10.07.2014 Aufrufe

Der Zauber Indiens - Aus dem Leben eines Sufi (Leseprobe)

Die Zeitzeugnisse von Musharaff Moulamia Khan, des jüngsten Bruders von Hazrat Inayat Khan, offenbaren ein tiefes Verständnis in die Weltsicht der Sufis und die inspirierende Kultur Indiens. Unsere Sehnsucht nach Liebe, Harmonie und Schönheit Ein zauberhafter Duft, ein intimer Blick in ein Indien mit seiner einzigartigen Kultur und tiefen Spiritualität. Eine Nation, die Heilige hervorbringt und Seelen erleuchten kann. Dieses Indien jedoch existiert nicht mehr, es ist die Sehnsucht der Menschen danach. Das Buch verzaubert vom ersten Satz. Es führt uns auf eine Reise durch einen großartigen Kontinent und gleichzeitig zu unserer innersten Sehnsucht. Die Leser tauchen ein in die natürliche Inspiration des familiären und sozialen Leben Indiens. Gedanken von zeitloser Schönheit werden ausgelöst, sobald jemand über Indien zu sprechen beginnt. Wer nach spiritueller und kultureller Tiefe sucht, entdeckt sie in diesem Buch. Der jüngste Bruder des großen indischen Sufi-Mystikers Hazrat Inayat Khan offenbart ein tiefes Verständnis in die inspirierende Kultur Indiens und die Weltsicht der Sufis. Musharaff Khan erzählt in der deutschsprachigen Literatur noch Unbekanntes aus dem Leben von Hazrat Inayat Khan und seiner Familie. „Mögen diese Seiten die Schönheit aufzeigen, die im Herzen der Menschheit verborgen ist. Mögen sie inneren und äußeren Frieden schaffen, nach dem jede Seele sich sehnt.“ (Musharaff Khan) mehr Informationen: www.verlag-heilbronn.de

Die Zeitzeugnisse von Musharaff Moulamia Khan, des jüngsten Bruders von Hazrat Inayat Khan, offenbaren ein tiefes Verständnis in die Weltsicht der Sufis und die inspirierende Kultur Indiens.

Unsere Sehnsucht nach Liebe, Harmonie und Schönheit

Ein zauberhafter Duft, ein intimer Blick in ein Indien mit seiner einzigartigen Kultur und tiefen Spiritualität. Eine Nation, die Heilige hervorbringt und Seelen erleuchten kann. Dieses Indien jedoch existiert nicht mehr, es ist die Sehnsucht der Menschen danach.

Das Buch verzaubert vom ersten Satz. Es führt uns auf eine Reise durch einen großartigen Kontinent und gleichzeitig zu unserer innersten Sehnsucht. Die Leser tauchen ein in die natürliche Inspiration des familiären und sozialen Leben Indiens. Gedanken von zeitloser Schönheit werden ausgelöst, sobald jemand über Indien zu sprechen beginnt. Wer nach spiritueller und kultureller Tiefe sucht, entdeckt sie in diesem Buch.

Der jüngste Bruder des großen indischen Sufi-Mystikers Hazrat Inayat Khan offenbart ein tiefes Verständnis in die inspirierende Kultur Indiens und die Weltsicht der Sufis. Musharaff Khan erzählt in der deutschsprachigen Literatur noch Unbekanntes aus dem Leben von Hazrat Inayat Khan und seiner Familie.

„Mögen diese Seiten die Schönheit aufzeigen, die im Herzen der Menschheit verborgen ist. Mögen sie inneren und äußeren Frieden schaffen, nach dem jede Seele sich sehnt.“
(Musharaff Khan)

mehr Informationen: www.verlag-heilbronn.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Musharaff Moulamia Khan<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauber</strong> <strong>Indiens</strong><br />

<strong>Aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Leben</strong> <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong><br />

Postfach 2162, 71370 Weinstadt<br />

3


Titel der englischen Originalausgabe:<br />

„Pages in the Life of a <strong>Sufi</strong>”<br />

1. Auflage 1932, Rider and Co., London<br />

2. Auflage 1971 © <strong>Sufi</strong> Publishing Co.<br />

3. Auflage 1982 © <strong>Sufi</strong> Publishing Co.<br />

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme<br />

Khan, Musharaff Moulamia Khan:<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zauber</strong> <strong>Indiens</strong> - <strong>Aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Leben</strong> <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong>s<br />

Übersetzung: Karima Sen Gupta<br />

mit historischen Ergänzungen von Mashaikh Mahmood Khan<br />

Weinstadt, Verlag Heilbronn, 2014<br />

ISBN 978-3-936246-08-7<br />

Verlag Heilbronn<br />

Postfach 2162, D-71370 Weinstadt<br />

www.verlag-heilbronn.de<br />

info@verlag-heilbronn.denfo<br />

Verkehrsnummer 14894<br />

ISBN 978-3-936246-08-7<br />

1. Auflage 2014<br />

Dieses Buch ist auch als eBook erhältlich<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

© Verlag Heilbronn<br />

Gedruckt in Tschechien<br />

4


Inhalt<br />

Vorwort von Musharaff Khan<br />

Einführung in die 2. Auflage von Fazal Inayat Khan<br />

Einführung in die 1. Auflage von E. A. Mitchell<br />

Vorwort zur 2. Auflage von Claire MacKail<br />

Ein etwas anderes Vorwort zur deutschen Übersetzung von<br />

Karima Sen Gupta<br />

1. Teil <strong>Aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Leben</strong> <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong><br />

1. Das <strong>Leben</strong> m<strong>eines</strong> Vaters, Rahmat Khan<br />

2. Mein Großvater, Moula Bakhsh<br />

3. Im Haus von Moula Bakhsh - Anmerkungen zur<br />

indischen Musik<br />

4. Meine Großmutter und Mutter<br />

5. Jahre der Erziehung<br />

6. Jugendjahre<br />

7. Indische Feste<br />

8. <strong>Der</strong> Tod m<strong>eines</strong> Vaters<br />

9. Inayat Khan in Hyderabad - Begegnung mit seinem<br />

Murshid<br />

10. Mein <strong>Leben</strong> mit Inayat Khan<br />

11. <strong>Der</strong> Ruf in den Westen<br />

12. <strong>Der</strong> Maharaja von Baroda und seine Reformen<br />

13. <strong>Der</strong> Nizam von Hyderabad – Dichter und Heiler<br />

14. Meine Reise nach Amerika<br />

15. Kontraste<br />

16. Die Mission m<strong>eines</strong> Bruders<br />

17. Das mystische Ideal<br />

5


2. Teil <strong>Aus</strong> <strong>dem</strong> Tagebuch <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong><br />

