Ausgabe 7-8/2013 - ZMK-Aktuell
Ausgabe 7-8/2013 - ZMK-Aktuell
Ausgabe 7-8/2013 - ZMK-Aktuell
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Zahnheilkunde<br />
Wie viel Okklusion braucht der Mensch?<br />
Elektronische Registrierung – warum – was – womit<br />
Bereits seit den ersten Versuchen, die Bewegung des Unterkiefers durch mechanische extraorale Aufzeichnungssysteme<br />
zu erfassen, z. B. durch Walker 1886, gibt es parallel zu diesen mechanischen Überlegungen auch die<br />
Frage, welche Voraussetzungen für eine neuromuskuläre Steuerung des stomatognathen Systems notwendig<br />
sind. Unter diesem Aspekt nimmt der Autor an ausgewählten Beispielen die Beurteilung elektronischer Registriersysteme<br />
vor.<br />
Inzwischen kann durch zahlreiche Untersuchungen als gesichert<br />
angenommen werden, dass dem Kiefergelenk eine<br />
überragende Rolle im Regelkreis der neuromuskulären<br />
Steuerung nicht nur des stomatognathen Systems zukommt.<br />
Darüber hinaus beeinflusst durch entsprechende neuronale<br />
Verschaltungen das stomathognate System die gesamte<br />
Steuerung unseres Halte- und Stützapparates. Hierbei stellt<br />
sich nun die Frage, in welchem Umfang die statische und<br />
vor allen Dingen die dynamische Okklusion diesen Steuerungsprozess<br />
beeinflusst. Es konnte nachgewiesen werden,<br />
dass unter dem Einfluss einer okklusalen Veränderung<br />
auch Auswirkungen auf die Statik unserer Körperhaltung<br />
auftraten. Dies alles zeigt uns, dass der Okklusion eine<br />
bedeutende Rolle für die ungestörte Funktion des stomatognathen<br />
Systems zukommt.<br />
Ausgehend von diesen Erkenntnissen ist es daher von<br />
überragender Bedeutung, die okklusale Gestaltung von<br />
Zahnersatz so präzise wie möglich den individuellen Funktionsmustern<br />
unserer Patienten anzupassen. Hierbei muss<br />
Dr. Ulrich Wegmann<br />
Seit 1978 Mitarbeiter des Universitätsklinikums Bonn<br />
Seit 1984 Oberarzt der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik,<br />
Propädeutik und Werkstoffwissenschaften am<br />
Universitätsklinikum Bonn<br />
Referent auf Kongressen im In- und Ausland sowie eigene<br />
Kursveranstaltungen zur Funktionslehre und CMD-<br />
Therapie<br />
Tätigkeitsschwerpunkte: Implantatprothetik und Funktionsdiagnostik<br />
und -therapie (CMD); Spezialist für Prothetik<br />
der DGPro<br />
Mitglied der DG<strong>ZMK</strong>, DGPro, DGFDT, DGI, DGOI, FDI,<br />
ADEA<br />
die okklusale Führung so gestaltet werden, dass die Kiefergelenke<br />
ihre Führungs- und Steuerungsaufgaben optimal<br />
erfüllen können. Dies bedeutet u. a., dass eine übermäßige<br />
Druckbelastung der Gelenke durch eine unzureichende<br />
Abstützung der Zahnreihen in maximaler Interkuspidation<br />
verhindert wird. Darüber hinaus muss die statische Okklusion<br />
in maximaler Interkuspidation auch zu einer regelrechten<br />
Positionierung der Kondylen führen. Die Festlegung<br />
einer physiologisch optimalen zentrischen Relation und die<br />
Erfassung der individuellen Bewegungsmuster des Patienten<br />
sind folglich eine unabdingbare Voraussetzung für die Anfertigung<br />
von Zahnersatz.<br />
Der Wandel von der mechanischen zur funktionellen<br />
Bewegungssimulation | Parallel zur Entwicklung von<br />
mechanischen Aufzeichnungsgeräten zur Darstellung der<br />
Bewegungsmuster der Kondylen und des Inzisalpunktes<br />
wurde schon sehr frühzeitig begonnen, diese Bewegungen<br />
mithilfe mechanischer Geräte zu reproduzieren (Abb. 1).<br />
Dabei wurde zunächst versucht, durch eine mechanische<br />
Abbildung des anatomischen Aufbaus von Ober- und Unterkiefer<br />
diese Artikulatoren zu einem Reproduktionsgerät der<br />
Unterkieferbewegungen zu entwickeln. Im Laufe dieser<br />
seit circa 150 Jahren anhaltenden Entwicklung kam es zu<br />
unzähligen Artikulatortypen, die in ihren mechanischen<br />
Einstellmöglichkeiten jeweils sowohl den aktuellen Wissensstand<br />
ihrer Zeit als auch die feinmechanischen Möglichkeiten<br />
widerspiegelten. Parallel dazu gab es aber auch Überlegungen,<br />
ohne Berücksichtigung des anatomischen Aufbaus<br />
die Bewegungsmuster auf mechanische Führungsbahnen<br />
zu übertragen. Historische Beispiele für diese nicht-anatomischen<br />
Artikulatoren, oft auch Kaubahnträger genannt,<br />
finden wir bei Walker (1896), Wustrow (1926) (Abb. 2) und<br />
dem TMJ-Artikulator (um 1960), um nur einige zu nennen.<br />
Im Zuge der technischen Weiterentwicklung wurde seit circa<br />
1970 versucht, die mechanischen Aufzeichnungssysteme<br />
durch elektronische Messsysteme zu ersetzen. Der herausragende<br />
Vorteil dieser elektronischen Aufzeichnungsverfahren<br />
ist zweifelsohne, dass die individuellen Bewegungsmuster<br />
des Patienten in digitaler Form gespeichert werden<br />
und dadurch auch weiter bearbeitet werden können.<br />
Hierdurch ist es möglich, den gravierendsten Nachteil der<br />
mechanischen Aufzeichnungssysteme zu überwinden. Alle<br />
mechanischen Systeme sind darauf angewiesen, extraoral,<br />
d. h. an einer mehr oder weniger weit von den Kiefergelenken<br />
entfernten Aufzeichnungsposition, die Bewegungsbahnen<br />
452<br />
<strong>ZMK</strong> | Jg. 29 | <strong>Ausgabe</strong> 7-8 _______ Juli/August <strong>2013</strong>