht mehr ansprechbar, kaltschweißig und zittrig. Ich holte den Hausarzt. Er wies Frau W. ins Krankenhaus ein. Frau W. war im Unterzucker, was ich im ersten<br />

Moment nicht erkannt habe. Ich fühlte mich überfordert und hilflos und fragte mich, ob ich überhaupt für diese Aufgabe geeignet bin. Was hätte ich von<br />

meiner Seite noch tun sollen? Können? Müssen?<br />

Die Fallsituation entstammt einer Lerninsel, die mit folgenden Kooperationspartnern entwickelt wurde:<br />

Einrichtung(en): Netzwerk Curriculumentwicklung an Pflegeschulen Region München<br />

Seminar Fachdidaktik Universität <strong>Bremen</strong> / Osnabrück SoSe 2006<br />

Personen: Petra Iris Kaltenbach-Schmökel, Angelika Müller, Sabine Muths, Christine Steiner, Silke Streuff<br />

Ermittlung von Bildungsinhalte/-ziele anhand der Pflegedidaktischen Heuristik nach Darmann-Finck<br />

(Die fettgedruckten Schlagworte, die so von den Teilnehmern während des <strong>Workshop</strong>s auf Metaplankarten dokumentiert wurden, wurden vertiefend in Anlehnung an<br />

einer bereits entwickelten und erprobten didaktischen Refexion 1 durch C.S. ergänzt)<br />

1 Die didaktische Reflexion entstand unter der Federführung von Sabine Muths, Universität <strong>Bremen</strong>, und unter der Beteiligung von Petra Iris Kaltenbach-Schmökel, Angelika<br />

Müller, Christine Steiner und Silke Streuff.


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

3<br />

Zielebene: Pflegende Patient /Angehörige Institution/Gesell. pfleger. Handeln<br />