18. Musik im Osten und im Westen<br />

19. Über den Klang<br />

20. Das Geheimnis des Klangs<br />

21. Die Schönheit spirituellen Strebens<br />

3. Teil Eine indische Pilgerfahrt<br />

22. Besuch heiliger Gräber in Bagdad und Ajmer<br />

23. Begegnung mit einem lebenden Heiligen<br />

24. Am Grabmal von Hazrat Inayat Khan<br />

Anhang<br />

25. Erinnerungen an Murshid Musharaff von<br />

Ranjit Sen Gupta<br />

26. Gedanken zum <strong>Leben</strong> von Savitri von<br />

Elisabeth Weibel-Heer<br />

6


Vorwort<br />

Das Ziel des heutigen <strong>Sufi</strong>smus ist es, das Verständnis<br />

für die verschiedenen Zivilisationen und zwischen Ost und<br />

West zu fördern.<br />

Mögen diese Seiten helfen, die Schönheit aufzuzeigen,<br />

die im Herzen der Menschheit verborgen ist und inneren und<br />

äußeren Frieden zu schaffen, nach <strong>dem</strong> jede Seele sich sehnt.<br />

Dieses Buch widme ich meiner Frau Savitri. Ich danke Miss M.<br />

Skinner für ihre Mithilfe beim Schreiben dieses Buches.<br />

Musharaff Moulamia Khan, 1932<br />

Einführung in die zweite Auflage<br />

Die Worte und Begriffe „Indien, der Osten, Orient“<br />

haben in den meisten westlichen Sprachen eine romantischmystische<br />

Nebenbedeutung erhalten. Gedanken von zeitloser,<br />

altersloser Zivilisation werden ausgelöst, sobald jemand in<br />

einer Diskussion über Indien zu sprechen beginnt.<br />

Bei denjenigen, die nach spiritueller und kultureller<br />

Tiefe suchen, erweckt dieses Gebiet ein Konzept von einer Art<br />

Lagerhaus der Weisheit, der Heiligen und spirituell entwickelten<br />

Seelen. In der Tat existiert eine Art Mythos in diesem Gebiet, -<br />

ein Mythos, der in der heutigen Zeit 1970 jährlich rund 250000<br />

junge Männer und Frauen im Jahr anzieht, um zu Fuß oder<br />

auf andere Weise nach Indien zu reisen, um einen „Meister“<br />

zu finden oder erleuchtet zu werden. Etwa die gleiche Anzahl<br />

älterer Menschen reisen jedes Jahr per Flugzeug oder mittels<br />

anderer komfortabler Transportmittel an in der Hoffnung,<br />

schöne Tempel, ruhige Dörfer und freundliche mystisch<br />

veranlagte Menschen zu finden, sie auf ihren Kameras,<br />

Tonbandgeräten usw. einzufangen und nach ihrer Rückkehr<br />

Diashows zu veranstalten und aus erster Hand sachkundig über<br />

Indien zu sprechen.<br />

7


Dieses Buch wurde publiziert, um <strong>dem</strong> Leser einen<br />

Eindruck, einen zauberhaften Duft, einen verhohlenen Blick<br />

in ein Indien zu gewähren, das alle diese romantischen<br />

und spirituellen Dinge vermittelt. Eine Nation, die Heilige<br />

hervorbringt und Seelen erleuchten kann.<br />

Pir-o-Murshid Musharaff Khan diktierte den größeren<br />

Teil dieser Seiten etwa um 1932, und viele andere Teile in<br />

den 60 er Jahren. Er hat in diesem Buch etwas erreicht, was<br />

nur wenigen Schriftstellern je gelungen ist. Er hat uns ein<br />

Indien gezeigt, das jeder zu sehen wünscht. Jenes Land, das<br />

in einem Traum von Schönheit und Vollkommenheit existiert,<br />

ein Daseinsgrund für friedliche Menschen und einer stabilen<br />

Kultur. <strong>Der</strong> Autor zeigt uns keine grellen, teuren Farbdrucke,<br />

noch erzählt er uns sensationelle Geschichten. Dieses Buch<br />

besticht durch seine Einfachheit, seine Ernsthaftigkeit und<br />

Wahrhaftigkeit.<br />

Das Indien, das in unserem Bewusstsein und unseren<br />

Herzen lebendig wird, wenn wir diese Seiten lesen, ist das<br />

Land, das Konzept, welches in unserer Vorstellung geweckt<br />

wird, wenn dieses Gebiet in unser Bewusstsein kommt.<br />

Es ist jenes Land, für das die jungen Männer und Frauen<br />

hinausgehen, alles hinter sich lassend, um es zu finden. Es ist<br />

auch jener unbegrenzte, unschätzbare Hintergrund für tausende<br />

teurer Kameras und Filmstreifen.<br />

Jedoch für diejenigen, die in dieser Dekade dort waren<br />

und wenigstens teilweise aufrichtig sind, existiert dieses Indien<br />

nicht mehr, von <strong>dem</strong> auf diesen Seiten die Rede ist. Es ist ein<br />

Traum von einer nahen Vergangenheit, es ist ein Wunsch höchst<br />

menschlicher Wesen nach einer entfernten Zukunft und seine<br />

Realität flieht entlang des Ozeans kultureller Verdrängung und<br />

des Wandels.<br />

Wir können niemals dankbar genug sein für dieses<br />

unbezahlbare kleine Buch, denn in diesen Seiten können wir<br />

das finden, was keine Kamera einfangen kann und was durch<br />

kein Umherstreifen, um mit Sadhus oder Heiligen zu leben,<br />

erreicht werden kann.<br />

8


Die <strong>Sufi</strong>-Botschaft, die von Hazrat Inayat Khan, <strong>dem</strong><br />

