Thüringen - SFB 580 - Friedrich-Schiller-Universität Jena
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Auch wenn sich die Abgeordneten in ihrer überwiegenden Mehrheit mit der eigenen Tätigkeit zufrieden<br />
zeigen, sind mit der Mandatsausübung doch eine Reihe unabweisbarer Schwierigkeiten und Belastungen<br />
verbunden. Diese können sich aus zeitlichen Restriktionen oder der Komplexität der inhaltlichen Arbeit<br />
ergeben, aber auch in mangelnder Akzeptanz oder fraktionellen Zwängen gesehen werden.<br />
Problemwahrnehmungen mit Bezug auf das Mandat (in %)<br />
(Nennungen: „sehr großes Problem“ und „großes Problem“ zusammengefasst)<br />
<strong>Thüringen</strong> MdL Ost<br />
MdL West<br />
zu wenig Zeit für das Privatleben 68 63 67<br />
zu wenig Zeit, um über Probleme vertiefend<br />
nachzudenken<br />
Frustration, da Probleme nur unzureichend<br />
gelöst werden können<br />
53 62 61<br />
44 49 36<br />
unzureichende Akzeptanz in der Öffentlichkeit 36 49 42<br />
Kluft zwischen eigenen politischen<br />
Vorstellungen und dem, was man als<br />
Abgeordneter im polit. Alltag vertreten muss<br />
31 34 25<br />
© <strong>SFB</strong> <strong>580</strong>/A3 <strong>Universität</strong> <strong>Jena</strong><br />
T h ü r i n g e n<br />
Wie die Tabelle illustriert, nennen die Thüringer Landtagsabgeordneten unter fünf<br />
vorgegebenen Problemen mit Abstand am häufigsten die negativen Auswirkungen auf das<br />
Privatleben. Die sich aus der Mandatsausübung ergebenden Belastungen treffen<br />
demnach vorwiegend den Privatmenschen Abgeordneter - dabei Frauen wie Männer<br />
gleichermaßen - und erst danach den Politiker. Als besonders gravierend gelten generell<br />
die geringen zeitlichen Ressourcen, während inhaltliche oder kommunikative<br />
Schwierigkeiten jeweils nur von einer (starken) Minderheit angeführt werden. Unmittelbar<br />
mandatsbezogene Probleme nehmen die Mitglieder des Thüringer Landtags im Vergleich<br />
zu ihren ostdeutschen Kollegen durchweg als weniger prekär wahr - was zugleich eine<br />
Teilerklärung für ihre überdurchschnittlich hohen Zufriedenheitswerte darstellt.<br />
Die Problemwahrnehmungen von Regierungs- und Oppositionspolitikern unterscheiden<br />
sich kaum. Eine Ausnahme besteht bei der Zeit für die Problemreflexion, die von nahezu<br />
doppelt so vielen Parlamentariern der Opposition als von CDU-Abgeordneten als<br />
unzureichend empfunden wird. Überraschenderweise sehen die Mitglieder der<br />
Regierungsfraktion ihre eigenen Vorstellungen auch nur selten im Widerspruch zu den<br />
Positionen, die sie öffentlich vertreten sollen. Eine solche Kluft nimmt hingegen jeder<br />
dritte PDS-Abgeordnete und jeder zweite Sozialdemokrat wahr. Die hohen Werte bei den<br />
SPD-Politikern dürften sich dadurch erklären, dass auch in den eigenen Reihen Agenda<br />
2010 umstrittenen ist.<br />
Zwischen “altgedienten” Parlamentariern und Novizen gibt es keine Unterschiede bei der<br />
Wahrnehmung von mit dem Mandat verbunden Problemen. So wird auch die fehlende<br />
Akzeptanz in der Öffentlichkeit wird von den Neulingen kaum als problematisch erachtet.<br />
Dafür beklagen die Newcomer im Thüringer Landtag überdurchschnittlich oft die geringe<br />
Zeit, die für das Privatleben verbleibt.<br />
www.sfb<strong>580</strong>.uni-jena.de/A3