Im Blickpunkt: Altbausanierung - Quadriga
Im Blickpunkt: Altbausanierung - Quadriga
Im Blickpunkt: Altbausanierung - Quadriga
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Innendämmung von massiven Außenwänden<br />
Eine Chance für den Holzbau ?<br />
Vielen Planern und Handwerkern gilt die innenseitige<br />
Anbringung von Außenwanddämmungen als<br />
äußerst riskante Sanierungsmaßnahme. Die Rede<br />
von der „Verlagerung des Taupunktes in die<br />
Wand“ löst Ängste vor Bauschäden aus, die sich<br />
unkontrollierbar in unzugänglichen Bereichen des<br />
Wandquerschnitts mit der Zeit einstellen könnten.<br />
Genährt werden solche Befürchtungen durch<br />
Dampfdiffusionsberechnungen nach DIN 4108-3.<br />
Andererseits ist es unter Bauphysikern seit langem<br />
ein offenes Geheimnis, dass solche Kalkulationen<br />
nicht mal die halbe feuchtetechnische Wahrheit<br />
wiedergeben und richtig ausgeführte Innendämmungen<br />
sich seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt<br />
haben.<br />
Schäden an „konventionellen“ Innendämmungen<br />
mit Verbundplatten zeigen Probleme jenseits der<br />
Rechenkünste und weisen Wege, wie durch Holzbaukonstruktionen<br />
feuchtesichere Innendämmungen<br />
realisiert werden können.<br />
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
Autoren:<br />
Robert Borsch-Laaks,<br />
Sachverständiger für<br />
Bauphysik, Aachen<br />
Wilfried Walther,<br />
Sachverständiger für<br />
Bauphysik, Springe<br />
Was ist der „Stand der<br />
Technik“ bei der Innendämmung?<br />
Normen sind nicht die<br />
einzige und oft auch nicht<br />
die aktuellste Definition des<br />
Standes der Technik. Ihre<br />
Anwendungsgrenzen erschließen<br />
sich oft erst dann,<br />
wenn man die Hintergründe<br />
kennt. Das gilt ganz besonders<br />
für die [DIN 4108-<br />
3], in der das bekannte<br />
„Glaser-Verfahren“ zur<br />
Dampfdiffusionsberechnung<br />
festgeschrieben wurde. An<br />
keiner Stelle im Normentext<br />
und auch nicht in den<br />
dortigen Anwendungsbeispielen<br />
wird explizit darauf<br />
verwiesen, dass man die<br />
feuchtetechnische Tauglichkeit<br />
von Innendämmungen<br />
durch solche Berechnungen<br />
prüfen sollte. Dennoch<br />
rechnen die meisten, die<br />
über die entsprechende<br />
Software verfügen, munter<br />
drauf los. Die Empfehlung<br />
lautet dann in der Regel:<br />
Innendämmung braucht<br />
eine Dampfsperre, je höher<br />
der s d -Wert umso besser.<br />
Sicher, das Blockklima<br />
der DIN 4108-3 mit zwei<br />
statischen Klimaperioden<br />
ist besser als sein Ruf. Die<br />
Abb. 1:<br />
Innendämmung mit oder ohne<br />
Dampfbremse. Ist das die<br />
„Gretchenfrage“ bei der<br />
Innendämmung?<br />
Foto: R. Borsch-Laaks<br />
Jahresbilanz der Diffusionsströme<br />
entspricht gar nicht<br />
schlecht den Ergebnissen,<br />
die man mit modernen dynamischen<br />
Berechnungsverfahren<br />
ermittelt. Aber<br />
das Normverfahren betrachtet<br />
ausschließlich den<br />
Dampftransport. Die entscheidenden,<br />
weil quantitativ<br />
bedeutsameren Feuchtewanderungen<br />
in massiven<br />
Außenwänden sind flüssige<br />
Transportvorgänge durch<br />
Kapillarität und Sorption in<br />
hygroskopischen Mauerwerksbaustoffen.<br />
Dies zu<br />
vergessen kann zu Fehlurteilen<br />
führen (vgl. Infokasten<br />
1).<br />
Die Fähigkeit zum flüssigen<br />
Wassertransport ist der<br />
