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40 FEBRUAR ’13<br />

03 QUERGEBLICKT<br />

ALLEINE SCHAFFT<br />

MAN ES NICHT<br />

IN BERLIN UND HAMBURG HABEN SICH „KOALITIONEN DER FREIEN SZENE“<br />

GEGRÜNDET, UM ÜBER DIE VERTEILUNG DER GEPLANTEN KULTURTAXEN<br />

MITZUBESTIMMEN. EIN BEISPIEL FÜR KÖLN?<br />

„Bei uns ist alles in Bewegung geraten, als die Verteilung <strong>de</strong>r<br />

Hamburger City-Tax veröffentlicht wur<strong>de</strong>“, erzählt Sören Fenner.<br />

Der Hamburger ist einer <strong>de</strong>r Inhaber von theaterjobs.<strong>de</strong><br />

und gehört zum Vorstand <strong>de</strong>s Dachverbands Freier Theaterschaffen<strong>de</strong>r<br />

in Hamburg, <strong>de</strong>r die Interessen <strong>de</strong>r rund 1500 freien<br />

Theaterkünstler <strong>de</strong>r Hansestadt vertritt. Sie ist neben Köln<br />

wohl die Großstadt, in <strong>de</strong>r die „Kultur- und Tourismustaxe“<br />

am energischsten eingeführt und umgesetzt wur<strong>de</strong>: im Herbst<br />

2012 beschlossen, wird sie seit <strong>de</strong>m 1.1.2013 erhoben. Die jährlich<br />

geschätzten Einnahmen von 11 Mio. Euro wer<strong>de</strong>n bereits<br />

heute an Projekte ausgezahlt, die man öffentlich nachlesen<br />

kann (www.ndr.<strong>de</strong>/regional/hamburg/kulturtaxe111.html). So<br />

weit hört sich in Hamburg also alles prima an.<br />

SPORT UND MARKETING FÖRDERN?<br />

Wenn man sich die Projektliste <strong>de</strong>r Kulturtaxe allerdings<br />

näher ansieht, gerät man ins Staunen: Da wird etwa das Galopp-Derby,<br />

Stadtmarketing für Verkehrsanbindungen, ein<br />

Treffen <strong>de</strong>r Art Direktoren, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Radio-Preis o<strong>de</strong>r<br />

die Junioren-Weltmeisterschaft <strong>de</strong>r Ru<strong>de</strong>rer geför<strong>de</strong>rt. Von<br />

Kultur ist kaum etwas zu lesen, geschweige <strong>de</strong>nn von freier<br />

Szene. Lediglich <strong>de</strong>r Elbkulturfonds, <strong>de</strong>r freie Projekte för<strong>de</strong>rt,<br />

wird mit einer Summe von 500.000 Euro bedacht. Zwar<br />

stehen <strong>de</strong>r freien Theaterszene in HH für freie Theaterprojekte<br />

ohnehin nur 500.000 Euro zur Verfügung, es wäre also<br />

eine Verdopplung (die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r internationalen Kulturfabrik<br />

Kampnagel ausgenommen). Dennoch wirkt die<br />

Summe angesichts <strong>de</strong>r 11 Mio. wie ein Feigenblatt.<br />

„Das ist noch nicht einmal ein Zwanzigstel!“, empört sich<br />

Sören Fenner, „Dabei heißt es Kulturtaxe. Das ist in unseren<br />

Augen Etikettenschwin<strong>de</strong>l.“.<br />

Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r in einem Hamburger Hotel übernachte, <strong>de</strong>nke<br />

nun, er stärke die Kultur in Hamburg – aber das meiste<br />

Geld wer<strong>de</strong> in Sport, Marketing und große Institutionen gepumpt.<br />

