Gutachten - Landeszentrale für Medien und Kommunikation ...
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<strong>und</strong> wirtschaftliche Sicherheit <strong>und</strong> ist damit sowohl eine komplexe gesellschaftliche<br />
Leitidee wie auch ein elementares menschliches Bedürfnis; sie ist ein vielschichtiges,<br />
emotional <strong>und</strong> normativ aufgeladenes Konstrukt (BaSiD; Glaeßner 2002,3). Also etwas<br />
(„Konstrukt“), das nicht gegeben <strong>und</strong> vorhanden ist, sondern entworfen <strong>und</strong> verwirklicht<br />
werden muss – als Gegenstück zur ebenfalls gesellschaftlich konzipierten <strong>und</strong> folglich<br />
konstruierten Unsicherheit (IZEW). 3<br />
Das „Konstrukt Sicherheit“ erhält dabei zumindest diese Dimensionen <strong>und</strong> Bedeutungsebenen<br />
(Glaeßner 2002,4): 4<br />
1. Sicherheit bedeutet Gewissheit, Verlässlichkeit, Vermeiden von Risiken. Die Abwesenheit<br />
von bzw. der Schutz vor Gefahren werden in diesem Sinne mit diesem<br />
Begriff verb<strong>und</strong>en.<br />
2. Sicherheit meint aber auch Statussicherheit, Gewährleistung des erreichten Lebensniveaus<br />
<strong>und</strong> der Lebensumstände einzelner Menschen <strong>und</strong>/oder sozialer<br />
Gruppen sowie die Bewahrung der gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Verhältnisse,<br />
in denen Menschen leben <strong>und</strong> sich eingerichtet haben.<br />
3. Mit dem Begriff wird außerdem ein bestimmtes institutionelles Arrangement<br />
assoziiert, das als geeignet erscheint, innere <strong>und</strong> äußere Bedrohungen einer sozialen<br />
<strong>und</strong> politischen Ordnung abzuwehren.<br />
3 Das ist auch aus der Diskussion um die „soziale Konstruktion von Kriminalität“ bekannt – auch<br />
Kriminalität gibt es nicht „per se“, sondern auch sie muss gesellschaftlich hergestellt werden (Steffen<br />
2011 b, 349 f). Gr<strong>und</strong>legend zur „gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit“ Berger/Luckmann<br />
1969.<br />
4 Die Breite des „Sicherheitsprogramms der Moderne“ zeigt sich gut im Englischen, das – anders als das<br />
Deutsche – bereits rein sprachlich zwischen drei Varianten von Sicherheit unterscheidet: Safety =<br />
technische Sicherheit im Sinne der Zuverlässigkeit technischer Systeme; Security = gesellschaftliche bzw.<br />
öffentliche Sicherheit im Sinne politisch-sozialer Sicherheit; Certainty = kognitive Sicherheit im Sinne<br />
erkenntnisbezogener Gewissheit (Bonß 2011, 44f).<br />
Das 2009 an der Freien Universität Berlin gegründete Forschungsforum Öffentliche Sicherheit – gebilligt<br />
<strong>und</strong> gefördert im Rahmen der Bekanntmachung „Gesellschaftliche Dimensionen der Sicherheitsforschung“<br />
durch das B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung (BMBF) - hat auf seinem Auftaktworkshop im<br />
März 2010 zum Thema „Zukunft der Sicherheitsforschung“ eine Explorationsstudie „Sicherheit in Zukunft“<br />
vorgestellt, die u.a. die Vielfalt der sicherheitsrelevanten Entwicklungen – mit ihren „Knotenpunkten“<br />
wie etwa „Kritische Infrastrukturen“, „Gesellschaft“, „soziale Risiken“ – deutlich macht sowie die verschiedenen<br />
Sicherheitsbegriffe bzw. Sicherheitsdefinitionen – wie „Umgang mit Unsicherheit/Risiken“,<br />
„Abwesenheit von Risiko/Gefahr“, „Schutz“, „menschliche/soziale Sicherheit“, „systemische Sicherheit“ –<br />
aufführt – <strong>und</strong> zum Schluss kommt „Es gibt nicht ein wichtiges Sicherheitsthema der Zukunft, sicherheitsrelevante<br />
Entwicklungen sind in den verschiedensten politischen, gesellschaftlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Bereichen zu erwarten“ <strong>und</strong>: Sicherheitsforschung ist immer auch Unsicherheitsforschung (Gerhold 2010,<br />
26 ff).<br />
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