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Sind Warteschlangen giftig?<br />
An unserer Universität wurde ein Projekt zur Beantwortung dieser bisher sträflich vernachlässigten<br />
Frage gestartet, und alle Fachbereiche waren aufgefordert, sich zu beteiligen. Nebenbei ging es auch<br />
um Forschungsgelder, »Drittmittel« genannt.<br />
Die Historiker meinten, dass es<br />
heute keine Warteschlangen mehr<br />
gäbe, früher aber schon. Damit<br />
wurde die Warteschlange zur historischen<br />
Kategorie, deren Erforschung<br />
u. a. in eine History-Fernsehsendung<br />
»Hitlers Frauen in der Warteschlange«<br />
mündete. Doktoran<strong>den</strong><br />
wur<strong>den</strong> an das Thema »Die Warteschlange<br />
in der friedlichen Revolution<br />
1989 – Gift und Gegengift« gesetzt,<br />
<strong>den</strong>n dafür gab es Geld vom<br />
Forschungsverbund SED-Unrecht.<br />
Damit, so befand die Kommission<br />
der Uni, hätten die Historiker genug<br />
an der Warteschlange verdient, und<br />
so schie<strong>den</strong> sie aus dem wissenschaftlichen<br />
Wettbewerb aus.<br />
Die Philosophen erkannten sofort,<br />
dass es dieses Thema nach<br />
Schirrmachers Tod nie und nimmer<br />
ins FAZ-Feuilleton schaffen würde.<br />
Einige ältere Kollegen, die ihre Karriere<br />
mit einem Wissenschaftspreis<br />
krönen wollten, waren jedoch angefixt.<br />
Zunächst war die Frage zu<br />
klären, wo das eigentliche philosophische<br />
Problem im Begriff der<br />
»Warteschlange« liegt – (Warten als<br />
transzen<strong>den</strong>ter Zustand zwischen<br />
Geburt und Tod) oder in der Eigenschaft<br />
»giftig« (giftig im Sinne von<br />
gesundheitsschädigend oder mehr<br />
im Sinne von Schwiegermutter)?<br />
Sie konnten sich darüber nicht einigen,<br />
beschlossen aber, dieses<br />
wichtige Ergebnis in einem mehrbändigen<br />
Werk mit dem Arbeitstitel<br />
»Die Überwindung philosophischer<br />
Anthrolutionsdefizite in der Ich-Toxosphäre<br />
niederer Reptilien« festzuhalten.<br />
Alexander Schilz (2)<br />
Auf ein gewisses Interesse stieß<br />
das Thema der Warteschlange bei<br />
<strong>den</strong> IT-Wissenschaftlern und löste<br />
sofort mehrere Ideen aus. Könnte<br />
man beispielsweise Schadprogramme<br />
statt als Viren oder Wür -<br />
mer in Form von Schlangen gestalten,<br />
die sich erst bei einer bestimmten<br />
Arbeitstemperatur eines<br />
Computers aus ihrer Kältestarre<br />
lösen (daher der Begriff »Warte« -<br />
schla nge) und die daher nicht nur<br />
nicht zu entdecken, sondern auch<br />
hervorragend für Spionagezwecke<br />
geeignet wären? Dieser Vorschlag<br />
wurde allerdings sehr schnell gewinnbringend<br />
an die NSA verkauft<br />
und stand daher für das Projekt<br />
nicht mehr zur Verfügung. Ideen<br />
zur Entwicklung eines Computerspiels<br />
mit dem Titel »Giftige Warteschlangen<br />
bekämpfen« oder einer<br />
App »Selfie mit Warteschlangen«<br />
fielen durch <strong>den</strong> Forschungsplan,<br />
wur<strong>den</strong> aber von einem<br />
Start-up-Unternehmer aufgegriffen<br />
und machten ihn zum Milliardär.<br />
Das Rennen machten die Mediziner.<br />
Sie nannten ihr Projekt »Kassenärztliche<br />
und IGEL-Leistungen<br />
bei Erste-Hilfe-Maßnahmen nach<br />
dem Biss durch eine giftige Warteschlange«.<br />
Viele Aspekte waren zu<br />
berücksichtigen, vor allem die Hö -<br />
he des Honorars, aber auch Fragen<br />
hinsichtlich des Einsatzes von Akupunktur,<br />
Homöopathie, Eigenurinbehandlungen,<br />
Ayurveda oder veganer<br />
Esoterik. Zunächst wurde erwogen,<br />
das eigentliche Thema –<br />
Sind Warteschlangen giftig? – zu bearbeiten.<br />
Es erwies sich jedoch als unmöglich,<br />
Warteschlangen unter Laborbedingungen<br />
zu halten. Doch eine<br />
Broschüre mit dem Titel »Von der<br />
Warteschlange gebissen – wie Ihre<br />
Kasse Ihnen hilft« kam wenigstens<br />
heraus, und ein Sachbuch »Sex in<br />
der Warteschlange« erschien auch<br />
noch.<br />
Rainer Franke<br />
Madame de<br />
la nuit<br />
Ünter meine Bettesdeck,<br />
Wohnt mein Müschie,<br />
gleinees Goobschen.<br />
Uund griegd sie maal eine<br />
Schreeg,<br />
Graadsd sie miesch aan<br />
Meine Ortscheen.<br />
Ünd iesch ruufé: Laas daas sein.<br />
Du, daas fiend iesch<br />
Gaans gemein!<br />
Ünd iesch speer sie auf die<br />
Steele,<br />
Ien das Schüüschhrang,<br />
Bliezeesschneele.<br />
Dooch sie maachd siesch<br />
Gaaniegz draaus.<br />
Ool iesch miesch baar<br />
Schüühe raaus,<br />
Daan zeergrazd die blodde<br />
Vieh, meiner Fiehngeer,<br />
Meiner Gniie.<br />
Ünd mied ihrees scharfe<br />
Taadsen,<br />
Tüüd sie miesch Gesieschd<br />
Zeergradzen!<br />
Schreii iesch daan so,<br />
Wie der Sbies,<br />
Beisd sie Bobo ...!<br />
Fiend iesch fiees.<br />
Droodsdem bien iesch gans<br />
Endzugd,<br />
Lieeb der Müschie...<br />
Wie verruugd!<br />
Rainer Röske<br />
Anzeigen<br />
Mensch Meier,<br />
ick wollt` doch nur ne klene<br />
Bieje fahrn!<br />
42 EULENSPIEGEL 9/14