ältesten Bruder des Autors, Musharaff Khan, in den Westen<br />

gebracht wurde, trägt in sich einige der Feinheiten und einige<br />

der leuchtenden Aspekte, mit denen diese Seiten uns innerlich<br />

inspirieren möchten.<br />

Ohne Zweifel wird für die <strong>Sufi</strong>s „<strong>Der</strong> <strong>Zauber</strong> <strong>Indiens</strong><br />

<strong>Aus</strong> <strong>dem</strong> <strong>Leben</strong> <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong>” von unschätzbarem Wert sein. Das<br />

Buch wird helfen, die <strong>Sufi</strong>-Mystik, die Weltsicht der <strong>Sufi</strong>s und<br />

die <strong>Sufi</strong>-Bewegung zu verstehen.<br />

Mögen die Leser durch diese Seiten eine Inspiration für<br />

ihr <strong>Leben</strong> finden.<br />

Pir-o-Murshid Fazal Inayat Khan, 1971<br />

Einführung in die erste Auflage<br />

Unser Interesse an Indien scheint gerade jetzt fast täglich<br />

zuzunehmen. Und mit der Zunahme wächst das Bedürfnis nach<br />

einem besseren Verständnis der wahren Herzen der indischen<br />

Menschen, denn von diesem Verständnis hängt die Zukunft<br />

unserer Beziehungen ab. Viele Bücher wurden über den Osten<br />

geschrieben. Einige sind absichtlich sensationell, andere sind<br />

Beschreibungen, andere behandeln die sozialen Bedingungen,<br />

und es gibt Bände, die Interpretationen der orientalischen<br />

Religion und Philosophie behandeln. Aber es gibt etwas, das<br />

selten übermittelt wurde: die natürliche Inspiration, die sich<br />

aus <strong>dem</strong> familiären und sozialen <strong>Leben</strong> <strong>Indiens</strong> entwickelt,<br />

wenn es in Resonanz mit hohen spirituellen Idealen gelebt wird<br />

und die Unschuld der Kindheit sowie das sensible Gemüt der<br />

Jugend beeinflusst. Dies ist es, was die Seiten von Musharaff<br />

Moulamia Khan für jeden so wertvoll macht, der mit Sympathie<br />

an diesem indischen Geschehen interessiert ist. Prinzen, Fakire,<br />

Mystiker, Musiker bewegen sich über die Szene. Wir erhaschen<br />

einen Schimmer von glänzenden Festumzügen und pittoresken<br />

Zeremonien. Aber der tiefste Eindruck und gleichzeitig der am<br />

9


meisten berührende ist eine Art Unberührbares, das mit einem<br />

Duft verglichen werden mag. Parfum. Vergleichbar einem<br />

Parfum, wie ein <strong>Sufi</strong>-Mystiker es beschrieben hat, als „von<br />

einer Verbindung mit der Rose“.<br />

Es ist sicherlich zu subtil, um alles herauszufinden:<br />

Denjenigen, die es herauszufinden vermögen, gewährt es die<br />

Einsicht in einen Aspekt indischen <strong>Leben</strong>s, den viele Seiten<br />

einer intellektuellen Analyse nicht so adäquat vermitteln<br />

können.<br />

E. A. Mitchell, Schriftsteller und Journalist, 1932<br />

Vorwort zur zweiten Auflage 1971<br />

Diese Auflage enthält neue Texte vorwiegend aufgezeichnet<br />

nach Murshid Musharaffs eigenen Worten.<br />

Am Ende des Buches unter <strong>dem</strong> Titel „<strong>Aus</strong> <strong>dem</strong><br />

Tagebuch <strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong>“ findet sich sein Artikel, der 1933<br />

publiziert wurde in „The <strong>Sufi</strong>“, einer halbjährlich erscheinenden<br />

Zeitschrift über Mystik.<br />

Im letzten Kapitel mit <strong>dem</strong> Titel „Eine indische<br />

Pilgerfahrt” geht es um seinen eigenen Bericht über die Reise<br />

nach Indien nach einer Abwesenheit von 25 Jahren (zuerst<br />

veröffentlicht in „The <strong>Sufi</strong>”, 1936).<br />

Es scheint, als ob die Welt niemals in größerer Notlage<br />

in ihrer Sehnsucht nach Reinheit und Schönheit war, wie sie in<br />

diesen Seiten ausgedrückt werden. In diesem Glauben möge<br />

dieses Buch sich jenen auftun, die für die Botschaft offen sind.<br />

Claire MacKail<br />

10


Ein etwas anderes Vorwort zur deutschen Übersetzung<br />

Erloschen ist das Licht,<br />

das mir den Weg erhellt.<br />

Begreifen kann ich’s nicht,<br />

so dunkel wurd‘ die Welt.<br />

Wie finde ich das Ziel,<br />

das du gewiesen hast? -<br />

Ein Strahl der Sonne fiel<br />

Hin auf die Blumenlast.<br />

Jetzt weiß ich, du bist hier,<br />

und es ist nie zu spät.<br />

Dein Licht lebt fort in mir,<br />

Dein Segen nicht vergeht.<br />

Karima (Dez. 1967)<br />

Die obigen Zeilen habe ich nach der Trauerfeier für<br />

Pir-o-Murshid Musharaff Khan geschrieben, der neun Jahre<br />

mein Murshid, mein geistiger Lehrer war. In dieser Zeit wurde<br />

er für mich zum Vater. Mein eigener Vater starb, als ich erst<br />

sechs Jahre alt war. Ich habe kaum Erinnerungen an ihn und<br />

habe später oft einen Vater vermisst. Aber dann trat Murshid<br />

in mein <strong>Leben</strong> und ihn konnte ich in allen Problemen und<br />

Entscheidungen um Rat fragen - vor meiner Heirat, vor unserer<br />

Umsiedlung in die Schweiz, vor unserem Hauskauf fast ohne<br />

Geld und vielen kleineren Ereignissen m<strong>eines</strong> <strong>Leben</strong>s. Ich<br />

bin ihm immer gefolgt, selbst als es mir einmal sehr schwer<br />

gefallen war vor einer Änderung m<strong>eines</strong> Berufs. Doch heute<br />

nach einigen Jahrzehnten bin ich ihm auch dafür dankbar. Eine<br />

Zustimmung von ihm wäre für mich später falsch gewesen.<br />

Lange habe ich mit <strong>dem</strong> Gedanken gespielt, sein<br />

zauberhaftes Buch „Pages in the Life of a <strong>Sufi</strong>“ zu übersetzen,<br />

