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AUF DER STRASSE GEWINNT ER<br />
JEDES SPORTFAHRERHERZ.<br />
DER DUNLOP SP SPORT MAXX. DER DTM-SIEGERREIFEN.<br />
Ein absolut neuer Reifen mit innovativer MRT<br />
Technologie aus der DTM: der <strong>Dunlop</strong> SP Sport<br />
Maxx. Für das Tuning mit Ultra HighPerformance<br />
Reifen bietet er mehr Fahrbahnkontakt. Maxximalen Grip für maxximales<br />
Fahrvergnügen. In jeder Art von Kurve. Mit den anspruchsvollsten Autos.<br />
Jederzeit. Mehr unter www.dunlop.de
Vorwort des Autors<br />
<strong>Pure</strong> <strong>Nostal</strong>gie<br />
Ob Heyer oder Herrmann, Glemser<br />
oder Greger, Kauhsen oder Kelleners,<br />
Pianta oder Pietsch – die<br />
meisten der 234 in diesem Booklet verewigten<br />
ehemaligen Rennfahrer waren<br />
Helden ihrer Zeit. Geliebt von ihren<br />
Fans, erlebten sie jene Rennjahre, in<br />
denen Sicherheit klein und Mut gross<br />
geschrieben wurden. Da donnerte man<br />
im 1200-PS-Monster um die Nordschleife,<br />
trieb Formel-2-Boliden an Bäumen<br />
vorbei den Berg hinauf oder driftete mit<br />
abenteuerlichen Formel-V-Konstruktionen<br />
durch die Gegend. Es war eine<br />
wilde, gefährliche und doch<br />
unbeschwerte Zeit, in der<br />
noch herzhaft gelacht und<br />
rumgeblödelt wurde.<br />
Kein Wunder, dass ich<br />
oft gefragt werde, was<br />
aus den PS-Grössen jener<br />
Zeit geworden ist. Antworten<br />
wusste meist keiner.<br />
Aus dieser Ratlosigkeit<br />
heraus entstand Ende<br />
1999 die Idee, eine Serie<br />
über die Befindlichkeit<br />
unserer einstigen Rennhelden,<br />
Manager und Macher<br />
in einem Printmedium<br />
zu platzieren. Mit kurzen, knappen Texten<br />
und Fotos von damals und heute.<br />
Zeitspanne: ab den 60ern aufwärts.<br />
Bei den Kollegen der Redaktion von<br />
MOTORSPORT aktuell bin ich auf<br />
Anhieb auf viel Begeisterung gestossen<br />
– und schon war «Hallo, wie<br />
geht’s?» geboren. Seit Januar 2000 sind<br />
234 Folgen erschienen, in den beiden<br />
ersten Jahren begleitet von Bilstein,<br />
danach bis heute von Partner und Präsenter<br />
<strong>Dunlop</strong>. Der Hanauer Reifenhersteller<br />
passt mit seiner über 100-jährigen<br />
Motorsporttradition bestens zu<br />
unseren Serienhelden, von denen viele<br />
ihre Siege und Titel auf <strong>Dunlop</strong>s schwarzem<br />
Gold erzielt haben. Seit letztem<br />
Jahr können alle «Hwg»-Folgen auch im<br />
Internet (www.dunlop.de) abgerufen<br />
3<br />
und heruntergeladen werden. <strong>Dunlop</strong><br />
und MSa präsentieren überdies auch die<br />
vorliegende 6. Auflage des beliebten<br />
Sonderdrucks mit allen Einzelbeiträgen.<br />
Trotz zeitraubender Kleinarbeit<br />
beim Recherchieren der Wohnorte<br />
und Telefonnummern sowie der<br />
Beschaffung alter und neuer Fotos ist<br />
der Spassfaktor für mich als Autor unverändert<br />
gross. Wenn man die meisten<br />
Karrieren derer selbst miterlebt hat, die<br />
man jetzt ausfragt, ist allein das Gespräch<br />
ein Erlebnis. So wird jede neue<br />
Folge zu einem Wiederhören oder<br />
Wiedersehen mit alten Weggefährten.<br />
Der Rennsport hat mit<br />
und von diesen Namen verdammt<br />
gut gelebt. Daher haben<br />
sie es nicht verdient, in<br />
Vergessenheit zu geraten.<br />
So ist diese Serie für<br />
mich auch zu einer<br />
Art Verpflichtung<br />
geworden, die Erinnerung<br />
an jene wach zu halten,<br />
die uns seinerzeit so viel<br />
Freude auf und neben der<br />
Piste bereitet haben.<br />
Zusammen mit unseren<br />
Partnern <strong>Dunlop</strong>, MSa,<br />
Wige Media AG und der Messe Essen<br />
wurde deshalb auch das jährliche «Klassentreffen»<br />
initiiert, zu dem alle vorgestellten<br />
Ex-PS-Fürsten am zweiten<br />
Samstag der Motorshow nun schon zum<br />
sechsten Mal nach Essen kommen. Der<br />
Zuspruch ist ernorm, die Wiedersehensfreude<br />
gross. Vor allem bei denen,<br />
die sich 30 Jahre und länger aus den<br />
Augen verloren hatten. Allgemeiner<br />
Tenor: «Eine wunderbare Gelegenheit,<br />
wenigstens einmal im Jahr alte Freunde<br />
und Gegner zu treffen.» Schlimm genug,<br />
dass uns jedes Jahr ein paar alte Weggefährten<br />
für immer verlassen.<br />
Allen Fans und Freunden von<br />
«Hallo, wie geht’s?» wünsche ich<br />
mit der vorliegenden 6. Auflage<br />
des <strong>Nostal</strong>gie-Booklets viel Spass.<br />
RAINER BRAUN
MSa-Jahrgang 2005<br />
Döring, Helmut: Der Capri-Zwilling 225<br />
Esser, Heidi: Ein Stück vom Ring 226<br />
Grab, Bernhard: Treuer Ford-Mann 227<br />
Hamelmann, Jürgen: Der stille Sieger 228<br />
Hennige, Peter: Hessen-Meister 229<br />
Hess, Eberhard: Der Talentförderer 230<br />
Kreutzpointner, Fritz: Der Elektro-Fritz232<br />
Linder, Ludwig: Allgäuer Stratege 233<br />
Melcher, Erhard: Das M von AMG 234<br />
Peter, Peter: Der «Fäustling» 235<br />
Pietsch, Paul: Der Herr der Hefte 236<br />
Pohlmann, Jürgen: Der Zakspeed-Fan 237<br />
Rensing, Otto: Karriere mit Knick 238<br />
Schäffer, Valentin: Turbo-Valentin 239<br />
Schewe, Heinz-W.: Gevatter Hibbelich 240<br />
Schmitz, Sabine: Die Ring-Königin 241<br />
Schübel, Horst: Der Ehrgeizling 242<br />
Selzer, Dieter: Escort-Schreck 243<br />
Smolej, Walter: Ein Glaserl zuviel 244<br />
Warthofer, Günther: Johnny be good 245<br />
Weick, Hans-Jörg: DTM-Frontmann 246<br />
Weiland, Richard: Vatikans-Juwelier 247<br />
Weiss, Karl-Ludwig: Der Abarth-Pfälzer248<br />
Wolf, Wolfgang: Schneller Gärtner 249
Döring, Helmut (MSa 19/2005)<br />
Der Capri-Zwilling<br />
elmut Döring hatte in den grossen Jah-<br />
Hren des Gruppe-1-Capri zumindest auf<br />
der Rennpiste eine Art «Zwillingsbruder»,<br />
der ihm stets wie ein Schatten folgte. Zusammen<br />
mit Teamkollege Dieter Gartmann<br />
boten die beiden Eichberg-Piloten im Ford<br />
Capri 3.0 S Tourenwagensport der Extraklasse.<br />
Wo immer die nahezu unbezwingbaren<br />
Capri-Zwillinge im «Gilden Kölsch»-<br />
Outfit auftraten, hatten die Gegner meist<br />
das Nachsehen. «Wir sind miteinander und<br />
gleichzeitig gegeneinander gefahren», erinnert<br />
sich der Westerwälder, «und dabei<br />
ging es sogar auch noch fair zu.» Fast 20<br />
Jahre dauerte die Karriere des Sägewerk-<br />
Besitzers aus Wirges bei Montabaur, bevor<br />
1989 aus Altersgründen Schluss war. «Mit<br />
49 wird’s schon zäh, ausserdem sind die<br />
Kosten davongaloppiert.»<br />
Vor allem mit ihren wilden Escort- und<br />
Capri-Ritten haben die beiden die Ära des<br />
Serien-Tourenwagensports geprägt. Als<br />
seinen wichtigsten Erfolg sieht Döring den<br />
Gesamtsieg bei den 24 Stunden am Ring<br />
1981, den er im unverwüstlichen Capri 3.0<br />
S gemeinsam mit Gartmann und Fritz Müller<br />
errang. Am gleichen Ort erlebte er ein<br />
Jahr zuvor auch die grösste Enttäuschung,<br />
als der Capri des Trios Döring/Ludwig/<br />
Niedzwiedz bei Halbzeit mit sieben Minuten<br />
Vorsprung durch Radverlust ausfiel.<br />
Wilder Capri-Treter: Döring 1980 Braver Autofahrer: Döring 2005<br />
Die Capri-Zwillinge: Gartmann und Döring (l.) 1983 auf dem Norisring<br />
225<br />
«Das hätten wir locker im Sack gehabt»,<br />
ärgert sich der Trans-Europa-Titelgewinner<br />
von 1981 noch heute. «Vor allem, wenn<br />
am Ende ein 2-Liter-Escort gewinnt.»<br />
Über prominente Mitfahrer konnte sich<br />
Döring übrigens nicht beklagen. So teilte<br />
er sich bei den 24 Stunden von Spa das<br />
Capri-Cockpit mit Mark Thatcher, dem<br />
Sohn der «Eisernen Lady» und früheren britischen<br />
Regierungschefin Margret Thatcher.<br />
Heute lebt der 65-Jährige mit Ehefrau<br />
Stefanie (2006 feiern beide den 40.<br />
Hochzeitstag) in seiner Heimatgemeinde<br />
Wirges. Tochter Alexandra (35) steht kurz<br />
vor der Hochzeit mit Ex-Rennfahrer Fred<br />
Rosterg. Das Sägewerk ist verkauft, dafür<br />
hat Döring einen Supermarkt-Komplex gebaut,<br />
der verpachtet ist und als Alterssicherung<br />
dient.<br />
Motorsportlich ist er noch immer auf<br />
Ballhöhe, liest regelmässig MSa und sieht<br />
sich die wichtigsten Rennen im Fernsehen<br />
an. Wenn Helmut Döring einen Spass-<br />
Wunsch frei hätte, wäre es dieser: «Mit der<br />
alten Truppe noch mal die 24 Stunden Nürburgring<br />
fahren – aber nur in einem Capri.»<br />
Bis es möglicherweise dazu kommt, zieht<br />
er für die ganz normale automobile Fortbewegung<br />
einen Mercedes SL vor. «Ganz<br />
gemütlich und als vorbildlicher Verkehrsteilnehmer.»
226<br />
Esser, Heidi (MSa 52/2005)<br />
Ein Stück vom Ring<br />
eidi Esser und der Nürburgring – das<br />
Hist ein akustisch-historisches Kapitel<br />
der altehrwürdigen Rennstrecke in der<br />
Eifel. Zusammen mit ihrer Mutter Herta<br />
setzte die gelernte Synchron-Dolmetscherin,<br />
Radio-Moderatorin und Chefin einer<br />
eigenen Künstleragentur in aller Konsequenz<br />
und Leidenschaft das fort, was ihr<br />
der verstorbene Vater als eine Art Lebenswerk<br />
hinterlassen hatte. Für Theo<br />
Esser, der ab 1960 bis zu seinem Tod 1984<br />
für die Beschallung und Technik rund um<br />
die Rennstrecke sowie der Sprecherkabine<br />
«seines» Nürburgrings verantwortlich<br />
zeichnete, stellte diese Aufgabe weniger<br />
einen Beruf als vielmehr eine echte Berufung<br />
dar.<br />
Es war die Liebe zum Nürburgring, zu<br />
allen Funktionären, Rennfahrern und Fans,<br />
die vom Herrn Papa vollumfänglich auf die<br />
Tochter überging. «Wir standen für unseren<br />
Vater in der Pflicht», erinnert sich<br />
Heidi. «Ich habe das kleine Studio im<br />
Erdgeschoss übernommen und mich um die<br />
Modernisierung der Sprecherkabine gekümmert.<br />
Und Mutter, die heute fast 90<br />
Jahre alt ist, hat die Veranstalter-Durchsagen<br />
erledigt.»<br />
Zusammen mit ihrem treuen Techniker<br />
Hans-Peter Frings sorgten Mutter und<br />
Tochter Esser weiter für den guten Ton rund<br />
«Hallo Nürburgring»: Esser 1969 Coaching fürs TV: Esser 2005<br />
Das Ton-Trio vom Ring: Hans-Peter Frings, Herta und Heidi Esser 1995<br />
um die Rennstrecke. Das beliebte «Radio<br />
Nürburgring» (Sendefrequenz damals wie<br />
heute FM 87,7 Mhz) wurde in dieser Zeit<br />
ebenso geboren wie die ersten Live-<br />
Reportagen aus dem fahrenden Rennauto<br />
oder dem Helikopter.<br />
Als die Nürburgring GmbH im Jahre<br />
1995 das Studio mitsamt allem Equipment<br />
übernahm und dann zur weiteren Betreuung<br />
an die WIGE Media AG in Frechen übergab,<br />
endete die Ära Esser am Nürburgring.<br />
Nur Techniker Frings ist immer noch da –<br />
und das seit mittlerweile mehr als 40 Jahren.<br />
Heidi Esser, die sich auch heute noch<br />
als bekennender Nürburgring- und Motorsport-Fan<br />
bezeichnet, denkt immer wieder<br />
gerne an die Eifel-Jahre zurück. Die inzwischen<br />
61-jährige überzeugte Single-Dame<br />
leitet nach wie vor ihre Show-Agentur in<br />
Bergisch-Gladbach und bietet darüber<br />
hinaus Sprach-Schulungen für Industrie-<br />
Manager sowie lernwillige Radio- und<br />
Fernseh-Kommentatoren und -Moderatoren<br />
an.<br />
Ihre Freizeit verbringt sie bevorzugt mit<br />
Cabrio-Ausfahrten und der Arbeit in ihrem<br />
Garten. Und irgendwann einmal möchte<br />
sie sich noch einen ganz persönlichen<br />
Wunschtraum erfüllen: Einen Segeltörn in<br />
der Südsee.
