UNUS Ausgabe 02 / 2010 - Bund der Selbständigen in Bayern
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Titel<br />
Raum, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> 85 Prozent <strong>der</strong><br />
Landesfläche ausmacht, ist auf e<strong>in</strong><br />
Verkehrsnetz angewiesen, <strong>der</strong> ihn<br />
als Wirtschaftsstandort für Unternehmen<br />
und Arbeitsplatz für hochqualifizierte<br />
Mitarbeiter mit hohen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die <strong>in</strong>dividuelle<br />
Mobilität <strong>in</strong>teressant macht. Der<br />
Ausbau und die Vernetzung <strong>der</strong> Verkehrswege<br />
sollten deshalb e<strong>in</strong>e zentrale<br />
Rolle <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaftspolitik<br />
spielen – was bislang aber nicht <strong>der</strong><br />
Fall ist.<br />
Wachstumsmotor o<strong>der</strong> -bremse?<br />
Deutschland im Allgeme<strong>in</strong>en und<br />
<strong>Bayern</strong> im Beson<strong>der</strong>en laufen Gefahr,<br />
durch e<strong>in</strong>e Vernachlässigung<br />
<strong>der</strong> Verkehrs<strong>in</strong>frastruktur massive<br />
Wettbewerbsnachteile im Standortwettbewerb<br />
zu erleiden.<br />
Wirtschaftsverbände wie <strong>der</strong> BDI<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> vbw warnen seit langem<br />
vor e<strong>in</strong>er gefährlichen Entwicklung:<br />
„<strong>Bayern</strong> ist e<strong>in</strong>e zentrale Verkehrsdrehscheibe<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union. Um daraus auch <strong>in</strong> Zukunft<br />
den wirtschaftlichen Vorteil für unser<br />
Land zu ziehen, brauchen wir<br />
e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Infrastruktur und e<strong>in</strong><br />
optimiertes Zusammenspiel <strong>der</strong> Verkehrsträger.<br />
Ohne stetige Investitionen<br />
wird dies nicht gehen. Denn<br />
heute haben wir ständig überlastete<br />
Verkehrswege mit allen negativen<br />
Konsequenzen. Ziel muss e<strong>in</strong> verbessertes<br />
<strong>in</strong>tegriertes Gesamtverkehrssystem<br />
se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem sich die Ver-<br />
kehrsträger Straße, Schiene, Schifffahrt<br />
und Luftverkehr gegenseitig<br />
s<strong>in</strong>nvoll ergänzen,“ for<strong>der</strong>t Bertram<br />
Brossardt, Hauptgeschäftsführer <strong>der</strong><br />
vbw – Vere<strong>in</strong>igung <strong>der</strong> Bayerischen<br />
Wirtschaft.<br />
Auch BDS Präsident Brauner sieht<br />
Handlungsbedarf: „Als mittelständische<br />
Unternehmer werden wir unserer<br />
sozialen und volkswirtschaftlichen<br />
Verantwortung gerecht, <strong>in</strong>dem<br />
wir die Wertschöpfung nicht<br />
verlagern, son<strong>der</strong>n Arbeitsplätze <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Fläche schaffen. Um das auch<br />
weiterh<strong>in</strong> leisten zu können, brauchen<br />
wir Unterstützung. Wir for<strong>der</strong>n<br />
e<strong>in</strong> entschlossenes und <strong>in</strong>novatives<br />
Handeln <strong>der</strong> Politik, zum<br />
Beispiel durch e<strong>in</strong>e Stärkung <strong>der</strong><br />
Public-Private-Partnership Projekte,<br />
die Nutzung neuer Telematik-<br />
Technologien und gezielte Investitionen.“<br />
Denn die Situation<br />
ist mittlerweileBesorgniserregend:<br />
Nicht<br />
nur, dass vier<br />
<strong>der</strong> fünf staua<br />
nfä lligsten<br />
Autoba hnen<br />
durch <strong>Bayern</strong><br />
führen, was dazu beiträgt, dass <strong>der</strong><br />
Freistaat deutschlandweit den zweiten<br />
Platz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Staustatistik hält.<br />
Viele Regionen des Flächenlandes<br />
„Ziel muss e<strong>in</strong> verbessertes <strong>in</strong>tegriertes<br />
Gesamtverkehrssystem se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> dem sich die<br />