11


das mich vom ersten Lesen an zutiefst berührt hatte. Aber die<br />

Zeit war noch nicht gekommen. Auf meinen vielen Indienreisen<br />

habe ich einiges vom heutigen Indien kennengelernt und<br />

musste erkennen, dass es mit Murshids Indien nicht mehr viel<br />

zu tun hat, obwohl sicher einiges im Verborgenen immer noch<br />

existiert. Die einzigartige Kultur, die tiefe Spiritualität <strong>Indiens</strong><br />

kann einfach nicht untergehen.<br />

Murshid Musharaff und seine Frau Shahzadi waren<br />

sehr oft bei uns zu Besuch. Ich habe für sie indische Gerichte<br />

gekocht und wir haben <strong>Sufi</strong>-Veranstaltungen organisiert.<br />

Ebenso oft waren wir bei ihnen in Den Haag zu Besuch, haben<br />

dort übernachtet und wunderbare Gespräche gehabt.<br />

Ich bin sehr glücklich, dass ich meine Dankbarkeit für<br />

alles, was er mir und meinem Mann geistig gegeben hat, mit<br />

dieser Übersetzung zeigen kann.<br />

Karima Sen Gupta, 2013<br />

12


Das <strong>Leben</strong> m<strong>eines</strong> Vaters, Rahmat Khan<br />

Mein Vater, Rahmat Khan, wuchs in einer reichen<br />

musikalischen Tradition heran und war wie sein Großvater<br />

Mashaikh Nyamat Khan und sein älterer Bruder, Mashaikh<br />

Jafar Khan, Musiker und wurde in eine teils asketische, teils<br />

höfische Karriere gedrängt. Er lernte seine Kunst zu Füssen<br />

<strong>eines</strong> großen Meistersängers, der vor allem für sein Wissen in<br />

jenem Zweig der alten heiligen Musik, die wir Dhrupad nennen,<br />

bekannt war. Dhrupad ist Musik aus der Schule, die in Indien<br />

existierte, bevor das Moghul-Reich entstand. Wie alle indische<br />

Musik wurde auch diese nie niedergeschrieben, obwohl sie<br />

über Generationen vom Meister zum Schüler weitergegeben<br />

und gelehrt worden war. In Indien lernen wir Musik in der<br />

Gegenwart des Meisters, wir hören ihm zu und ahmen ihn<br />

nach. Wir sagen, dies wird „von Seele zu Seele“ gelehrt.<br />

<strong>Der</strong> Meister m<strong>eines</strong> Vaters hieß Sayn Ilyas, und er war<br />

nicht nur ein Musiklehrer für meinen Vater, sondern auch sein<br />

geistiger Lehrer oder Murshid, weil Sayn Ilyas ein Mystiker<br />

und Heiliger war. Er hatte verschiedene Schüler und war<br />

ein Fakir, ein „König ohne Krone“, der sich immer auf die<br />

Vorsehung Gottes verließ. Er lebte von den Gaben, die ihm<br />

geschenkt wurden. Wenn er mehrere Tage gefastet hatte, ging<br />

einer seiner Schüler in die Stadt und trug dabei seinen Stab.<br />

Wenn sie den Stab des Sayn Ilyas sahen, schenkten die Händler<br />

sofort alles Notwendige.<br />

In <strong>dem</strong> früher fürstlichen Staat Kapurthala wird bis<br />

heute des heiligen Sayn Ilyas als <strong>eines</strong> großen <strong>Sufi</strong>s und<br />

Dhrupad-Sängers gedacht. ? *<br />

Manchmal besuchten die Könige dieses Landes, wie<br />

zum Beispiel der Maharaja von Kaschmir, diesen Murshid,<br />

brachten ihm Geschenke, Geld und Gold. All dies pflegte der<br />

Murshid sofort unter seinen Schülern zu verteilen und sagte<br />

ihnen, dass sie alles am gleichen Tage ausgeben sollten. Wenn<br />

*<br />

Anita Singh, Direktorin der Indischen Musikgesellschaft, New Delhi<br />

13


manchmal das Geschenk sehr groß war, verteilte es der Murshid<br />

unter den Einwohnern der Dörfer in der näheren Umgebung.<br />

Dies tat er, um seine Unabhängigkeit zu bewahren und zu<br />

zeigen, dass er nur seiner göttlichen Kunst, der Musik, diente<br />

und im Dienst Gottes lebte. Denn es ist die Unabhängigkeit, die<br />

den Künstler ausmacht und seine Kunst bewahrt.<br />

Seine Lieder waren sehr besonders und klassisch und<br />

wurden von den musikalischen Menschen, die dazu imstande<br />

waren, sehr geschätzt. Sowohl Hindus wie Muslime waren<br />

seine Schüler, und sie waren ihm alle sehr ergeben. Er lebte<br />

sein <strong>Leben</strong> als Asket, ein Mensch nicht von dieser Welt, er lebte<br />

in seiner göttlichen Musik. So lernte mein Vater von diesem<br />

Murshid und lehrte seinerseits uns, seine Söhne. Denn wir drei,<br />

seine Söhne, wurden ebenfalls Musiker.<br />

Mein Vater gehörte zu einer sogenannten Mashaikh-<br />

Familie, eine Bezeichnung, die wieder ganz unterschiedliche<br />

Bedeutungen haben kann, aber im Allgemeinen den mystischen<br />

und ritterlichen Widerstand gegen die religiöse Gesetzorthodoxie<br />

mit einschließt. Er war 1843 geboren und seine<br />

Familie lebte lange auf <strong>dem</strong> Land im nördlichen Punjab, in<br />

<strong>dem</strong> die Hauptorte Sialkot und Sambrial waren. <strong>Der</strong> Name<br />

m<strong>eines</strong> Großvaters war Mahashaikh Bahadur Khan. Er lebte<br />

sein <strong>Leben</strong> in der alten Kombination von <strong>Sufi</strong>-Mystik und<br />