Grab, Bernhard (MSa 51/2005)<br />
Treuer Ford-Mann<br />
ernhard Grab führte in einer Zeit, als<br />
BFord noch eine Grossmacht im Motorsport<br />
darstellte, neben dem Zakspeed-<br />
Team den erfolgreichsten Escort-, Capri-,<br />
und Sierra-Rennstall. Der gelernte Kfz-<br />
Techniker gehört zu jener alten Teamchef-<br />
Garde, die noch die goldenen 70er- und<br />
80er-Jahre des Tourenwagensports miterlebt<br />
hat. Als Ford-Haupthändler in Siegen<br />
leistete sich Grab, der sich selbst «mit<br />
mässigem Erfolg» als Hobby-Rennfahrer<br />
versuchte, den Luxus einer eigenen<br />
Rennabteilung.<br />
So riskierte er sogar die Konstruktion<br />
eines Renntourenwagens nach ganz eigenen<br />
technischen Vorstellungen. Der<br />
Niederländer Toine Hezemans gab dem<br />
nach Gruppe-5-Reglement aufgebauten<br />
Escort RS in der damaligen Deutschen<br />
Rennsport-Meisterschaft vehement die<br />
Sporen und dabei den Werksautos auch<br />
öfter mal das Nachsehen.<br />
Überhaupt lesen sich die Namen der<br />
Piloten, die im Laufe der Jahre für die<br />
Grab-Mannschaft fuhren und gewannen,<br />
wie die Startliste eines Prominenten-<br />
Rennens: Ob Toine Hezemans, Jochen<br />
Mass, Klaus Ludwig, Werner Schommers,<br />
Frank Biela, Heiner Weiss oder Bernd<br />
Schneider – sie alle kurbelten am Volant<br />
eines Grab-Ford. Ludwig gilt für den Chef<br />
Karrierestart mit Ford: Grab 1973 Mehr Zeit für die Familie: Grab 2005<br />
Grösster Grab-Triumph: DTM-Titel 1988 mit Klaus Ludwig im Sierra Turbo<br />
227<br />
noch heute als der Superstar seiner Zeit:<br />
«Der Klaus war damals ganz einfach der<br />
Schnellste und Beste, ohne seine<br />
Cleverness hätten wir 1988 den DTM-Titel<br />
nicht gewonnen.»<br />
Nur ein Jahr nach diesem seinem<br />
grössten Triumph beendete Fords treuer<br />
Statthalter jedoch enttäuscht sein<br />
Motorsport-Engagement. «Ford war leider<br />
kein verlässlicher Partner mehr, heute<br />
sprach man von Rückzug, morgen doch<br />
nicht, übermorgen wieder Rückzug.» Grab<br />
setzte neue Prioritäten in seinem Dasein,<br />
«denn ich wollte endlich mal mehr Zeit für<br />
mein Privat- und Familienleben haben».<br />
Seine Ehefrau Susanne, die er 1985 heiratete,<br />
hat’s zweifellos mit grosser Freude<br />
vernommen und schenkte ihrem Bernhard<br />
zwei Jungs, die heute 15 und 12 Jahre alt<br />
sind.<br />
Zwar verfolgt der inzwischen 68-Jährige<br />
über Fernsehen und Lektüre der MOTOR-<br />
SPORT aktuell noch immer sehr interessiert<br />
das aktuelle Renngeschehen, aber<br />
ansonsten hat er’s heutzutage mehr mit<br />
der Natur. Für sein 5000 Quadratmeter<br />
grosses Grundstück leistet sich Ruheständler<br />
Grab noch nicht einmal einen<br />
Gärtner: «Das mach’ ich alles selbst als tägliches<br />
Fitnessprogramm, wenn auch<br />
abends die Knochen wehtun.»
228<br />
ürgen Hamelmann aus Kempen am Nie-<br />
Jderrhein galt zu seiner besten Hobby-<br />
Rennfahrerzeit als ausgesprochen schneller,<br />
aber extrem ruhiger Zeitgenosse. Wäre<br />
er nicht mit Golf GTI, Escort RS, Turbo-<br />
Capri und BMW regelmässig aufs Podest gefahren,<br />
hätte man den schmächtigen, introvertierten<br />
und mit besten Manieren ausgestatteten<br />
jungen Mann womöglich gar<br />
nicht registriert. Mit 21 stieg der gelernte<br />
Bauingenieur und Juniorchef eines Tiefund<br />
Strassenbau-Unternehmens ’78 erstmals<br />
ins Rennauto, mit knapp 30 sagte er<br />
der Rennerei 1986 schon wieder adieu.<br />
Dazwischen lagen der Gewinn der Deutschen<br />
Rennsport-Trophäe 1980 im Escort<br />
RS, achtbare Platzierung im Zakspeed-Turbo-Capri<br />
in der DRM («ich musste ja immer<br />
gegen Überflieger Klaus Ludwig antreten»)<br />
und ein Gesamtsieg im Budde-BMW<br />
635 CSi mit den Partnern Felder und Walterscheid<br />
beim 24-h-Rennen auf dem Nürburgring<br />
1985.<br />
Hamelmanns früher Abschied hatte<br />
zwei Gründe – den Schock über den Herztod<br />
seines Teamchefs Dieter Budde beim<br />
Tourenwagen-EM-Lauf in Estoril, obendrein<br />
sollte er im elterlichen Betrieb sowieso<br />
mehr Verantwortung übernehmen.<br />
Nachdem sich der Vater vor zehn Jahren<br />
in den Ruhestand zurückgezogen hat,<br />
Hamelmann, Jürgen (MSa 44/2005)<br />
Der stille Sieger<br />
liegen die Geschicke der insgesamt vier Hamelmann-Firmen<br />
jetzt allein in den Händen<br />
des Juniors. Wenn auch die Verbindungen<br />
zum Rennsport grösstenteils abgerissen<br />
sind, gönnt er sich einmal im Jahr<br />
seinen traditionellen Ausflug zu den 24<br />
Stunden am Ring. «Ich bin immer als Fan<br />
draussen an der Strecke und möchte dieses<br />
Erlebnis auch künftig nicht missen.»<br />
Gleiches gilt auch für die Tour de France,<br />
die er im Wohnmobil mit Freunden regelmässig<br />
besucht. «Wir geniessen die einzigartige<br />
Tour-Atmosphäre, aber aus Zeitmangel<br />
geht das leider immer nur für maximal<br />
vier Tage.» Deshalb wünscht sich<br />
Hamelmann, obwohl er selbst überhaupt<br />
kein Rennrad besitzt, nichts sehnlicher als<br />
«die Tour mal über die vollen drei Wochen<br />
als Fan zu begleiten».<br />
Wenn es der stramme Arbeitstag zulässt,<br />
schwingt sich der 48-jährige Familienvater<br />
(verheiratet mit Elisabeth, zwei<br />
Söhne, 16 und 14) gerne mal auf seine<br />
450er-KTM-Cross-Maschine – ein besseres<br />
Einsatzgebiet als die eigene Kiesgrube<br />
könnte er sich da kaum wünschen. Die Hamelmann-Söhne,<br />
soviel ist bereits erkennbar,<br />
haben übrigens keine Freude am Rennsport.<br />
«Bestenfalls wird unser Jüngster<br />
vielleicht mal ein guter Tennisspieler», hat<br />
der Vater erkannt.<br />
Lehrling im Golf: Hamelmann 1979 Chef im Betrieb: Hamelmann 2005<br />
Tolles Jahr bei Zakspeed: Hamelmann im Turbo-Capri 1981 in Hockenheim
eter Hennige durfte sich zu den<br />
Pschnellsten und erfolgreichsten hessischen<br />
Rennfahrern der 70er-Jahre zählen.<br />
In Darmstadt geboren und lange Zeit in<br />
Giessen daheim, startete der gelernte Bierbrauer<br />
im Zakspeed-Ford Escort 1.6 ohne<br />
grosse Warmlaufzeit durch. Schon 1972<br />
lieferte er auf der Rundstrecke eine Serie<br />
von 16 Siegen in 17 Rennen ab.<br />
Aber die besten Jahre erlebte Hennige<br />
zweifellos in der Rennsportmeisterschaft.<br />
Zuerst weiter im stärkeren Zakspeed Escort<br />
2.0 BDA und ab 1976 im Schnitzer-BMW.<br />
Dort traf er auf seinen Hessen-Kumpel Albrecht<br />
Krebs aus Hanau, was zur Folge hatte,<br />
dass ein ebenso fröhliches wie erfolgreiches<br />
Duo mit der Eroberung nahezu aller<br />
Flugplatz- und sonstiger Kurse begann.<br />
Vor allem die Turbo-BMW 2002 schienen<br />
für beide massgeschneidert.<br />
Während Krebs am Nürburgring als Erster<br />
die 8-Minuten-Schallmauer für Tourenwagen<br />
knackte, gelang Hennige 1977 auf<br />
dem Flugplatz von Kassel-Calden (wo er allein<br />
dreimal in Folge siegte) ein wahres<br />
Husarenstück: Er kämpfte die BMW-Junioren<br />
Marc Surer, Eddie Cheever und Manfred<br />
Winkelhock glatt nieder. «Wir wussten ja<br />
alle, dass die BWM-Supermänner für die<br />
Formel 1 bestimmt waren», grinst der Kassel-Rekordsieger.<br />
«Und wenn du dann alle<br />
Hennige, Peter (MSa 36/2005)<br />
Hessen-Meister<br />
Echtes Rekordjahr: Hennige 1972 Bleibt geschmeidig: Hennige 2005<br />
Sternstunde: Im Schnitzer-Turbo bügelte Hennige in Kassel das Werkstrio<br />
229<br />
drei einkassierst, ist das schon ein Riesending.»<br />
Kein Wunder, dass Josef und Herbert<br />
Schnitzer mächtig stolz auf ihren Turbo-<br />
Dompteur waren. Vor allem mit Josef, dem<br />
technischen Kopf der Freilassinger, verband<br />
ihn ein sehr herzliches Verhältnis.<br />
Umso härter traf ihn 1978 die Nachricht<br />
von Josefs plötzlichem Tod. Der Schock<br />
sass so tief, dass Hennige kurz darauf einen<br />
Schlussstrich zog. «Mir war der Spass<br />
an der Rennerei abhanden gekommen.»<br />
Auch als Kaufmann fuhr der Betriebswirt<br />
mit abgeschlossenem Studium auf der<br />
Erfolgsspur. 1993 verkaufte er seine Autohäuser<br />
und wechselte als Bauträger in die<br />
Immobilienbranche. Heute besitzt er rund<br />
500 Wohnungen, deren Verwaltung er noch<br />
immer persönlich leitet. Der 61-Jährige<br />
lebt jetzt in Frankfurt und gönnt sich gelegentlich<br />
einen Abstecher auf seine vor<br />
Ibiza liegende Yacht.<br />
Aber dauerhaftes Faulenzen ist nicht<br />
sein Ding, er arbeitet viel und denkt noch<br />
lange nicht an den Ruhestand. «Ich war<br />
mal sieben Monate am Stück auf Ibiza –<br />
der grosse Knaller ist das nicht.» So hält<br />
sich der eingefleischte Junggeselle lieber<br />
weiter im Job und mit der Freundin fit.<br />
«Die ist 32 Jahre jünger und sorgt dafür,<br />
dass ich frisch und geschmeidig bleibe …»
230<br />
Hess, Eberhard (MSa 48/2005)<br />
Der Talentförderer<br />
berhard Hess aus Düren hat in den<br />
Eletzten 25 Jahren als klassischer Mäzen<br />
so manchen talentierten Nachwuchsmann<br />
im Rennsport unterstützt. Ob Stefan<br />
Bellof, Karl Wendlinger, Kris Nissen, Altfrid<br />
Heger oder Jürgen von Gartzen – sie alle<br />
steuerten im Verlaufe ihrer Karriere Rennwagen<br />
mit der weiss-gelben KRAFFT-Walzen-Lackierung.<br />
Für den heutigen VW-<br />
Sportchef Nissen, der nach seinem fürchterlichen<br />
Feuerunfall 1988 beim Sportwagen-WM-Lauf<br />
im japanischen Fuji lange<br />
Zeit zwischen Leben und Tod schwebte,<br />
initiierte der Unternehmer spontan einen<br />
Hilfsfonds.<br />
Als schönste Zeit seines Sponsorings<br />
bezeichnet Hess die Jahre bei Renault im<br />
Alpine-A310-V6-Europacup. Und als wertvollsten<br />
Erfolg sieht er den Gewinn der<br />
Deutschen Formel-3-Meisterschaft 1989<br />
mit Ralt-Alfa-Pilot Wendlinger. «Da waren<br />
wir am Ende genau um einen Punkt besser<br />
als die Herren Schumacher und Frentzen»,<br />