Verkehrsträger Straße, Schiene, Schifffahrt und<br />
Luftverkehr gegenseitig s<strong>in</strong>nvoll ergänzen,“<br />
Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer <strong>der</strong> vbw<br />
<strong>Bayern</strong>, etwa das bayerische Chemiedreieck<br />
zwischen Burghausen,<br />
Trostberg und Tög<strong>in</strong>g, leiden unter<br />
schlecht ausgebauten und veralteten<br />
Schienennetzen und Straßen. Auch<br />
viele wichtige Verb<strong>in</strong>dungsstre-<br />
„Positive Beispiele wie die ICE-Trasse München-<br />
Nürnberg o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lückenschluss <strong>der</strong> A96<br />
München-L<strong>in</strong>dau zeigen, dass Gestaltung<br />
möglich und s<strong>in</strong>nvoll ist.“<br />
Ingolf F. Brauner, Präsident des BDS <strong>Bayern</strong><br />
cken, beispielsweise zwischen Nürnberg<br />
und Passau o<strong>der</strong> Mühldorf und<br />
München, s<strong>in</strong>d veraltet und überlastet.<br />
Das schadet nicht nur den Unternehmen,<br />
son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Umwelt:<br />
Je schlechter das Schienennetz,<br />
desto mehr Verkehr drängt auf die<br />
Straße – und lässt die Realisierung<br />
anspruchsvoller Klimaziele <strong>in</strong> weite<br />
Ferne rücken.<br />
Denn trotz aller politischen Willensbekundung<br />
geschah bislang<br />
wenig bei <strong>der</strong> Stärkung umweltfreundlicher<br />
Verkehrsträger, dem<br />
Ausbau <strong>der</strong> Verkehrswege o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung und Verknüpfung<br />
<strong>der</strong> Verkehrsnetze. „Positive<br />
Beispiele wie die ICE-Trasse München-Nürnberg<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lückenschluss<br />
<strong>der</strong> A96 München-L<strong>in</strong>dau<br />
zeigen, dass Gestaltung möglich<br />
und s<strong>in</strong>nvoll ist“, so Brauner. „Wir<br />
wünschen uns deshalb, dass die Politik<br />
e<strong>in</strong> stärkeres Gewicht auf solche<br />
Projekte legt und vor lauter<br />
Banken- und Eurorettung nicht vergisst,<br />
dass e<strong>in</strong> mo<strong>der</strong>nes Verkehrsnetz<br />
und <strong>in</strong>telligente Mobilitätskonzepte<br />
die Lebensa<strong>der</strong>n unserer<br />
Wirtschaft s<strong>in</strong>d.“ (dn)<br />
Herr Professor Buller, <strong>in</strong>dividuelle Mobilität bedeutete jahrzehntelang<br />
vor allem Automobilität. Hat <strong>in</strong>dividuelle Mobilität<br />
angesichts schw<strong>in</strong>den<strong>der</strong> Erdölvorräte, Klimawandel und<br />
Strukturkrise <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie noch e<strong>in</strong>e Zukunft?<br />
In Zukunft wird sich wahrsche<strong>in</strong>lich unser Verhältnis<br />
zum Auto wandeln. Wir werden uns sicher nicht weniger<br />
<strong>in</strong>dividuell bewegen als heute. Fahrzeuge werden womöglich<br />
weniger Statussymbole als eher Gebrauchsgegenstände<br />
se<strong>in</strong>. Das Auto an sich wird mit alternativen Antrieben<br />
auch an<strong>der</strong>s aussehen.<br />
Die Automobil<strong>in</strong>dustrie ist e<strong>in</strong>e deutsche Leitbranche. E<strong>in</strong>e<br />
Strukturkrise hätte gravierende volkswirtschaftliche Folgen<br />
für die Hersteller und auch für Zehntausende mittelständische<br />
Betriebe, von denen sehr viele hier <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> angesiedelt s<strong>in</strong>d.<br />
Wie ernst nehmen Sie die volkswirtschaftlichen Risiken?<br />
Die deutsche Automobil<strong>in</strong>dustrie ist e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> tragenden Säulen<br />
unserer Volkswirtschaft. Und wir bef<strong>in</strong>den uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
globalen Wettbewerb. Insofern müssen wir alle <strong>in</strong>novativen<br />
Kräfte bündeln, um auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elektromobilität e<strong>in</strong> Leitanbieter<br />