„Wir wer<strong>de</strong>n in Hamburg als freie Szene überhaupt<br />

nicht wahr- und ernstgenommen“, sagt Fenner.<br />

ENDLICH SICHTBAR WERDEN<br />

Und <strong>de</strong>shalb hat sein Dachverband beschlossen, alle freien<br />

Künstler von Hamburg zu versammeln und zu einem ersten<br />

großen Treffen auf Kampnagel aufgerufen, um sich zu einem<br />

Bündnis zusammenzuschließen. „Wir wollen uns endlich<br />

sichtbar machen!“, sagt er. Amelie Deuflhardt, die Intendantin<br />

von Kampnagel, hat das Gebäu<strong>de</strong> zur Verfügung<br />

gestellt, da auch sie die Initiative unterstützt.<br />

Wie konnte es in Hamburg überhaupt so weit kommen, dass<br />

Christophe Knoch, Foto: © Harry Schnitger<br />

Die internationale Kulturfabrik Kampnagel, Foto: © Fre<strong>de</strong>rik Röh<br />

Sören Fenner, Foto: Georgij Pestov<br />

sich die Projekte <strong>de</strong>r „Kulturtaxe“ soweit von einem Kulturbegriff<br />

entfernen? Die kulturpolitische Sprecherin <strong>de</strong>r<br />

Regierungspartei SPD hat uns gesagt, dass sie bei <strong>de</strong>n Projekten<br />

auf die DEHOGA, <strong>de</strong>n Hotel- und Gaststättenverband,<br />

entgegengekommen ist, um Klagen zu vermei<strong>de</strong>n“, sagt<br />

Fenner. Geklagt wird in Hamburg trotz <strong>de</strong>r kulturfernen<br />

Liste von <strong>de</strong>n Hoteliers allerdings trotz<strong>de</strong>m. So ist das eben<br />

mit <strong>de</strong>m vorauseilen<strong>de</strong>n Gehorsam.<br />

BERATUNG AUS BERLIN<br />

In Berlin ist man mit <strong>de</strong>r Kulturför<strong>de</strong>rabgabe zwar noch lange<br />

nicht so weit wie in Hamburg – soeben wur<strong>de</strong> ihre Einführung<br />

erneut verschoben (auf 2014). Mit <strong>de</strong>r Mobilisierung hat<br />

man allerdings schon fast Geschichte geschrieben. Im März<br />

2012 wur<strong>de</strong> die „Koalition <strong>de</strong>r Freien Szene“ gegrün<strong>de</strong>t und<br />

versammelt erstmals Bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Künstler, Musiker, Theaterschaffen<strong>de</strong>,<br />

Choreografen und Tänzer mit einer Stimme. Der<br />

Sprecher ihres zehnköpfigen Gremiums, Christophe Knoch,<br />

begleitet nun auch die Hamburger Gründung. „Es ist uns in<br />

Berlin gelungen, die alten Neid-Debatten zwischen Künstlern<br />

zu been<strong>de</strong>n“, sagt er, „plötzlich hat die Politik hier einen Ansprechpartner,<br />

es gibt eine Struktur, die sehr ernst genommen<br />

wird“. Sogar zum Ausschuss für Kunst und Medien im<br />

Bun<strong>de</strong>stag war die Koalition schon eingela<strong>de</strong>n. Der <strong>de</strong>utsche<br />

Bühnenverein und selbst die Industrie- und Han<strong>de</strong>lskammer<br />

Berlin haben in großen Presseerklärungen die Politik aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

die Freie Szene zu unterstützen, „Kreative und Touristen<br />

ziehen sich gegenseitig an und sind mitverantwortlich<br />

für die gute Entwicklung <strong>de</strong>r Übernachtungszahlen in Berlin“,<br />

steht etwa in <strong>de</strong>r Pressemitteilung <strong>de</strong>r IHK.<br />

DER KAMPF BLEIBT HART<br />

Die For<strong>de</strong>rungen hören sich in Berlin nicht beschei<strong>de</strong>n an.<br />

