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Neue „Spielregeln“ für studentische Hilfskräfte

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lickpunkt<br />

„An der Mimik muss noch<br />

gearbeitet werden“<br />

Virtual Guido, der erste virtuelle Gebärdensprachdolmetscher, beginnt demnächst<br />

seinen Dienst im World Wide Web<br />

ohanna surft im Internet, aber schon nach kurzer Zeit verlässt<br />

J<br />

sie wieder die Lust: Sie kann den Inhalt der Texte, die ihr angeboten<br />

werden, nicht oder nur zum Teil verstehen. Johanna ist seit Geburt<br />

gehörlos und ist eine von etwa 80.000 gehörlosen Menschen in<br />

Deutschland – einer sprachlichen Minderheit, deren Erstsprache die<br />

Deutsche Gebärdensprache (DGS) ist. Die Deutsche Gebärdensprache<br />

ist eine eigenständige visuelle Sprache, die sich in der Kommunikation<br />

zwischen Gehörlosen über die Jahrhunderte entwickelt hat. Sie hat eine<br />

komplexe Grammatik, die sich von der Grammatik der gesprochenen<br />

Sprache unterscheidet.<br />

Für Gehörlose ist (Schrift-)Deutsch<br />

eine Fremdsprache<br />

„Ich habe keine Möglichkeit, gleichberechtigt an Informationen zu<br />

kommen, da es nur wenig Material in Gebärdensprache im Internet<br />

gibt“, meint Johanna. So wie Johanna geht es vielen Gehörlosen. Der<br />

Großteil der Informationen im Internet sind lautsprachliche Texte.<br />

Für Gehörlose ist die deutsche Sprache jedoch eine Fremdsprache.<br />

Texte in Deutsch sind für Gehörlose schwer zugänglich, da die meisten<br />

von ihnen aufgrund schlechter Ausbildungsbedingungen nur eine unzureichende<br />

Schriftsprachkompetenz besitzen. Viele Gehörlose mussten<br />

die Schulzeit mit Artikulationsunterricht<br />

verbringen. Bis heute ist<br />

bilingualer Unterricht, also Unterricht<br />

in Deutsch und Gebärdensprache,<br />

an Gehörlosenschulen noch immer nicht die Regel, und viele<br />

hörende Lehrer haben keine oder nur geringe Gebärdensprachkenntnisse.<br />

Auch ist die Deutsche Gebärdensprache erst seit 2002 gesetzlich<br />

als vollwertige Sprache anerkannt. Durch den Ausschluss der Gehörlosen<br />

von der Vielfalt der Informationen im Internet ist auch deren<br />

Teilhabe an der Informationsgesellschaft bisher sehr beschränkt. Ein<br />

gleichberechtigter, barrierefreier Zugang muss jedoch allen Mitgliedern<br />

einer Gesellschaft sicher sein und wird daher inzwischen auch gesetzlich<br />

durch Behinderten- oder Gleichstellungsgesetze in verschiedenen<br />

europäischen Ländern gefordert.<br />

eSIGN und Virtual Guido, der erste<br />

virtuelle Gebärdensprachdolmetscher<br />

Das EU-Projekt eSIGN, das im September 2002 begonnen hat, greift<br />

diese Probleme auf. Ziel des Projekts (Finanzvolumen 1,7 Mio. Euro,<br />

davon rund 315.000 Euro für die Universität Hamburg) ist die Produktion<br />

von Inhalten auf staatlichen und kommunalen Websites (eGovernment-Portale)<br />

in Gebärdensprache. eSIGN will durch die Nutzung<br />

eines computeranimierten Avatars, einer virtuellen menschlichen Figur,<br />

Gebärdensprachdienste anbieten, die es gehörlosen Menschen ermöglichen<br />

sollen, zu Informationen in eGovernment-Portalen Zugang<br />

zu erhalten. Der in eSIGN entwickelte Avatar „Virtual Guido“, der erste<br />

virtuelle Gebärdensprachdolmetscher im<br />

Internet, wird schon Mitte des Jahres auf einigen<br />

Internet-Seiten zu sehen sein. Derzeit wird<br />

seine Gewebestruktur noch verbessert, denn<br />

anders als bei aus Computerspielen bekannten<br />

Avataren erfordert die Entwicklung von Avataren<br />

für Gebärdensprachkommunikation besondere<br />

Feinheiten in der Darstellung und Erkennbarkeit<br />

der Hände und der Mimik.<br />

Vom Schriftsprachtext<br />

zur Animation<br />

In Deutschland ist das Institut für Deutsche<br />

Gebärdensprache (IDGS) für die Produktion<br />

gebärdensprachlicher Inhalte einzelner eGovernment-Komponenten<br />

von hamburg.de<br />

verantwortlich. Diese Komponenten umfassen<br />

Informations- und Transaktionsdienste.<br />

Letztere beinhalten z.B. die Unterstützung<br />

beim Online-Ausfüllen von Formularen durch<br />

Erklärungen in<br />

Gebärdensprache. Informationsdienste<br />

können schematisierte<br />

Texte sein, in denen häufigen Änderungen<br />

unterworfene Informationen<br />

wie Adressen durch regelmäßige<br />

Updates automatisch erzeugt<br />

werden. Hier ist es möglich,<br />

den Avatar durch Motion Capture<br />

zu animieren: Dies liefert bewegungsrealistische<br />

Animationen, erfordert<br />

jedoch teure Hardware. Informationsdienste<br />

können auch<br />

Freiformat-Texte sein, die wir in<br />

eSIGN mithilfe eines Gebärdenspracheditors<br />

durch einen<br />

menschlichen Übersetzer generieren<br />

werden. Der Editor wird derzeit<br />

am IDGS entwickelt und basiert<br />

auf einer umfangreichen<br />

Gebärdensprach-Datenbank. Die<br />

26 yousee NR_2_2003

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