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Gutachten - Landeszentrale für Medien und Kommunikation ...

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Das vor allem dann nicht, wenn seine realen Lebensbedingungen, die jeweiligen Lebenslagen,<br />

seine soziale Teilhabe, seine Integration in die Gesellschaft – oder genauer: in die<br />

verschiedenen gesellschaftlichen Funktionsbereiche – (drastisch) beschränken. Denn<br />

diese Lebenslagen haben sich für große Teile der Bevölkerung in Deutschland in den<br />

letzten Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten erheblich verschlechtert. 7<br />

Auf der gesellschaftlichen Ebene ist zwar aus der Perspektive der funktionalen Differenzierung<br />

die Desintegration einerseits der Normalfall moderner Vergesellschaftung:<br />

Als strukturelle Folge der gesellschaftlichen Entwicklung erfolgt die Integration bzw.<br />

Inklusion des Menschen in die Gesellschaft nicht mehr in stabile Sozialmilieus, sondern<br />

als partielle Integration in funktionale Teilsysteme <strong>und</strong> als gleichzeitige Zugehörigkeit<br />

zu verschiedenen Teilsystemen der Gesellschaft. Von daher gibt es die Frage danach,<br />

was Gesellschaften zusammen hält <strong>und</strong> was sie auseinander treibt, seit es moderne Gesellschaften<br />

gibt. Über diesen „Normalfall Desintegration“ hinaus wird jedoch seit einiger<br />

Zeit für die deutsche Gesellschaft eine krisenhafte Beschleunigung der Desintegration<br />

festgestellt, mit den Merkmalen der Verschärfung der sozialen Ungleichheit, des<br />

Rückzuges der Menschen aus den Institutionen, der Zerstörung sozialer Beziehungen,<br />

der Pluralisierung von Werten <strong>und</strong> Normen.<br />

Die Bewältigung der Folgen der strukturellen Desintegration ist ein Thema, seit es moderne<br />

Gesellschaften mit ihren Risiken gibt. Der Sozial- <strong>und</strong> Wohlfahrtsstaat gehört zu<br />

den wichtigsten Einrichtungen, um Desintegrationsfolgen abzumildern, soziale Ungleichheiten<br />

auszugleichen, soziale Sicherheit <strong>und</strong> soziale Gerechtigkeit herzustellen –<br />

<strong>und</strong> die gegenwärtig zu beobachtenden Destabilisierungserfahrungen könnten darauf<br />

zurückzuführen sein, dass „die kompensierende Kraft der rechts- <strong>und</strong> wohlfahrtsstaatlichen<br />

Institutionen derzeit nicht greift oder zumindest erheblich gestört“ ist (Nassehi<br />

1997, 139).<br />

7 in Kapitel 2.2 wird anhand der aktuellen Berichte etwa zu den Armutsrisiken, zur Bildungssituation, zur<br />

Integration von Migranten <strong>und</strong> ihren Nachkommen gezeigt, dass die Lebenslagen sich weiter<br />

verschlechtert haben, die sozialen Unterschiede noch größer geworden sind <strong>und</strong> die Erfahrung sozialer<br />

Ungerechtigkeit <strong>und</strong> sozialer Ungleichheit bis hin zum sozialen Ausschluss weiter zugenommen hat.<br />

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