Ritterlichkeit: meditativ, musikalisch und kämpferisch und war<br />

seinen Idealen treu.<br />

Mein Vater war schon von früher Kindheit an Waise.<br />

Als sein Vater starb, kam er unter die Obhut s<strong>eines</strong> ältesten<br />

Bruders Dschafar Khan, der 14 oder 15 Jahre älter war. Mein<br />

Vater erzählte eine Geschichte aus jener Zeit, als er unter der<br />

Obhut von Dschafar Khan war, die vielleicht etwas von der<br />

indischen Betrachtungsweise, <strong>dem</strong> Familienleben und der Zuneigung<br />

zueinander aufzeigen kann. Eines Tages, so ging<br />

die Geschichte, als Dschafar Khan nicht zu Hause war, kam<br />

der Junge zu spät zum Abendessen und deshalb war seine<br />

Schwägerin, meine Tante, ärgerlich über ihn. Mein Vater war<br />

14


von unabhängiger Natur und sehr feinfühlig und gefühlvoll.<br />

Er konnte das Missfallen, das seine Schwägerin zeigte,<br />

nicht ertragen. Er erwartete von ihr Zartheit, Rücksicht und<br />

Verständnis. Tatsächlich liebte sie ihn sehr, doch war er so<br />

empfindsam, dass er ihre Haltung nicht ertragen konnte. So<br />

sprang mein Vater, impulsiv wie ein Junge sein kann, auf und<br />

schwor, dass er von nieman<strong>dem</strong> mehr einen Gefallen annehmen<br />

würde und rannte aus <strong>dem</strong> Hause.<br />

Als der ältere Bruder zurückkam, sah er, dass der<br />

Junge schon seit einiger Zeit nicht mehr da war, und dass<br />

es keine Neuigkeiten von ihm gab. Mein Onkel hielt es mit<br />

dieser Unrast und Sorge nicht aus, doch es blieb ein Rätsel, wie<br />

der Junge gefunden werden könnte. Vielleicht war er in den<br />

Straßen einer der Städte verschwunden, die sich unweit von<br />

ihrem Haus auf <strong>dem</strong> Land befanden. Oder vielleicht war er<br />

sogar weiter fortgegangen und hatte das Land Punjab verlassen.<br />

Indien besteht, wie bekannt ist, aus vielen Ländern. Es war<br />

schwierig, sich ohne Hinweis vorstellen zu können, wohin ihn<br />

die rebellische und abenteuerlustige Natur der Jugend geführt<br />

haben mochte.<br />

In Indien gehen die Gläubigen oft zum Grab <strong>eines</strong><br />

Heiligen, um ihm ihre Gebete darzubringen, damit ihre<br />

gerechten Wünsche erfüllt werden. Es ist unser Brauch in<br />

schwierigen Augenblicken und hoffnungslosen Umständen<br />

dieser verwirrenden <strong>Leben</strong>spfade, so dass wir Inspiration und<br />

Trost empfangen können. So entschied mein Onkel, nach<strong>dem</strong><br />

er die ersten Tage mit der Suche verbracht hatte, das Grab<br />

<strong>eines</strong> <strong>Sufi</strong>-Heiligen zu besuchen, und dort für den Knaben,<br />

seinen Bruder, zu beten. Zuvor arrangierte er alles für das<br />

Wohlergehen seiner Frau und seiner Kinder. Dann brach er auf<br />

zum Grabmal des Heiligen und saß tage- und nächtelang am<br />

heiligen Ort, fastete und ging auf in den Gebeten im Gedanken<br />

an die Sicherheit s<strong>eines</strong> Bruders, und kümmerte sich zu jener<br />

Zeit um nichts anderes.<br />

<strong>Der</strong> jüngere Bruder begann zur gleichen Zeit, sich<br />

unruhig zu fühlen, wie wenn etwas Stärkeres als er selbst ihn<br />

15


fortzuziehen begann. Schließlich brach er auf, um zum Haus<br />

s<strong>eines</strong> Bruders zurückzukehren, wie gegen seinen eigenen<br />

Willen und seine Gefühle. Als er völlig übermüdet wieder<br />

zu Hause ankam, weil er wirklich von weit her gekommen<br />

war, war seine erste Frage: „Wo ist mein Bruder?“ <strong>Der</strong> kleine<br />

Sohn m<strong>eines</strong> Onkels, Meher Bakhshe, der später der Ehemann<br />

meiner Schwester wurde, freute sich, den Knaben zurückkehren<br />

zu sehen und rief aus: „Mein Vater war am Grab des Heiligen,<br />

seit Du weggingst. Ich werde hinlaufen und es ihm sagen.“<br />

Dieses Kind war so glücklich, die gute Nachricht<br />

seinem Vater zu bringen und rannte die ganze Strecke zum<br />

Grab des Heiligen, obwohl es gute sieben Kilometer bis dahin<br />

waren. Dort fand es seinen Vater, der in Gebet und Meditation<br />

saß. „Er ist zurückgekehrt“, rief das Kind aus. Dschafar Khan<br />

erhob sich von seinen Gebeten, sprang auf seine Füße und<br />

rannte sofort los, um seinen Bruder willkommen zu heißen. Er<br />

überholte seinen Sohn und ließ ihn auf der Straße zurück, als er<br />

in seiner großen Freude nach Hause rannte, seinen Bruder zu<br />

sehen. Als er ihn dann erblickte, fiel er ohnmächtig hin, weil<br />

er viele Tage lang gefastet hatte. Sein inneres Gelübde, seinen<br />

Bruder zu finden, hatten den Heiligen und die kosmische Welt<br />

angesprochen, um es Wirklichkeit werden zu lassen. So wurde<br />

ihm der Wunsch, seinen Bruder wiederzuhaben, erfüllt. Daraus<br />

können wir erkennen, dass hinter uns allen ein <strong>Leben</strong>, ein Geist,<br />