Hauptgrund dafür, warum<br />
sich innen gedämmte Massivwände<br />
in der Praxis weit<br />
„gutmütiger“ verhalten, als<br />
die Glaserrechnung befürchten<br />
lässt. Hygroskopische<br />
Putze und Mauerwerkstoffe<br />
saugen das „Tauwasser“<br />
an der Grenzschicht<br />
zum Dämmstoff auf, bevor<br />
es wirklich entsteht, und<br />
verteilen die Feuchtigkeit<br />
hin zur verdunstungsfähigen<br />
Außenoberfläche (vgl.<br />
[Borsch-Laaks 2005]). Diese<br />
Erkenntnis gilt insbesondere<br />
für solche Innendämmungen,<br />
die nach Norm<br />
hohe Tauwassermassen aufweisen,<br />
also für die „ohne<br />
Dampfbremse“.<br />
5/2005 13
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
Infokasten 1:<br />
Zitate aus der Bauforschung<br />
des Fraunhoferinstituts<br />
für Bauphysik, Holzkirchen<br />
„Bei der Festlegung der<br />
Randbedingungen ging man<br />
damals davon aus, dass völlige<br />
Tauwasserfreiheit nicht gefordert<br />
werden kann, sondern<br />
dass solche Tauwassermengen<br />
im Winter zulässig sind, die in<br />
der sommerlichen Trocknungsperiode<br />
sicher wieder<br />
abgegeben werden können...<br />
Von den damals zuständigen<br />
Prüfinstituten wurden die<br />
heute in DIN 4108-3 enthaltenen<br />
Randbedingungen festgelegt,<br />
die in einer harten 60-<br />
tägigen Winterperiode und<br />
einer ungünstigen 90-tägigen<br />
Sommerperiode bestehen, um<br />
auf der „sicheren Seite“ zu<br />
sein. Diese Randbedingungen<br />
wurden mehr oder weniger<br />
„gegriffen“ und wie sich<br />
nachträglich herausgestellt<br />
hat, nicht schlecht.“<br />
[Künzel 2002]<br />
„Die auf dem bekannten<br />
Glaser-Verfahren beruhende<br />
Diffusionsberechnung mit speziell<br />
fixierten Randbedingungen<br />
für Tau- und Verdunstungsperioden<br />
hat sich als einfaches<br />
Bewertungsverfahren<br />
praktisch durchaus bewährt,<br />
insbesondere bei Bauteilen<br />
und Baustoffkombinationen,<br />
bei denen Sorptions- und<br />
Kapillareffekte keine besondere<br />
Rolle spielen... Zur Analyse<br />
bzw. Beurteilung tatsächlicher<br />
Feuchtetransportvorgänge<br />
unter natürlichen Randbedingungen<br />
darf diese Methode<br />
allerdings nicht herangezogen<br />
werden. Sie ist dafür auch<br />
nicht konzipiert worden.<br />
Wenn dies – aus Unwissenheit<br />
oder Missinterpretation –<br />
praktisch dennoch geschieht,<br />
ist mit Fehlanalysen zu rechnen.<br />
[Kießl 1992]<br />
Lieber nicht rechnen:<br />
Nachweisfreie<br />
Konstruktionen<br />
Nun kann es nicht sinnvoll<br />
sein, für jede Innendämmung<br />
feuchtedynamische<br />
Spezialuntersuchungen<br />
durchzuführen. Das Gros<br />
der praktischen Ausführungen<br />
in den letzten 25 Jahren<br />
wurde ohne jegliche<br />
Rechnung erstellt, da die<br />
Norm unter Punkt 3.2.3<br />
bestimmte Maßnahmen<br />
freigestellt hatte. An Innendämmungen<br />
vor hygroskopischen<br />
Mauerwerk wurde<br />
lediglich die Anforderung<br />
gestellt, dass der innere sd-<br />
Wert 0,5 m betragen sollte<br />
(vgl. Infokasten 2).<br />
Dies wird schon durch<br />
Verbundplatten mit 20 mm<br />
EPS-Hartschaum (µ=20)<br />
erreicht. Auch diffusionsoffenere<br />
Kork- oder Holzfaserdämmplatten<br />
plus Gipskarton<br />
(µ=5) kommen auf<br />
s d = 0,5 m, wenn sie mindestens<br />
80 mm dick sind.<br />
Selbst diffusionsoffene Faserdämmstoffe<br />
(µ=1) können<br />
ohne Dampfbremsfolie<br />