weiss der Walzen-Chef voller Stolz zu berichten.<br />
Parallel dazu stand Hess beinahe 20<br />
Jahre lang an der Spitze des Dürener<br />
Motorsportclubs, der in Zolder und auf dem<br />
Nürburgring als Veranstalter von Rundstreckenrennen<br />
auftrat. Überdies war der<br />
frühere Hobby-Rennfahrer lange Zeit im<br />
Präsidium des Deutschen Sportfahrer-<br />
Kreises DSK und im Vorstand des ADAC<br />
Nordrhein aktiv.<br />
Der heute 66-jährige Seniorchef des in<br />
fünfter Generationen bestehenden Familienbetriebs<br />
«Carl KRAFFT & Söhne» ist<br />
nach wie vor begeisterter Motorsport-Fan.<br />
Zwar gehören seine Sponsoring-Engagements<br />
im Rennsport der Vergangenheit<br />
an («in wirtschaftlich schlechten Zeiten<br />
können wir uns diesen Luxus leider nicht<br />
mehr leisten»), aber dafür pfelgt er mit<br />
viel Hingabe seine Oldtimer und startet zusammen<br />
mit seiner Gattin Lotte (die<br />
beiden sind seit 41 Jahren verheiratet)<br />
beim einen oder anderen historischen<br />
Klassiker.<br />
Sohn Michael (36, frisch gebackener<br />
Ehemann und selbst erfolgreicher Hobby-<br />
Rennfahrer) sowie Tochter Alice (40,<br />
zweifache Mutter) sind bereits voll in den<br />
Betrieb integriert. Das Unternehmen produziert<br />
mit seinen rund 150 Mitarbeitern<br />
in drei Werken Stahlblechwalzen bis zu<br />
einem Stückgewicht von 100 Tonnen. Der<br />
Senior-Chef will im Laufe der nächsten<br />
Jahre die Führungsaufgaben mehr und<br />
mehr an seine Kinder übertragen. «Dann<br />
werde ich endlich mehr Zeit für die Familie,<br />
meine zwei Enkel und den historischen<br />
Motorsport haben.»<br />
Grosser Racing-Freak: Hess 1966 Grosser Oldtimer-Fan: Hess 2005<br />
Siegerehrung mit Clubchef Hess: Formel-ADAC-Junioren 1993 am Ring
232<br />
Riesentalent: Kreutzpointner 1987<br />
Kreutzpointner, Fritz (MSa 21/2005)<br />
Der Elektro-Fritz<br />
ritz Kreutzpointner gehörte am Anfang<br />
Fseiner Karriere zum Club der jungen Wilden<br />
aus dem Formel-Ford-Kader des Österreichers<br />
Walter Lechner. «Bei ihm habe ich<br />
alles gelernt, um ein Siegfahrer zu werden»,<br />
sagt «Fritz K.». Seine Erfolgsbilanz<br />
aus knapp 15 Rennjahren ist beeindruckend:<br />
FF-Europameister, danach Aufnahme<br />
in den Junior-Kader von Mercedes und<br />
schliesslich im MAN Aufstieg zu einem der<br />
besten Truck-Piloten Europas.<br />
An sich hätte schon nach der Saison<br />
1999 mit dem Gewinn des ersten Truck-<br />
EM-Titels Schluss sein sollen. Aber zwei<br />
Jahre später liess er sich von den MAN-<br />
Truck-Managern zum Rücktritt vom Rücktritt<br />
überreden, wurde erneut Champion<br />
und sagte danach der Rennpiste endgültig<br />
adieu. «Ich hatte meinem Vater fest<br />
versprochen, in unserem Betrieb Verantwortung<br />
übernehmen.»<br />
Aufregende Ereignisse gab es im Rennfahrerleben<br />
des Ur-Bayern genug. So<br />
machte er sich ein Jahr jünger, um noch<br />
als Kandidat für das DTM-Juniorteam bei<br />
Mercedes durchzugehen. Hier entstand<br />
auch das Kürzel «Fritz K.», weil der lange<br />
Nachname nicht auf die Seitenscheibe<br />
passte. In Hockenheim rettete er sich mit<br />
kühnem Sprung aus dem fahrenden Auto,<br />
weil eine geborstene Benzinleitung ein<br />
Feuerinferno auslöste. Beim DTM-Lauf am<br />
Nürburgring krachte ihm ein Gegner in die<br />
Flanke – man zog ihn mit schweren Beinquetschungen<br />
aus dem Wrack.<br />
Und in Le Mans führte das Junior-Trio<br />
Kreutzpointner/Wendlinger/Schumacher<br />
im Sauber-Mercedes-Sportwagen 16 Stunden<br />
lang, bevor ein Getriebeschaden den<br />
Traum vom Sieg zunichte machte. «Trotzdem<br />
bin ich Mercedes dankbar, dass ich dabei<br />
sein konnte.» Dankbar ist er auch MAN<br />
für die acht Jahre im Super-Truck. «So ein<br />
5-Tonnen-Ungetüm mit 1500 PS zu beherrschen,<br />
ist schon etwas ganz Besonderes»,<br />
schwärmt der zweifache Europameister.<br />
Heute sitzt der 38-Jährige hinterm<br />
Schreibtisch in Burghausen am Chiemsee,<br />
leitet als Junior-Chef einen Hightech-<br />
Elektrobetrieb mit rund 600 Angestellten<br />
und Niederlassungen in München, Köln,<br />
Freiberg/Dresden und Rumänien. Eine Filiale<br />
in Dubai wird gerade angedacht. «Oft<br />
bleibt nicht mal Zeit, die Rennen im TV zu<br />
sehen, weil auch die Familie ihr Recht einfordert.»<br />
Als da wären: Ehefrau Sabine, seit<br />
1994 mit Fritz K. verheiratet, dazu der 7jährige<br />
Sohn und die 5-jährigen Zwillingstöchter.<br />
«Ich bin schon froh, wenns noch<br />
zum Kicken in der Altherren-Mannschaft<br />
von Wacker Burghausen reicht. Aber ich<br />
bin glücklich, gesund und zufrieden.»<br />
Geschäftsmann: Kreutzpointner 2005<br />
Highlight Le Mans 1991: Die Mercedes-Junioren Fritz K., Wendlinger, Schumacher
Spass auf vier Rädern: Linder ’73<br />
Linder, Ludwig (MSa 23/2005)<br />
Allgäuer Stratege<br />
udwig «Luggi» Linder kennen die meis-<br />
Lten Motorsportfans vermutlich nur als<br />
Chef des erfolgreichen BMW-Rennstalls.<br />
Aber der Mann aus Füssen kann noch viel<br />
mehr. So hat der Allgäuer gleich drei abgeschlossene<br />
Berufe (Kfz-Meister, Zimmermann,<br />
Beton-Technologe) und ist<br />
obendrein noch lizenzierter Radsport-Trainer.<br />
Für den Job als Teamchef brauchte er<br />
allerdings keine Ausbildung, «weil man so<br />
was entweder kann oder nie lernt». Für den<br />
Aufbau und die Führung seines Teams waren<br />
nicht nur angeborener Perfektionismus<br />
und Spass am Rennsport hilfreich, sondern<br />
auch sein gutes Gespür bei der Fahrerwahl.<br />
Schon die erste Entscheidung, die Linder<br />
nach Abschluss seiner eigenen Rennfahrerlaufbahn<br />
traf, erwies sich als Volltreffer.<br />
Weil er von Dieter Quester mehrfach<br />
ordentlich verblasen worden war, entschied<br />
er sich ab 1978 für die Rolle als<br />
Teamchef und holte den Österreicher sogleich<br />
als ersten Piloten in sein neues<br />
«Team Linder Rennsport».<br />
Eine lange und enge Zusammenarbeit<br />
mit BMW sowie weitere Fahrerzugänge<br />
folgten: Winnie Vogt, Jockel Winkelhock,<br />
Ellen Lohr, Altfrid Heger, Michael Bartels<br />
oder Markus Oestreich. BMW schickte die<br />
Linder-Mannschaft in die DTM, zur Tourenwagen-EM,<br />
zu Langstreckenrennen und in<br />
Da fuhr der Chef noch selbst: Linder/Kindlmann 1978 mit dem BMW 2002<br />
233<br />
die STW. Vogt und Heger feierten im EM-<br />
Titelkampf 1985 sogar einen Doppelsieg.<br />
Und 1990 gewann ein Linder-M3 mit Winkelhock/Schmickler/Heger<br />
bei den 24<br />
Stunden Nürburgring. Dieser Triumph war<br />
für den Teamchef auch der schönste und<br />
wichtigste, «denn als BMW-Tuner musst du<br />
wenigstens einmal im Leben die Schnitzer-Truppe<br />
bei einem 24-h-Rennen geschlagen<br />
haben».<br />
Nach zwei Jahren mit Honda in der STW-<br />
Meisterschaft löste Linder seinen Rennstall<br />
Ende 1997 auf, um sich seiner zweiten<br />
grossen Leidenschaft, dem Radsport,<br />
zu widmen. Seitdem baut er seine eigene<br />
Rennrad-Serie «VINER for LINDER» und betreibt<br />
ein Trainingscamp auf Mallorca. Der<br />
jetzt 55-Jährige (seit 30 Jahren verheiratet<br />
mit Rosi, eine Tochter, 23) strampelt<br />
pro Jahr bis zu 15 000 Trainings- und Wettbewerbskilometer.<br />
Rennstreckenbesuche<br />
verkneift er sich, verfolgt aber vor allem<br />
DTM und WTCC regelmässig im Fernsehen.<br />
Doch Luggi Linders neue Welt ist und<br />
bleibt der Radsport. Und da würde er so<br />
gerne einen kühnen Plan realisieren: «Mit<br />
Walter Röhrl zusammen bei der EM im Paarzeitfahren<br />
antreten – das wäre der Hammer.<br />
Und den Quester nehmen wir als Ersatzmann<br />
mit, falls der Walter entkräftet<br />
vom Rad kippt.»<br />
Spass auf zwei Rädern: Linder ’05
234<br />
rhard Melcher weiss noch genau, wie al-<br />
Eles begann. «Im Keller von Hans Werner<br />
Aufrecht haben wir die ersten Rennmotoren<br />
gebaut.» Tagsüber arbeiteten die<br />
Technik-Freaks brav bei Mercedes, wo das<br />
Thema Rennsport damals – zumindest offiziell<br />
– verpönt war. Dafür ging’s abends<br />
bei Aufrecht in Grossaspach rund, quasi im<br />
Untergrund wurde konstruiert und gebaut.<br />
Das erste grössere Projekt war ein Triebwerk<br />
für den privaten Mercedes 300 SE von<br />
Manfred Schieck, der damit 1965 die Deutsche<br />
Rundstreckenmeisterschaft bestritt –<br />
und den Titel holte.<br />
Der nächste Kunde war 220-SE-Pilot Albert<br />
Pfuhl. Zwei Jahre später gründeten<br />
die beiden die Firma AMG (Aufrecht, Melcher,<br />
Grossaspach). Maschinenbauingenieur<br />
Melcher, an sich ein Motorrad-Mann<br />
und -Hobbyrennfahrer, sowie der Macher<br />
und Antreiber Aufrecht bildeten trotz häufiger<br />
Meinungsverschiedenheiten eine Art<br />
Dream Team. Die Firma wuchs, und mit dem<br />
berühmten AMG 500 SEL 6.8 wurde das<br />
nächste Highlight realisiert. Noch bevor<br />
das Duo Heyer/Schickentanz mit dem 500-<br />
PS-Kraftpaket ausrückte, trennten sich im<br />
Frühjahr 1971 die Wege der AMG-Gründer.<br />
Als Chef seines eigenen Ingenieurbüros<br />
liess Melcher in der Nachbargemeinde<br />
Burgstall seinen eigenen Ideen in Sachen<br />
Start im Untergrund: Melcher ’67<br />
Melcher, Erhard (MSa 32/2005)<br />
Das M von AMG<br />
Motorenbau freien Lauf. Die technische<br />
Kompetenz des einen und der Ehrgeiz des<br />
anderen führte beide aber schon bald wieder<br />
zusammen. Man vereinbarte eine lockere<br />
Form der freien Mitarbeit, die heute<br />
noch Bestand hat. So verweist der inzwischen<br />
65-Jährige stolz auf den von Aufrechts<br />
neuer Firma HWA entwickelten Mercedes-Formel-3-Motor,<br />
«der irgendwie<br />
auch mein Kind ist».<br />
Melcher ist ein Technik- und Renn-Freak<br />
in Reinkultur. Wenn er nicht gerade Nockenwellen<br />
konstruiert oder junge Ingenieure<br />
ausbildet, bastelt er an seiner<br />
500er-Honda rum, pflegt die elektrische<br />
