15.09.2014 Aufrufe

Arbeit im Verborgenen. Hausarbeiterinnen in Lateinamerika und Weltweit.

Obwohl Hausangestellte ganz wesentliche Arbeit leisten, auf die Familien angewiesen sind, so werden sie doch seit Generationen diskriminiert und ausgegrenzt. Die einzelnen Artikel des Schwerpunktes setzen sich aus verschiedenen Perspektiven mit der Problematik auseinander. Eva Karnofsky gibt in ihrem Artikel eine Einführung in die soziokulturellen Hintergründe dieser Beschäftigungsform und in den Alltag der HausarbeiterInnen. Die Aktivistin Maritza Velasquez berichtet in einem Interview von den traditionalistischen Widerständen gegen die Ratifizierung der IAO-Konvention 189 in Guatemala. Heike Wagner geht in ihrem Artikel auf die Situation lateinamerikanischer Hausarbeiterinnen im Ausland ein. Schließlich beschreibt Joana Eink die Arbeit der nicaraguanischen Organisation MEC, die sich mit der Unterstützung der CIR unter anderem für die Rechte von Hausangestellten einsetzt.

Obwohl Hausangestellte ganz wesentliche Arbeit leisten, auf die Familien angewiesen sind, so werden sie doch seit Generationen diskriminiert und ausgegrenzt. Die einzelnen Artikel des Schwerpunktes setzen sich aus verschiedenen Perspektiven mit der Problematik auseinander. Eva Karnofsky gibt in ihrem Artikel eine Einführung in die soziokulturellen Hintergründe dieser Beschäftigungsform und in den Alltag der HausarbeiterInnen. Die Aktivistin Maritza Velasquez berichtet in einem Interview von den traditionalistischen Widerständen gegen die Ratifizierung der IAO-Konvention 189 in Guatemala. Heike Wagner geht in ihrem Artikel auf die Situation lateinamerikanischer Hausarbeiterinnen im Ausland ein. Schließlich beschreibt Joana Eink die Arbeit der nicaraguanischen Organisation MEC, die sich mit der Unterstützung der CIR unter anderem für die Rechte von Hausangestellten einsetzt.

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Thema<br />

<strong>Hausarbeiter<strong>in</strong>nen</strong> weltweit<br />

Besenkammer mit Bett<br />

20 Jahre lang hat die Journalist<strong>in</strong> <strong>und</strong> Autor<strong>in</strong> Eva Karnofsky die Realität von<br />

HausarbeiterInnen <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika recherchiert. Zehn Jahre lang hat sie <strong>in</strong><br />

Argent<strong>in</strong>ien gelebt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige davon selbst die Dienste e<strong>in</strong>er Mucama (Bezeichnung<br />

für Hausangestellte <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien) aus Paraguay <strong>in</strong> Anspruch genommen. Diese<br />

zeigte ihr, wie die Welt aussieht, wenn man sie mit den Augen e<strong>in</strong>es Hausmädchens<br />

betrachtet, das illegal <strong>im</strong> Land lebt. TEXT: EVA KARNOFSKY<br />

E<strong>in</strong> Luxus-Apartment <strong>im</strong> Zentrum von Buenos<br />

Aires. Die Quadratmeterzahl ist üppig,<br />

ebenso die Miete. El liv<strong>in</strong>g, wie man hier<br />

das Wohnz<strong>im</strong>mer nennt, taugt zum Tanzsaal.<br />

Am Marmor wurde auch nicht gespart. H<strong>in</strong>ter<br />

der Küche allerd<strong>in</strong>gs liegt e<strong>in</strong> spartanisch ausgestatteter<br />

Raum von vielleicht zwei mal drei<br />

Metern, er bietet gerade Platz für e<strong>in</strong> Bett, e<strong>in</strong>en<br />

Stuhl <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Tisch. E<strong>in</strong>e nackte<br />

Glühbirne ist die e<strong>in</strong>zige Beleuchtung. E<strong>in</strong>e<br />

schmale Tür führt <strong>in</strong> e<strong>in</strong> w<strong>in</strong>ziges Bad, das nur<br />

aus e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Handwaschbecken <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Toilette besteht.<br />

