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IntervIeW ■<br />
Raumkunst<br />
Von ilse Huber<br />
Alles<br />
im Fluss<br />
Zwei Wahlwiener verzaubern die Stadt mit<br />
ihren architektonischen ideen. ein Gespräch<br />
über Weitblick, Wohnen und Wasser.<br />
Die beiDen – Dieter Blaich und<br />
Kaj Delugan – bilden schon mehr<br />
als fünfzehn Jahre lang ein<br />
Team. Das Architekturstudium<br />
führte die zwei Kreativen<br />
in Wien zusammen, und von hier aus<br />
schicken so manche Arbeiten sie wieder auf<br />
Reisen. WOHNART sprach mit ihnen über<br />
Phantastisches, Reelles und Gebautes.<br />
Sehr geehrter Herr Blaich, sehr geehrter Herr<br />
Delugan, in der Architektenszene gibt es noch<br />
einen Herrn Delugan …<br />
Kaj Delugan: … das ist mein Bruder. Wir<br />
stammen aus einer Südtiroler Architektenfamilie;<br />
schon unser Urgroßvater war in der Baubranche<br />
tätig. Unser Großvater mütterlicherseits<br />
war Künstler am Bauhaus in Weimar und<br />
wurde im Zweiten Weltkrieg von den Engländern<br />
nach Australien deportiert. Wir haben somit<br />
eher vielschichtige Wurzeln …<br />
Ihre beiden Büros sind ja auch nur einen<br />
Steinwurf voneinander entfernt …<br />
Kaj Delugan: Das ist allerdings purer Zufall,<br />
obwohl wir uns nun wieder häufiger sehen,<br />
nachdem er nun auch hier im Bezirk wohnt.<br />
Sie haben doch in Stuttgart studiert, Herr<br />
Blaich, sind Sie Deutscher?<br />
Dieter Blaich: Ich bin vor rund 30 Jahren als<br />
„Piefke“ nach Wien zum Gaststudium gekommen<br />
und seither mit kurzen Unterbrechungen<br />
hier. Damals war das Prinzip der Meisterklassen<br />
an der Bildenden und an der Angewandten<br />
ungeheuer attraktiv und vor allem mit den<br />
Namen Peichl/Hollein/Holzbauer verbunden.<br />
In Deutschland hingegen explodierten<br />
die Studentenzahlen und die Studienpläne.<br />
Kaj Delugan: Ich habe damals bei Wilhelm<br />
Holzbauer studiert, später bei Hans Hollein.<br />
Natürlich haben sich die Studenten der verschiedenen<br />
Meisterklassen gekannt; wir gingen<br />
alle in dieselben Vorträge; und wenn Hermann<br />
Czech ein neues Lokal designt hatte,<br />
gingen wir ebenfalls alle hin.<br />
1997 haben Sie Ihr gemeinsames Büro eröf f<br />
net – war das gleich nach dem Studium?<br />
Dieter Blaich: Als Student hatte ich das für<br />
Wohnbau erforderliche Handwerkszeug<br />
bei Rudi Lamprecht gelernt; danach war ich<br />
fünf Jahre Projektleiter beim Haas-Haus für<br />
Hans Hollein, anschließend Projektleiter für<br />
DMAA. Dann war die Zeit reif für ein Büro …<br />
Kaj Delugan: Man darf ja nicht vergessen,<br />
dass es uns nicht gerade leicht gemacht wurde,<br />
als Nicht-Österreicher die Zulassung als Ziviltechniker<br />
zu erlangen – ich war damals einer<br />
der Ersten, der das durchgeboxt hatte.<br />
Ihr Spektrum ist groß. Es reicht von Ausstellungsgestaltungen<br />
bis zu Wohnbauten.<br />
Dieter Blaich: Gerade wandert eine Ausstellung<br />
über den Architekten und Ausstellungsmacher<br />
Friedrich Kiesler nach Madrid, nach-<br />
■ IntervIeW<br />
dem sie in Wien und München gezeigt wurde.<br />
Eine besondere Herausforderung, eine Ausstellung<br />
über einen Ausstellungsmacher zu gestalten!<br />
Apropos: Mit Kiesler gibt es auch eine<br />
Querverbindung zu den Delugans.<br />
Kaj Delugan: Kiesler hatte 1924 unseren<br />
Großvater Ludwig Hirschfeld-Mack nach Wien<br />
eingeladen, um seine am Bauhaus kreierten<br />
„Reflektorischen Lichtspiele“ bei der „Ausstellung<br />
neuer Theatertechnik“ aufzuführen – eine<br />
Reproduktion ist jetzt in Madrid zu sehen.<br />
Im Jahr 2000 haben Sie über Ihren Großvater<br />
eine eigene Schau im Jüdischen Museum der<br />
Stadt Wien machen können!<br />
Kaj Delugan: Ja, das war unser Einstieg in die<br />
Ausstellungsbranche. Inzwischen haben wir<br />
Routine, was das Technische des Ausstellens<br />
betrifft – bei der Gestaltung ist allerdings jedes<br />
Thema eine neue Herausforderung.<br />
Dieter Blaich: Wir gehen dabei intuitiv an Inhalte<br />
ran und tragen auch keine gestalterischen<br />
Vorgaben in uns; trotzdem ist im Endergebnis<br />
doch eine gewisse Handschrift zu erkennen, so<br />
wie bei unseren Bauwerken …<br />
Beflügeln solche Aufträge die Phantasie, weil<br />
Letzterer mehr Raum gegeben wird?<br />
Dieter Blaich: Sicherlich, allerdings sind bei<br />
Ausstellungsgestaltungen die Limits weiter gesteckt<br />
als beim Bauen; zumindest im Wohnbau<br />
tritt doch der Nutzeraspekt verstärkt in<br />
den Vordergrund. Hier geht es vor allem darum,<br />
die positiven Eigenschaften eines Ortes<br />
aufzuspüren und herauszuarbeiten, die auf<br />
den ersten Blick oft nicht sichtbar sind.<br />
Kaj Delugan: Bei unserem Projekt im Sonnwendviertel<br />
haben wir etwa den Bauträgerwettbewerb<br />
auch deshalb gewonnen, weil wir<br />
die Wohnungen trotz der Schallemmissionen<br />
zur Straße hin orientiert haben. Das Haus ist<br />
an dieser Seite direkt der Nachmittagssonne<br />
zugewandt. Und das haben wir bei diesem<br />
Projekt ausgenützt, indem wir Veranden schufen,<br />
die aus der Fassadenfläche „herauskippen“.<br />
Beim neuen ÖSW/GSGProjekt „Wohnen<br />
am Wasser“ auf den Tegetthoffgründen in<br />
WienDöbling herrschen ganz andere Voraussetzungen.<br />
Das ehemalige Marinekasernengelände<br />
liegt direkt an der Donau.<br />
Dieter Blaich: Das ist nicht ganz korrekt; es<br />
grenzt nicht an den Donaustrom, sondern an<br />
den Kuchelauer Hafen – einen Seitenarm der<br />
Donau. Dort fließt das Wasser nicht, sondern<br />
es steht wie ein Teich. So nutzt etwa der Ruderklub<br />
die Strecke zum Training.<br />
Kaj Delugan: Das ganze Projekt wird den Titel<br />
„Wohnen am Wasser“ tragen – und natürlich<br />
20 • <strong>Wohnart</strong> • 04/13<br />
04/13 • <strong>Wohnart</strong> • 21