WIR WERDEN ACHTZEHN ... - Stadtgespräche Rostock
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0.13 __ //// UMFRAGE<br />
Die „Stadtgespräche“ über…<br />
<strong>Rostock</strong> als Stadt ihrer BürgerInnen<br />
„Es gibt eine Fülle von sozialen und kulturellen Initiativen in der Stadt; dennoch denke ich,<br />
dass die Gesamtzahl der kontinuierlich engagierten BürgerInnen nicht sehr groß ist. Vor allem<br />
aber: Die verschiedenen Gruppen und Grüppchen haben anscheinend wenig Kraft zur<br />
gemeinsamen sozial-kulturell-politischen Willensbildung. Das heißt: Die Parteien, die nicht<br />
fähig sind zur konstruktiven politischen Orientierung der BürgerInnen, erfahren andererseits<br />
auch wenig unüberhörbare Orientierung durch die BürgerInnen. Wie kann <strong>Rostock</strong><br />
zur Stadt ihrer BürgerInnen werden? …“<br />
Fred Mahlburg in „Ist in <strong>Rostock</strong> etwas anders…“, Heft 1(1995)<br />
<strong>Rostock</strong> als geistige Lebensform<br />
„…Diese deutsche Suche nach uns selbst soll, dem Willen der Macht folgend, möglichst eine<br />
friedliche sein, frei von Extremen und Unregelmäßigkeiten. Die Idee des kleinen Staatsbürgers<br />
und die Idee der Mitte wirken wie Garanten für einen friedlichen Gang in die Zukunft<br />
[…]. <strong>Rostock</strong> steht für Mitte, hier aber für das Mittelmaß des unsterblichen Kleinbürgertums,<br />
<strong>Rostock</strong>s Mitte ist leer. Diese kleinbürgerliche Mitte aber ist höchst ambivalent, und<br />
unter Umständen das Gegenteil friedlicher Selbstfindung, denn aus ihr erwachsen beständig<br />
die Dämonien des entfesselten Kleinbürgers, wie Brecht sie beschrieb. […] Die Schande der<br />
Stadt sind nicht die jugendlichen Attentäter aus Lichtenhagen und nicht ein unfähiger, milieuverliebter<br />
Polizeichef, sondern die zuschauenden <strong>Rostock</strong>er .[…] Wenn alles möglich ist,<br />
hat die Stadt auch die Möglichkeit, sich ein weiteres Mal zu wandeln .[…] Dieses Mal soll es<br />
die Stadt aus sich heraus schaffen, ohne Heinkel und ohne Ulbricht. Wer nicht Berufsoptimist<br />
ist, wiegt bedächtig den Schädel: man wird sehen.“<br />
Olaf Reis in „<strong>Rostock</strong> als geistige Lebensform“, Heft 1 (1995)<br />
Mentale Veränderungen in den Jahren nach der Wende<br />
„Der erste Eindruck ist: Eine ungeheure Masse stillgelegter Energie, verstummter Lebenserfahrung,<br />
ausgeschiedener Arbeitsvermögen; Ausweichen ins Imaginäre; Sicherheitsmaßnahmen<br />
auf engstem Raum, um das Minimum zu schützen, das Minimum an Gedanken, Träumen,<br />
Beziehungen, Kommunikation, auch das an Versorgung. Der öffentliche Raum ist<br />
weitgehend leer oder mit dunklen Drohungen, ökonomischen, sozialen, politischen, gefüllt.<br />
Produziert wurden Trennungen, Kämpfe darum, wer noch dazugehört, wer nicht mehr, wer<br />
aufsteigt, wer hinunterfällt; Kämpfe, die weitgehend als Einzelkämpfe geführt werden und<br />
die, selbst wenn sie gelingen, in die Vereinzelung des privaten Wohlstands oder bloß des<br />
Überlebthabens führen. Die Klammer ums Ganze ist nur noch das stählerne Gehäuse des<br />
Marktes sowie die staatliche Macht. Die Tendenz ist eine Gesellschaft, in der die Zusammenhänge<br />
schwächer werden.“<br />
Richard Scherer in „Die Entstehung der Deklassierten“, Heft 2 (1995)