Heft 3/2001: "Der Balkan: Was bringt die Zukunft?" - unhcr
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| ERITREA |<br />
ABER ES WAR IMMER EIN LEBEN AM RAND DES ERTRÄGLICHEN.<br />
DER BODEN EIGNETE SICH NICHT FÜR DEN ACKERBAU, UND DIE KARGE LANDSCHAFT<br />
GAB NICHT EINMAL BRENNHOLZ HER.<br />
UNHCR/W. RAPPEPORT/CS•ERI•<strong>2001</strong><br />
Ein Gebet vor der Abfahrt<br />
Ankunft in Tesseney<br />
auch nur Sträucher gibt. Es ist einer der<br />
heißesten Orte auf der Erde mit Tagestemperaturen<br />
von weit über 40 Grad, auf <strong>die</strong><br />
jeweils bitterkalte Nächte folgen.<br />
Anfangs verdingte Maasho sich als<br />
Handlanger auf dem Bau in der Grenzstadt<br />
Kassala. Dort ver<strong>die</strong>nte er umgerechnet 2,50<br />
Euro pro Woche. Dennoch musste <strong>die</strong> Familie<br />
Stück um Stück ihr Vieh verkaufen,<br />
um überleben zu können. Schließlich wurden<br />
sie von den örtlichen Behörden gezwungen,<br />
in eines der zahlreichen Lager<br />
umzuziehen, <strong>die</strong> in dem Gebiet eingerichtet<br />
worden waren. Im Lager Wad Sherife erhielten<br />
sie Nahrungsmittelrationen, <strong>die</strong> das<br />
Überleben sicherten, und ein kleines Stück<br />
Land. Aber es war immer ein Leben am<br />
Rand des Erträglichen. <strong>Der</strong> Boden eignete<br />
sich nicht für den Ackerbau, und <strong>die</strong> karge<br />
Landschaft gab nicht einmal Brennholz her.<br />
Zum Kochen mussten sie daher winzige<br />
Mengen Holzkohle kaufen, wann immer<br />
sie ein paar Cent gespart hatten.<br />
Auf dem kleinen Stück Land, das man<br />
ihnen zugewiesen hatte, bauten sie zwei<br />
Lehmhütten und eine Außentoilette. Mit<br />
viel Geduld und Mühe sammelten sie nach<br />
und nach kürzere Stöcke, um das Grundstück<br />
mit einem provisorischen Zaun zu<br />
umgeben. Ein Mindestmaß an Privatsphäre<br />
und Sicherheit sind wichtig in dem lauten<br />
Gewirr eines riesigen Flüchtlingslagers, in<br />
dem fast alle Not leiden und es immer<br />
wieder zu Verbrechen wie Vergewaltigungen<br />
kommt.<br />
EIN NEUES LEBEN<br />
Es gab keine Arbeit, sodass das Leben<br />
von apathisch machender Langeweile und<br />
Warten geprägt war. In <strong>die</strong>sem deprimierenden<br />
Umfeld schlossen <strong>die</strong> Maashos<br />
Freundschaften und zogen sieben Kinder<br />
groß. Als sie älter wurden, gingen <strong>die</strong><br />
Kinder fort – in <strong>die</strong> eritreische Armee, nach<br />
Kenia oder nach Saudi-Arabien. Einige verschwanden<br />
in der immer größer werdenden<br />
Flüchtlingsdiaspora und verloren den<br />
Kontakt zu ihren Eltern. Ein Sohn kehrte<br />
Anfang <strong>die</strong>ses Jahres „heim“ nach Eritrea.<br />
Ein anderer starb vor nur wenigen Monaten.<br />
Die Maashos wurden im Exil langsam<br />
alt. Immer mehr waren sie auf <strong>die</strong> Großzügigkeit<br />
von zwei verheirateten Töchtern<br />
angewiesen, <strong>die</strong> in einer nahe gelegenen<br />
Stadt lebten und ihnen Geld für Holzkohle<br />
und Lebensmittel zusteckten.<br />
Während sich das Leben in solchen<br />
Lagern nur um eines, nämlich das blanke<br />
Überleben, dreht, steht <strong>die</strong> Außenwelt<br />
nicht still. Eritrea erlangte 1993 auf friedlichem<br />
Wege <strong>die</strong> Unabhängigkeit von Äthiopien.<br />
Flüchtlinge verließen <strong>die</strong> Lager, um in<br />
ihr Herkunftsland zurückzukehren oder<br />
in anderen Ländern ein neues Leben anzufangen.<br />
Als sich <strong>die</strong> politische Lage in der Region<br />
stabilisierte, begann UNHCR als vorbereitende<br />
Maßnahme für eine mögliche<br />
Rückführung mit der Registrierung der<br />
Flüchtlinge, von denen einige seit mehr als<br />
30 Jahren von Zuhause fort waren. Die<br />
Maashos zählten zu den Ersten, <strong>die</strong> sich in<br />
<strong>die</strong> Listen eintrugen.<br />
Aber wieder kam ein Krieg dazwischen,<br />
der neue Flüchtlingsströme in <strong>die</strong> Lager<br />
brachte. Als Äthiopien und Eritrea sich<br />
gegenseitig so zermürbt hatten, dass eine<br />
Pattsituation entstanden war, mussten <strong>die</strong><br />
28 FLÜCHTLINGE NR. 3/<strong>2001</strong>