Altes und Neues - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Altes und Neues - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Altes und Neues - SPD-Landesverband Sachsen-Anhalt
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Dr. Rüdiger Fikentscher<br />
Der Bericht von Herrmann Schwarz (1914-1998) über die <strong>SPD</strong> in Halle 1945/46<br />
Als ich im Februar 1997 unser Ortsvereinsmitglied Hermann Schwarz zu Hause<br />
besuchte, ging es ihm nicht mehr gut. Zugleich war er voller Unruhe <strong>und</strong> verspürte<br />
noch immer das dringende Bedürfnis aus der Geschichte unserer Partei so viel wie<br />
möglich festzuhalten <strong>und</strong> zu überliefern. Er wollte berichten, schreiben, erzählen <strong>und</strong><br />
hatte noch ein Jahr zuvor einen großen Plan dazu: Nämlich gemeinsam mit anderen<br />
älteren Genossen in der Universitätsbibliothek die halleschen Zeitungen nach dem<br />
Ersten Weltkrieg durchzusehen, um Kopien von all den Berichten anzufertigen, die es<br />
über die damalige <strong>SPD</strong> gegeben hat. <strong>Landesverband</strong> <strong>und</strong> Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
bemühten sich zu helfen. Leider ist aus dem Vorhaben dann nichts geworden. Doch<br />
einen großen Bericht hatte er bereits fertiggestellt, <strong>und</strong> zwar über seine Erinnerungen<br />
an die Jahre 1945 <strong>und</strong> 1946, die im Folgenden geringfügig gekürzt <strong>und</strong> leicht<br />
überarbeitet wiedergegeben <strong>und</strong> damit erhalten bleiben sollen.<br />
Doch zunächst kurz zu seiner Person, sofern dies nicht aus seinem eigenen<br />
nachfolgenden Text hervorgeht. Geboren wurde Hermann Schwarz am 27.10.1914 in<br />
Halle an der Saale.er besuchte dort die Realschule <strong>und</strong> absolvierte eine Lehre als<br />
Autoschlosser. Diesen Beruf übte er anschließend bei verschiedenen Firmen in Halle<br />
<strong>und</strong> Leipzig aus. Von 1935 bis 1945 diente er in der Wehrmacht <strong>und</strong> konnte nach kurzer<br />
amerikanischer Kriegsgefangenschaft wieder in seinem Beruf arbeiten, <strong>und</strong> zwar als<br />
Autoschlosser bei der Reichsbahn.<br />
1949 wechselte er zur Schweißtechnischen Versuchs- <strong>und</strong> Lehranstalt Halle (SLF), dem<br />
späteren berühmten Zentralinstitut für Schweißtechnik (ZIS). Er nahm dann ein<br />
Ingenieurfernstudium auf, nach dessen Beendigung er Abteilungsleiter wurde <strong>und</strong> den<br />
Kunststoffbereich des Instituts aufbaute, wo er bis zum Eintritt ins Rentenalter 1979<br />
tätig war.<br />
Fast zwei Jahrzehnte später, am 19.10.1998 starb Hermann Schwarz, nachdem er die<br />
letzte Zeit seines Lebens in einem Heim der Arbeiterwohlfahrt verbracht hatte. Dieser,<br />
seit Gründungszeiten in den zwanziger Jahren der Sozialdemokratie auf die engste<br />
verb<strong>und</strong>ene Organisation stand er außerordentlich nahe <strong>und</strong> hat sich um ihren<br />
Wiederaufbau ab 1990 intensiv gekümmert. Seine Verdienste darum wurden durch die<br />
Ernennung zum Ehrenvorsitzenden der Arbeiterwohlfahrt in Halle gewürdigt.<br />
Aber auch der <strong>SPD</strong> ist er von Jugend an in gleicher Weise verb<strong>und</strong>en gewesen. Beide<br />
Elternteile waren Genossen. Er selbst war bis 1933 Mitglied der <strong>SPD</strong>-<br />
Jugendorganisation <strong>und</strong> schloss sich noch im Herbst 1989 unverzüglich wieder der<br />
Sozialdemokratie an, als einer der wenigen, wenn nicht der Einzige in unserem Umfeld,<br />
der aus der alten Zeit stammend beim Wiederaufbau unserer Partei helfen konnte <strong>und</strong><br />
dies auch tatkräftig mit einen Vorschlägen <strong>und</strong> persönlichem Engagement getan hat.<br />
Er war ein alter Mann, dem man nicht nur zuhörte, sondern der auch noch so manches<br />
durchsetzen konnte. Doch hören wir ihn nun selbst als Zeugen aus einer Zeit, in der die<br />
Sozialdemokratie in Halle <strong>und</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> für mehr als vier Jahrzehnte<br />
untergegangen war:<br />
„Die <strong>SPD</strong> in Halle/Saale 1945/46“<br />
Am Kriegsende hatte ich großes Glück. Ich wurde nämlich schon nach 18 Tagen aus<br />
amerikanischer Kriegsgefangenschaft im Raum Zwickau entlassen. Von dort bis zu<br />
meinem Elternaus in Halle-Trotha brauchte ich drei Tage <strong>und</strong> drei Nächte <strong>und</strong> bin die<br />
Seite | 4