FSB 2009 - Freizeit und Spiel
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Freifl äche Friedhof<br />
Wandel in der Bestattungskultur<br />
Mit der Veränderung der Gesellschaft geht eine Veränderung der Bestattungskultur<br />
einher. Dies erfordert neue Angebote auf allen Friedhöfen, unabhängig<br />
von der Trägerschaft durch Kirchen oder Kommunen. Kolumbarien, Baumbestattungen<br />
<strong>und</strong> andere Möglichkeiten sollten rechtzeitig eingeplant werden,<br />
um den Bedarf zeitgemäß zu decken. Wir haben schöne Beispiele gef<strong>und</strong>en.<br />
Die Feuerbestattung verdrängt immer mehr<br />
die klassische Erdbestattung – unsere Sepulkralkultur<br />
befi ndet sich im Wandel. Friedhofsbetreiber<br />
müssen sich rechtzeitig über Angebote,<br />
Flächenplanung <strong>und</strong> Kostendeckung<br />
Gedanken machen. Der Wandel ist durch vielfältige<br />
Faktoren bedingt: So kostet eine klassische<br />
Erdbestattung mit 25-jähriger Liegezeit<br />
<strong>und</strong> traditioneller Trauerfeier durchschnittlich<br />
zwischen 5.000 <strong>und</strong> 7.000 Euro – ohne Grabstein<br />
<strong>und</strong> ohne Grabpfl egekosten. Es ist leicht<br />
nachvollziehbar, dass sich das immer weniger<br />
Hinterbliebene leisten können <strong>und</strong> dass sich<br />
viele wünschen, ihre Hinterbliebenen nicht<br />
mit diesen Summen belasten zu müssen. Hinzu<br />
kommt, dass sich seit dem Wegfall des Sterbegeldes<br />
der Krankenkassen 2004 der Rahmen des<br />
zur Verfügung stehenden Geldes geändert hat.<br />
Wohl auch deshalb erfreuen sich seit einiger<br />
Zeit Billigbestattungen für unter Tausend Euro<br />
großer Nachfrage. Außerdem benötigen immer<br />
mehr Menschen eine Sozialbestattung durch<br />
die Kommunen. Zudem sind Tod <strong>und</strong> Trauer in<br />
der Leistungsgesellschaft ein tabuisierter Bereich,<br />
der eher verborgen durchlebt wird – so<br />
haben breit in der Gesellschaft verankerte Bestattungs-<br />
<strong>und</strong> Trauerrituale an Bedeutung verloren.<br />
Neue entstehen. Die Anbindung an religiöse<br />
Traditionen lässt einerseits stark nach <strong>und</strong><br />
erweitert sich andererseits um Religionen aus<br />
anderen Kulturkreisen.<br />
Man muss man sich heute auch fragen, ob lange<br />
Liegezeiten überhaupt noch Sinn machen,<br />
denn durch wechselnde Familienformen <strong>und</strong><br />
eine mobile Gesellschaft befi nden sich Angehörige<br />
oft gar nicht mehr in der Nähe des Gra-<br />
bes. Oder es gibt schlicht keine Angehörigen<br />
mehr. Kurzum: Die Gesellschaft braucht Bestattungsformen,<br />
bei denen die Kosten <strong>und</strong> der<br />
Grabpfl egeaufwand verringert sind. Professor<br />
Reiner Sörries, Direktor des Kasseler Museums<br />
für Sepulkralkultur, schrieb in Hinblick auf die<br />
Tendenzen der europäischen Friedhofskultur: „<br />
… Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis der<br />
Friedhofszwang wie in vielen anderen europäischen<br />
Ländern schwindet, oder etwa das deutsche<br />
Meisterprivileg für die Grabmalbranche<br />
fällt, <strong>und</strong> ausländische Anbieter noch aggressiver<br />
als bisher auf den Markt drängen <strong>und</strong> die<br />
Friedhofslandschaft verändern. Das <strong>Spiel</strong> der<br />
freien Kräfte wird immer turbulenter. Konzentrationen<br />
auf dem Bestattungsmarkt sind die<br />
ersten Vorboten dieser zwangsläufi g kommenden<br />
Entwicklung. Wir wissen noch nicht genau,<br />
was sie mit sich bringt, zweifellos liegen die<br />
Feuerbestattung <strong>und</strong> die Fragen der Ökonomie<br />
im europäischen Trend.“<br />
Im Trend:<br />
individuelle Bestattungsrituale<br />
Neben dem Kosten- <strong>und</strong> Grabpfl egefaktor lässt<br />
sich eine weitere Anforderung ausmachen: die<br />
Individualisierung. Einstige religiöse Rituale<br />
werden mit individuellen ersetzt. Ein Vorbote<br />
einer ganz neuen individuellen Sepulkralkultur<br />
ist das uns heute vielleicht noch als kurios<br />
erscheinende Beispiel des ersten europäischen<br />
Fußball-Friedhofes des HSV in Hamburg: Eine<br />
letzte Ruhestätte direkt am Stadion mit treppenförmig<br />
aufsteigend angeordnete Grabreihen<br />
als Miniaturstadion, Urnen in Blau-Weiß,<br />
mit der Vereinsraute verzierte Särge <strong>und</strong> die<br />
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