Gutachten - Landeszentrale für Medien und Kommunikation ...
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Beim Rückzug des Staates <strong>und</strong> der Überantwortung von Aufgaben an bürgerschaftliche<br />
Akteure darf es nicht dazu kommen, dass sich die öffentliche Hand ihrer sozialen Verantwortung<br />
vollends entzieht <strong>und</strong> bürgerschaftliches Engagement zur „Ersatzkasse“ für<br />
nicht mehr finanzierbare staatliche Leistungen wird. Zumal es einen deutlichen Zusammenhang<br />
zu geben scheint zwischen der Bereitschaft des Staates, seinen Teil an sozialer<br />
Verantwortung <strong>und</strong> Wohlfahrtspolitik zu übernehmen <strong>und</strong> der Bereitschaft der<br />
Bürger, sich zu engagieren. Zieht der Staat sich (zu sehr) aus seiner sozialen Verantwortung<br />
zurück, dann sinkt die Bereitschaft, sich bürgerschaftlich zu engagieren. Ist der<br />
Staat dagegen sozial aktiv, dann korrelieren damit auch hohe Werte an bürgerschaftlichem<br />
Engagement. 85 (Steffen 2009, 35 f).<br />
Zum andern ist bürgerschaftliches Engagement nicht nur ein Bestandteil des Sozialkapitals,<br />
weil es die Bindekräfte einer Gesellschaft stärkt <strong>und</strong> ein Ausdruck von Solidarität<br />
sowie der Bereitschaft zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung ist. Bürgerschaftliches<br />
Engagement schafft auch Sozialkapital <strong>und</strong> gesellschaftlichen Zusammenhalt<br />
<strong>und</strong> ermöglicht Teilhabe (Steffen 2009, 34) – <strong>und</strong> ist deshalb unverzichtbar zur<br />
Herstellung sozialer Gerechtigkeit <strong>und</strong> Solidarität.<br />
In Deutschland gibt es eine große Bereitschaft, sich freiwillig zu engagieren. Darauf hat<br />
schon das <strong>Gutachten</strong> für den 13. Deutschen Präventionstag hingewiesen <strong>und</strong> die Lage<br />
des bürgerschaftlichen Engagements ist in der Zwischenzeit nicht schlechter, sondern<br />
eher noch besser geworden. Der aktuelle Freiwilligensurvey zeigt, dass 2009 71% der<br />
Bevölkerung in Vereinen, Organisationen, Gruppen oder öffentlichen Einrichtungen teilnehmend<br />
aktiv waren (nach 66% im Jahr 1999). Etwa die Hälfte von ihnen, 36% sind in<br />
dem Sinne freiwillig engagiert, dass sie bestimmte Aufgaben, Arbeiten oder Funktionen<br />
in der Zivilgesellschaft übernommen haben (BMFSFJ 2010). Und im B<strong>und</strong>esfreiwilligendienst,<br />
in dem sich seit dem 1. Juli 2011 jeder engagieren kann (Regeldauer: 12 Monate),<br />
gibt es kaum noch freie Plätze (für das erste Jahr wurden Mittel für insgesamt 35.000<br />
Plätze zur Verfügung gestellt. 86<br />
85 Steffen 2009, 35 f; hier finden sich auch die Literaturangaben. Kritisch zur „Regulation von Armut in der<br />
aktivierten Bürgergesellschaft“ auch das Editorial zu Heft 119/120 2011 der Zeitschrift Widersprüche.<br />
86 www.b<strong>und</strong>esfreiwilligendienst.de; siehe dazu auch die vom BMFSFJ 2011 herausgegebene Broschüre<br />
„Zeit, das Richtige zu tun“ <strong>und</strong> zum zivilgesellschaftlichen Engagement insgesamt den Datenreport 2011,<br />
358 ff.<br />
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