auskommen, wenn innenseitig<br />
eine Beplankung mit<br />
Holz oder Holzwerkstoffplatten<br />
angebracht wird.<br />
Wie dick darf die<br />
Dämmung sein?<br />
Diese Orientierung an<br />
einem eher bescheidenen<br />
Mindest-s d -Wert ist auch in<br />
der Neufassung von 2001<br />
noch enthalten. Die Befreiung<br />
wird allerdings jetzt begrenzt<br />
auf einen maximalen<br />
Wärmedurchlasswiderstand<br />
der Innendämmung, der ca.<br />
40 mm Dämmstoffstärke<br />
entspricht (s. Infokasten 2).<br />
Publikationen, die diese<br />
erhebliche Einschränkung<br />
begründen, sind nicht bekannt.<br />
Nach Meinung des<br />
Autors ist diese Änderung<br />
darauf zurückzuführen, dass<br />
die Anzahl der Wandtypen,<br />
die von der Berechnung befreit<br />
werden, ausgeweitet<br />
wurde. Neu hinzugekommen<br />
sind verschiedene Betonwandtypen<br />
(vgl. Infokasten<br />
2). Führt man für diese<br />
Materialarten Glaserberechnungen<br />
bei s d,i = 0,5 m<br />
durch, so werden erst bei<br />
Dämmdicken unter 50 mm<br />
die zentralen Anforderungen<br />
der Norm eingehalten<br />
(Tauwassermenge m W,T <br />
1,0 kg/m 2 und m W,T m W,V ),<br />
s. Abb. 2.<br />
Die neue Norm bringt<br />
deshalb in der Frage der Innendämmung<br />
keine neue<br />
Klarheit, sondern zwingt<br />
Planer in der Praxis dazu,<br />
wieder vermehrt das zu machen,<br />
was nach Stand von<br />
Forschung und (Rechen)-<br />
Technik sich als bauphysikalische<br />
Halbwahrheit erwiesen<br />
hat: Diffusionsberechnungen<br />
bei hygroskopischen<br />
Wandbaustoffen.<br />
Was tun, wenn sich das<br />
Mauerwerk „sperrt“?<br />
Schon in der ersten und<br />
leider einzigen umfassenden<br />
Labor- und Felduntersuchung<br />
zur Innendämmung<br />
[Achtziger 1985] wurde die<br />
Sonderrolle von Betonaußenwänden<br />
deutlich. Hierbei<br />
wurden 20 Wandaufbauten<br />
mit Innendämmung<br />
in der Doppelklimakammer<br />
unter Normrandbedingungen<br />
geprüft. Die rechnerische<br />
Tauwassermenge (bis<br />
zu 3.200 g/m 2 ) ließ sich<br />
nicht in der befürchteten<br />
Form wiederfinden (vgl.<br />
Infokasten 3). Lediglich bei<br />
diffusionsoffenen Innendämmungen<br />
vor Betonwän-<br />
Abb. 2:<br />
Diffusionsbilanzen nach DIN<br />
4108-3 für diffusionsoffene<br />
Innendämmungen vor relativ<br />
diffusionsdichten Leichtbetonwänden<br />
(µ=150).<br />
Infokasten 2:<br />
Auszüge aus der DIN<br />
4108-3 (Ausgabe 1981):<br />
„3.2.3 Bauteile mit ausreichendem<br />
Wärmeschutz<br />
nach DIN 4108 Teil 2, für<br />
die kein rechnerischer<br />
Nachweis des Tauwasserausfalls<br />
infolge Dampfdiffusion...<br />
erforderlich ist.<br />
3.2.3.1.3 Mauerwerk nach<br />
DIN 1053 Teil 1 aus künstlichen<br />
Steinen mit raumseitig<br />
angebrachter Wärmedämmschicht<br />
mit – einschließlich<br />
eines Innenputzes – sd0,5 m<br />
und einem Außenputz oder<br />
mit hinterlüfteter Bekleidung.“<br />
Ausgabe 2001:<br />
„4.3.2.2 Wände, wie unter<br />
4.3.2.1, aber mit Innendämmung<br />
mit einem Wärmedurchlasswiderstand<br />
der Wärmedämmschicht<br />
R 1,0 m 2<br />
*<br />
K /W sowie... mit Innenputz<br />
bzw. Innenbekleidung (mit)<br />
s d,i 0,5 m.<br />
4.3.2.1 Ein- und zweischaliges<br />
Mauerwerk nach DIN<br />
1053-1 (auch mit Kerndämmung),<br />
Wände aus Normalbeton<br />
nach DIN EN 206-1<br />
bzw. DIN 1045-2, Wände<br />
aus gefügedichtem Leichtbeton<br />
nach DIN 4219-1 und DIN<br />
