Wintersemester 2005/2006 - Universität Stuttgart
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Dr. Martin Bauer<br />
Seminar: Thomas von Aquin: Göttliches - natürliches - menschliches Gesetz.<br />
Zeit: Dienstag, 09.45 - 11.15 Uhr<br />
Raum: M 11.91<br />
Beginn: 18. Oktober <strong>2005</strong><br />
Zuordnung: A2, A3, B4, H1, LAT, LAD, Ic<br />
Der “Gesetzestraktat” in der Summa theologica I a II ae qq.90-105 hat in der Auseinandersetzung<br />
mit Thomas von Aquin in den vergangenen Jahrzehnten sehr unterschiedliche<br />
Auslegungen erfahren. In der neueren Zeit wird die theologische Einbindung und<br />
damit ein heilsgeschichtliches Verständnis wieder stärker betont. Davor gab es eine<br />
Zeit, in der man in diesem Text eine Rechts- und Staatsphilosophie sah, im weiteren<br />
Sinne geradezu eine politische Theorie. Vereinfacht kann man diese beiden Möglichkeiten<br />
des Verständnisses Ansätzen zuordnen, die von ganz unterschiedlichen Voraussetzungen<br />
ausgehen. Das frühere Verständnis gehört weitgehend in den Umkreis des<br />
Neuthomismus oder auch der Neuscholastik, die bei Thomas Antworten sehen auf Fragen,<br />
die in der Neuzeit zu zentralen Themen geworden waren. Das jüngere Verständnis,<br />
das sich in der zweiten Hälfte des 20. Jh. entwickelt hat, betont sehr viel stärker die<br />
Einbindung des Thomas in die Geistesgeschichte des Mittelalters und dadurch ergibt<br />
sich auch ein theologisches Verständnis des Gesetzestraktates.<br />
Es ist äußerst interessant, diesen Text auf dem Hintergrund ganz verschiedener Rezeptionen<br />
zu lesen und vor allem einen solchen Text als Fragen stellenden Text zu lesen.<br />
Setzt man (wie der Neuthomismus) voraus, dass die Texte des Thomas überzeitliche<br />
Antworten enthalten, dann sind diese Texte auf neue Fragestellungen nur noch “anzuwenden”.<br />
Sieht man in einem Autor früherer Zeiten eine historische Person mit ihrer<br />
Größe und ihren Grenzen, so hat man oft genug ein befremdendes Erlebnis: dieser Autor<br />
- hier Thomas - hat unsere Probleme eigentlich nicht, er hat andere. Aus dem Nachvollziehen<br />
einer historisch anders bedingten Fragestellung und der Analyse der Lösungsversuche<br />
ergibt sich die Möglichkeit, die eigene Fragestellung quasi “von außen”<br />
zu betrachten. Die eigene Position wird als historisch geworden und historisch bedingt<br />
erfahren und dadurch wird eine Distanzierung zu ihr möglich.<br />
Textgrundlage:<br />
Die deutsche Thomas-Ausgabe, hrsg. von der Philosophisch-theologischen Hochschule<br />
Walberberg bei Köln. Gemeinschaftsverlag F.H. Kerle, Heidelberg und Verlag Styria,<br />
Graz - Wien - Köln. Band 13, übersetzt und kommentiert von O.H. Pesch 1977. 48,–<br />
Euro.<br />
Es können für die Teilnehmer Kopien hergestellt werden.<br />
Einführende Literatur:<br />
Otto Hermann Pesch: Thomas von Aquin. Grenze und Größe mittelalterlicher Theologie.<br />
Mainz 1988 u.ö.<br />
Jean-Pierre Torrell: Magister Thomas. Leben und Werk des Thomas von Aquin. Freiburg<br />
1995<br />
James A. Weisheipl: Thomas von Aquin. Sein Leben und seine Theologie. Übers. Von<br />
G.Kirstein. Graz, Wien, Köln 1980.<br />
Dieses Seminar ist für Hörer fremder Fakultäten und für Gasthörer geeignet.<br />
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