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Zellbasierte Assays Drug Screening<br />

Abb 2: Aufgaben und Verknüpfung der Arbeitspakete (Work Package, WP) in StemBANCC.<br />

PNS: Periphere Neuropathien, CNS: Zentralnervöse neurodegenerative- und neurodysfunktionale<br />

Erkrankungen, QC: Qualitätskontrolle<br />

die Pharmaforschung. Im Idealfall stellt ein<br />

solches Zellmodell die physiologisch und<br />

pathologisch relevanten Aspekte einer Erkrankung<br />

realistisch nach und ist zugleich<br />

HTS-kompatibel.<br />

Zellmaterial<br />

Körpereigene, differenzierte Primärzellen sind<br />

im Prinzip das ideale Ausgangsmaterial für die<br />

Entwicklung zellbasierter Krankheitsmodelle,<br />

denn sie repräsentieren am besten die gewebespezifischen,<br />

physiologischen Prozesse in<br />

vivo. Allerdings lassen sich die meisten relevanten<br />

Primärzelltypen in Zellkultur nicht oder<br />

nur schlecht vermehren. Sie sind daher nicht<br />

in der benötigten Menge und Qualität verfügbar,<br />

in der sie in der Arzneimittelentwicklung<br />

benötigt werden.<br />

Diese Limitierung wurde durch zwei Kernentwicklungen<br />

weitgehend überwunden.<br />

Erstens: Im Zuge der Forschung an humanen<br />

embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) wurden<br />

unlängst Kulturverfahren entwickelt,<br />

die diese sich selbst erneuernden Zellen in<br />

praktisch unbegrenzter Menge verfügbar<br />

machen [1,2] . Zusätzlich gelang es in zahlreichen<br />

Arbeiten, die In vitro-Differenzierung der<br />

pluripotenten Zellen in fast jeden humanen<br />

Zelltyp voranzutreiben [3] . Die Herstellung sogenannter<br />

induziert-pluripotenter Stammzellen<br />

(iPS-Zellen) [4] aus Körperzellen markiert einen<br />

zweiten Durchbruch. Dabei werden ausdifferenzierte<br />

adulte Zellen durch transiente<br />

Überexpression vier definierter Faktoren in<br />

einen pluripotenten „ES-Zellen äquivalenten“<br />

Status reprogrammiert („targeted reprogramming“).<br />

Die bahnbrechenden Verfahren zur<br />

Herstellung von iPS-Zellen helfen, die ethisch<br />

VIII | 14. Jahrgang | Nr. 3/2013<br />

bedenkliche Verwendung von Embryonen<br />

als Ursprung von hES-Zellen zu vermeiden.<br />

Zusätzlich eröffneten sie die vergleichsweise<br />

einfache Kultivierung pluripotenter Zellen aus<br />

Zellmaterial von Patienten, die an spezifischen,<br />

klinisch manifesten Erkrankungen leiden.<br />

Im Prinzip können iPS-Zellen damit als<br />

Ausgangsmaterial für die Bereitstellung<br />

großer Mengen generell jedes humanen,<br />

individualspezifischen Zelltyps dienen.<br />

Hierfür werden aus Patienten, bei denen ein<br />

Krankheitsbild gut dokumentiert ist, nach Einverständniserklärung<br />

(„informed consent“)<br />

minimalinvasiv Zellen entnommen – etwa<br />

Fibroblasten aus Hautbiopsien oder Blutzellen<br />

– und daraus iPS-Zelllinien gewonnen. Nach<br />

Expansion dienen diese zur Differenzierung<br />

gewebespezifischer, erkrankungsrelevanter<br />

Zelltypen, mit denen krankheitsassoziierte<br />

Prozesse in Zellkultur gut nachgebildet und<br />

funktionell validiert werden können. Als wichtige<br />

Kontrollen dienen hierbei iPS-Zellen und<br />

deren Abkömmlinge aus nicht erkrankten,<br />

genetisch verwandten Patienten, die keine<br />

krankheitsauslösende Genmutation tragen.<br />

Alternativ oder zusätzlich werden iPS-Zellen<br />

von verschiedenen „gesunden“ Kontrollprobanden<br />

als Vergleichspopulation herangezogen,<br />

um die Spezifität und Aussagekraft<br />

eines Zellmodells kritisch zu prüfen. Bei einem<br />