ein Strom steht. So erfüllte sich alles harmonisch, um den<br />

Wunsch des älteren Bruders zu erfüllen, der fastete und betete.<br />

Daraus können wir auch erkennen, was die geistige Kraft und<br />

die Stärke der Liebe tun können: sie können Wunder auf dieser<br />

irdischen Ebene bewirken. Die Liebe ist in sich selbst beides,<br />

die Kraft und das Wunder.<br />

Obwohl der Murshid, von <strong>dem</strong> mein Vater lernte,<br />

ein Fakir war, wurde mein Vater selbst keiner. Nach<strong>dem</strong> er<br />

in seiner Kunst fortgeschritten war, wurde er ein Ustad oder<br />

professioneller Lehrer. Sobald er von seinem Murshid genug<br />

gelernt hatte, begann er eine Tournee, wie dies unser Brauch<br />

ist, ähnlich <strong>dem</strong> der damaligen Troubadoure und der heutigen<br />

16


Konzertsänger im Westen, um in den Städten, durch die er<br />

reiste, zu spielen und zu singen.<br />

In den alten Zeiten war es in Indien Brauch, dass die<br />

Eltern, wenn sie mit einer anderen Familie befreundet waren,<br />

oft Wünsche hatten in Bezug auf die Heirat ihrer Kinder. Sie<br />

sprachen manchmal sogar davon, bevor ihr Kind überhaupt<br />

geboren war. Wenn nun in einer Familie ein Sohn war und in<br />

der anderen eine Tochter, begannen beide Familien darüber zu<br />

sprechen, dass ihre Kinder heiraten sollten. So hatte die Mutter<br />

m<strong>eines</strong> Vaters mit den Eltern einer Familie gesprochen, die eine<br />

Tochter hatten, und sie sagte ihnen, dass ihre Tochter ihren Sohn<br />

heiraten solle. Doch Rahmat Khan war in seiner frühen Jugend<br />

sehr vom Reisen angetan und hatte nicht die Absicht, so früh zu<br />

heiraten. Er verließ das Land für viele Jahre, und es ergab sich,<br />

dass er sich weit von seinem Geburtsort entfernt niederließ.<br />

Doch da die Eltern der Familien miteinander gesprochen hatten,<br />

was er nicht sehr ernst genommen hatte, nahm jedoch das<br />

Mädchen, das von seinen Eltern über ihre zukünftige Heirat mit<br />

Rahmat Khan gehört hatte, ihr Ideal das ganze <strong>Leben</strong> lang ernst<br />

und heiratete niemanden. Sie sagte, dass wenn ihr Name einmal<br />

in Verbindung mit ihm ausgesprochen worden war, dies<br />

für ihr ganzes <strong>Leben</strong> gelten würde, und sie daher keine neue<br />

Verbindung wolle. Dies war ihr Ideal und dies hielt sie aufrecht<br />

bis zu ihrem Tode. Als sie hörte, dass Rahmat Khan verheiratet<br />

war, ergab sie sich in den Willen Gottes.<br />

Dies ist etwas sehr seltenes, etwas Heiliges, auch<br />

bekannt als Rajputen-Ideal. Als man meinem Vater davon<br />

erzählte, war er sehr unglücklich und traurig darüber. Sie lebte<br />

im Gottesideal und war damit bis zu ihrem Ende glücklich<br />

– sie war eine heilige Seele. Die Jungen hatten immer volles<br />

Vertrauen in die Führung ihrer Eltern und Älteren für ihr<br />

zukünftiges Glück.<br />

Für seine Mutter war die Trennung von ihrem Sohn<br />

sehr leidvoll und ihre Liebe zu diesem Kind und die Trennung<br />

machten sie fast blind vom Weinen. Sie hatte keinen <strong>Leben</strong>swillen<br />

mehr. Jedes Mal, wenn sie sich ihrer bewusst wurde, rief<br />

17


sie nach ihrem Sohn Rahmat Khan. Schließlich verließ sie ihr<br />

irdisches <strong>Leben</strong>, und er sah sie nicht wieder. Er war der Jüngste,<br />

und in seiner Jugend nahm er ihre Liebe und ihre Agonie nicht<br />

wahr. Er dachte, er könne dann später zurückkommen, wenn er<br />

seinen eigenen Weg gemacht hatte. Er verstand damals nicht,<br />

dass ihre Liebe für ihren Jüngsten so groß war, weil sie bei<br />

ihrem ältesten Sohn, Dschafar Khan, lebte. Später verstand<br />

mein Vater all dies und oft weinte er im Gedanken an seine<br />

Mutter. Besonders als er seinen Sohn Karamat Khan verlor,<br />

kam ihm oft der Gedanke an seine Mutter und brachte ihn zum<br />

Weinen, und er sagte dann, dass es unerträglich sei, daran zu<br />

denken, wie er seiner Mutter Leid zugefügt hatte.<br />

Als er dann wegen seiner Tournee aufbrach und nach<br />

Ajmer kam, dachte er, dass er die Stadt nicht verlassen könne,<br />

ohne das Grabmal von Moinuddin Chishti zu besuchen, einem<br />

großen <strong>Sufi</strong> und Begründer jener Schule des <strong>Sufi</strong>-Denkens, das<br />

Chishti genannt wird und von der mein Bruder, Hazrat Inayat<br />

Khan, sein Ijazat (Diplom) bekam. Dazu fragte sich mein Vater,<br />

damals noch ein junger Mann, in welche Richtung er seine<br />

Schritte lenken sollte, und wohin in Indien er wohl auf seiner<br />

Tournee gehen solle.<br />

Als er neben <strong>dem</strong> Sarg des <strong>Sufi</strong>-Heiligen stand und seine<br />