Eisenbahn oder guckt sich alle möglichen<br />
Rennserien im Fernsehen an. Lebensgefährtin<br />
Eve, Malerin und seit 30 Jahren an<br />
Melchers Seite, trägt’s mit Fassung. Die<br />
Ankündigung ihres Liebsten, sich demnächst<br />
um den Aufbau eines AMG-Museums<br />
zu kümmern, lässt indes keineswegs<br />
eine Verbesserung der häuslichen Freizeitqualität<br />
erwarten. «Wer sich seit fast 50<br />
Jahren mit der Faszination Technik beschäftigt,<br />
ist nicht mehr therapierbar»,<br />
schmunzelt das «M» von AMG, dem eine<br />
Feststellung besonders wichtig ist: «Ohne<br />
Aufrecht und AMG hätte es mich in dieser<br />
Qualität nie gegeben. Ich verdanke Hans<br />
Werner sehr viel – und er mir.»<br />
Nicht therapierbar: Melcher 2005<br />
Kluge Köpfe: Melcher, Schieck und Aufrecht 1965 beim Technik-Plausch
eter Peter gehörte zur legendären Cli-<br />
Pque jener wilden Österreicher, die in der<br />
Anfangszeit der Formel-VW-1300-Bewegung<br />
Mitte der 60er-Jahre in simpel gestrickten<br />
Austro-V- und Kaimann-Rennwagen<br />
ihre Karriere starteten. Im Gleichschritt<br />
mit den Herren Quester, Lauda, Marko,<br />
Pankl, Huber, Ertl, Breinsberg und Walleczek<br />
führte der Junior des berühmten<br />
Wiener Fachgeschäfts Handschuh-Peter<br />
die Alpenrepublik an die Spitze aller europäischen<br />
Formel-VW-Nationen.<br />
Der Fäustling, wie ihn seine Freunde<br />
noch heute nennen, wurde zweimal Vize-<br />
Europameister und beim Vergleichskampf<br />
USA–Europa in Daytona sogar erster inoffizieller<br />
Weltmeister.<br />
Obwohl es bei den FVW-Rennen jener<br />
Zeit fürchterliche Unfälle mit üblen Verletzungen<br />
gab, hatte der Wiener seinen einzigen<br />
wirklich bösen Crash nicht im Wettbewerb,<br />
sondern beim privaten Training<br />
auf der Nürburgring-Nordschleife. Mit dem<br />
Kollegen Walleczek auf dem Beifahrersitz<br />
erkundete er im 911er-Porsche erstmals<br />
die Tücken des Eifel-Parcours, als es im ultraschnellen<br />
Linksknick an der Antoniusbuche<br />
zum Megaknall kam. «Wir flogen hoch<br />
und weit, das Auto überschlug sich endlos.<br />
Es dauerte eine Ewigkeit, bis die Rettung<br />
uns im Buschwerk endlich fand.»<br />
Wiener Sonnyboy: Peter 1968<br />
Peter, Peter (MSa 40/2005)<br />
Der «Fäustling»<br />
Fäustling im Tiefflug: Peter im Kaimann bei einem EM-Lauf 1970 am Ring<br />
235<br />
Seitdem begleitet ihn quasi als Andenken<br />
ein irreparabler Hüft- und Wirbelsäulendefekt.<br />
Dem Formel-V-Abenteuer folgten<br />
Starts im Lotus Elan, Porsche 906 und<br />
908/3 (u.a. mit Lauda als Partner). Mit Jochen<br />
Rindts Tod 1970 endete auch für den<br />
zweifachen Staatsmeister die unbeschwerte<br />
Rennzeit. «Ich war total schockiert, und<br />
obendrein sprach mein Vater ein Machtwort.»<br />
So widmete sich Peter fortan dem elterlichen<br />
Traditionsunternehmen, das der 62-<br />
Jährige in vierter Generation leitet. Mit<br />
den Kindern Philipp (36), Petra (33) und<br />
Nina (26) ist auch die nächste Führungsgeneration<br />
für Handschuh-Peter gesichert.<br />
Solange Philipp seinem Rennfahrer-Job<br />
nachgeht (derzeit mit einem Maserati in<br />
der FIA-GT), behält der alte Peter die geschäftlichen<br />
Fäden in der Hand. «Ich unterstütze<br />
Philipp seit fast 20 Jahren und<br />
begleite ihn zu allen Rennen», so der Papa.<br />
«Der Junge hat’s da viel besser als ich, weil<br />
ich ihn nie zum Aufhören drängen würde.<br />
Vielmehr bin ich sein grösster Fan.»<br />
Peter, seit zehn Jahren zum dritten Mal<br />
verheiratet, geniesst die Rennerei noch<br />
immer in vollen Zügen. «Wenn ich gesund<br />
bleibe und das Geschäft irgendwann in die<br />
Hände der Kinder geben kann, bin ich ein<br />
glücklicher und zufriedener Mensch.»<br />
Wiener Gentleman: Peter 2005
236<br />
Siegertyp: Pietsch im Jahre 1952<br />
Pietsch, Paul (MSa 26/2005)<br />
Der Herr der Hefte<br />
aul Pietsch ist gleich in dreifacher Hin-<br />
Psicht Rekordhalter. Er gilt als ältester<br />
noch lebender Grand-Prix-Pilot, als erfolgreichster<br />
Verleger unter allen Rennfahrern<br />
und als erfolgreichster Rennfahrer unter<br />
allen Verlegern. Am 20. Juni feierte der<br />
ehemalige Rennpilot und Senior-Chef der<br />
Stuttgarter Motor-Presse (u.a. auto motor<br />
und sport, sport auto, MSa, mot, Motorrad,<br />
Flug-Revue) seinen 94. Geburtstag.<br />
Und das bei bester Gesundheit, beneidenswert<br />
rüstig, sportlich und fit.<br />
Bis auf die zertrümmerten Knie als dauerhafte<br />
Erinnerung an frühere Rennunfälle.<br />
Davon gab es reichlich, «die Gipsverbände<br />
halten sich in etwa die Waage mit<br />
den Siegerkränzen». Er sass in brennenden<br />
Autos, hat sich vorwärts, seitwärts und<br />
rückwärts überschlagen, brach sich dabei<br />
fast jeden Knochen, den Oberschenkel<br />
gleich sechsmal. «Ich hatte Glück und bin<br />
dankbar, dass ich das alles überlebt habe»,<br />
sagt der Jubilar, der den Tod seiner Frau<br />
Dolores 1991 nach 40-jähriger Ehe als das<br />
grösste Unglück seines Lebens bezeichnet.<br />
Vor und nach dem Krieg kämpfte Pietsch<br />
am Steuer von Bugatti, Alfa, Auto Union,<br />
Veritas und Maserati gegen die Caracciolas,<br />
Rosemeyers und Stucks dieser Welt. Er<br />
siegte auf allen berühmten Rennstrecken,<br />
von denen natürlich der Nürburgring und<br />
Schauinsland zu seinen Lieblingspisten<br />
zählten. Auch heute noch fährt er zügig<br />
und gern Auto, schwimmt, spielt Golf und<br />
macht seinen täglichen Spaziergang.<br />
Natürlich interessiert sich der «Herr der<br />
Hefte» auch noch für die Verlagsgeschäfte,<br />
hat ein Büro im «Haus der Motor-Presse»<br />
und konferiert einmal pro Woche mit<br />
seinen Kindern. Tochter Dr. Patricia Scholten<br />
ist die Chefin des Motorbuch-Verlags,<br />
Sohn Peter-Paul (50) kümmert sich als Mitglied<br />
der Geschäftsleitung der Motor-Presse<br />
um die Verlags-Bereiche Motorrad und<br />
Luftfahrt. Während die Tochter begeisterte<br />
Reiterin und Oldtimer-Fan ist, hat der<br />
Sohn die Liebe zum Rennsport wohl vom<br />
Vater geerbt. Als Hobbypilot bewegt Peter-Paul<br />
schnelle Autos im Rennbetrieb<br />
und gönnt sich auch gerne mal ein 24-h-<br />
Rennen am Ring.<br />
Noch immer empfindet Pietsch sr. Fahrfreude,<br />
wenn er am Steuer seines 5er-Alpina-BMW<br />
oder des S-Klasse-Mercedes<br />
sitzt. Auch in Sachen Rennsport interessiert<br />
er sich nach wie vor für alles und gehört<br />
sogar zu denen, die für eine F1-Übertragung<br />
um 4 Uhr früh aufstehen. Seine<br />
ausgefüllten Tage verbringt Paul Pietsch<br />
meist in seinem Haus im Schwarzwald, im<br />
Sommer geht’s traditionell für zwei Monate<br />
ins Tessin.<br />
Siegertyp: Pietsch im Jahre 2005<br />
Siegertyp: Paul Pietsch 1951 im Alfa Tipo 159 mit V8-Kompressor-Motor
Einsatz im Rennauto: Pohlmann ’78<br />
Pohlmann, Jürgen (MSa 28/2005)<br />
Der Zakspeed-Fan<br />
ürgen Pohlmann war als Hobby-Renn-<br />
Jfahrer ein glücklicher Mensch. Zuerst im<br />
Alpina-BMW 1600 TI, danach fast nur noch<br />
im Zakspeed-Ford Escort RS, absolvierte er<br />
zwischen 1968 und 1981 knapp 160 Starts<br />
und erreichte dabei eine stolze Siegquote<br />
von mehr als 50 Prozent. Zwar waren die<br />
Bergrennen für den hessischen Autohausbesitzer<br />
eine Art zweites Wohnzimmer,<br />
aber auch auf der Rundstrecke zeigte er<br />
gelegentlich, dass er dieses Metier beherrscht.<br />
«Alles hat fast immer gepasst», sagt der<br />
gebürtige Berliner. «Nur einmal hab’ ich<br />
mich geärgert.» Das war 1976, als er im<br />
Zakspeed-Escort RS alle elf Läufe zur Deutschen<br />
Bergmeisterschaft gewonnen hatte<br />
und doch nur Vize-Champion wurde. «Der<br />
liebe Kollege Struckmann hat gegen mein<br />
Auto protestiert», rekapituliert Pohlmann,<br />
«weil der Fensterheber nicht dem Original<br />
entsprach.» Dem Einspruch wurde stattgegeben,<br />
20 Punkte gestrichen.<br />
Dafür legte er 1977 ordentlich nach und<br />
holte sich, wieder mit Zakspeed, den Tourenwagen-Titel<br />
innerhalb der Berg-EM. Im<br />
Anschluss verkaufte er das Meisterauto an<br />
Berg-Löwe Herbert Stenger, mit dem er<br />
auch heute noch regen Kontakt pflegt.<br />
Rückblickend mag Pohlmann bis auf das<br />
unschöne Protesterlebnis keine Sekunde<br />
Verwegener Drift: Pohlmann 1975 im Zak-Escort beim Bergpreis Neuffen<br />
237<br />
missen, «vor allem die Jahre mit Ford und<br />
Zakspeed waren traumhaft». Aufgehört<br />
hat er letztlich wegen des Alters. «Ich<br />
habe gemerkt, dass ich mit den Jungen<br />
nicht mehr so richtig mithalten kann.»<br />
Kerngesund und topfit lebt Jürgen Pohlmann<br />
zusammen mit seiner Familie (verheiratet<br />
seit 1966 mit Brigitte, ein Sohn,<br />
37) als Ruheständler im oberhessischen<br />
Gelnhausen. Seine Freizeit füllt der 66-<br />
Jährige mit nicht alltäglichen Hobbys aus:<br />
Je nach Jahreszeit hilft er spasseshalber<br />
auf einem benachbarten Bauernhof und<br />
treibt den Fendt-Traktor zu immer neuen<br />
Höchstleistungen an. Und wenn mal wieder<br />
irgendwo in Europa Menschen durch<br />
eine Naturkatastrophe in Not geraten sind,<br />
schwingt er sich mit Freunden in einen<br />
LKW und bringt Hilfsgüter in die Krisenregion.<br />
Zeit für Rennbesuche bleibt auch noch<br />
– so zählen die 24 Stunden am Ring alljährlich<br />
zum Pflichtprogramm. Für die Zukunft<br />
wünscht sich Pohlmann, nicht mehr<br />
so oft an Gräbern alter Weggefährten (wie<br />
zuletzt Willi Bartels) stehen zu müssen.<br />
Und mehr Kontakt mit den Kumpels von<br />
früher. Da kann MSa helfen – wir empfehlen<br />
das kommende «Hallo, wie geht’s?»-<br />
Klassentreffen am 3. Dezember 2005 im<br />
Rahmen der Motorshow Essen.<br />
Einsatz im Traktor: Pohlmann 2005
238<br />
Rensing, Otto (MSa 05/2005)<br />
Karriere mit Knick<br />
tto Rensing hatte es wirklich nicht<br />
