Aristoteles' Nikomachische Ethik - Leena Simon

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Lena Simon Freie Universität Berlin SS 2005 Interpretationskurs – Aristoteles’ Nikomachische Ethik Philosophie und Geisteswissenschaften Dozent: Dr. Dirk Koppelberg Matrikelnummer: nice try nice Abschlussbetrachtungen Für eine kritische Auseinandersetzung mit Aristoteles’ Nikomachischer Ethik ist es notwendig, einiges über die Entstehung des Werkes zu wissen. Die Nikomachische Ethik entstand nicht als Gesamtwerk, sondern wurde im Nachhinein aus Aristoteles’ Vorlesungsnotizen und ähnlichem zusammengesetzt. Hierin liegt eine Begründung für die mangelnde Herleitung einiger Thesen von Aristoteles. Beispielsweise greift Aristoteles den Begriff des Spiels wie aus dem nichts auf, ohne ihn zuvor innerhalb seines Gedankenspiels zu klären. Ich vermute, dass einiges, was in der Lektüre aussieht wie eine Erschleichung, in seinen Vorlesungen geklärt werden konnte: Wie begründet Aristoteles, dass für das menschliche ergon nur die Leistungen Stoffwechsel, Wahrnehmung und Verstandesleistung in Frage kommen? Hatte er in seinen Vorträgen vielleicht die Möglichkeit, diese These genauer herzuleiten? Aristoteles bringt Ideen, die ich für sehr fortschrittlich halte. So zum Beispiel die Überlegung, dass das Arbeitsergebnis viel höhere Qualität hat, wenn es mit Lust hervorgebracht wird. Dies ist eine Erkenntnis, die sogar für die heutige Zeit noch sehr fortschrittlich ist. Denn wer hat denn eingesehen, dass beispielsweise das Lernen Spaß machen sollte. Die meisten „büffeln und pauken“ und das Bildungssystem wird immer mehr auf eine straffere und damit spaßlosere Lernweise angepasst. Ein Moment in Aristoteles’ Ausführungen hat mich sehr zum Denken angeregt. Durch die unhinterfragte These, es gebe Götter, könnte Aristoteles in Gefahr geraten, nicht ernst genommen zu werden. Selbstverständlich lebte Aristoteles als Grieche mit der Mythologie der Griechen. Einen Vorwurf kann man ihm aus seinem Glauben an die Götter nicht machen. Jedoch könnte man verleitet sein, den göttlichen Aspekt zu verwenden um sein ganzes Gerüst des höchsten Gutes zum einstürzen zu bringen. Ich denke, dass Aristoteles’ Ausführungen aber auch dann einen Sinn ergeben, wenn man auf Religion als Beweis der Thesen verzichtet. Indem man die Religion als Resultat eines Bedürfnisses des Geistes ansieht, kann man auch als religionsloser Mensch letztlich auf das gleiche Ergebnis wie Aristoteles kommen. Denn in der Religion spiegelt sich das menschliche Verlangen, ja die ganze Menschheit (die die Religion erschaffen hat) wieder. Wenn die vom Geist des Menschen erschaffenen Götter, die die größte Perfektion darstellen, eine Eigenschaft besonders auszeichnet, dann ist einleuchtend, dass es sich hier um die von den Menschen am meisten Angestrebte handelt. Geben die Menschen also den Göttern die Eigenschaften, wie sie von Aristoteles beschrieben 12
Lena Simon Freie Universität Berlin SS 2005 Interpretationskurs – Aristoteles’ Nikomachische Ethik Philosophie und Geisteswissenschaften Dozent: Dr. Dirk Koppelberg Matrikelnummer: nice try nice werden, kann dieses Argument anerkannt werden, unabhängig davon, ob es die Götter gibt oder nicht. Bei Aristoteles’ Lektüre wurde ich angeregt, Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Ich bekam dabei viele Ideen, die ich in meine eigene Ethik einbauen konnte. Häufig stellte ich mir die Frage, welche Vorgehensweise ich für besser halte. Sollte ich, wie Platon, eine Utopie erstellen und erst später darüber nachdenken, wie die Gesellschaft diesen Status erreichen könnte? Oder macht es mehr Sinn, zu überlegen, wie man die jetzige Gesellschaft ändern müsste, um ein gutes Zusammenleben zu erreichen? Vieles, das ich las, kam mir so vor, als hätte ich diesen Gedanken auch schon häufig gehabt, wäre jedoch nie auf die Idee gekommen, dies so auszuformulieren. Anderes jedoch brachte mich dazu, Aristoteles kritisch zu hinterfragen. Kann Lust wirklich nur aus einer Tätigkeit heraus entstehen, deren Ziel nicht die Lust ist? Im Gesamtkontext kann ich dem zustimmen. Mein Leben dürfte nicht nur aus Lust bestehen. Um es zu erfüllen bräuchte ich auch Tätigkeiten, die ein anderes Hauptziel haben. Jedoch kann mir ein Stück Schokolade, welches ich allein wegen der Lust verzehre, oft die Glückseligkeit für den Tag retten. Auf Handlungen, die man nur der Lust wegen durchführt, wollte ich genau so wenig verzichten, wie auf die anderen. 13
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