FSB 2009 - Freizeit und Spiel
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52 | Gesellschaft<br />
Shared Space<br />
Zukunftsmodell oder Nischenlösung?<br />
Die Idee klingt verlockend: Straßen als Raum für Alle. Es gibt keine Verkehrszeichen,<br />
keine Trennung von Fahrbahn, Radweg <strong>und</strong> Bürgersteig. Es gibt nur<br />
zwei Regeln: rechts fahren <strong>und</strong> recht vor links. Blickkontakt <strong>und</strong> Anstand<br />
regeln den Verkehr. Durch Verunsicherung <strong>und</strong> Rücksichtnahme entsteht Sicherheit.<br />
Es kommt soziales Leben auf die Straßen, die Emissionen werden<br />
verringert <strong>und</strong> die Lebensqualität allgemein gesteigert. Das sind doch gute<br />
Aussichten. Funktioniert diese Idee in der Praxis?<br />
Das Mischprinzip des Nebeneinanders von Fußgängern,<br />
Radfahrern <strong>und</strong> Autos ist im Gr<strong>und</strong>e<br />
nicht neu. Noch Anfang des 17. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
teilten sich die unterschiedlichsten Akteure den<br />
Straßenraum. Dann wurden die ersten Straßen<br />
gepfl astert <strong>und</strong> später Bürgersteige angelegt,<br />
damit das Bürgertum nicht im Schmutz der<br />
Rinnsteine gehen musste. Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
wurden erste Verkehrsregulierungen vorgenommen.<br />
Beispielsweise entstand die erste ampelgeregelte<br />
Fußgängerfurt. 1905 veröffentlichte<br />
Eugène Hénard „Vorschläge zur Verkehrsregulierung<br />
des Place de l’Opéra“ in Paris, die einen<br />
Kreisverkehr vorsahen, in dem Fußgänger durch<br />
Unterführungen von den Pferdefuhrwerken<br />
strikt getrennt waren.<br />
In den 50er <strong>und</strong> 60er Jahren wuchs der motorisierte<br />
Verkehr stark an. Die Idee der autogerechten<br />
Stadt wurde verwirklicht. Ab 1970<br />
änderten sich die Planungen. Fußgängerzonen<br />
wurden eingerichtet. Verkehrsberuhigung wurde<br />
das Ziel von Tempo 30-Zonen. Heute ist<br />
Shared Space ein Modell, das von Politik, Verwaltung,<br />
Planung <strong>und</strong> verschiedenen Wissenschaftszweigen<br />
intensiv diskutiert wird.<br />
Die Vision von Hans Mondermann (†)<br />
Entwickelt wurde Shared Space vom niederländischen<br />
Verkehrsplaner Hans Mondermann aus<br />
der nordholländischen 50.000 Einwohnerstadt<br />
Drachten. In seiner Heimatstadt hat er sein<br />
Konzept erprobt. Mit dem Satz „Der Raum muss<br />
den Leuten sagen, wie sie sich verhalten sollen“<br />
erklärte Hans Mondermann seine Shared<br />
Space-Idee, <strong>und</strong> sagte: „Auf einem Eislaufplatz<br />
fahren alle Leute wie sie wollen, sie achten<br />
nur aufeinander. Wir zeichnen dort auch keine<br />
Bahnen für verschiedene Geschwindigkeiten<br />
<strong>und</strong> stellen keine Verkehrsschilder auf.“<br />
Der Vergleich erscheint ein wenig verzerrt. Der<br />
Realität näher käme eine Eislauffl äche, auf der<br />
gleichzeitig Hobbyeisläufer ihre R<strong>und</strong>en drehen,<br />
Eislaufsprinter trainieren <strong>und</strong> auch noch<br />
ein Eishockeyspiel stattfi ndet.<br />
Blickkontakt <strong>und</strong> Rücksichtnahme<br />
Gr<strong>und</strong>prinzip von „Shared Space“ ist es, alle<br />
Verkehrsschilder <strong>und</strong> Ampeln zu beseitigen, die<br />
strikte Trennung zwischen Fahrbahn <strong>und</strong> Bürgersteig<br />
aufzuheben <strong>und</strong> die Fläche allen Nutzern<br />
gleichberechtigt zu übergeben. Nur zwei<br />
Regeln bleiben erhalten: rechts fahren <strong>und</strong>