Ehrerbietung zeigte, erfüllte ihn der Wunsch, vom Heiligen ein<br />

Zeichen zu erhalten. Als er länger dort stand, ehrfürchtig und<br />

erwartungsvoll, fühlte er sich plötzlich etwas benommen, wie<br />

wenn seine Körpersinne etwas dumpf geworden seien. Für<br />

einen Augenblick war alles wie ausgelöscht vor ihm. Dann<br />

schien er die Form des Heiligen zu erkennen, die aus <strong>dem</strong><br />

Boden neben ihm emporstieg, sein Gesicht war mit Blumen<br />

verschleiert.<br />

<strong>Der</strong> Heilige schien sich in eine sitzende Position zu<br />

rücken, hob mit beiden Händen den Schleier aus Blumen und<br />

zeigte sein Gesicht meinem Vater. Es schien meinem Vater auch,<br />

dass bevor die Vision vorbei war, der Heilige eine Geste in eine<br />

bestimmte Richtung machte, und als er dieser folgte, brachte<br />

es ihn nach Baroda. So kam es, dass mein Vater, ein Mann aus<br />

18


<strong>dem</strong> Punjab, das erste Mal nach Baroda kam, wo er später seine<br />

Frauen fand, Moula Bakhsh’s ältere und mittlere Tochter, und<br />

wo seine Kinder geboren wurden und aufwuchsen.<br />

Als mein Vater das erste Mal nach Baroda kam, hatte<br />

er nicht die Absicht, dort zu bleiben. Er traf jemanden, der ihn<br />

beriet und zum Hause des Vaters meiner Mutter, Moula Bakhsh,<br />

brachte, der zu jener Zeit der Musiklehrer des Maharaja<br />

Gaikwar war, die Hauptfigur in der musikalischen Welt jener<br />

Zeit.<br />

Seine Zeitgenossen nannten Moula Bakhsh den<br />

‘morning star’ – den Morgenstern, weil sie glaubten, dass er die<br />

Musik <strong>Indiens</strong> wieder zu ihrer vollen Identität führen würde.<br />

Das erste, was Moula Bakhsh anzog, war die Persönlichkeit<br />

m<strong>eines</strong> Vaters. Erst später entdeckte er in ihm einen der feinsten<br />

Interpreten jener Zeit in der Musik, die Dhrupad genannt wird.<br />

Im Haus von Moula Bakhsh in Baroda wurden ‘Darbars’<br />

gehalten, Treffen der Gelehrten <strong>Indiens</strong>, Dichter, Philosophen,<br />

Musiker, Denker aller Richtungen. Ohne die Empfehlung von<br />

Moula Bakhsh und seiner Familie würde der Maharaja keinem<br />

Musiker erlauben, an seinem Hof zu spielen. Bei einer dieser<br />

Gelegenheiten spielte und sang mein Vater und verdiente sich<br />

damit viel Lob. Nach diesem ersten Erfolg brachte Moula<br />

Bakhsh meinen Vater zum Hof des Maharaja Gaikwar.<br />

Nach<strong>dem</strong> dieser seine Musik gehört hatte, fragte er ihn mit aller<br />

Höflichkeit und Wertschätzung, mit der er die Liebe s<strong>eines</strong><br />

Volkes gewonnen hatte, ob sich mein Vater freuen würde, zum<br />

Hof zu gehören?<br />

Dies festigte die Stellung m<strong>eines</strong> Vaters in Baroda.<br />

Er blieb immer ein ruhiger und zurückhaltender Mann, aber<br />

jemand, der leicht und schnell Freunde gewann.<br />

Als Sänger wurde er vor allem bewundert für<br />

sein ‘Singen auf der Note’, wie wir es nennen – d.h. seine<br />

außergewöhnliche Reinheit des Tons. Wegen s<strong>eines</strong> feinen musikalischen<br />

Ohrs war es sehr schwer für ihn, Noten zu ertragen,<br />

die nicht rein waren. In seinem Unterricht war er oft sehr streng<br />

mit seinen Schülern, auch mit seinen Kindern. Wenn sie einen<br />

19


Fehler machten, wurde er sehr heftig, so wie einige italienische<br />

Maestros in früheren Zeiten.<br />

Er sagte jeweils: „Ich habe die Musik gelernt durch<br />

Geduld, Gehorsam, Liebe und Respekt, und dadurch, dass ich<br />

selbstlos wurde. Auf diese Weise wurde ich im musikalischen<br />

Wissen von Dhrupad, <strong>dem</strong> alten Stil inspiriert. Ich habe gelernt,<br />

in<strong>dem</strong> ich meinem Lehrer gedient habe. Es nahm einen großen<br />

Teil m<strong>eines</strong> <strong>Leben</strong>s in aller Demut und Selbstverleugnung in<br />

Anspruch“. So wünschte er, dass wenn die Kinder von ihm<br />

lernen wollten, sie mit der gleichen Haltung zu ihm kommen<br />

sollten, um das gleiche Wissen zu erlangen. Er sagte jeweils:<br />

„Es ist nicht mein Ziel, euch auf die einfache Art vorzubereiten<br />

und euch all dies zu geben, weil ihr meine Kinder seid. Das ist<br />

nicht möglich.“<br />

Als Freund war mein Vater zuverlässig und ein Friedensstifter.<br />

Wegen seiner Wahrheitsliebe hatten seine Freunde hohen<br />

Respekt vor ihm und ein Gefühl von verlässlicher Freundschaft<br />

und Vertrauen. Sogar die Bankiers hatten so großes Vertrauen<br />

in ihn, dass wenn unter seinen Freunden und Musikern jemand<br />

Geld ausleihen wollte, die Bankiers Rahmat Khan als Bürgen<br />

akzeptierten. <strong>Der</strong> Bankier Bandhara Pershotam Bapu sagte<br />

jeweils: „Wenn Rahmat Khan einverstanden ist, werde ich Dir<br />

das Geld geben“. Sein Wort war so wertvoll, dass die Bankiers<br />

keine schriftlichen Verträge wollten, lediglich das Wort von<br />

Rahmat Khan. Da er ein freundliches Herz hatte, half er<br />

seinen Freunden oft, doch gelegentlich musste er auch wegen<br />

seiner Freundlichkeit die Schulden <strong>eines</strong> Freundes von seinem<br />

eigenen Salär an den Bankier zurückbezahlen.<br />

Mein Vater wurde zum Friedensrichter ernannt in der<br />

Gemeinschaft der Musiker. Oft schlichtete er <strong>Aus</strong>einandersetzungen<br />

unter den Musikern und Sängern. Nicht einmal<br />

als junger Mann und Neuling in Baroda konnte ihn die oberflächlichere<br />

Seite des <strong>Leben</strong>s verführen, die eine Versuchung<br />

aller Künstler zu allen Zeiten und in allen Ländern ist. <strong>Der</strong> Hof<br />

war zu jener Zeit berühmt für seine Brillanz, für die Schönheit<br />

seiner Tänzerinnen, für die Aufführungen, Feste und den Glanz,<br />

20


der da herrschte. Es war jene ernsthafte Seite und Festigkeit<br />

im Charakter m<strong>eines</strong> Vaters, sogar mehr als sein Erfolg als<br />