Technisches<br />

Erkenntnisinteresse<br />

= Wissenschaftsorientierung<br />

/<br />

technischinstrumentell<br />

/<br />

Wissen u. Fertigkeiten<br />

(SchülerInnen<br />

nennen / erklären<br />

z.B.…)<br />

• Aspekte von Arbeitsorganisation /<br />

Zeitmanagement<br />

• Rollenkonflikte (intra-, inter-)<br />

Rollendefinition für Pflegende in<br />

der Ambulanten Pflege – Auswirkungen<br />

auf das Professionsverständnis<br />

• Burnout, Copingstrategien:<br />

− theoretische Begründung für die<br />

Notwendigkeit, im Rahmen professioneller<br />

Pflege eigene Grenzen<br />

zu erkennen und akzeptieren<br />

zu müssen<br />

− Theorien zur Entstehung von<br />

Überlastungsgefühlen, Enttäuschungen,<br />

Niederlagen in beruflichen<br />

Situationen<br />

− Theorien und Modelle der<br />

Stressentstehung und –<br />

bewältigung<br />

− Einschätzung/Beurteilung beruflicher<br />

Handlungskompetenzen<br />

(Selbsteinschätzung, Fremdwahrnehmung)<br />

• Diabetes mellitus<br />

Physiologie, Pathophysiologie,<br />

Krankheitslehre, allgemeine pflegerische<br />

Maßnahmen bei Diabetes Mellitus<br />

(BZ-Werte, Insulingabe, Regeln<br />

angemessener Ernährung usw.), Sofortmaßnahmen<br />

bei Hypo-<br />

/Hyperglykämie<br />

• M. Parkinson<br />

Physiologie, Pathophysiologie,<br />

Krankheitslehre, Unterstützungsbedarf<br />

und Pflegeunterstützung<br />

• M. Alzheimer<br />

Physiologie, Pathophysiologie,<br />

Krankheitslehre<br />

• Phänomen Dehydration und Malnutrition<br />

im Alter – Risiken, Gefahren/Auswirkungen,<br />

Maßnahmen –<br />

auch im Zusammenhang mit Diabetes<br />

mellitus und M. Parkinson<br />

• Phänomen Multimorbidität<br />

• Kompensierendes Hilfesystem<br />

Versorgungsmöglichkeiten für<br />

chronisch Kranke in der BRD<br />

• Abrechnungssystem, Pflegeversicherung,<br />

Krankenversicherung<br />

• Aufbau und Struktur ambulanter<br />

Pflege<br />

− Struktur der gesetzlich geregelten<br />

Haus- und Familienpflege,<br />

Zuständigkeiten der Institutionen<br />

− Pflegearrangement - Angebotsvarianten,<br />

alternative Möglichkeiten<br />

institutionalisierter Wohnund<br />

Lebensformen<br />

− Organisationsstruktur ambulanter<br />

Pflege<br />

− Institutionalisierte Kommunikationsstrukturen<br />

im Gesundheitswesen,<br />

spez. in der ambulanten<br />

Pflege (Teambesprechungen,<br />

Pflegevisite, Kontaktaufnahme)<br />

• Schnittstellenmanagement<br />

(Hausarzt, …)<br />

• Wissen über adäquate Pflegeinterventionen/Pflegeprozess:<br />

Planung<br />

und Steuerung pflegerischer Maßnahmen<br />

unter Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Pflegearrangements<br />

