Schott Technische Gläser
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9. Glaskeramik<br />
8,2 m-Teleskopspiegelträger, Zerodur ® Glaskeramik.<br />
Von den bisher bekannten Werkstoffen Glas und Keramik<br />
unterscheidet sich „Glaskeramik“ charakteristisch durch<br />
Herstellungsverfahren und Eigenschaften, so daß sie sich,<br />
weder der Keramik noch dem Glas zuzuordnen, als neuer<br />
Werkstoff präsentiert. [6]<br />
Ihre Herstellung erfolgt prinzipiell in zwei Produktionsstufen<br />
(Abb. 33):<br />
In einem ersten Verfahrensschritt wird zunächst (wie beim<br />
Glas) ein Gemenge genau definierter Zusammensetzung<br />
erschmolzen. Die Zusammensetzung richtet sich nach den<br />
gewünschten Eigenschaften des Endproduktes sowie nach<br />
den erforderlichen Verarbeitungseigenschaften.<br />
Nach der Schmelze werden mit den üblichen Verfahren<br />
wie Pressen, Blasen, Walzen oder Gießen, Formkörper hergestellt<br />
und gekühlt. In diesem Zustand weist das Material<br />
noch alle typischen Merkmale eines Glases auf.<br />
Im anschließenden zweiten Verfahrensschritt werden die<br />
glasigen Gegenstände durch eine definierte, für jede<br />
Zusammensetzung spezifische Temperatur-Zeitbehandlung<br />
zwischen 800–1200 °C in einen überwiegend polykristallinen<br />
Werkstoff umgewandelt oder „keramisiert“,<br />
in dem neben den ausgeschiedenen Kristallen von ca.<br />
0,05–5 µm Größe noch ein Anteil von Restglasphase von<br />
5–50% vorliegt. Bei dieser Keramisierung scheiden sich<br />
zunächst im Temperaturbereich von ca. 600–700 °C<br />
Kristallkeime aus, wofür geringe Anteile von beispielsweise<br />
TiO2, ZrO2 oder F im Glas als „Keimbildner“ maßgeblich<br />
sind. Auf diesen Keimen wachsen bei weiterer<br />
Temperatursteigerung Kristalle, deren Art und Eigenschaften<br />
sowie Anzahl und Größe sich nach der Glaszusammensetzung<br />
und dem Temperprogramm richten.<br />
Durch entsprechende Programmwahl kann man entweder<br />
durchsichtige, schwach opake oder auch stark<br />
getrübte, undurchsichtige Glaskeramiken erhalten, die<br />
im Gegensatz zu herkömmlichen Keramiken absolut<br />
dichte und porenfreie Werkstoffe darstellen.<br />
Maßgeblich für eine solche „gesteuerte“ Kristallisation<br />
im Glas ist ein hinreichender Temperaturabstand von<br />
Keimbildungs- und Kristallisationsbereich (Abb. 34).<br />
Hierdurch kann eine spontane Kristallbildung bei der<br />
Heißverarbeitung des Glases vermieden und andererseits<br />
ein störendes Kristallwachstum während der Keimbildung<br />
verhindert werden.<br />
Wie bei den <strong>Gläser</strong>n kann auch die Zusammensetzung<br />
von Glaskeramiken sehr unterschiedlich sein. Bekannt<br />
sind beispielsweise Zusammensetzungen innerhalb der<br />
33<br />
Spezielle Eigenschaften und Anwendung technischer <strong>Gläser</strong>