Download - Schauspiel Frankfurt
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029<br />
SIE IST MIR<br />
ha<br />
22. nov 13<br />
UNTREU.<br />
haHA!<br />
P<br />
rädikat: wertvoll. Gütesiegel: psychologische Tiefenforschung.<br />
So steht es auf Arthur Schnitzlers<br />
<strong>Schauspiel</strong> »Anatol« – ein schönes Etikett. Sigmund<br />
Freud höchstpersönlich hat es vor mehr als<br />
hundert Jahren draufgeklebt, und was klebt, das<br />
klebt. Tatsächlich haben wir es bei dem Titelhelden<br />
mit einem tiefgründigen Mann zu tun: Partytier,<br />
Weiberheld, Frauenversteher. Sehr delikat in seinen<br />
Theorien über das andere Geschlecht, ist Anatol<br />
in der Praxis eher vulgär veranlagt: Er vögelt alles,<br />
was zwei Beine hat und ein Loch in der Mitte. Nur<br />
jung müssen sie sein, die Beine, und in dem Loch<br />
muss nicht nur Anatols erregte Männlichkeit Platz<br />
haben, sondern auch seine parfümierte Sehnsucht<br />
nach wahrer Liebe. Einer Liebe, die nicht schnellschnell<br />
geshoppt und zackzack konsumiert wird,<br />
sondern ewig währt und so tief ist wie Anatols<br />
Seelenleben. Denn damit hat Schnitzler seinen Helden<br />
ausgestattet: mit einem Seelenleben. Moderner<br />
formuliert: mit einem psychischen Apparat. Komplex<br />
und neurotisch klappert er in Anatols Innerem<br />
und entlarvt das scheinbar reibungslose Leben des<br />
Spitzenvöglers als zutiefst gestört. Wer die Frauen<br />
schneller wechselt als andere Leute ihre vielzitierten<br />
Unterhosen, der muss ja gestört sein! Beziehungsgestört!<br />
Armer Anatol – ab zum Therapeuten!<br />
Aber was wäre, wenn kein Therapeut der Welt<br />
dem armen Anatol helfen könnte? Wenn es da gar<br />
nichts zu therapieren gäbe bei dem armen Anatol?<br />
Kein gestörter psychischer Apparat, kein verkorkstes<br />
Seelenleben, nur ein rasantes Sexleben. Brutal,<br />
geheimnislos, kalt. Ein Leben, das vielleicht falsch<br />
ist, aber dafür richtig viel Spaß macht.<br />
Regisseur Florian Fiedler untersucht in seiner Inszenierung<br />
das Sex- und Seelenleben Anatols<br />
nach dem Motto: Es gibt kein falsches Leben im<br />
richtigen. Von 2006 bis 2009 war er künstlerischer<br />
Leiter der Spielstätte schmidtstrasse12 des <strong>Schauspiel</strong><br />
<strong>Frankfurt</strong>. Seit 2009 ist er Hausregisseur am<br />
<strong>Schauspiel</strong> Hannover, wo er 2010 die Leitung des<br />
Jungen <strong>Schauspiel</strong> übernahm. Zuletzt waren von<br />
ihm in <strong>Frankfurt</strong> das Beatles-Projekt »Das Weiße<br />
Album«, Arthur Millers »Ein Blick von der Brücke«<br />
und im Senckenbergmuseum »Der Hals der Giraffe«<br />
von Judith Schalansky zu sehen.<br />
Anatol<br />
Arthur Schnitzler Regie Florian Fiedler<br />
Bühne Maria-Alice Bahra Kostüme Selina Peyer<br />
Video Bert Zander eine Koproduktion mit den<br />
Ruhrfestspielen Recklinghausen<br />
premiere im November Kammerspiele<br />
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Manuel Harder