Oleicht: Im Kart musste er sich mit Senna,<br />
Bellof und Frentzen rumschlagen, in<br />
der Formel Ford raufte er mit Ratzenberger,<br />
Herbert und Hill, in der Formel 3 machten<br />
ihm Schumacher, Häkkinen und Co. die<br />
Hölle heiss, und im Tourenwagen kämpfte<br />
er gegen Berger, Ravaglia und Walkinshaw.<br />
Zweimal war er deutscher Kart-Champion,<br />
dann Junior im BMW-Werksteam und Sieger<br />
der 24 Stunden Nürburgring. Danach<br />
VW-F3-Werkspilot, zweimal Vizemeister,<br />
Formel-1-Testfahrt mit Benetton.<br />
Beste Voraussetzungen, um in die Top-<br />
Liga aufzusteigen. Und doch geriet die<br />
hoffnungsvolle Karriere ins Stocken, «weil<br />
viele Dinge leider nicht so ideal liefen».<br />
Frustriert zog der Rheinländer aus Jüchen<br />
schliesslich 1993 die Notbremse und<br />
steckte nach insgesamt acht Kart- und<br />
neun Automobilsport-Jahren auf. «Es gab<br />
Situationen, wo ich mich einfach nur verarscht<br />
fühlte», sagt Rensing. «Und sicher<br />
habe ich auch ein paar Fehler auf diplomatischem<br />
Parkett gemacht.»<br />
Dennoch ist auch Positives in Erinnerung<br />
geblieben, so etwa die F3-Jahre im<br />
VW-Werksteam. «Im Team von Bertram<br />
Schäfer hat einfach alles gestimmt.» Oder<br />
die F1-Testfahrt, die Ex-BMW-Sportchef<br />
Wolfgang Peter Flohr arrangiert hatte.<br />
«Glücklicherweise hab’ ich ja was Ordentliches<br />
gelernt», sagt der gelernte<br />
Bankkaufmann mit einem Anflug von Sarkasmus.<br />
So wurde aus dem Rennprofi ein<br />
erfolgreicher Unternehmer, dem beim<br />
Sprung in die Selbstständigkeit seine Ausbildung<br />
zugute kam. Mit sicherem Gespür<br />
für lohnendes Investment nutzte er den<br />
Trend der boomenden Indoor-Kartbahnen<br />
und eröffnete vor zehn Jahren in Kaarst<br />
bei Düsseldorf die «RS Speedworld». Er<br />
setzte neue Sicherheitsstandards und<br />
konnte sich drei Jahre später über eine<br />
Auszeichnung als beste Indoor-Kartbahn<br />
Deutschlands freuen. Mit den sieben Angestellten<br />
sorgt der Chef dafür, dass der<br />
Laden weiter brummt.<br />
An den Rennstrecken draussen lässt sich<br />
der jetzt 43-Jährige kaum noch sehen, informiert<br />
sich aber noch regelmässig aus<br />
den Fachblättern Autosport und MSa über<br />
den Stand der Dinge. Mit Lebensgefährtin<br />
Claudia sowie den beiden Hunden (ein Dobermann<br />
und ein Jack-Russell-Terrier)<br />
wohnt er in Korschenbroich bei Neuss.<br />
Lust auf ein Renn-Comeback? «Wenn<br />
überhaupt», sagt Otto R. mit fester Stimme,<br />
«dann würde ich gerne einmal bei der<br />
historischen Formel 1 oder einem Klassiker<br />
wie der Mille Miglia mitfahren. Aber<br />
bitte nur ohne Stress.»<br />
Guter Rennfahrer: Rensing 1986 Guter Geschäftsmann: Rensing ’05<br />
Denkwürdige F3-Schlacht ’90 in Hockenheim: Schumacher, Häkkinen, Rensing
alentin Schäffer zählt zur alten Garde<br />
Vjener Porsche-Ingenieure, die Garant<br />
für die grandiosen Erfolge des Werksteams<br />
waren. Die meisten seiner Weggefährten<br />
sind wie er inzwischen im Ruhestand, als<br />
einer der Letzten der legendären Truppe<br />
wurde kürzlich Norbert Singer verabschiedet.<br />
Geblieben ist die Erinnerung an eine<br />
grosse Zeit, in der Porsche mit dem 917,<br />
936, 956 oder 962 das Mass der Sportwagenwelt<br />
war.<br />
Gemeinsam mit Chefkonstrukteur Mezger<br />
hat der Ingenieur von 1955 bis 1989<br />
sämtliche Porsche-Renntriebwerke mitentwickelt.<br />
«Hans hat gezeichnet, ich hab’<br />
gebaut», erinnert sich der in Ungarn geborene<br />
Techniker an «wunderbare 39 Jahre»<br />
in der Weissacher PS-Fabrik. Vor allem<br />
der 6-Liter-917/30 mit 1200-Turbo-PS hat<br />
Schäffer fasziniert. «Aus Versehen haben<br />
wir den Zwölfzylinder auf dem Prüfstand<br />
mal auf 1400 PS hochgejubelt», berichtet<br />
er feixend. «Schwungrad und Zylinderkopf<br />
sind bis an die Decke geflogen …»<br />
Wenn der kleingewachsene Mann richtig<br />
in Fahrt kommt, kann er die herrlichsten<br />
Geschichten erzählen. Schliesslich hat<br />
er mit Porsche die ganze Welt gesehen,<br />
alle historischen Erfolge (wie etwa den ersten<br />
Le-Mans-Sieg der Stuttgarter 1970<br />
durch Herrmann/Attwood im 917) miter-<br />
Karriere in Weissach: Schäffer ’65<br />
Schäffer, Valentin (MSa 13/2005)<br />
Turbo-Valentin<br />
Goldene Porsche-Ära: Schäffer, Fuhrmann, Follmer, Flegl ’72 in Riverside<br />
239<br />
lebt. Seine Lieblingspiloten waren durchweg<br />
917er-Chauffeure: Die US-Boys Donohue<br />
und Follmer, dazu Kauhsen und Siffert.<br />
Und natürlich Stefan Bellof, «der im<br />
956/962 eine Art Ausserirdischer war».<br />
Als grösste Enttäuschung entpuppte<br />
sich für den Haudegen das gescheiterte Indy-Projekt:<br />
«1979 wollten wir mit Danny<br />
Ongais die 500 Meilen fahren, da haben<br />
die Amis vor unserem Motor Angst gekriegt<br />
und schnell das Reglement geändert.»<br />
Seit 47 Jahren mit Ehefrau Ida verheiratet<br />
(zwei Kinder, Sohn Rainer, 40, ist Ingenieur<br />
bei Bosch), lebt Schäffer in Tamm<br />
bei Weissach. Hier ist auch Ex-Porsche-<br />
Rennleiter Peter Falk zu Hause, gleich um<br />
die Ecke in Weissach wohnt Werkstattmeister<br />
Herbert Linge. Einmal im Monat trifft<br />
sich der 73-Jährige mit den alten Porsche-<br />
Helden zum Stammtisch. «Da sitzen, soweit<br />
noch am Leben, jene Männer, deren<br />
Autos mal das Beste waren, was Porsche<br />
je auf die Piste gebracht hat.»<br />
Für die jungen Porsche-Ingenieure, die<br />
vielleicht irgendwann mal wieder einen<br />
Sportwagen bauen dürfen, hat Schäffer<br />
eine ernüchternde Botschaft: «Wenn der<br />
Anschluss mal verpasst ist, wird’s richtig<br />
schwer. Ein Jammer, dass Porsche von seiner<br />
einstigen Weltmachtstellung im Sport<br />
in die Bedeutungslosigkeit abgesackt ist.»<br />
Lebensabend in Tamm: Schäffer ’05
240<br />
Beherzter Drifter: Schewe 1976<br />
Schewe, Heinz Walter (MSa 30/2005)<br />
Gevatter Hibbelich<br />
einz Walter Schewe tobte 15 Jahre lang<br />
Hüber deutsche und europäische Rallyepisten.<br />
Und das, abgesehen von einem<br />
kurzen «Fremdgang» als Datsun-Werkspilot,<br />
fast durchgängig mit seiner Lieblingsmarke<br />
Porsche. «Ich war und bin ein unheilbarer<br />
Porsche-Fan, alles andere ist nix<br />
dagegen», erklärt Schewe seine ungebrochene<br />
Treue zum Klassikermodell 911. Weil<br />
sein Nervenkostüm nicht immer das stabilste<br />
war, nannte ihn die Rallyezunft auch<br />
gerne mal «Meister Rappelich» oder «Gevatter<br />
Hibbelich».<br />
Dennoch wissen seine ehemaligen Copiloten<br />
nur Gutes über den Stahlunternehmer<br />
aus Hagen zu berichten. So schwärmte<br />
Peter Linzen, der mit Unterbrechungen<br />
fast fünf Jahre neben Schewe sass, von einer<br />
sensationellen Vorstellung bei der englischen<br />
RAC-Rallye. Und Wolfgang Druba<br />
liess sich mit dem Westfalen 1976 als Deutscher<br />
Meister feiern. Auch Branchen-Primusse<br />
wie Willi-Peter Pitz oder Christian<br />
Geistdörfer wiesen dem Porsche-911-Piloten<br />
den rechten Weg.<br />
Mit rund 40 Gesamtsiegen, einem Meister-<br />
und einem Vize-Titel im Gepäck verabschiedete<br />
sich Schewe 1984 als 42-Jähriger<br />
aus der Rallyeszene, «weil die Jungen<br />
immer besser und meine Reaktionen<br />
immer schlechter wurden».<br />
Grosse Sprünge: Schewe/Ricken 1978 bei der Rallye «Köln-Ahrweiler»<br />
Nach dem Verkauf der familieneigenen<br />
Unternehmen verbringen Schewe und seine<br />
Frau Barbara (seit 43 Jahren verheiratet,<br />
zwei Töchter, 43 und 40, ein Sohn, 35,<br />
plus drei Enkelkinder) viel Zeit auf Gran<br />
Canaria. Dort hat sich die Familie in San<br />
Agustin einen Zweitwohnsitz eingerichtet<br />
und geniesst das ganzjährig milde Klima.<br />
Beim Golfen hat es der heute 63-Jährige<br />
mittlerweile auf das stattliche Handicap 7<br />
gebracht, dazu pflegt er mit Rennrad und<br />
Mountainbike die Fitness.<br />
Aber der Rallyesport beschäftigt den Ex-<br />
Champion noch immer. Abgesehen davon,<br />
dass er keine TV-Übertragung der WM-Läufe<br />
verpasst, hat sich der Porsche-Freak in<br />
knapp 700 Arbeitsstunden einen 73er-911<br />
für die Teilnahme an historischen Rallyes<br />
aufgebaut. «Das will ich demnächst ernsthaft<br />
angehen, ich freu’ mich schon auf das<br />
Wiedersehen mit alten Kumpels und lieb<br />
gewonnenen Rallyepfaden. Vielleicht kann<br />
ich ja einen meiner früheren Copiloten<br />
überreden, zu mir ins Auto zu steigen.»<br />
Und wenn es irgendwann mal die Chance<br />
gäbe, so eine Art Welt-Rallye rund um<br />
den Globus zu fahren, wäre Heinz-Walter<br />
Schewe sofort mit Begeisterung dabei.<br />
«Das wäre eine tolle Herausforderung, dafür<br />
würde ich meinen alten 911er sofort<br />
satteln.»<br />
Passionierter Golfer: Schewe ’05
Schnelle Rennfahrerin: Schmitz ’89<br />
Schmitz, Sabine (MSa 32/2005)<br />
Die Ring-Königin<br />
abine Schmitz war, ist und bleibt vor-<br />
Släufig wohl auch die schnellste Frau, die<br />
je die Nordschleife umrundet hat. Zwei Gesamtsiege<br />
im Scheid-BMW M3 bei den 24<br />
Stunden, zahlreiche Erfolge in der Langstreckenmeisterschaft,<br />
dazu an die 15 000<br />
Runden mit dem BMW-Ringtaxi. Keine ihrer<br />
rennfahrenden Artgenossinnen hat<br />
eine derart beeindruckende Ring-Bilanz<br />
vorzuweisen wie die Hotelfachfrau aus<br />
Nürburg.<br />
Für Sabine und ihre beiden ebenfalls PSinfizierten<br />
älteren Schwestern Petra und<br />
Susanne war der Ring schon im Teenie-Alter<br />
die schnellste und kürzeste Verbindung<br />
von Nürburg nach Adenau. Statt der Bundesstrasse<br />
wurde stets nur der Short Cut<br />
bis zur Ausfahrt Breidscheid genutzt.<br />
Die drei flotten Mädels von Pistenklause-Chefin<br />
Uschi Schmitz fuhren 1989 sogar<br />
mal zusammen in einem Opel Astra einen<br />
Lauf zum Langstreckenpokal. Und Anfang<br />