Künstler, die Moula Bakhsh veranlassten, ihn zu bitten, in<br />

seinem Haus zu leben und ihn später als seinen Schwiegersohn<br />

zu akzeptieren.<br />

<strong>Aus</strong> der Ehe mit der ersten Tochter von Moula<br />

Bakhsh, Fatimabibi entstammte eine Tochter, Jennahbibi.<br />

Nach einigen Jahren starb Fatimabibi, und Rahmat Khan<br />

war sehr verzweifelt und wollte Baroda verlassen, um in<br />

sein Heimatland zurückzukehren. Aber mein Großvater war<br />

seinem noblen Charakter so zugetan, dass er nicht wünschte,<br />

von ihm getrennt zu sein. So arrangierte er die Heirat mit<br />

seiner zweiten Tochter, ihr Name war Khatidjabibi. Sie hatten<br />

vier Söhne, der älteste war Inayat Khan, der zweite Maheboob<br />

Khan und der dritte hieß Karamat Khan, sein Kosename war<br />

Papumiyan, der vierte Sohn war Musharaff Khan. Leider<br />

starb der dritte Sohn, als er etwa acht Jahre alt war, und später<br />

starb auch unsere Mutter, weil sie den Verlust ihres Sohnes<br />

nicht ertragen konnte. Karamat Khan war ein sehr mutiger<br />

und brillanter Junge. Er kannte keine Angst und ritt sogar auf<br />

<strong>dem</strong> Rücken <strong>eines</strong> Schwanes. Diese von Natur aus wilden<br />

Tiere ertrugen dies ohne Protest.<br />

Als Ustad lebte mein Vater ein <strong>Leben</strong> der Praxis in der<br />

Welt, jedoch immer mit Achtung und Respekt für die Religion.<br />

Er war immer bereit, Fakiren und Madzubs Gastfreundschaft<br />

zu erweisen. Er lud sie als heilige Männer in sein Haus ein,<br />

und tat alles für sie, was er konnte. Er lehrte uns, seine Kinder,<br />

großen Respekt vor ihnen zu haben und zu erkennen, welche<br />

Entwicklungen in einem Menschen möglich waren. Ein<br />

Madzub ist eine Seele, die sich über dieses irdische <strong>Leben</strong><br />

erhebt und in Einheit mit Gott lebt. Ein Madzub kann das<br />

Bewusstsein der weltlichen Menschen täuschen, sie denken, er<br />

sei geisteskrank. Ein Madzub wird selten einen Segen erteilen,<br />

doch mein Vater spürte, dass ihre Gegenwart ein Segen ist, und<br />

so brachte er uns zu ihnen, wenn sie in unser Haus kamen zum<br />

<strong>Aus</strong>ruhen und Essen.<br />

21


Er lehrte uns, sie zu beobachten, doch sie weder nachzuahmen<br />

noch ihnen zu folgen, sondern eine <strong>Aus</strong>geglichenheit<br />

im <strong>Leben</strong> zu bewahren und in nichts extrem zu sein.<br />

Es war sein höchster Wunsch, uns Kinder so aufzuziehen,<br />

dass wir ein glückliches und normales <strong>Leben</strong> haben<br />

sollten. Als er entdeckte, dass mein ältester Bruder als Knabe<br />

Gedichte geschrieben hatte, zerstörte er sie aus diesem Grund. Er<br />

wollte nicht, dass mein Bruder ein Dichter werde. Dichtung und<br />

Mystik erschienen ihm als Wege zu Tragödie und Sorge, die von<br />

einem aktiven, glücklichen und normalen <strong>Leben</strong> wegführten.<br />

Er hatte eine liberale Gesinnung. Zum Beispiel stellte<br />

er keine Regeln für uns auf in Bezug auf die Heirat. Er war<br />

ohne Vorurteil gegenüber Kasten und Ethnien, darin zeigte er<br />

seine <strong>Sufi</strong>-Überzeugung. Diese Haltung brachte meinem Vater<br />

hohen Respekt ein in den Augen unseres Großvaters, ebenso<br />

wie in unserer Familie. Auf diese Weise wurde unser Vater bis<br />

zum Ende s<strong>eines</strong> <strong>Leben</strong>s hoch geachtet.<br />

22


Anfragen für Informationen über die von Hazrat Inayat Khan gegründete<br />

Internationale <strong>Sufi</strong>-Bewegung und Internationaler <strong>Sufi</strong>-Orden können an<br />

folgende Adressen geschickt werden:<br />

<strong>Sufi</strong> Orden Deutschland e.V.<br />

www.sufiorden.de<br />

<strong>Sufi</strong> Orden Österreich<br />

www.sufiorden.at<br />

<strong>Sufi</strong> Orden Schweiz<br />

www.sufismus.ch<br />

<strong>Sufi</strong>-Bewegung Deutschland<br />

www.sufibewegung.de<br />

The General Secretariat of the <strong>Sufi</strong> Movement<br />

International <strong>Sufi</strong> Movement<br />

Geschäftsstelle: ihq@sufimovement.org<br />

www.sufimovement.org<br />

Tänze des Universellen Friedens<br />

www.friedenstaenze.de<br />

27<br />

Verlag Heilbronn<br />

Postfach 2162, D-71370 Weinstadt<br />

www.verlag-heilbronn.de ● info@verlag-heilbronn.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!