bei<br />

− Diabetes mellitus, spez. Bedeutung<br />

der Nahrungsaufnahme,<br />

Flüssigkeitsaufnahme – Maßnahmen<br />

bei Hyper- und Hypoglykämie,<br />

Dehydrierung, Insulintherapie<br />

− M. Parkinson, spez. Nahrungsaufnahme,<br />

Inkontinenzversorgung,<br />

Bewegungskonzepte<br />

− M. Alzheimer; spez. Kommunikationskonzepte,<br />

wie Validation, Alltagsgestaltung,<br />

Erhalt/Förderung<br />

von Selbstständigkeit<br />

• Kenntnis über Versorgung von Bettlägrigen<br />

bei der Nahrungseingabe<br />

• Informations- und Beratungsgespräch/Förderung<br />

von Compliance<br />

bzw. Empowerment (Schulung bzw.<br />

Beratung)<br />

• Ethik/Fürsorge:<br />

Umgang mit Dilemmasituationen,<br />

Wege/Konzepte der Entscheidungsfindung<br />

(ethische Richtlinien,<br />

Kodizes)<br />

• Bedeutung und Bewältigung chronischer<br />

Erkrankungen, Verlaufskurvenmodell<br />

(Corbin/Strauss) – Auswirkungen<br />

in Partnerschaften<br />

• Rechte, Information des Sohnes<br />

• Schutz der Privatrechte und der ehelichen<br />

Gemeinschaft<br />

• Regelungen zum Schutz abhängiger<br />

pflegebedürftiger Personen vor Gewalt<br />

und Vernachlässigung<br />

• Regelung zur Einschränkung bürgerlicher<br />

Rechte im Folge einer Demenzerkrankung/Schutz<br />

der Persönlichkeitsrechte<br />

• Notfallmanagement<br />

• Rechtliche Aspekte (Rechtsbeziehungen,<br />

Betreuungsrecht)<br />

− Gesetzeslage zur ambulanten<br />

Pflege (SBG XI), Definition und<br />

Bedeutung der Pflegebedürftigkeit<br />

nach SBG XI, vertraglich<br />

vereinbarte Pflegeleistungen –<br />

Pflegestufen<br />

− Betreuungsrecht<br />

− Schutz hilfebedürftiger, abhängiger<br />

Personen - Regelungen<br />

staatlicher Interventionen im Bereich<br />

der ambulanten Versorgung<br />

alter Menschen<br />

• Prinzipien einer ethischen Fallbesprechung


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

4<br />

Praktisches<br />

Erkenntnisinteresse<br />

= Verständigungsorientierung<br />

(SchülerInnen<br />

nehmen wahr<br />

/verstehen / verständigen<br />

sich<br />

z.B. über …)<br />

Das Erleben der Situation und mögliche<br />

(bewusste/unbewusste) Gefühle<br />

und Motive auf Seiten der erzählenden<br />

Pflegekraft, z.B.: Gedanken und<br />

unbewusste Norm/Anspruch in jeglicher<br />

beruflichen Situation Experte zu<br />

sein (persönliches Rollenverständnis)<br />

• Hilflosigkeit<br />

• Überforderung<br />

• Ablehnung (durch den Ehemann)<br />

• Aggression<br />

• Wut<br />

• Gefühle mit der Situation alleine<br />

zu sein<br />

• Gefühl in der beruflichen Fachkompetenz<br />

in Frage gestellt und<br />

beschnitten zu werden<br />

• Mitleid, Ärger, Ablehnung<br />

• Selbstzweifel<br />

• Vorurteile (z.B. gegenüber einem<br />

„Leutnant“/einem Demenzkranken)<br />

• Anspruch einer umfassenden<br />

Verantwortungsübernahme<br />

• Gefühle der Ehepartner:<br />

Hilflosigkeit, Unsicherheit, Überforderung,<br />

Wut/Ärger, Angst, Abhängigkeit,<br />

Selbstaufgabe, Macht,<br />

Kontrolle, Wunsch nach Autonomie,<br />

Todeswunsch/Überlebenswillen<br />

• Frau W.:<br />

− Abhängigkeit und Hilflosigkeit – Erleben<br />

von mangelhafter Versorgung<br />

− generationentypisches Verständnis<br />

sich als Frau unterordnen/fügen zu<br />

müssen – gegenüber ihrem Mann,<br />

der Institution der ambulanten Pflege,<br />

dem Hausarzt, dem Schicksal und der<br />

Krankheit<br />

− Loyalität gegenüber dem Ehepartner<br />

• Herrn W.:<br />

− männlicher Anspruch, stark und autonom<br />

agieren zu müssen, leistungsfähig<br />

und unabhängig zu sein – als Familienvorstand<br />

und Patriarch (generationentypisch)<br />

− fremdes Eingreifen in die eigene Welt<br />

erleben und nicht zulassen können/wollen<br />

→ Gefühle der Fremdbestimmung<br />

und Hilflosigkeit<br />

− wachsender Kontrollverlust und daraus<br />

resultierend z.B. Wut und Aggression<br />

− wachsende Selbstzweifel<br />

• Krankheitsverständnis Familie –<br />

Pflegedienst<br />

• Entscheidungsmacht: Familie<br />

vs. Pflegedienst<br />

• Rollenverhalten Kunde/Dienstleister<br />

• mögliche Interesse des ambulanten<br />

Pflegedienstes durch ressourcenschonende,<br />

ökonomische und<br />

effiziente Versorgung der Kunden<br />

eine Stabilisierung der Institution<br />

und eine Gewinnoptimierung zu<br />

erreichen<br />

• gesellschaftlicher Auftrag, die<br />

begrenzten ökonomischen Ressourcen<br />

im Gesundheitswesen effizient<br />

und gerecht zu verteilen<br />