4219-2, Wände aus haufwerkporigem<br />
Leichtbeton<br />
nach DIN 4232...“<br />
14<br />
5/2005
den war nach Öffnung der<br />
Konstruktion ein Feuchtefilm<br />
an der Oberfläche feststellbar.<br />
Dies ist nicht nur der<br />
Dampfdichtheit der Betonbaustoffe,<br />
sondern auch<br />
deren geringer Saugfähigkeit<br />
geschuldet. Aus gleichem<br />
Grund ist Vorsicht<br />
geboten, wenn alte Mauerwerkswände<br />
innenseitig mit<br />
Fliesen bekleidet oder mit<br />
wassersperrenden Ölfarben<br />
gestrichen wurden. Hierdurch<br />
wird die hygroskopische<br />
Wasseraufnahme und -<br />
verteilung unterbunden. In<br />
diesen Fällen ist zumindest<br />
eine Glaserrechnung notwendig,<br />
um nachzuweisen,<br />
dass die Verdunstungsmenge<br />
größer der Tauwassermenge<br />
ist.<br />
Für die praktische Funktionsfähigkeit<br />
liegt das Optimum<br />
aber nicht bei hohen<br />
Infokasten 3:<br />
Labor- und Felduntersuchung<br />
des Forschungsinstituts<br />
für Wärmeschutz<br />
(FIW), München.<br />
„Mauerwerkskonstruktionen<br />
aus Gasbeton, Steinen<br />
aus haufwerkporigem Leichtbeton,<br />
Kalksandsteinen und<br />
Ziegeln mit diffusionsdurchlässigen<br />
Dämmstoffen wie<br />
Mineralfasern, auch ohne<br />
Dampfsperrschicht, sind<br />
gegenüber einer Durchfeuchtung<br />
im Winter unbedenklich.<br />
Die Wärmedämmung bleibt<br />
während der Tauperiode<br />
trocken. Die Zunahme des<br />
Wassergehalts des Mauerwerks<br />
liegt allerdings über<br />
dem Grenzwert von 1,0<br />
kg/m2 nach DIN 4108 Teil 3.<br />
Die erforderliche Austrocknung<br />
während der Verdunstungsperiode<br />
scheint gegeben<br />
zu sein... Untersuchungen an<br />
ausgeführten Bauten bestätigen<br />
im bislang vorliegenden<br />
Rahmen die Labormessungen.“[Achtziger<br />
1985]<br />
Dampfsperrwerten, wie die<br />
Normberechnung suggeriert,<br />
sondern bei einer<br />
möglichst hohen Verdunstungsreserve,<br />
wie sie am<br />
ehesten durch feuchtevariable<br />
Dampfbremsen erzielt<br />
werden kann. Auch kapillar-<br />
bzw. sorptionsleitfähige<br />
Dämmstoffe (z. B. Kalziumsilikat-<br />
oder Holzfaserdämmplatten)<br />
helfen beim<br />
flüssigen Rücktransport von<br />
dampfförmig eingedrungenem<br />
Wasser.<br />
Probleme, die sich nicht<br />
berechnen lassen<br />
Jenseits der Rechenkünste<br />
aller Software gibt es zusätzliche<br />
Feuchtebelastungen<br />
für die alte Außenwand,<br />
die von keinem Berechnungsverfahren<br />
erfasst<br />
werden können.<br />
Dazu zählt in erster Linie<br />
die Aufnahme von Schlagregenfeuchtigkeit<br />
von steinsichtigen<br />
Fassaden und<br />
Sichtfachwerken. Deshalb<br />
sind in den Befreiungsregelungen<br />
der DIN 4108-3<br />
grundsätzlich nur Wände<br />
mit ausreichendem<br />
Schlagregenschutz durch<br />
Außenputze, Vorhangfassanden<br />
und zweischaliges<br />
Mauerwerk erwähnt.<br />
Wie viel Schlagregen aufgenommen<br />
wird, lässt sich<br />
nur bei Außenputzen und<br />
nur mit dynamischer Kalkulation<br />
abbilden. Wassereintritt<br />
über Fugen von Ausfachungen<br />
oder Verklinkerungen<br />
entziehen sich<br />
sowohl in der Menge als<br />
auch in der Eindringtiefe<br />
der Berechenbarkeit.<br />
Einig sind sich die Forscher<br />
darin, dass bei Fachwerkkonstruktionen<br />
der<br />
innere s d -Wert auch nach<br />
oben hin begrenzt werden<br />
sollte (die Neufassung der<br />
