Download der Gesamtausgabe (5 mb) - LMU
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WET TSTREIT<br />
P O R T R Ä T M E D A I L L E N D E R D E U T S C H E N R E N A I S S A N C E<br />
I N E R Z<br />
darüber, dass sein Bildnis zwischen denjenigen Caesars und Alexan<strong>der</strong>s<br />
sogar auf Schachteln für Kämme zu finden war.<br />
Die Medaillen dienten den Porträtierten vor allem dazu, ihr Andenken<br />
zu wahren. Sie übten auch eine dynastische Funktion aus, wenn<br />
sie an nachkommende Generationen vererbt wurden. Als Geschenk<br />
unterstrichen sie Freundschafts- und Liebesbeziehungen. Ihre Sy<strong>mb</strong>olik<br />
als Liebespfand zeigt sich beispielhaft auf <strong>der</strong> berühmten Grabmalskulptur<br />
<strong>der</strong> Margarethe von Österreich. Die Porträtmedaille mit<br />
dem Bild ihres verstorbenen Gemahls Philibert von Savoyen ist auf<br />
ihrem Kleid nahe <strong>der</strong> Brust angebracht. „Deutlicher kann in <strong>der</strong> Bildhauerei<br />
kaum ausgedrückt werden, dass die auf <strong>der</strong> Brust liegende<br />
Medaille Zeichen <strong>der</strong> innigen und ewig währenden Liebe ist“, erklärt<br />
Dr. Martin Hirsch von <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung München im<br />
Ausstellungskatalog. „Porträtmedaillen geben uns heute Aufschluss<br />
über die damaligen sozialen Verhältnisse. Sie sind Zeugnisse <strong>der</strong><br />
zwischenmenschlichen Beziehungen in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten“,<br />
sagt Walter Cupperi.<br />
LEITMEDIUM DER FRÜHEN RENAISSANCE<br />
Die Medaillen spielten eine wichtige Rolle bei <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong><br />
Porträtkunst. Selbst auf Bergkristall und Papier wurden Porträts in<br />
Medaillenform gestaltet. „Sie waren ein Leitmedium <strong>der</strong> frühen Renaissance“,<br />
sagt Cupperi. Die besten Künstler ihrer Zeit wendeten<br />
sich früh <strong>der</strong> neuen Kunstform zu, darunter die Maler Albrecht Dürer<br />
und Lucas Cranach. Die Porträts wurden häufig von Künstlern<br />
vorgezeichnet und die Medaillen dann von Bildhauern o<strong>der</strong> Goldschmieden<br />
aus Gold, Bronze o<strong>der</strong> Erz angefertigt.<br />
Anhand <strong>der</strong> Medaillen lässt sich auch viel über die damaligen Ströme<br />
<strong>der</strong> Migration und kulturellen Begegnung erfahren. So waren<br />
unter den im deutschsprachigen Raum tätigen Künstlern zum Beispiel<br />
auch viele Italiener und Franzosen. Die Medailleure waren sehr<br />
mobil. Um an Aufträge zu kommen, reisten sie etwa zu politischen<br />
Versammlungen und Fürstenhochzeiten.<br />
In <strong>der</strong> Diplomatie war die Gabe von Medaillen immer mit Kalkül<br />
verbunden. Es entwickelten sich feste Regeln, wie die Medaillen<br />
beschaffen sein sollten. Politische und religiöse Anschauungen und<br />
Ereignisse wie Schlachten spiegelten sich auf den Medaillen selbst<br />
STAATLICHE MÜNZSAMMLUNG MÜNCHEN<br />
RESIDENZ, EINGANG KAPELLENHOF, RESIDENZSTR. 1<br />
22.11.2013 BIS 15.03.2014<br />
TÄGLICH 10 BIS 17 UHR (AUSSER MONTAGS) · WWW.STAATLICHE-MUENZSAMMLUNG.DE<br />
GEFÖRDERT DURCH DIE ERNST VON SIEMENS KUNSTSTIFTUNG<br />
UND DIE EDITH-HABERLAND-WAGNER-STIFTUNG<br />
wi<strong>der</strong>. Im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t entwickelten sich Spottmedaillen, auf denen<br />
vor allem <strong>der</strong> Papst kritisiert wurde. Sie sollten schließlich die europäische<br />
Politik dramatisch beeinflussen: Im Jahr 1672 waren Medaillen<br />
„mit ungereimten spöttlichen Schil<strong>der</strong>yen“ für König Karl II. Anlass,<br />
in den Krieg gegen Holland zu ziehen.<br />
Die Ausstellung in <strong>der</strong> Staatlichen Münzsammlung, die von <strong>der</strong> Ernst<br />
von Siemens Kunststiftung, <strong>der</strong> Edith-Haberland-Wagner-Stiftung<br />
sowie Giesecke & Devrient geför<strong>der</strong>t wird, zeigt die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Medaillenherstellung aus einem geografischen Blickwinkel. Erstmals,<br />
so Cupperi, werde umfassend das kulturhistorische Spektrum<br />
<strong>der</strong> im deutschsprachigen Raum entstandenen Medaillen <strong>der</strong> Renaissance<br />
gezeigt. Diese Porträtkunst war sehr stark durch Kulturaustausch,<br />
Mobilität <strong>der</strong> Künstler und manchmal Unbeständigkeit<br />
<strong>der</strong> Produktionszentren geprägt. „Lokale Kontinuitäten und nationale<br />
Grenzen, wie sie die Rede von ‚deutschen Medaillen‘ suggeriert,<br />
waren womöglich weniger grundlegend, als in <strong>der</strong> Forschung zu<br />
diesen tragbaren Porträts üblicherweise angenommen“, erläutert<br />
<strong>der</strong> Kunsthistoriker.<br />
Bis zum 15. März 2014 werden mehr als 200 deutsche Renaissancemedaillen<br />
aus einigen <strong>der</strong> bedeutendsten Sammlungen Europas<br />
vorgestellt. Am 7. und 8. Februar 2014 wird das Institut für Kunstgeschichte<br />
zum Abschluss <strong>der</strong> Ausstellung eine Tagung mit dem<br />
Titel „Die an<strong>der</strong>e Seite. Funktionen und Wissensformen <strong>der</strong> frühen<br />
Medaillen“ veranstalten. Im Sommer 2014 wird die Ausstellung im<br />
Kunsthistorischen Museum Wien, 2015 in den Staatlichen Kunstsammlungen<br />
Dresden besichtigt werden können.<br />
■ nh<br />
http://bit.ly/1h6nnQ7<br />
http://bit.ly/1bCBnyV<br />
www.staatliche-muenzsammlung.de<br />
N R . 1 • 2014 PROFILE<br />
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