• gesellschaftlicher Auftrag, schwache<br />

und hilfsbedürftige Mitglieder<br />

sorgend aufzufangen<br />

• gesellschaftlicher Auftrag alle<br />

Bürger zunächst und in erster Linie<br />

in ihrer Eigenverantwortung<br />

anzuerkennen<br />

• fallbezogenes Teamgespräch/Supervision<br />

• Austausch im Pflegeteam<br />

• Handlungsentscheidung zwischen<br />

unmittelbar notwendigen Pflegeerfordernissen,<br />

dem Anspruch an eine<br />

umfassende Pflege, der Wahrung<br />

der Interessen der Patientin und ihres<br />

Partners<br />

• Gestaltung eines Fallmanagements<br />

und die Koordinierung aller an der<br />

Situation der Patientin beteiligte<br />

Personen und Institutionen (Frau<br />

und Herr W., Sohn, Arzt, Sozialdienst,<br />

KH-Betreuung,….)<br />

• Gesprächsführung und Anbahnung<br />

einer (ethischen) Fallbesprechung)<br />

• Antiaggressionstraining<br />

• Einschätzung der akuten Situation<br />

der Patientin (incl. der komplexen<br />

medizinischen Problematik) und ihres<br />

häuslichen Umfeldes (Deutungen<br />

von Krankheitserleben und der<br />

Interaktion im Partnersystem)<br />

• mögliches Einverständnis des Ehepaares<br />

über das Erleben des zunehmenden<br />

Verlustes der Privatsphäre<br />

und Einmischung Fremder in nichtöffentliche<br />

Familienangelegenheiten<br />

• Gefühle des Sohnes:<br />

Hilflosigkeit, Ratlosigkeit


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

5<br />

Emanzipatorisches<br />

Erkenntnisinteresse<br />

= Reflexions und<br />

Kritikorientierung<br />

(SchülerInnen<br />

reflektieren z.B.<br />

den Widerspruch<br />

zwischen…)<br />

• Wut, Aggression vs. professionelles<br />

Selbstverständnis<br />

Anspruch umfassender professioneller<br />

Kompetenz (pflegerischer<br />

Experte) vs. Erleben der Grenzen<br />

persönlicher Handlungsspielräume<br />

• Pflegerische Norm vs. Hilflosigkeit<br />

Professionelle Rollennorm (Wahrung<br />

der Distanz, souveräner<br />

Überblick) vs. Erleben unprofessioneller<br />

Gefühle von Mitleid, Hilflosigkeit,<br />

Abwehr<br />

• Hilflosigkeit vs. Kontrolle<br />

• Verletzlichkeit vs. Bedrohung<br />

Situation Frau W.:<br />

• Erfahrung von Hilfsbedürftigkeit und<br />

Abhängigkeit (sich fügen müssen) vs.<br />

(möglicherweise verdrängtem) Bedürfnis<br />

nach Selbstständigkeit<br />

• Anspruch eine „gute Patientin“ sein zu<br />

wollen (gegenüber Arzt und Pflegekraft)<br />

vs. eine „gute Ehefrau“<br />

Situation Herr W.:<br />

• Anspruch als Ehemann das Schiff<br />

steuern zu müssen vs. Erleben, dieser<br />

Rolle nicht gerecht zu werden/gewachsen<br />

zu sein<br />

• gesellschaftliche Erwartungen<br />

vs. Machbarkeit (Anspruch und<br />

Wirklichkeit) in der Familie,<br />

beim Pflegedienst<br />

• ökonomisches Interesse vs.<br />

ethische Verantwortlichkeit<br />

• Pflegeauftrag eines ambulanten<br />

Dienstes vs. Handlungsbegrenzung<br />

durch knappe finanzielle Mittel<br />

→ wahrgenommener Pflegeund<br />

Unterstützungsbedarf vs. Einhaltung<br />

des finanziell abgesicherten<br />

Pflegeauftrags (auch: Zeitbedarf<br />

für eine optimale Lösung vs.<br />

Begrenzung der Pflegezeit)<br />

• Thematisierung der pflegerischen<br />

Rolle<br />

Professionelle Ausführung der gesetzlich/vertraglich<br />

definierten pflegerischen<br />

Leistung vs. Diffuse pflegerische<br />

Erfordernisse der Situation<br />

• Autonomie vs. Pflegeverantwortlichkeit<br />

Fürsorge vs. Anerkennung von Autonomie<br />

• Institutionell formulierter Auftrag<br />

einer begrenzten Aufgabe vs. persönlicher<br />

Anspruch von umfassender<br />

Fürsorge<br />

Partnersystem:<br />

• Wunsch nach Schutz der Privatsphäre<br />

vs. Erleben der Notwendigkeit öffentlicher<br />

Hilfe bzw. dem Wunsch<br />

nach Unterstützung<br />

• öffentliches Interesse an einer<br />

umfassenden Versorgungssicherung<br />

für alle Bürger vs. dem Auftrag<br />

der Verteilungsgerechtigkeit<br />

und der effizienten Mittelzuweisung<br />

im Gesundheitswesen<br />

• Verantwortung für des Schutz des<br />

individuellen Lebens vs. dem<br />

Schutz der Privatsphäre → staatliche<br />

Fürsorge vs. Anerkennung<br />

persönlicher Autonomie


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

6<br />

Mögliche Sequenzbildung, Einordnung in den Verlauf der Ausbildung und Konzeption der Lerninsel 2<br />

Auf der Grundlage der didaktischen Analyse mit Hilfe der heuristischen Matrix ist die folgende mögliche Ordnung der ermittelten Bildungsinhalte vorstellbar:<br />