DIN 4108-3 gibt hierfür<br />
eine Grenze von s d,i = 2 m<br />
an.) Dies soll helfen, die im<br />
Bereich der Fugen tief eingedrungene<br />
Feuchte auch<br />
nach innen hin austrocknen<br />
zu können (siehe dazu<br />
auch die dnq Heft 1/2000,<br />
1/2003).<br />
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Konjunktur:<br />
Vorbildlich gedämmte<br />
Häuser sind die<br />
aktuelle Forderung des Marktes.<br />
Aber auch der ökonomische Aspekt<br />
muss stimmen: Nur was sich entlang<br />
der Produktions- und Lieferkette bis<br />
zum Ende ´rechnet´, hat auf Dauer<br />
eine Chance. Systemlösungen wie<br />
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5/05 <strong>Quadriga</strong> WA textify.de<br />
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
5/2005 15
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
Abb. 3 a-d:<br />
Innendämmung mit<br />
Mehrschichtleichtbauplatten<br />
(mit Polystyrol- Zwischenlage)<br />
vor westorientiertem Bruchsteinmauerwerk.<br />
Feuchteschäden<br />
durch Schlagregeneintritt.<br />
Fotos: R. Borsch-Laaks<br />
Nasse Innendämmung<br />
bei Sichtmauerwerk<br />
<strong>Im</strong> Zuge von Sanierung<br />
und Ausbau eines landwirtschaftlichen<br />
Gebäudes wurde<br />
eine nach Westen orientierte<br />
Fassade frei gelegt<br />
und das Natursteinmauerwerk<br />
sorgfältig verfugt und<br />
hydrophobiert. Die Innenseite<br />
erhielt eine Dämmung<br />
aus Holzwolle- Leichtbauplatten<br />
mit Poly-styrol-Zwischenlage.<br />
Schon bald zeigten<br />
sich Ausblühungen<br />
durch Befeuchtung. Ein<br />
Diffusionsproblem durch<br />
fehlende Dampfbremse?<br />
Die Abnahme der schadhaften<br />
Innenschale zeigt die<br />
wahre Ursache. Das auch<br />
innen unverputzte Mauerwerk<br />
zeigt Fehlstellen, durch<br />
die Regen bei Winddruck<br />
bis auf die Innenseite transportiert<br />
wurde. Die durch<br />
Wassereintritt befeuchteten<br />
Stellen wurden vom Bauherrn<br />
mit roter Kreide markiert.<br />
Fazit: Exponierte steinsichtige<br />
Fassaden sollten<br />
ähnlich wie Fachwerkkonstruktionen<br />
einen äußeren<br />
Wetterschutz erhalten - dieser<br />
war beim untersuchten<br />
Objekt vor der Sanierung<br />
auch vorhanden.<br />
Bei geringerer Schlagregenbeanspruchung<br />
kann<br />
auch ein durchgehender<br />
Innenputz das Schadensrisiko<br />
begrenzen. Dieser reduziert<br />
die Gefahr, dass Wind<br />
den Regen in die Konstruktion<br />
tief hinein treiben<br />
kann. Außerdem wirkt er<br />
als Feuchtepuffer, vgl. auch<br />
Artikel von Prof. Lamers in<br />
dnq 1/2003.<br />
kritischer ist als die Diffusion.<br />
Hat diese Erkenntnis<br />
aus Leichtbaukonstruktionen<br />
auch zur Frage der<br />
massiven Außenwände Erhellendes<br />
beizutragen? Wo<br />
soll bei einer verputzten<br />
Wand Luft strömen können?<br />
Bei Heimwerkern, aber<br />
nicht nur dort, ist die Montage<br />
von Verbundplatten,<br />
die mit Mörtelbatzen an die<br />
Wand gesetzt werden, eine<br />
weit verbreitete, wenn<br />
nicht gar die häufigste Form<br />
der Innendämmung (vgl.<br />
Abb. 4:<br />
Eine falsche Empfehlung zur<br />
Innendämmung:<br />
Steife Dämmplatten vor unverputztem<br />
Mauwerk angebracht<br />
mit Mörtelbatzentechnik.<br />
Quelle: [Lochner/ Ploss 1980]<br />
Abb. 5:<br />
Luftströmungspfade bei Innendämmungen<br />
mit Hohlräumen<br />
zwischen Dämmschicht und<br />
alter Wand.<br />