der 90er-Jahre starteten die drei<br />
höchst erfolgreich im Ford-Fiesta-Mixed-<br />
Cup, allerdings in getrennten Teams und<br />
mit jeweils männlichen Partnern. Die<br />
Jüngste erwies sich im innerfamiliären<br />
Renn-Wettstreit stets als die Beste. Während<br />
sich die Schwestern bald wieder aus<br />
dem aktiven Rennsport zurückzogen, gab<br />
Sabine als BMW-Werkspilotin richtig Gas.<br />
Stolze Sieger: Hannes Scheid und Sabine nach dem VLN-Titelgewinn 1998<br />
241<br />
Mit BMW arbeitet sie auch nach der aktiven<br />
Rennzeit noch zusammen. Sei es bei<br />
Präsentationen, Fahrertrainings oder ihrer<br />
Dauerbeschäftigung im «Ringtaxi». Seit<br />
elf Jahren driftet sie mit mutigen Touristen<br />
im Renntempo («so knapp 300 am<br />
Schwedenkreuz») um die Nordschleife.<br />
Eine Runde im M5 mit maximal drei Gästen<br />
an Bord kostet 175 Euro, wovon Sabine<br />
33,33 Euro als Fuhrlohn einstreicht.<br />
Die mittlerweile 36-Jährige, die während<br />
eines Ehe-Intermezzos mit einem Kieferchirurgen<br />
fünf Jahre lang Reck hiess,<br />
startet heute nur noch selten bei Rennen.<br />
Dafür gibt es andere Verpflichtungen: Ihre<br />
eigene Pension Fuchshof in Nürburg und<br />
die Pistenklause erfordern ihre Präsenz<br />
ebenso wie ein Kneipen-Engagement in<br />
der Alten Scheune in Barweiler. Dazu kommen<br />
die privaten Vorlieben für Pferde.<br />
Und seit Sabine im Besitz eines Hubschrauber-Flugscheins<br />
ist, haben sich fast<br />
alle ihre Träume erfüllt. Bei jeder Gelegenheit<br />
klemmt sie sich ins Cockpit eines<br />
Hughes 500 («der Porsche unter den<br />
Helis»). Das private Glück wird abgerundet<br />
durch Lebensgefährte Klaus, einen aktuellen<br />
VLN-Hobbyrennfahrer. «Ich kann<br />
wirklich nicht meckern», beschreibt Sabine<br />
ihre derzeitige Lebenssituation. «Alles<br />
ist perfekt, und ich bin restlos happy.»<br />
Schnelle Taxifahrerin: Schmitz ’05
242<br />
orst Schübel wollte als Teambesitzer<br />
Hstets besser, perfekter und cleverer<br />
sein als seine Kollegen. Das trieb ihn rund<br />
um die Uhr an, als der fränkische Kfz-Meister<br />
nach Beendigung seiner aktiven Hobby-Rennfahrerzeit<br />
1985 den Entschluss<br />
fasste, einen eigenen Rennstall zu gründen.<br />
Mit dem Argentinier Victor Rosso<br />
setzte er seine ehrgeizigen Pläne gleich im<br />
ersten Jahr mit dem Gewinn der Formel-<br />
Ford-2000-Meisterschaft um. Dann wagte<br />
er sich an die Formel 3, wo Bernd Schneider<br />
seinem Teamchef 1987 mit einer Rekordsiegesserie<br />
den DM-Titel und damit<br />
eine Art Ritterschlag bescherte.<br />
Als die deutsche Sporthoheit ONS (die<br />
heute DMSB heisst) den Franken mit der<br />
Durchführung der F3-Nachwuchsförderung<br />
beauftragte, galt das Team bereits als erste<br />
Adresse. Zu den Jungtalenten, die durch<br />
Schübels Hände gingen, gehörte auch<br />
Heinz Harald Frentzen, der sich 1989 mit<br />
den Kollegen Michael Schumacher und Karl<br />
Wendlinger bis zum Finale duellierte und<br />
den F3-Titelkampf nur mit einem Punkt<br />
Rückstand verlor.<br />
Auch Alfa Romeo wählte Schübels Rennstall<br />
1993 beim DTM-Einstieg als zweites<br />
Einsatzteam neben Alfa Corse aus. Die Piloten,<br />
die ihm in den vier Jahren bis zum<br />
Ende der ITC 1996 zugewiesen wurden, gli-<br />
Vom Erfolg verwöhnt: Schübel ’92<br />
Schübel, Horst (MSa 46/2005)<br />
Der Ehrgeizling<br />
chen einer Starparade: Christian Danner,<br />
Kris Nissen, Michael Bartels, Michele Alboreto,<br />
Gabriele Tarquini, Giorgio Francia<br />
und Andy Wallace steuerten die allradgetriebenen<br />
V6-Boliden. Dass Nissen und<br />
Danner jeweils sein Heimrennen auf dem<br />
Norisring gewannen, machte den Nürnberger<br />
besonders stolz.<br />
An der Noris musste er allerdings auch<br />
den grössten Schock verarbeiten, als 1988<br />
der für sein F3-Team startende Ungar Csaba<br />
Kesjar im Abschlusstraining tödlich verunglückte.<br />
Nach zähem STW-Engagement<br />
als Ford-Mondeo-Werksteam und einem<br />
teuren Porsche-GT1-Projekt beendete der<br />
erfolgsverwöhnte Teamchef vor knapp<br />
zehn Jahren seine Renn-Aktivitäten. «Ich<br />
hatte die Schnauze gestrichen voll», gesteht<br />
Schübel. «Erst bricht die DTM zusammen,<br />
dann der Zirkus mit dem STW-Mondeo<br />
– es hat keinen Spass mehr gemacht.»<br />
Ein Rennsport-Comeback mag der mittlerweile<br />
54-Jährige trotzdem nicht ausschliessen,<br />
zumal die Infrastruktur von<br />
Schübel Engineering nach wie vor existiert.<br />
Der zweifache Familienvater, der seit<br />
31 Jahren mit Gisela verheiratet ist, vertreibt<br />
sich die Zeit bevorzugt beim Segeln<br />
und unternimmt überdies «ernsthafte Versuche,<br />
Gewicht, Blutdruck und Cholesterin<br />
etwas runterzufahren».<br />
Comeback im Visier? Schübel 2005<br />
Erste Adresse für den Nachwuchs: Frentzen im Schübel-Dallara-Formel 3
ieter Selzer hat zwar über einen Zeit-<br />
Draum von 20 Jahren mehr oder weniger<br />
erfolgreich die verschiedensten Renn-<br />
Tourenwagen bewegt, aber richtig berühmt<br />
wurde er nur in einem Auto – dem<br />
Ford Escort in allen Variationen. So galt<br />
der Lockenkopf aus Dillingen im Saarland,<br />
im Hauptberuf bei Ford als Testfahrer engagiert,<br />
beispielsweise im schwarzen Escort<br />
RS des Berkenkamp-Teams aus Worms<br />
als nahezu unbezwingbar.<br />
Seine beste Zeit hatte der gelernte Kfz-<br />
Meister zwischen 1979 und 1983. Zweimal<br />
gewann er den hoch dotierten Ford-Sportpokal<br />
für Privatfahrer und holte sich quasi<br />
als Sahnehäubchen mit den Kollegen<br />
Wolfgang Wolf und Matthias Schneider im<br />
RS 2000 den Gesamtsieg bei den 24 Stunden<br />
auf dem Nürburgring. Immerhin verbliesen<br />
die drei Underdogs ihre hubraumstärkere<br />
Konkurrenz gleich reihenweise.<br />
Darüber, dass es in der Deutschen Rennsport-Trophäe<br />
(DRT) gleich zweimal hintereinander<br />
nur zur Vizemeisterschaft gereicht<br />
hat, ärgert sich Selzer noch heute.<br />
«Jedes Mal hat mich am Ende die Technik<br />
im Stich gelassen. Wenn du acht Rennen<br />
am Stück gewinnst und dann viermal hintereinander<br />
ohne eigenes Verschulden<br />
ausfällst, bleibt nur Frust.» Dennoch konnte<br />
sich der Saarländer, als er seine ganz<br />
Rennfahrer: Dieter Selzer 1980<br />
Selzer, Dieter (MSa 42/2005)<br />
Escort-Schreck<br />
Ein Mann gibt Gas: Selzer im Escort RS2000 1978 auf dem Nürburgring<br />
243<br />
persönliche Bilanz zog, über rund 200<br />
Renn- und Rallye-Siege freuen.<br />
Ende der Saison 1984 gab Selzer Rennerei<br />
und Ford-Testfahrerjob zugunsten einer<br />
eigenen Betriebsgründung («Selzer<br />
Autotechnik & Ford Tuning») auf. Das Unternehmen<br />
existierte gut zehn Jahre, bevor<br />
es wieder aufgelöst wurde.<br />
Vom technischen Wissen und der Fahrkunst<br />
des inzwischen 58-jährigen ehemaligen<br />
Rennfahrers profitiert seit einigen<br />
Jahren Mercedes-Tuner Ingvar Carlsson im<br />
saarländischen Merzig. Dort hat Selzer einen<br />
Teilzeit-Job als Testfahrer und Abstimmungs-Experte,<br />
ausserdem bewegt er das<br />
Carlsson-Renntaxi bei sportiven Kunden-<br />
Events.<br />
Dieses Engagement half Selzer auch<br />
über private Probleme hinweg, die durch<br />
«einen wüsten und zähen Rosenkrieg mit<br />
meiner ersten Frau» ausgelöst worden waren.<br />
Zusammen mit seiner heutigen Lebensgefährtin<br />
Marlene lebt der Vater zweier<br />
Töchter (21 und 10 Jahre alt) in seiner<br />
Heimatstadt Dillingen.<br />
Nur zu gerne würde der Escort-Schreck<br />
von einst noch mal beim 24-Stunden-Rennen<br />
in der Eifel oder in der Youngtimer-<br />
Trophy antreten. «Natürlich am liebsten in<br />
einem Escort zusammen mit alten Ford-<br />
Freunden.»<br />
Testfahrer: Dieter Selzer 2005
244<br />
Erfolge mit Opel: Smolej 1975<br />
Smolej, Walter (MSa 07/2005)<br />
Ein Glaserl zuviel<br />
alter Smolej hätte 1983 eigentlich<br />
Wallen Grund zum Jubeln gehabt: Als<br />
Krönung zwölf harter Rallyejahre mit BMW,<br />
Opel, Audi und Ford stand am Ende einer<br />
traumhaften Saison im Escort RS endlich<br />
der ersehnte Titel in der Deutschen Rallye-<br />
Meisterschaft.<br />
Die Freude währte nicht lange, denn<br />
plötzlich wurde die dumme Geschichte mit<br />
dem Verlust des deutschen Führerscheins<br />
publik. Ein paar Glas Rotwein, 0,9<br />
Promille, Lappen für neun Monate weg.<br />
Nach den damaligen Bestimmungen der<br />
ONS (heute DMSB) bedeutete Führerscheinentzug<br />
automatisch auch Lizenzverlust.<br />
Der findige Österreicher mit Wohnsitzen<br />
in beiden Ländern besorgte sich «in<br />
der festen Überzeugung, lediglich gesetzliche<br />
Möglichkeiten konsequent zu nutzen»<br />
aus seinem Heimatland sowohl<br />
Führerschein als auch Lizenz und fuhr<br />
damit fröhlich die Saison zu Ende.<br />
Die deutsche Sporthoheit sah den Fall<br />
ganz anders und drängte Smolej zunächst<br />
zum freiwilligen Verzicht, bevor ihm der<br />
Titelgewinn von Amts wegen aberkannt<br />
wurde. Die Opel-Besatzung Weber/Wanger<br />
rückte als Meister nach, Smolej beendete<br />
frustriert seine Laufbahn, und Copilot<br />
Werner Hohenadel hat seinem Fahrer den<br />
Lapsus bis heute nicht recht verziehen.<br />
Bis zum abrupten Ende hatte der<br />
Elektrotechniker aus Villach als einer der<br />
Stars in der deutschen Rallyeszene gegolten.<br />
Er brillierte im Opel-Irmscher-Team,<br />
brachte als Audi-Testfahrer die quattro-<br />
Entwicklung voran und schaffte in etwa<br />
100 Rallyes an die 50 Siege. «Ein Jammer»,<br />
befand sein Ex-Teamchef Günther Irmscher<br />
(†) damals, «dass dieser hochtalentierte<br />
Mann dem Rallyesport auf diese Weise verloren<br />
gegangen ist.»<br />
Stattdessen kümmerte sich Smolej um<br />
den Abschluss seines Ingenieurs-Studiums<br />
und machte anschliessend bei Siemens-<br />