Ob <strong>in</strong> Buenos Aires, L<strong>im</strong>a oder Rio – viele<br />

Wohnungen <strong>und</strong> Häuser der Mittel- <strong>und</strong> Oberschicht<br />

verfügen noch <strong>im</strong>mer über e<strong>in</strong> solches<br />

H<strong>in</strong>terz<strong>im</strong>mer. In diesem H<strong>in</strong>terz<strong>im</strong>mer lebt<br />

das Hausmädchen. Und kaum e<strong>in</strong>en <strong>Arbeit</strong>geber,<br />

kaum e<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>geber<strong>in</strong> zwischen Rio<br />

Grande <strong>und</strong> Feuerland plagt je das Gewissen<br />

ob dieser architektonischen Manifestation<br />

der Zweiklassengesellschaft. Fragt man nach,<br />

weshalb h<strong>in</strong>ter der Küche auf jeden Komfort<br />

verzichtet wurde, ist die Antwort fast <strong>im</strong>mer<br />

die gleiche: Nicht nötig, denn <strong>in</strong> den Häuschen<br />

oder Hütten, aus denen die Hausmädchen<br />

stammen, gibt es ihn auch nicht.<br />

<strong>Arbeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Verborgenen</strong><br />

Laut aktueller Zahlen der Internationalen <strong>Arbeit</strong>sorganisation<br />

(IAO) s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Late<strong>in</strong>amerika<br />

<strong>und</strong> der Karibik 19,6 Millionen Menschen <strong>in</strong><br />

fremden Haushalten tätig, was ungefähr 7,6<br />

Prozent aller Angestellten entspricht. In den<br />

letzten Jahren ist die Zahl deutlich angestiegen:<br />

1995 waren es nur r<strong>und</strong> 10,4 Millionen.<br />

92 Prozent der Menschen, die <strong>im</strong> Haushalt arbeiten,<br />

s<strong>in</strong>d Frauen. 26,6 Prozent aller Frauen,<br />

die e<strong>in</strong>er Beschäftigung nachgehen, arbeiten<br />

<strong>in</strong> diesem Bereich. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Brasilien sorgten<br />

2009 r<strong>und</strong> 7,5 Millionen Hausangestellte dafür,<br />

dass ihre Chef<strong>in</strong> arbeiten gehen kann <strong>und</strong><br />

die K<strong>in</strong>der trotzdem mittags ihr Essen bekommen.<br />

In Mexiko s<strong>in</strong>d 1,9 Millionen Menschen <strong>in</strong><br />

fremden Haushalten tätig.<br />

Es gibt wenig Datenmaterial über Hausmädchen,<br />

<strong>und</strong> nicht nur, weil Gewerkschaften<br />

<strong>und</strong> Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>nen sie lange Zeit vergessen<br />

hatten: Man kommt nur schwer an sie<br />

heran, denn sie arbeiten <strong>im</strong> <strong>Verborgenen</strong>,<br />

abgeschirmt durch die privaten vier Wände<br />

ihrer <strong>Arbeit</strong>geberInnen. Sie haben dort ke<strong>in</strong>e<br />

Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen, gehen oft nur am<br />

Wochenende für e<strong>in</strong> paar St<strong>und</strong>en aus dem<br />

Haus, <strong>und</strong> nur e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheit von ihnen ist<br />

organisiert. Und oftmals haben sie Angst, sich<br />

zu ihrer beruflichen Situation zu äußern, denn<br />

sie fürchten um ihren <strong>Arbeit</strong>splatz. Doch so<br />

viel ist bekannt: Ihr <strong>Arbeit</strong>stag ist gewöhnlich<br />

lang, länger als der ihrer Geschlechtsgenoss<strong>in</strong>nen,<br />

die <strong>in</strong> anderen Berufen tätig s<strong>in</strong>d. Längst<br />

nicht allen wird e<strong>in</strong> Jahresurlaub zugestanden,<br />

selbst wenn die Gesetze dies vorsehen. In allen<br />

Ländern Südamerikas rangieren sie am<br />

4 presente 1/2014

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