Links: Hinterströmung.<br />
Rechts: Durchströmung<br />
Quelle: [Borsch-Laaks/ Walther 2004]<br />
Dampfkonvektion:<br />
Auch ein Problem der<br />
Innendämmung?<br />
Leser dieser Zeitschrift<br />
sind es gewöhnt, vom Bauphysiker<br />
darauf hingewiesen<br />
zu werden, dass von den<br />
dampfförmigen Feuchtetransporten<br />
derjenige per<br />
Luftströmung (Dampfkonvektion)<br />
in jeder Hinsicht<br />
• Hinterströmung • Durchströmung<br />
16<br />
5/2005
Abb. 4). Hierbei entstehen<br />
zwangsläufig zwischen der<br />
Dämmschicht und der alten<br />
Wand Hohlräume, die von<br />
Luft durchströmt werden<br />
können. Gleiches gilt, wenn<br />
mit steifen Dämmplatten<br />
vor unebenem Mauerwerk<br />
gedämmt wird (vgl. Abb. 5).<br />
Die Luft auf der kalten<br />
Seite der Dämmung wird<br />
stets versuchen, da sie spezifisch<br />
schwerer ist, über<br />
Undichtheiten an den Fußleisten<br />
oder Steckdosen in<br />
den Raum einzuströmen.<br />
Findet im Gegenzug die<br />
feuchtwarme Raumluft im<br />
oberen Bereich der Wand<br />
Eintrittsmöglichkeiten in<br />
den Hohlraum, so entsteht<br />
eine Hinterströmung der<br />
Dämmschicht, für die es<br />
keine Undichtheit nach<br />
außen hin braucht (Abb. 5,<br />
linkes Bild). Diese Luftwalze<br />
bewegt sich so langsam,<br />
dass dies nicht als Zugerscheinung<br />
spürbar ist. Sie<br />
läuft aber so kontinuierlich,<br />
dass der Transport und ggf.<br />
sogar die Kondensation der<br />
eingetragenen Luftfeuchtemengen<br />
stattfinden können.<br />
Schon [Kießl 1992] hatte<br />
darauf hingewiesen, dass die<br />
hierdurch eingetragenen<br />
Feuchtemengen i. d. R.<br />
größer sind als die durch<br />
Diffusion.<br />
Die quantitative Bedeutung<br />
dieses Transportweges<br />
ist noch unzureichend erforscht.<br />
Es ist unwahrscheinlich,<br />
dass über diesen Transportweg<br />
Feuchteanreicherungen<br />
entstehen können,<br />
die das Mauerwerk schädigen<br />
oder nicht sorptionsfähige<br />
Dämmstoffe beeinträchtigen.<br />
Sicher ist allerdings,<br />
dass im Hohlraum<br />
Klimabedingungen entstehen<br />
können, die für die Bildung<br />
von Schimmelpilz auf<br />
der alten Wand günstig sind.<br />
Ein lehrreicher<br />
Schadensfall<br />
Die Folgen von konvektivem<br />
Dampftransport zwischen<br />
Innendämmung und<br />
einer alten, innen verputzten<br />
Ziegelwand (240 mm)<br />
zeigt Abb. 6. Die im Rahmen<br />
von Umbaumaßnahmen<br />
abgenommenen Verbundplatten<br />
hinterlassen<br />
klar erkennbar die Umrisse<br />
der Mörtelbatzen. An zwei<br />
Stellen hat sich auf dem<br />
Innenputz Schimmel gebildet:<br />
● Unter dem Anschluss<br />
einer undicht eingebauten<br />
inneren Fensterbank<br />
(Hinterströmung)<br />
● In der Nähe eines Deckenbalkens<br />
der im Mauerwerk<br />
aufliegt (Durchströmung).<br />
Steinsichtiges Ziegelmauerwerk<br />
ist nicht luftdicht. Die<br />
raumseitig sichtbaren Deckenbalken<br />
durchstoßen die<br />
Luftdichtheitsschicht (= Innenputz)<br />
und hinterlassen<br />
eine Anschlussfuge, deren<br />
Dichtheit ein Zufallsprodukt<br />
ist.<br />
Durchdringungen von<br />
Deckenbalken führen im<br />
nicht sanierten Altbau zwar<br />
zu einem ungemütlichen,<br />
zugigen Raumklima, aber<br />
i. a. R. nicht zu konvektiven<br />
Feuchteschäden. Die Luft<br />
strömt entlang der Balken<br />
so schnell nach außen und<br />
die Strömungswege sind so<br />