Wissensgrundlagen – Überwiegend zum Technischen Erkenntnisinteresse:<br />

• Krankheitslehre, Aspekte der Gesundheitsförderung/Prävention und die zugehörigen Pflegeinterventionen<br />

• Juristische, ökonomische und institutionelle/arbeitsorganisatorische Aspekte einer ambulanten Versorgung<br />

• Definition der Berufsrolle und Arbeitsorganisation in der Ambulanten Pflege<br />

Deutung der Fallsituation und Entwicklung von Perspektiven: Überwiegend zum Praktischen Erkenntnisinteresse<br />

• Umfassende Deutung der Situation des Ehepaares<br />

• Fallmanagement und Handlungsentscheidung<br />

Diskussion der komplexen Problematik: Überwiegend zum praktischen und emanzipatorischen Erkenntnisinteresse:<br />

• Umgang mit belastenden beruflichen Herausforderungen und Dilemmasituationen<br />

• Aufgaben und Schwierigkeiten einer professionellen ambulanten Versorgung älterer Menschen<br />

• Diskussion der gesellschaftlichen Dimension des Falls<br />

Da für die Bearbeitung des Falls erforderlichen Wissensgrundlagen, insgesamt sehr komplex sind, eignet sich diese Lernsituation eher für das Ende der Ausbildung,<br />

wenn die Krankheitsbilder, Pflegekonzepte und die Aufgaben der ambulanten Versorgung aus vorangegangenen Unterrichten und aus der Begegnung mit der Praxis<br />

bereits vertraut sind.<br />

Hier ist geplant, dass die SchülerInnen die Bearbeitung zunächst für ein selbstorganisierte Wiederholung und Überprüfung ihrer Kenntnisse nutzen (→ Lernsequenz 1).<br />

Zu einer Deutung der komplexen Fallsituation (Praktisches Erkenntnisinteresse) werden die SchülerInnen durch methodische Interventionen der Perspektivenübernahme<br />

bzw. des szenischen Spiels vertiefend angeregt (→ Lernsequenz 2). Von den möglichen thematischen Aspekten für eine Diskussion im Sinne des Emanzipatorischen<br />

Erkenntnisinteresses wurde der Aspekt der eigenen Berufsrolle und der Professionalisierung ausgewählt. Damit die Lerninsel auch auf die Vorbereitung der Examensprüfung<br />

und dabei besonders auf die mündliche Prüfung in der Krankenpflegeausbildung ausgerichtet (→ Lernsequenz 3). Ergänzend oder fakultativ werden in einer weiteren<br />

Lernsequenz die gesellschaftspolitischen und/oder gesundheitsökonomischen Dimensionen des Falls diskutiert (→ Lernsequenz 4).<br />

2 Die Konzeption wurde einer bereits entwickelten Lerninsel entnommen. Vgl. dazu Hinweis im Anschluss an das Narrativ und Fußnote 1.


Arbeitsergebnisse <strong>Workshop</strong> A: Ambulante Pflege „Bis dann alles an einem Wochenende eskalierte“ Universität <strong>Bremen</strong><br />

7<br />

Einstieg:<br />

Aneignung der Problemsituation und Formulierung von Lernzielen. Verabredung von Lernfragen für<br />

eine selbständige Repitition und Recherche. Verständigung darauf, welcher konflikthaltige Aspekt im<br />

anschließenden Unterricht bearbeitet werden soll.<br />

Methodische Anregungen: POL Schritte 1 – 5 mit Moderation im Unterrichtsgespräch → Formulierung<br />

von fallbezogenen Lernfragen für Lernsequenz 1 und Lernzielen für die Lernsequenzen 2 – 4<br />