zu werden. Dafür haben wir das Forum Elektromobilität<br />
gegründet.<br />
Die Fraunhofer-Gesellschaft hat das Mammut-Projekt „Systemforschung<br />
Elektromobilität“ aufgelegt, das von <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>esregierung<br />
mit mehr als 40 Millionen Euro geför<strong>der</strong>t wird.<br />
Sie haben zudem persönlich das Forum Elektromobilität gegründet<br />
und s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong> Vorsitzen<strong>der</strong>. Richtet sich die Hilfe an<br />
Daimler, BMW und Volkswagen, o<strong>der</strong> werden auch mittelständische<br />
Zulieferbetriebe profitieren?<br />
Von diesem technologischen Know-how werden sowohl Hersteller<br />
als auch Zulieferer <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie, aber auch<br />
Alle <strong>in</strong>novativen<br />
Kräfte bündeln<br />
Energieerzeuger und Batteriehersteller profitieren. Mit Blick<br />
auf die erfor<strong>der</strong>lichen Innovationskonzepte bündelt das Forum<br />
Elektromobilität <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie deutschlandweit die<br />
Kompetenzen auf dem Gebiet <strong>der</strong> Elektromobilität und systematisiert<br />
so den produktorientierten Technologietransfer<br />
zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Damit för<strong>der</strong>t <strong>der</strong><br />
Forum Elektromobilität e.V. unter an<strong>der</strong>em den Aufbau von<br />
Systemkompetenz für die deutsche Wirtschaft und treibt<br />
den wissenschaftlichen Diskurs zur Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />
Elektromobilität auf allen technischen Ebenen voran.<br />
Was muss die mittelständische Wirtschaft tun, um den Strukturwandel<br />
zu bewältigen? Welche Chancen bietet ihr die Elektromobilität?<br />
Die Wertschöpfungsarchitektur <strong>der</strong> Automobilproduktion<br />
wird sich allmählich aber grundlegend än<strong>der</strong>n. Wichtig<br />
ist, früh die neuen Ausbildungserfor<strong>der</strong>nisse zu analysieren<br />
und zu formulieren, branchenübergreifend zu denken<br />
und zu kooperieren und geme<strong>in</strong>sam Normen und Standards<br />
zu def<strong>in</strong>ieren.<br />
Das Interview führte<br />
Dr. Alexan<strong>der</strong> Pschera.<br />
Beim Mobilitätsaspekt Breitbandanschluss heißt es auf dem<br />
Land häufig „Ke<strong>in</strong> Anschluss unter dieser Nummer“. Was bedeutet<br />
<strong>der</strong> Wandel <strong>in</strong>dividueller Mobilität gerade für den<br />
ländlichen Raum?<br />
Es ist sicher immer e<strong>in</strong> dyna-<br />
Prof. Ulrich Buller ist Leiter des Vorstandsbereichs<br />
misches Wechselspiel von An-<br />
Forschungsplanung bei <strong>der</strong> Fraunhofer Gesellschaft.<br />
gebot und Nachfrage. Dennoch<br />
Er studierte Chemie an <strong>der</strong> Uni Münster und promo-<br />
muss es auch im ländlichen<br />
vierte an <strong>der</strong> RWTH Aachen. Seit 1. Juni 2006 ist er<br />
Raum e<strong>in</strong>e komfortable Infra-<br />
Mitglied des Vorstands <strong>der</strong> Fraunhofer-Gesellschaft<br />
struktur für die Elektromo-<br />
<strong>in</strong> München und leitet die Fraunhofer-Forschungsbilität<br />
geben. Die smart grids<br />
planung. 2006 wurde er an <strong>der</strong> Universität Potsdam<br />
sollten nicht an <strong>der</strong> Stadtgrenze<br />
zum Honorarprofessor für Technische Chemie er-<br />
und auch nicht an <strong>der</strong> Landesnannt.<br />
Prof. Buller ist Grün<strong>der</strong> und Vorstandsvorsitgrenze<br />
aufhören. Aber die wichzen<strong>der</strong><br />
des Forum Elektromobilität e.V.<br />
tigste Grundvoraussetzung für Weitere Infos:<br />
e<strong>in</strong>e flächendeckende Elektro- www.forum-elektromobilitaet.de<br />
mobilität ist gegeben: Strom ist<br />
überall verfügbar.<br />
www.fraunhofer.de<br />
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