kurz, dass es meist nicht zur<br />
Unterschreitung der Taupunkttemperatur<br />
kommt.<br />
Anders werden die Verhältnisse<br />
dann, wenn eine<br />
innenseitige Dämmung angebracht<br />
wird. Ist diese nicht<br />
dicht ausgeführt, so können<br />
sich für die Luft lange Strömungspfade<br />
entlang der kalten<br />
Außenwand hin zu den<br />
Leckagen an den Balkendurchdringungen<br />
ergeben.<br />
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5/2005 17
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
a<br />
Fazit: Bei Innendämmungen<br />
vor Außenbauteilen,<br />
deren Luftdichtheit<br />
nicht gesichert ist, ist eine<br />
Hohlraum freie Verarbeitung<br />
der Dämmung und/<br />
oder eine sorgfältige Luftdichtung<br />
auf der warmen<br />
Seite notwendig.<br />
Außenputz (20 mm)<br />
Ziegelmauerwerk, 300 mm<br />
Innenputz, 20 mm<br />
Innendämmung, 100 mm,<br />
zw. Holzständern<br />
OSB– Platte (15 mm)<br />
Gipskartonplatte (10 mm=<br />
Abb. 7:<br />
Innendämmung mit Holzwerkstoffplatte<br />
und Hohlraum<br />
füllender Einblasdämmung<br />
b<br />
c<br />
Abb. 6 a-c:<br />
Geöffnete Innendämmung mit<br />
EPS-Verbundplatten (a),<br />
Schimmelbildung durch Luftströmung<br />
in der Nähe eines<br />
Deckenbalkens (b) und durch<br />
Hinterströmung an einer Holzfensterbank<br />
(c).<br />
Fotos: Wilfried Walther<br />
Die Lösung vom<br />
Holzbauer<br />
Vor dem Hintergrund der<br />
Unsicherheiten und Fallstricke<br />
bei der Innendämmung<br />
ist eine Trockenbaulösung<br />
interessant, die aus<br />
den Erfahrungen des Holzrahmenbaus<br />
stammt und<br />
bei der (fast) zwangsläufig<br />
alles richtig gemacht wird.<br />
Abb. 7 zeigt den Querschnitt<br />
einer Innendämmung<br />
mit einem Ständerwerk,<br />
das innenseitig mit<br />
Holzwerkstoffplatte und<br />
Gipskarton bekleidet wird.<br />
Wird hierfür eine OSB-<br />
Platte (µ = 200) eingesetzt,<br />
so weist die Diffusionsberechnung<br />
nach Norm nur<br />
einen rechnerischen Tauwasserausfall<br />
von nur einem<br />
viertel der zulässigen Menge<br />
aus. Das Verdunstungspotenzial<br />
liegt fast 50 % höher,<br />
so dass die Austrocknung<br />
sicher gewährleistet ist.<br />
Hinterströmungen werden<br />
durch die vollständige<br />
Füllung des Hohlraums im<br />
Einblasverfahren vermieden.<br />
Falls zusätzliche Luftdichtungsmaßnahmen<br />
erforderlich<br />
sind (z. B. bei<br />
Balkendurchdringungen<br />
und Innenwandanschlüssen<br />
im Fachwerk), so können<br />
diese in bewährt zuverlässiger<br />
Form mit Eckklebebändern<br />
auf solidem Untergrund<br />
(= Holzwerkstoffplatte)<br />
hergestellt werden.<br />
Die zusätzliche Wertschöpfung<br />
beim Handwerker<br />
korrespondiert mit der<br />
Freude der Kunden an einer<br />
Innenoberfläche, in die<br />
man an jeder Stelle eine<br />
Schraube eindrehen kann,<br />
um Wandschränke, Bilder<br />
oder die Seile der Halogenlampen-Installation<br />
zu befestigen.<br />
Innendämmung lässt<br />
sich planen<br />
Feuchtedynamische Berechnungen<br />
zeigen, dass<br />
diese Dämmmethode in hohem<br />
Maße funktionstüchtig<br />
ist. Die Abbildungen aus<br />
WUFI ® -Berechnungen zeigen:<br />
●<br />
Die OSB-Platte weist<br />
einen Verlauf ihres<br />
Feuchtegehaltes von 4–6<br />
Vol.-% (= 8 bis 13 Masse-<br />
%) auf. D. h. weit unter<br />
den Anforderungen<br />
für den konstruktiven<br />
Holzschutz (Abb 8a).<br />
