15.09.2014 Aufrufe

Arbeit im Verborgenen. Hausarbeiterinnen in Lateinamerika und Weltweit.

Obwohl Hausangestellte ganz wesentliche Arbeit leisten, auf die Familien angewiesen sind, so werden sie doch seit Generationen diskriminiert und ausgegrenzt. Die einzelnen Artikel des Schwerpunktes setzen sich aus verschiedenen Perspektiven mit der Problematik auseinander. Eva Karnofsky gibt in ihrem Artikel eine Einführung in die soziokulturellen Hintergründe dieser Beschäftigungsform und in den Alltag der HausarbeiterInnen. Die Aktivistin Maritza Velasquez berichtet in einem Interview von den traditionalistischen Widerständen gegen die Ratifizierung der IAO-Konvention 189 in Guatemala. Heike Wagner geht in ihrem Artikel auf die Situation lateinamerikanischer Hausarbeiterinnen im Ausland ein. Schließlich beschreibt Joana Eink die Arbeit der nicaraguanischen Organisation MEC, die sich mit der Unterstützung der CIR unter anderem für die Rechte von Hausangestellten einsetzt.

Obwohl Hausangestellte ganz wesentliche Arbeit leisten, auf die Familien angewiesen sind, so werden sie doch seit Generationen diskriminiert und ausgegrenzt. Die einzelnen Artikel des Schwerpunktes setzen sich aus verschiedenen Perspektiven mit der Problematik auseinander. Eva Karnofsky gibt in ihrem Artikel eine Einführung in die soziokulturellen Hintergründe dieser Beschäftigungsform und in den Alltag der HausarbeiterInnen. Die Aktivistin Maritza Velasquez berichtet in einem Interview von den traditionalistischen Widerständen gegen die Ratifizierung der IAO-Konvention 189 in Guatemala. Heike Wagner geht in ihrem Artikel auf die Situation lateinamerikanischer Hausarbeiterinnen im Ausland ein. Schließlich beschreibt Joana Eink die Arbeit der nicaraguanischen Organisation MEC, die sich mit der Unterstützung der CIR unter anderem für die Rechte von Hausangestellten einsetzt.

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FOTO LINKS: CIR, FOTO RECHTS: INDYMEDIA ECUADOR<br />

Plakat e<strong>in</strong>er ecuadorianischen Demonstrant<strong>in</strong>:<br />

- Die Hausarbeit trägt auch zur Entwicklung<br />

des Landes bei<br />

- Alle haben e<strong>in</strong> Recht auf Sozialversicherung<br />

für die ihre migrierten Mütter verantwortlich<br />

seien. Es geht so weit, dass die Migration der<br />

Mütter als Gefahr für die Gesellschaft bezeichnet<br />

wird.<br />

Migration als Chance für<br />

Familien<br />

Nun ist die Trennung von der Mutter bzw. von<br />

den Eltern für viele K<strong>in</strong>der tatsächlich sehr<br />

schwierig. Viel hängt jedoch vom Alter der K<strong>in</strong>der<br />

<strong>und</strong> den Umständen ab, <strong>in</strong> denen die Migration<br />

der Mutter/Eltern erfolgt: wer sich um<br />

sie kümmert, wie häufig die Kommunikation<br />

mit den Eltern ist, die Regelmäßigkeit der Geldüberweisungen,<br />

das soziale Netz, Perspektiven<br />

der Zusammenführung oder Rückkehr <strong>und</strong><br />

außerdem – <strong>und</strong> dies wird oft nicht beachtet<br />

– von der Situation vor der Migration. Die Familien<br />

s<strong>in</strong>d nämlich oft ke<strong>in</strong> ideales Zuhause.<br />

Mónica wurde bspw. von ihrem Mann misshandelt<br />

<strong>und</strong> misshandelte selbst ihre K<strong>in</strong>der.<br />

Als ich mit ihnen <strong>in</strong> Ecuador sprach, sagten sie<br />

mir, dass es ihnen jetzt besser gehe. Sie erlitten<br />

ke<strong>in</strong>e Misshandlung mehr, die Eltern streiten<br />

nicht mehr, vielmehr gebe es gutes <strong>und</strong> reichliches<br />

Essen sowie Ruhe <strong>und</strong> Sicherheit.<br />

Wenn von den „durch die Migration<br />

zerstörten Familien“ geredet wird, gerät<br />

aber genau dies aus dem Blick: dass<br />

es auch Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der gibt, für die<br />

die Familie bereits zerstörerisch war,<br />

<strong>und</strong> dass die Frauen <strong>in</strong> der Migration<br />

e<strong>in</strong>en Ausweg aus dieser Situation gef<strong>und</strong>en<br />

haben, <strong>in</strong> der Hoffnung, so e<strong>in</strong>e<br />

Trennung durchführen <strong>und</strong> f<strong>in</strong>anzieren<br />

zu können. Die Migration von Müttern<br />

br<strong>in</strong>gt daher oft vielmehr Probleme ans<br />

Tageslicht, die bereits vor der Migration<br />

bestanden.<br />

Aber auch die strukturellen Bed<strong>in</strong>gungen<br />

als Migrant<strong>in</strong>nen beschränken<br />

die Möglichkeiten, wie Frauen<br />

über ihre Mutterschaft entscheiden<br />

können. Mónica konnte mit den Jahren<br />

ihren Aufenthaltstitel regeln <strong>und</strong> hat mittlerweile<br />

neben der ecuadorianischen auch die<br />

spanische Staatsbürgerschaft. Sie hat nun<br />

auch Rechte, konnte sich etablieren <strong>und</strong> mittlerweile<br />

s<strong>in</strong>d auch ihre drei K<strong>in</strong>der bei ihr <strong>in</strong><br />

Spanien. Sie hat geschafft, was sie <strong>in</strong> den ersten<br />

Jahren ihrer Migration so ersehnte, wenn<br />

auch nicht so schnell <strong>und</strong> e<strong>in</strong>fach, wie sie es erhofft<br />

hatte. Die Möglichkeit, ihren irregulären<br />

Aufenthalt zu regeln, ist hierfür entscheidend.<br />

In Deutschland oder Österreich wie auch <strong>in</strong><br />

anderen europäischen Ländern ist e<strong>in</strong>e Legalisierung<br />

jedoch <strong>in</strong> dieser Weise gar nicht möglich.<br />

Die Gesetzgebung verh<strong>in</strong>dert, dass aus<br />

e<strong>in</strong>er transnationalen Mutter <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Mitbürger<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e anwesende Mutter<br />

wird. Hier gilt vielmehr: e<strong>in</strong>mal irregulär, <strong>im</strong>mer<br />

irregulär, möglichst ohne K<strong>in</strong>der, flexibel<br />

<strong>und</strong> ausbeutbar.<br />

Dr. <strong>in</strong> Heike Wagner ist Kultur- <strong>und</strong> Sozialanthropolog<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> hat neben e<strong>in</strong>em Magister <strong>in</strong> Ethnologie e<strong>in</strong><br />

Diplom <strong>in</strong> katholischer Theologie. Sie schrieb ihre Dissertation<br />

über den Migrationsprozess ecuadorianischer<br />

HausarbeiterInnen <strong>in</strong> Madrid. Sie arbeitet, momentan<br />

<strong>in</strong> Elternzeit, als Abteilungsleiter<strong>in</strong> für Late<strong>in</strong>amerika<br />

<strong>und</strong> Karibik bei Misereor.<br />

presente 1/2014<br />

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