„Wir for<strong>de</strong>rn 17,5 Mio. zusätzlich zu <strong>de</strong>n Projektför<strong>de</strong>rungen“,<br />

erzählt Christophe Knoch. Berlin gebe 365 Mio. Euro für Kultur<br />

aus, 95 Prozent davon flössen aber in Institutionen wie<br />

Orchester, Museen, Theater. „Doch da arbeiten weniger als<br />

2000 fest angestellte Künstler“, so Knoch, „um nicht in die alten<br />

Verteilungskämpfe <strong>de</strong>r Szene zu kommen, brauchen wir<br />

frisches Geld“. Es geht ihm um grundlegen<strong>de</strong> strukturelle<br />

För<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Berliner Stadtentwicklungs- und Kulturpolitik.<br />

Immerhin steht Berlin mittlerweile auf Platz drei <strong>de</strong>s<br />

europaweiten Städterankings: „Wir hören immer wie<strong>de</strong>r, wie<br />

wild, reichhaltig und vielfältig die Kulturszene ist und dass<br />

die Touristen <strong>de</strong>swegen nach Berlin kommen“, sagt er.<br />

Trotz <strong>de</strong>r starken „Koalition <strong>de</strong>r Freien Szene“ gibt es in<br />

Berlin in<strong>de</strong>s noch keinerlei konkrete Zusicherungen für sie.<br />

Der Kampf wird also hart bleiben. Zumal im Jahr 2014 im<br />

Berliner Kulturhaushalt rund 30 Mio. Euro mehr für die Tariferhöhungen<br />

ausgegeben wer<strong>de</strong>n müssen – und die Stadt<br />

doch eher als arm gilt. Ob die neuen Bündnisse in Hamburg<br />

und Berlin für Köln ein Vorbild sein könnten, um das leidige<br />

Hin- und Her um die Bettensteuer zu been<strong>de</strong>n, muss man<br />

sehen. Zwar gibt es auch hier mit <strong>de</strong>m Kulturnetz einen Zusammenschluss<br />

freier Künstler – in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit könnte<br />

er aber ruhig etwas kämpferischer auftreten.<br />

DOROTHEA MARCUS<br />

IST IN KÖLN EINE KOALITION DER FREIEN SZENE WÜNSCHENSWERT? WIE<br />

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Behrendt & Schweitzer oHG, Astrid Bierik, Sabine Bovenkerk-Müller,<br />

Dr. Bruni, Anke Brunn, Dr. Norbert Burger<br />

(Alt-Oberbürgermeister <strong>de</strong>r Stadt Köln), Dr. Manuel E.<br />

Cornely, Olga Cvejanov, Barbara Damm, Ulf Diefenbach,<br />

Angela Dietz, doyago Ltd., Anna Dünnebier, Peter Falk,<br />

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kölner Rat, Diter<br />

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Walter Gores, Gerhardt Haag, Hans-Jürgen Hähnel, Ulrike<br />

Hedwig, Christa Henning, Dr. Hermann Hollmann, Klara<br />

Jennes, Alexandra Kabelitz, Alexandra Kassen, Dr. Rita<br />

Kramp, Britta Lieberknecht, Dietmar Kobboldt, Kölner<br />

Kulturbildarchiv, Kölntourismus GmbH, Detlef Kribus,<br />

KultCrossing gemeinnützige GmbH, Prof. Dr. Tassilo Küpper,<br />

Helmut Lamm, Dr. Wolfgang und Erdmuthe Marcus,<br />

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Moser, Hans-Joachim Müller, Bärbel Naporowski, Dr.<br />

Ralf Peters, H.-Peter Pruchniewicz, Sigita Rakauskaite,<br />

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Rotonda Business-Club e.V., Dirk Sagemühl, Schauspiel<br />

Köln, Michael Schäfer, Prof. Erich Schnei<strong>de</strong>r-Wessling,<br />

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Angela Spitzig und Heinz Spitzig, Jutta Staerk<br />

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Reinhild Schwarte, Bernhard Schwarz, B. W. L. Schwarz,<br />

Tanz in Schulen, Mechtild Tellmann (Kulturmanagement),<br />

Theateraka<strong>de</strong>mie, Theatermuseum Düsseldorf/Bibliothek,<br />

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