Infineon in Villach als Elektronik-Spezialist<br />
Karriere. Erst neuerdings findet der inzwischen<br />
55-Jährige über Historic-Events<br />
wieder Annäherung zum Rallyesport. So<br />
bestritt er kürzlich mit ams-Chefredakteur<br />
Bernd Ostmann die Oldtimer-Rallye Vorderpfalz<br />
in einem 76er-Kadett. Ansonsten<br />
ist der Ex-Rallye-Profi vernarrt in Sohn<br />
Marco aus erster Ehe, die nach 22 Jahren<br />
zerbrach. Und auch seine Hobbys Motorrad-<br />
und Skifahren kommen nicht zu kurz.<br />
Bei der Vorderpfalz Classic auf den<br />
Geschmack gekommen, möchte Smolej mit<br />
seinem Kumpel Ostmann gerne wieder<br />
öfter starten. «Nur bei den Historischen»,<br />
bemerkt er. «Bei den Jungen kann ich leider<br />
nicht mehr mithalten.»<br />
Spass mit dem Sohn: Smolej heute<br />
Wilder Drift: Smolej/Pitz im Irmscher-Ascona ’75 bei der Nordland-Rallye
ünther Warthofer zögert nicht lange,<br />
Gwenn er nach seinem Lieblingsfahrer<br />
gefragt wird: «Eindeutig der Johnny Cecotto»,<br />
schwärmt der frühere Teamchef.<br />
«Wir hatten tolle Jahre miteinander und<br />
wollten beide den absoluten Erfolg.» Eigens<br />
für den extrem erfolgsorientierten<br />
und bisweilen schwierigen BMW-Piloten,<br />
der bekanntlich keine fremden Götter neben<br />
sich duldete, liessen die BMW-Verantwortlichen<br />
in München 1992 das «Fina<br />
BMW Team» mit Sitz am Nürburgring auf<br />
die Beine stellen. Warthofer, altgedienter<br />
Ford-Mann der Kölner Rennabteilung und<br />
später noch viele Jahre bei Zakspeed, wurde<br />
mit der Leitung beauftragt.<br />
Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten:<br />
Gesamtsieg beim 24-h-Ring-Klassiker<br />
noch im Gründungsjahr, Sieger im ADAC-<br />
GT-Cup 1993, STW-Meister 1994. Alles mit<br />
Cecotto, wohlgemerkt. Aber es gab auch<br />
andere Aufgaben zu lösen. Etwa den Angriff<br />
auf den belgischen Tourenwagen-Titel,<br />
den er 1997 mit Didier de Radigues errang.<br />
Oder der verwegene Plan, mit einem<br />
BMW 320 Diesel die 24 Stunden zu gewinnen.<br />
1998 schaffte er es im zweiten Anlauf<br />
mit dem Quartett Stuck/Duez/Menzel/Bovensiepen.<br />
Dies war Warthofers letzter grosser<br />
Streich, danach ging die Ära des Fina-<br />
Ford-Jahre in Köln: Warthofer ’72<br />
Warthofer, Günther (MSa 11/2005)<br />
Johnny be good<br />
Erfolgs-Allianz: Johnny Cecotto und Teamchef Warthofer 1992 in Brünn<br />
245<br />
BMW-Teams zu Ende. BMW verlagerte die<br />
Gewichtung der Sportaktivitäten auf die<br />
Formel 1, die Anzahl der im Werksauftrag<br />
operierenden BMW-Teams wurde reduziert.<br />
«Ich habe noch ein Jahr mitgeholfen, den<br />
320i für die DTC weiterzuentwickeln», sagt<br />
Warthofer wehmütig. «Dann war leider<br />
Schluss, das Team wurde aufgelöst.»<br />
Der Marke BMW ist der erfolgreiche<br />
Teamchef (fünf Titelgewinne, zwei 24-h-<br />
Siege) trotzdem bis heute treu geblieben.<br />
Am Nürburgring leitet er für die sportliche<br />
BMW-Tochter M-GmbH das Testcenter mit<br />
den Dauererprobungsprogrammen für die<br />
M-Modellreihen auf der Nordschleife. «Immerhin<br />
ist so der Kontakt zu meiner Lieblingsrennstrecke<br />
noch da», freut sich der<br />
jetzt 55-Jährige. «Hier haben wir unsere<br />
grössten Siege gefeiert.»<br />
Zwar mischt er sich bestenfalls noch bei<br />
Nürburgring-Events unters Rennvolk, aber<br />
der Kontakt zu Cecotto und anderen Freunden<br />
aus der DTM- und STW-Zeit ist nie abgerissen.<br />
«Am Ring trifft man schliesslich<br />
alle und jeden.» Ansonsten verbringt Warthofer<br />
seine Wochenenden bei der Familie<br />
(seit 35 Jahren verheiratet mit Heidi, eine<br />
Tochter, 32, einjähriges Enkelkind) in<br />
Übach-Palenberg bei Aachen. Die Frage<br />
nach Hobbys beantwortet der Vollblut-<br />
Racer kurz und knapp: «Mein Beruf.»<br />
M-Testchef am Ring: Warthofer ’05
246<br />
ans-Jörg Weick zögert nicht, wenn er<br />
Hnach seinen schönsten Motorsport-<br />
Jahren gefragt wird. «Die alte DTM»,<br />
schwärmt der Ex-ITR-Geschäftsführer,<br />
«dafür müsste ich dem ‹Alten› eigentlich<br />
ewig dankbar sein.» Der «Alte», wie er den<br />
immer noch amtierenden Präsidenten der<br />
DTM-Dachorganisation ITR liebe- und respektvoll<br />
nennt, ist Hans Werner Aufrecht,<br />
für den Weick eine Art rechte Hand war.<br />
Über Hobby-Jobs als Zeitnehmer im Liqui-Moly-Team<br />
(Manfred Winkelhock, Rolf<br />
Stommelen) und in der Ford-Werksequipe<br />
kam der Luftwaffen-Fluglotse, Handballbundesliga-Schiedsrichter<br />
und Stadtrat<br />
seiner Heimatgemeinde Leipheim 1984 als<br />
einer der ITR-Mitbegründer zur DTM. Zuerst<br />
als ehrenamtlicher Mitstreiter, dann<br />
als hauptberuflicher Geschäftsführer.<br />
Bei ihm liefen alle Fäden zusammen: Als<br />
treuer Diener seines Herrn arrangierte, verhandelte,<br />
plante, regelte und rackerte er<br />
für seine heiss geliebte DTM, war morgens<br />
um sechs der Erste und nachts um zwölf<br />
der Letzte im Fahrerlager. Anfangs zahlte<br />
er sogar noch das Preisgeld an Fahrer und<br />
Teams in bar aus. «Von der Erinnerung an<br />
diese herrlich unkomplizierten Jahre<br />
zehrst du ein halbes Leben – allein die<br />
vierstündige Ehrenrunde auf der Nordschleife<br />
und die Abschlusspartys im<br />
Macher in der DTM: Weick 1988<br />
Weick, Hans-Jörg (MSa 15/2005)<br />
DTM-Frontmann<br />
Fels in der Brandung: Weick 1992 am Vorstart des Norisring-Rennens<br />
Schwetzinger Schloss waren unglaublich<br />
schöne Erlebnisse.»<br />
Kein Wunder, dass mit dem Ende der<br />
DTM/ITC 1996 für den engagierten Frontmann<br />
eine Welt zusammenbrach. «Ich<br />
habe geheult», gibt er unumwunden zu.<br />
Umso betrübter war Weick, als seine<br />
Dienste beim Start der neuen DTM nicht<br />
mehr benötigt wurden. Warum, hat er nie<br />
erfahren. «Vielleicht gibt es im modernen<br />
ITR-Management keinen Platz mehr für so<br />
nostalgisch veranlagte Typen wie mich»,<br />
sagt er mit bitterem Unterton. Auch ein<br />
Job als Geschäftsführer der ADAC Motorsport<br />
GmbH machte ihn nicht glücklich. So<br />
marschierte der heute 60-Jährige 2003 in<br />
den vorgezogenen Ruhestand, ohne freilich<br />
die Hoffnung aufzugeben, dass seine<br />
35 Jahre Motorsport-Erfahrung vielleicht<br />
doch noch mal gefragt sein könnten.<br />
Ansonsten ist er mit Begeisterung Opa<br />
(fünf Enkel), Vater (Sohn, 35, und Tochter,<br />
30) sowie Ehemann (mit seiner Christa<br />
ist er seit 38 Jahren verheiratet). Zumindest<br />
eine familiäre Bindung zur DTM<br />
existiert noch: Tochter Katja, früher selbst<br />
ITR-Mitarbeiterin, ist mit Abt-Werkstattleiter<br />
Frank Link verheiratet. Und die zweite<br />
Schiene zur DTM heisst MSa: «Jeden<br />
Dienstag warte ich nervös auf die neuesten<br />
Nachrichten.»<br />
Frührentner wider Willen: Weick
Siege im Ferrari: Weiland 1968<br />
Weiland, Richard (MSa 17/2005)<br />
Vatikans-Juwelier<br />
ichard Weiland hat über ein halbes<br />
RJahrhundert in seiner Heimatstadt<br />
Mainz gleich in dreifacher Hinsicht ein<br />
Stück Gesellschafts- und Sportgeschichte<br />
geschrieben: Als langjähriger «Zeremonienmeister»<br />
der berühmten ARD-Karnevals-<br />
Sitzung «Mainz bleibt Mainz», als exklusiver<br />
Juwelier und Goldschmied und als typischer<br />
Hobby- und Herren-Rennfahrer.<br />
Seit 1957 bereicherte der Liebhaber edlen<br />
Renngeräts Rundstrecken- und Berg-Wettbewerbe.<br />
Seine silbergrauen und roten Ferrari<br />
250 und 275 GTB gehörten vor allem<br />
beim Schauinsland-Bergpreis regelmässig<br />
zum Startfeld – allein hier erkämpfte er<br />
sich sechs Klassensiege.<br />
Neben zwei Vize-Bergmeisterschaften<br />
gelangen ihm mehr als 60 Siege, bevor er<br />
1980 die Bühne wechselte und sich dem<br />
historischen Motorsport zuwandte. Seither<br />
bestreitet Weiland pro Jahr bis zu zehn<br />
Oldtimer-Events, darunter die Mille Miglia<br />
(im Jaguar SS 100) und die Tour de France<br />
(im 300 SL Flügeltürer).<br />
Das Schmuckstück seiner Sammlung<br />
historischer Rennautos ist der Original-Lotus<br />
24 F 1 von Jo Siffert. Mit diesem Juwel<br />
startet Weiland bei historischen F1-<br />
Veranstaltungen genauso wie mit einem<br />
Lister-Jaguar oder dem McLaren M1B bei<br />
Sportwagen-Wettbewerben.<br />
Leichtbau-Version: Weiland 1968 im Ferrari 275 GTB 4 am Schauinsland<br />
247<br />
Mit seinen Juweliersarbeiten hat er<br />
Weltruf erlangt. So fertigte er für den Papst<br />
in Rom das Brustkreuz und fürs Vatikan-<br />
Museum das «Auge Gottes». Auch eine<br />
Nachbildung der deutschen Kaiserkrone,<br />
die anlässlich des 1000-jährigen Jubiläums<br />
des Mainzer Doms aufgelegt wurde,<br />
stammt von ihm. Überdies hat er zwei Bücher<br />
über die Goldschmiedekunst geschrieben,<br />
ein drittes («Strahlen der Hoffnung»)<br />
ist in Arbeit.<br />
Trotz der beruflichen und sportlichen<br />
Erfolge hat Weiland auch ein Negativ-Erlebnis<br />
verarbeiten müssen. Vor drei Jahren<br />
wurde er Opfer eines brutalen Raubüberfalls,<br />
bei dem die Banditen ihn im<br />
Glauben liessen, der angelegte Sprengstoffgürtel<br />
könne jederzeit per Fernzündung<br />
aktiviert werden, wenn er die Polizei<br />
ruft. «Der schlimmste Tag meines Lebens»,<br />
beschreibt Weiland die 17 Stunden<br />
Todesangst vom Dezember 2002. Inzwischen<br />
hat der 70-Jährige das schreckliche<br />
Kapitel verarbeitet. «Meine Oldtimer und<br />
der Sport haben mir sehr geholfen.»<br />
Richard Weiland, ein echter «Määnzer<br />
Bub», bekennender Junggeselle und seit<br />
55 Jahren Mitglied des Karnevalvereins<br />
«Mainzer Carneval Club» (MCC), denkt<br />
noch längst nicht ans Aufhören – weder<br />
als Juwelier noch als Oldtimer-Pilot.<br />
Erfolg mit Oldtimern: Weiland ’04
248<br />
Vollgas mit Abarth: Weiss 1971<br />
Weiss, Karl Ludwig (MSa 09/2005)<br />
Der Abarth-Pfälzer<br />
arl Ludwig Weiss hätte 1972 fast jenes<br />
