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LEBENSART<br />
Warum ich immer noch Fleisch esse<br />
Über tausend Tiere isst im Laufe<br />
seines Lebens ein jeder von uns.<br />
Warum machen wir das? Warum<br />
essen wir immer noch Fleisch?<br />
Gensoja, tierquälerische<br />
Haltung, quälerische Transporte<br />
und schließlich die Schlachtung,<br />
darauf ist uns doch der Appetit<br />
vergangen.<br />
Natürlich ist Bio besser.<br />
Aber: auch Biotiere landen letztlich<br />
im Schlachthaus.<br />
Längst<br />
haben uns doch die Vegetarier<br />
überzeugt, dass es auch ohne geht. Und<br />
erst die Veganer! Gesund, leicht und beschwingt<br />
ist die Küche ihrer international<br />
renommierten Spitzenköche. Angeblich mangelt<br />
ihnen an gar nichts. Vertrackt ist, dass sie<br />
wahrscheinlich recht haben.<br />
Also, was spricht noch für das Halten und<br />
Schlachten von Tieren?<br />
Für mich sind es im wesentlichen zwei<br />
Gründe. Der eine Aspekt ist grundsätzlicher<br />
Natur, dient der moralischen Rechtfertigung<br />
und stellt sich mit der Frage: warum rechtfertigt<br />
unser Appetit auf Gemüse das Abschneiden<br />
von Salatköpfen? Warum gibt’s da<br />
einen Unterschied?<br />
Tod und Leben gehören zusammen. Niemand<br />
kann einen Schritt tun, ohne einen<br />
Fußabdruck zu hinterlassen. Wir können<br />
nicht essen, ohne zu töten. Wir zerstören<br />
immer, auch wenn es sich „nur“ um Pflanzen<br />
handelt, die sicher genauso gerne leben wie<br />
Tiere und Menschen. Wieso sollten sie auch<br />
weniger Rechte haben? Weil Tiere höher entwickelte,<br />
dem Menschen nähere Wesen sind?<br />
Es gibt gute Gründe, mit dem Auslesen in<br />
„lebenswert“ und „weniger lebenswert“ vorsichtig<br />
zu sein.<br />
Der andere Aspekt betrifft die Ernährungssicherung.<br />
Klar, dass jeder von uns rund sieben<br />
Milliarden Erdenbürgern gut leben könnte,<br />
wenn nicht über 50 Prozent der Ernten in<br />
den Futtertrögen, sondern direkt auf unseren<br />
Tellern landen würde. Allerdings ist das rein<br />
rechnerisch Mögliche nicht immer eine wirklich<br />
taugliche Perspektive. Ich bin nicht überzeugt,<br />
ob durch eine vegetarische Lebensweise<br />
die Menschheit auf Dauer ernährt<br />
werden könnte. Ich glaube, dass dieser Zeitpunkt<br />
längst verpasst ist und vor Hunderten<br />
von Jahren lag. Wir sind schlicht zu viele, um<br />
nicht jede vorhandene Nahrungsreserve<br />
nützen zu müssen. Gemüse und Getreide<br />
wächst nicht überall, Gras dagegen fast überall.<br />
Nutzen können wir es nur über die Tiere.<br />
Gras wächst überall<br />
Was die Welt braucht, ist Vielfalt. Wenn wir<br />
sie so erhalten wollen, dass sie uns morgen<br />
noch ernähren kann, dann benötigen wir<br />
statt Chemie und Monokulturen sehr intelligente<br />
Landnutzungssysteme, die sich<br />
gegenseitig unterstützen, ähnlich wie es in<br />
traditionellen Agrarkulturen der Fall ist. Tiere<br />
sind Landschaftspfleger. Sie verhindern die<br />
Verbuschung, Versteppung und Verödung<br />
der Landschaft. Ihr Dünger und der Anbau<br />
von Futterpflanzen fördern die Fruchtbarkeit<br />
der Böden. Tiere sind, unter der Voraussetzung,<br />
dass sich Zucht, Haltung und vor allem<br />
die Bestandsgrößen nach ökologischen Richtlinien<br />
verändern, unentbehrlich für den Humusaufbau<br />
und den Bestand einer vielfältigen<br />
Kulturlandschaft, die vital und ohne<br />
unnötigen Ressourcenverbrauch unsere<br />
Ernährung sicherstellen kann.<br />
Barbarisch oder schonend<br />
Ich weiß nicht, ob wir mehr Recht haben,<br />
Pflanzen zu ernten als Tiere zu schlachten.<br />
Wir nehmen uns diese Rechte, um zu über-<br />
Lebensart | 12