Auch das härteste Kriterium<br />
für die feuchtetechnische<br />
Funktionstüchtigkeit<br />
wird erfüllt:<br />
●<br />
Die rel. Luftfeuchte im<br />
Inneren der Konstruktion<br />
übersteigt nicht über<br />
85 %- Grenze, so dass dif-<br />
18<br />
5/2005
Wassergehalt [kg/m³]<br />
Relative Feuchte [%]<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
100<br />
0<br />
0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0<br />
Zeit [a]<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
OSB Sterling 15 mm<br />
Gipsputz<br />
Isofloc außen<br />
OSB außen<br />
Literatur und Quellen<br />
[Achtziger 1985] Joachim<br />
Achtziger: Praktische Untersuchung<br />
der Tauwasserbildung im<br />
Innern von Bauteilen mit Innendämmung.<br />
In: wksb Sonderausgabe<br />
1985<br />
[Borsch-Laaks 2005]<br />
Robert Borsch-Laaks: Innendämmung<br />
Risikokonstruktion<br />
oder Stand der Technik?, in:<br />
Tagungsband zum 6. Leipziger<br />
Bauschadenstag 27. 9. 2005, Hg.<br />
MFPA Leipzig 2005<br />
[Borsch-Laaks/ Walther 2004]<br />
Robert Borsch-Laaks und Wilfried<br />
Walther: Modul Innendämmung.<br />
In: Bauphysik-Module für<br />
Fachveranstaltungen zur energetischen<br />
Gebäudesanierung, Energieagentur<br />
NRW, Wuppertal<br />
2004<br />
[DIN 4108-3:1981]<br />
Normenausschuss Bauwesen im<br />
DIN: Wärmeschutz im Hochbau.<br />
Teil 3: Klimabedingter<br />
Feuchteschutz. Berlin (Beuth<br />
Verlag) 1981.<br />
[DIN 4108-3:2001]<br />
Normenausschuss Bauwesen im<br />
DIN: Wärmeschutz und Energie-Einsparung<br />
in Gebäuden,<br />
Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz,<br />
Berlin (Beuth Verlag)<br />
2001.<br />
[Kießl 1992] Kurt Kießl:<br />
Wärmeschutzmaßnahmen durch<br />
Innendämmung. Beurteilung<br />
und Anwendungsgrenzen aus<br />
feuchtetechnischer Sicht. In:<br />
wksb 31/1992.<br />
[Künzel 2000] Helmut Künzel:<br />
Bauphysik-Geschichte und<br />
Geschichten, Stuttgart (IRB-<br />
Verlag) 2002<br />
[Lochner/Ploss 1980]<br />
Dietmar Lochner und Wolfgang<br />
Ploss: Wärme- und Schalldämmung<br />
im Innenausbau. Köln<br />
(Rudolf Müller Verlag) 1980<br />
[Müller/Peylo 2000]<br />
Johann Müller und André Peylo:<br />
Nachträglicher Holzschutz durch<br />
die Diffusion von Bor aus borhaltigen<br />
Dämmstoffen. In: Bauphysik<br />
Heft 1/2000<br />
<strong>Im</strong> <strong>Blickpunkt</strong>: <strong>Altbausanierung</strong><br />
0<br />
0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0<br />
Zeit [a]<br />
Anzeige<br />
Abb. 8:<br />
WUFI Berechnungen zur<br />
Innendämmung mit Holzwerkstoff-<br />
und Gipsbauplatte<br />
a) Wassergehalt der OSB- Platte<br />
b) Relative Porenluftfeuchte an<br />
den kritischen Grenzschichten<br />
(Klima: Kassel, normale Feuchtelast,<br />
Westwand)<br />
fusionsbedingte Schimmelbildung<br />
ausgeschlossen<br />
werden kann (Abb.<br />
8b).<br />
<strong>Im</strong> Falle von „außerplanmäßigen<br />
Befeuchtungen“<br />
kann die Borsalzimprägnierung<br />
des Zellulosedämmstoffs<br />
die angrenzenden<br />
Baustoffschichten vor Pilzgefahren<br />
schützen, vgl.<br />
[Müller/Peylo 2000]. So<br />
bringt diese Holzbaulösung<br />
eine planbare, höchst mögliche<br />
Sicherheit vor feuchtetechnischen<br />
Risiken von<br />
Innendämmungen im Altbau.<br />
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isofloc – Die Dämmprofis<br />
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