KKunststück fertig gebracht, das nur wenigen<br />
deutschen Motorsportlern geglückt<br />
ist: Im selben Jahr die Berg- und Rundstreckenmeisterschaft<br />
zu gewinnen. Wegen<br />
eines einzigen Ausfalls reichte es auf<br />
der Rundstrecke aber nur zum Vize, während<br />
der Berg-Titel nie gefährdet war. Zusätzlich<br />
ging das Rekordjahr für den Abarth-1000-Mann<br />
mit der erfreulichen Erkenntnis<br />
zu Ende, nur Siege erreicht zu haben<br />
und ungeschlagen geblieben zu sein.<br />
Und das bei Gegnern wie Johann Abt<br />
und Hans Hessel (beide Abarth) sowie dem<br />
wilden NSU-TT-Trio Siggi Spiess, Franz<br />
Waldhier und Willi Bergmeister. «Eine verdammt<br />
schöne Zeit war’s», erinnert sich<br />
Weiss. «Wir hatten gigantische Rennen,<br />
haben uns bekämpft wie die Bekloppten<br />
und dabei noch tierischen Spass gehabt.»<br />
Ein Jahr später freilich musste der siegverwöhnte<br />
Junior-Chef eines Fiat-Autohauses<br />
lernen, was es heisst, als Privatier<br />
zwischen die Fronten der beinhart kämpfenden<br />
Werksteams von Ford, BMW und<br />
Porsche zu geraten. Weiss hatte sich für<br />
die Profi-Liga Rennsportmeisterschaft<br />
entschieden, trat im Capri RS von Ford-<br />
Tuner Bernhard Grab an. Am Ende musste<br />
er frustriert feststellen, dass im Vergleich<br />
zur sorglosen Abarth-Zeit «alles viel erns-<br />
Hoch das Bein: Abarth-Artist Weiss 1972 im Schöller-S des Norisrings<br />
ter, hektischer und teurer» war. Als magere<br />
Ausbeute blieben ein vierter sowie zwei<br />
fünfte Plätze und Gesamtrang 11.<br />
Diese Erfahrung und nur noch schwer<br />
aufzutreibende Sponsorgelder als Nachwirkungen<br />
der Ölkrise bewogen den kühlen<br />
Rechner, dem Rennsport nach neun<br />
Jahren mit rund 80 Siegen im Handgepäck<br />
adieu zu sagen. Stattdessen brachte sich<br />
der Grosshandelskaufmann und Kfz-Mechaniker<br />
verstärkt im Landauer Familienbetrieb<br />
ein und verkaufte tüchtig Fiat und<br />
Lancia. «Heute haben wir ein Umsatzvolumen<br />
von rund 250 Autos im Jahr, unser<br />
Betrieb hat 25 Mitarbeiter und ist für die<br />
heutigen Anforderungen gut aufgestellt.»<br />
Der einstige Abarth-Dauersieger, seit 30<br />
Jahren verheiratet, zwei erwachsene Kinder<br />
(26, 24), hält sich mit Skilaufen, Golfen<br />
und Tennis fit. «Wenns grad passt»,<br />
sagt der 58-Jährige, «schau’ ich mir ein<br />
DTM-Rennen in Hockenheim an und treffe<br />
im Fahrerlager den einen oder anderen<br />
Weggefährten von früher.» Dazu gehört<br />
neben PS-Zauberer Spiess auch Klaus Ludwig,<br />
mit dem er im Capri RS 1973 den Tourenwagen-GP<br />
am Nürburgring bestritt. Den<br />
EM-Lauf beendeten die zwei seinerzeit als<br />
Fünfte. «Als ich aufgehört habe mit der<br />
Rennerei, hat der Klaus gerade so richtig<br />
losgelegt.»<br />
Vollgas im Geschäft: Weiss 2005
Ein Gärtner gibt Gas: Wolf 1980<br />
Wolf, Wolfgang (MSa 38/2005)<br />
Schneller Gärtner<br />
olfgang Wolf, Gärtnermeister im<br />
WHauptberuf und Rennfahrer aus Leidenschaft,<br />
bekennt rückblickend auf fast<br />
25 Jahre Motorsport: «Ich war eine Art<br />
Rennhure, weil ich überall eingestiegen<br />
bin, wo’s nix gekostet hat.» Der schnelle<br />
Mann aus Marburg wurde von diversen<br />
Teamchefs auch gerne als Pacemaker gerufen,<br />
wenn etwa der etatmässige Chauffeur<br />
zu langsam war. «Komischerweise hab’<br />
ich dann immer mit den Autos gewonnen,<br />
die angeblich nicht gingen.»<br />
Wolf fühlte sich in seiner Rolle als Vortänzer,<br />
Springer und Aushilfspilot trotzdem<br />
wohl, fuhr vom NSU TT, VW Scirocco,<br />
Audi Coupé, Porsche 944 Cup und BMW fast<br />
alles, was vier Räder und ein Dach hatte.<br />
Seine wahren Stärken spielte er auf der<br />
Nürburgring-Nordschleife aus, wo er beim<br />
Tourenwagen-GP 1975 mit Willi Bergmeister<br />
im kleinen 1,3-Liter-NSU TT sensationell<br />
auf Platz 4 fuhr. An gleicher Stelle<br />
setzte er sich fünf Jahre später erneut<br />
nachdrücklich in Szene, als er das 24-h-<br />
Rennen als Gast in einem Escort 2000 RS<br />
(Selzer/Schneider/Wolf) gewann.<br />
Sein schwerster Unfall blieb auch der<br />
einzige: Auf der Berliner Avus traf ihn ein<br />
Konkurrent breitseits, man zog ihn mit<br />
Wirbelbruch und versengtem Gesicht bewusstlos<br />
aus dem brennenden Audi. «Das<br />
Und hoch das Bein: Wolf im Audi Coupé 1984 in Zolder auf Siegesfahrt<br />
249<br />
war heftig und hätte mit weniger Glück<br />
übel ausgehen können.»<br />
Dieses Glück fehlte leider seinem Sohn<br />
Matthias, der als frisch berufener Porsche-<br />
Junior für das UPS-Carrera-Cup-Team im<br />
Frühjahr 1997 bei Tests auf dem Anneau<br />
du Rhin bei Colmar im Alter von erst 18<br />
Jahren tödlich verunglückte. Für den<br />
hochtalentierten Sohn hatte der Vater<br />
(«der wäre ein richtig Guter geworden»)<br />
1991 seine Karriere beendet, um bei den<br />
Kartrennen die Betreuerrolle zu übernehmen.<br />
Schumi-Manager Willi Weber hatte<br />
sich den Überflieger schon gesichert, als<br />
das Schicksal so grausam zuschlug.<br />
Trotzdem hegt Wolf keinen Groll gegen<br />
den Rennsport: «Auch wenn er mir meinen<br />
Jungen genommen hat, liebe ich diesen<br />
Sport noch immer. Ich kann mir sogar vorstellen,<br />
noch mal ein Talent im Kartsport<br />
an die Hand zu nehmen und aufzubauen.»<br />
Nach wie vor ist Wolf auf Ballhöhe, informiert<br />
sich über Fachlektüre und TV und<br />
hält Kontakt mit alten Rennfreunden.<br />
Zwar lebt der 55-Jährige nach dem Verkauf<br />
der Gärtnerei mit Ehefrau Anne (eine<br />
Tochter, 32) seit 1999 in Altea/E, aber<br />
demnächst will die Familie nach Deutschland<br />
zurückkehren. «Dann», verspricht der<br />
Hesse, «werde ich wieder öfter Rennen besuchen.<br />
Mal sehen, wer mich noch kennt.»<br />
Ein Hesse in Spanien: Wolf 2005
Die Geschichtsschreiber<br />
5. «Hallo, wie geht’s?»-<br />
Klassentreffen im Rahmen<br />
der Motorshow Essen 2004:<br />
Mehr als 220 Gäste versammelten<br />
sich im Ruhrpott.<br />
VON MARCUS LACROIX<br />
solch eine hochkarätige Besetzung<br />
hat manche FIA-Ehrung<br />
nicht vorzuweisen. «Le Mans<br />
History» lautete das Motto der fünften<br />
Auflage des inzwischen mit Kultstatus<br />
behafteten «Klassentreffens»<br />
unserer nicht weniger kultigen Reihe<br />
«Hallo, wie geht’s?»<br />
Und Le Mans History hatte sich fürwahr<br />
versammelt. Am Ende der von<br />
Rainer Braun gewohnt launig moderierten<br />
Interviewrunden (alleine Willi<br />
Kauhsen ist ein rhetorischer Hochgenuss!)<br />
standen 99 Sieger auf der Bühne.<br />
Von Hans Hermann über Peter<br />
Falk, Hans Mezger, Jochen Dauer und<br />
Erwin Kremer bis zu den <strong>Dunlop</strong>-<br />
Mannen Gerhard Weber und Dieter<br />
Glotzbach, die nicht weniger als 34<br />
Gesamtsieg-Autos den Grip spendiert<br />
hatten.<br />
Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich<br />
gesellte sich ebenso zu der illustren<br />
Runde wie seine Piloten Frank<br />
Biela, Rinaldo Capello (leider so heiser,<br />
dass er keinen vernünftigen Ton<br />
rausbrachte), Emanuele Pirro und<br />
Tom Kristensen. Der dänische LM-König<br />
(sechs Gesamtsiege, davon fünf in<br />
Folge) ehrte die Anwesenden zusätzlich<br />
durch den Umstand, dass er nach<br />
seiner Rückkehr vom Sebring-Test direkt<br />
nach Essen weitergefahren war.<br />
Auch die aktuellen Stars zollten<br />
den Ehemaligen Respekt. «Die Geschichte<br />
von Le Mans hat mit ihnen<br />
angefangen. Vielleicht können wir<br />
uns in ein paar Jahren dazu zählen»,<br />
so der dreimalige Sieger Biela bescheiden.<br />
Da war es zu verschmerzen, dass<br />
Jacky Ickx und Derek Bell ihre ursprüngliche<br />
Zusage zurückgezogen<br />
hatten. Beide hatten sich für ihr Erscheinen<br />
eine Gage vorgestellt. Und<br />
die gibt’s beim Klassentreffen nicht.<br />
Basta!<br />
Dafür gibt’s vielleicht bald schon<br />
die Umsetzung eines weiteren Braunschen<br />
Geniestreichs – einer Rennserie<br />
mit Namen Legend Race Drivers Challenge.<br />
Die Eckdaten: Grosse Namen<br />
aus alten Tagen, identische Autos,<br />
fünf Rennen. Hersteller (mehrere Interessenten)<br />
und Veranstaltungspaket<br />
(hallo, ITR!) sind noch nicht fix.<br />
Aber die Altstars rennen Freund Rainer<br />
schon die Bude ein …<br />
nser Dank gilt neben Brita Braun,<br />
u<br />
die einmal mehr für die gesamte<br />
Organisation des «Klassentreffens»<br />
verantwortlich zeichnete, Audi und<br />
unserem treuen Partner <strong>Dunlop</strong>, der<br />
WIGE Media AG um Peter Geishecker<br />
sowie der Messe Essen und Motorshow-Organisator<br />
Wolfgang Schöller.<br />
WIGE-Archivar Peter Hofer und seine<br />
Crew hatten einen tollen 13-Minuten-<br />
Film über die Geschichte der 24 Stunden<br />
von Le Mans zusammengestellt.<br />
Schöller fungierte erneut als Gastgeber<br />
der Abendveranstaltung. Und das<br />
alles gratis!<br />
Sowohl die Messe Essen (Schöller:<br />
«Diese Geschichte lassen wir uns<br />
nicht mehr aus den Händen nehmen»)<br />
als auch WIGE kündigten auch<br />
für das sechste Klassentreffen am 3.<br />
Dezember 2005 ihre Unterstützung<br />
an.<br />
Wobei speziell Geishecker der Entschluss<br />
sicher durch das nächstjährige<br />
Motto erleichtert wurde: «Grüne<br />
Hölle – das 24-Stunden-Rennen auf<br />
dem Nürburgring» … ◆<br />
Launige Gesprächsrunde: Rainer Braun, Kurt Bergmann, Jochen Dauer und Jochen Luck
Wir bitten um Ehrfurcht: Hier stehen exakt 99 Le-Mans-Siege gemeinsam auf der Bühne<br />
Wie immer überaus gefragt: Die Autogramme von Freddy Kottulinsky, Kurt Ahrens und Co.<br />
Versammelte Renn-Prominenz: Der <strong>Dunlop</strong>-Stand platzte bei 210 Gästen aus allen Nähten
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Uwe Alzen, Rennfahrer<br />
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