Wirkstoffscreening können dann im Prinzip<br />

sogar phänotypische Unterschiede zwischen<br />

einem krankheitsspezifischen Zellmodell im<br />

Vergleich zum „gesunden Kontrollmodell“<br />

zur Auswertung („Readout“) herangezogen<br />

werden, ohne die molekularen Grundlagen<br />

der Erkrankung (also die vermeintlichen Drug<br />

Targets) in allen Einzelheiten zu kennen.<br />

Die revolutionären Möglichkeiten dieser Technik<br />

dürfen nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

© StemBancc<br />

dass die Verfahren extrem komplex sind und<br />

die Zusammenarbeit von Klinikern, Grundlagenforschern<br />

und der Pharmaindustrie erfordern,<br />

um ihr Potential voll zu erschließen.<br />

Hier setzt StemBANCC (StemBANCC.org) an,<br />

ein von der Innovative Medicines Initiative (IMI;<br />

imi.europa.eu) gefördertes Projekt [6] . IMI ist eine<br />

Public Private Partnership der Europäischen<br />

Kommission mit dem EU-Pharmaverband<br />

EFPIA (efpia.eu). Abzielend auf die zunehmende<br />

Inzidenz von Erkrankungen einer alternden<br />

Gesellschaft, hat das Programm fünf Krankheitsgruppen<br />

ins Visier genommen. Hierzu<br />

zählen periphere Neuropathien (beispielsweise<br />

krankhafte Schmerzen und Amyotrophe Lateralsklerose),<br />

zentralnervöse neurodegenerative-<br />

und neurodysfunktionale Erkrankungen<br />

(einschließlich Migräne, Demenz, Autismus<br />

und Schizophrenie) sowie Diabetes und Patienten<br />

mit prominenter Arzneimittelallergie<br />

(„adverse drug reaction“).<br />

Ein Kernziel des Programms, das im Oktober<br />

2012 begann und forschende Pharmafirmen<br />

für fünf Jahre mit Forschern aus der Akademia<br />

zusammenbringt, ist die Isolierung und Charakterisierung<br />

von 1.500 iPS-Zelllinien – wobei<br />

jeweils drei Linien aus ingesamt 500 Patienten<br />

inklusive einer Population von Kontrollprobanden<br />

hergestellt werden sollen. Abgelegt in<br />

einer Biobank, werden diese Zelllinien weltweit<br />

der Forschung zur Verfügung stehen.<br />

Ambitioniertes Arbeitsprogramm<br />

Mit einem ambitionierten Arbeitsprogramm<br />

und 35 beteiligten Partnerorganisationen in<br />

ganz Europa (Abb. 1, Details unter www.stembancc.org)<br />

steht StemBANCC vor zahlreichen<br />

logistischen und vor allem technologischen<br />

Herausforderungen. Bei der Induktion von<br />

iPS-Zellen besteht zum einen das Problem,<br />

dass teilweise unvollständig reprogrammierte<br />

Zellartefakte entstehen, die iPS-<br />

Zellen morphologisch ähneln, die Eigenschaften<br />

ursprünglicher iPS-Linien jedoch nicht<br />

widerspiegeln. Die andere Gefahr besteht in<br />

der Induktion genomischer Veränderungen<br />

(Aberrationen) – hervorgerufen durch den Prozess<br />

der Reprogrammierung selbst oder durch<br />

die Anreicherung chromosomaler Variabilität,<br />

die bereits in den Ausgangszellen vorhanden<br />

ist. Die Inzidenz hierfür scheint vom Alter des<br />

Patienten abhängig zu sein, eventuell von der<br />

vorliegenden Erkrankung sowie vom somatischen<br />

Zelltyp, der zur Reprogrammierung<br />

verwendet wird.<br />

Außerdem wurde in jüngster Zeit eine Vielzahl<br />

von Techniken zur Induktion von iPS-Zellen<br />

beschrieben. Sie reichen von genomisch integrierenden<br />

und nicht-integrierenden viralen<br />

Genfähren über proteinbasierte Ansätze bis<br />

hin zu chemischen Wirkstoffen, die alle ihre<br />

Vor- und Nachteile haben [5] .<br />

Als Konsequenz setzt StemBANCC strikt auf<br />

die Vereinheitlichung von Methoden, um die<br />

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