2 h<br />

8 h<br />

Lernsequenz 1<br />

Lernsequenz 2<br />

4 h<br />

Lernsequenz 3<br />

3 h 4 h<br />

Lernsequenz 4<br />

„Selbständiges Repititorium“<br />

1. Die SchülerInnen repitieren ihr<br />

Wissen zur medizinischpflegerischen<br />

und rechtlicharbeitsorganisatorischen<br />

Fragen<br />

fallbezogen, arbeitsteilig in kleinen<br />

Gruppen<br />

2. Die <strong>Ergebnisse</strong> der Selbstlernphase<br />

werden in freien Kurzvorträgen<br />

bezogen auf die in der<br />

Einstiegssequenz formulierten<br />

Lernfragen fallbezogen referiert<br />

– und in möglichst knapper Form<br />

zusammengefasst.<br />

Methodische Anregungen:<br />

Selbstorganisiertes Lernen - Ergebnispräsentation<br />

und Sicherung<br />

„Deutung der Fallsituation und<br />

Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten“<br />

Perspektivische Aneignung der Fallsituation<br />

aus Sicht von<br />

− Frau W.<br />

− Herrn W.<br />

− dem Sohn der Familie<br />

− der Pflegekraft<br />

− des hausarztes<br />

→ jeweils Entwicklung des Ist-<br />

Zustandes und einer Wunschlösung<br />

aus den Perspektiven.<br />

Diskussion der verschiedenen Deutungen<br />

und Wunschvorstellungen<br />

und Aushandlung gemeinsamer<br />

Lösungsmöglichkeiten.<br />

Methodische Anregungen:<br />

Erarbeitung von Standbildern aus<br />

den genannten Perspektiven (Gruppenarbeit<br />

– Präsentation im Plenum)<br />

„Widersprüche pflegerischen<br />

Handelns - Professionstheoretische<br />

Überlegungen“<br />

1. Die SchülerInnen lesen einen pflegewissenschaftlichen<br />

Text zu den<br />

Antinomien des Pflegehandelns<br />

(z.B. Auszug/Zusammenfassung v.<br />

Stemmer 2003). Sie identifizieren<br />

im Text die Aussagen, die sich auf<br />

die Situation der Pflegekraft im dargestellten<br />

Fallbeispiel übertragen<br />

lassen.<br />

2. Thesenartige Zusammenfassung<br />

der <strong>Ergebnisse</strong><br />

3. Diskussion: Welche Empfehlungen<br />

lassen sich für die Pflegekraft aus<br />

der Position der Pflegewissenschaftlerin<br />

ableiten? Wie hilfreich<br />

sind diese Empfehlungen?<br />

Methodische Anregungen:<br />

Textarbeit – Einzelarbeit<br />

Unterrichtsgespräch<br />

„Ehemann vernachlässigt Ehefrau – ist<br />

gesellschaftliche Einmischung erforderlich?...“<br />

1. Die SchülerInnen überlegen in Arbeitsgruppen, wie<br />

die geschilderte Situation möglicherweise noch weiter<br />

eskalieren könnte und formulieren eine entsprechende<br />

Titelmeldung für eine Boulevardzeitung.<br />

2. Im Plenum wird das jeweils entwickelte Kerndilemma<br />

benannt und daraufhin die brisanteste Titelgeschichte<br />

ausgewählt, zu der eine Fernsehdiskussion<br />

stattfinden soll. Mögliche Diskussionsteilnehmer (=<br />

Interessengruppen/Positionen) werden ausgewählt<br />

und dies als Rollen auf Arbeitsgruppen verteilt, die<br />

zunächst ihre Rolle/Interessen präzisieren und Argumente<br />

sammeln. Eine Gruppe bereitet die Moderation<br />

vor.<br />

3. Durchführung der Diskussion mit Vertretern a.d.<br />

Arbeitsgruppen. Die Beobachter protokollieren jeweils<br />

die Argumente der anderen Gruppen.<br />

4. Die Argumente werden hierarchisiert in Hinblick auf<br />

Moralstufen (Kohlberg) und Überzeugungskraft.<br />

Methodische Anregungen:<br />

Gruppenarbeit mit Schreibauftrag<br />

Rollenspiel, Unterrichtsgespräche<br />

Ergebnissicherung:<br />

Feedback zur gesamten Lernsituation – „Welchen Wissenszuwachs habe ich gewonnen? / Inwiefern haben<br />

sich meine Vorstellungen/Einstellungen verändert oder auch gefestigt? / Welche Konsequenzen ziehe ich für<br />

mein zukünftiges pflegerisches Handeln?<br />

Methodische Anregung: Blitzlicht<br />

1 h

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