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Ich freue mich über dein Wort wie einer, der große Beute macht.

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Balkan-Hochzeit<br />

Vor einiger Zeit besuchte ich gemeinsam mit<br />

Markus eine Roma-Familie in einem Asylheim.<br />

Markus war bei <strong>der</strong> Familie schon bekannt, ich<br />

selbst war das erste Mal hier zu Gast. Wie üblich<br />

wurden uns gleich nach einem Willkommensgruß<br />

Kaffee, türkischer Tee und kalte Getränke<br />

angeboten. Gerne nahm ich einen Kaffee, <strong>der</strong><br />

<strong>mich</strong> an die Zeiten in <strong>der</strong> Slowakei erinnerte: Bitte<br />

niemals bis zum Ende austrinken, weil dann<br />

<strong>der</strong> Mund voller Kaffee-Körner wäre… also Kaffee<br />

mit Bodensatz in <strong>der</strong> Tasse.<br />

Die Einladung<br />

Im Laufe unseres Gespräches hörten wir, dass<br />

eine <strong>der</strong> Töchter in Kürze verheiratet werden<br />

sollte. Der Bräutigam komme aus dem Raum<br />

Göttingen. So nebenbei wurde ich auch zu <strong>der</strong><br />

Hochzeitsfeier eingeladen. Im Stillen dachte ich:<br />

Es wäre ja ganz nett, aber das kann ich doch eigentlich<br />

nicht bringen. Na, mal sehen, was bis<br />

dahin noch so alles passiert.<br />

Einige Wochen später hatte ich die Hochzeit gar<br />

nicht mehr im Sinn. Da bekam ich einen Anruf<br />

von Wolfgang. Er fragte <strong>mich</strong>, ob ich nicht mit<br />

ihm zu <strong>einer</strong> Roma-Hochzeit gehen könnte. Er<br />

wäre durch sein Traktatverteilen mit <strong>der</strong> Braut in<br />

Kontakt gekommen, die verheiratet werden soll.<br />

Wolfgang wusste nun nicht so genau, was er machen<br />

sollte – so allein sich unter das bunte Volk<br />

<strong>der</strong> Balkan-Roma mischen? An<strong>der</strong>erseits könnte<br />

man auf diese Weise vielleicht den Kontakt halten.<br />

Da erinnerte er sich an <strong>mich</strong>, da wir auch<br />

schon gemeinsam Besuche bei Roma-Familien in<br />

Freiburg ge<strong>macht</strong> hatten, und bat <strong>mich</strong> um Hilfe.<br />

Gerne sagte ich zu.<br />

Reigentanz und Gegrilltes<br />

<strong>Ich</strong> holte Wolfgang ab. Na ja, so ganz pünktlich<br />

müssen wir ja nicht dort ankommen, meinte ich.<br />

Und richtig, wir waren so ziemlich die ersten Gäste.<br />

Direkt neben <strong>der</strong> Eingangstür war ein Balkangrill<br />

aufgebaut. Der <strong>große</strong> Kellersaal war festlich<br />

geschmückt. Wir beide saßen dann längere Zeit<br />

etwas verloren an <strong>einer</strong> langen Tafel.<br />

So nach und nach kamen mehr Gäste, irgendwann<br />

auch <strong>der</strong> Vater <strong>der</strong> Braut, <strong>der</strong> uns freudig<br />

begrüßte. Auch Markus gesellte sich zu uns. Inzwischen<br />

standen Pappteller mit Chips, Wurst<br />

und Käse, Obst und Tomaten auf den Tischen,<br />

Getränke wurden angeboten. Irgendwann erfüllten<br />

die ersten türkisch anmutenden Klänge<br />

den Saal. Mittlerweile hatte sich <strong>der</strong> Raum schon<br />

ganz gut gefüllt. Beson<strong>der</strong>s interessant war,<br />

dass die Frauen bunte Klei<strong>der</strong> trugen, reich an<br />

Ornamenten und Verzierungen. <strong>Ich</strong> erfuhr, dass<br />

es spezielle Klei<strong>der</strong> sind, die nur zu Hochzeitsfeiern<br />

getragen werden. Mit den ersten Klängen<br />

Roma<br />

o<strong>der</strong>: Wo ist <strong>über</strong>haupt <strong>der</strong> Bräutigam?<br />

<strong>der</strong> Balkanmusik tanzten Mädchen und Frauen<br />

immer im <strong>große</strong>n Reigenkreis. Die Männer unterhielten<br />

sich – noch, denn stetig wurde es lauter,<br />

so dass irgendwann eine Unterhaltung fast nicht<br />

mehr möglich war. Der „Balkangrill-Meister“ hatte<br />

sein Werk vollendet, Gegrilltes und türkisches<br />

Fladenbrot wurden auf die Tische verteilt, wobei<br />

die Frauen weitertanzten.<br />

Der rote Teppich<br />

Wir wussten nicht genau, wer die Braut war.<br />

Plötzlich wurde ein langer roter Teppich quer<br />

durch den Saal gelegt, eine Frau in rotem Kleid,<br />

verhüllt mit rotem Schleier, trat in den Saal. Jemand<br />

erklärte uns: „Das ist die Braut. Und was sie<br />

jetzt <strong>macht</strong>, das ist die eigentliche Hochzeitszeremonie.“<br />

Interessiert verfolgten wir die Szene.<br />

Eine lange Reihe von Frauen und Männern hatte<br />

sich auf beiden Seiten des roten Teppichs aufgestellt.<br />

Die Braut in Rot ging von einem zum<br />

an<strong>der</strong>en, drückte, herzte und grüßte einen nach<br />

dem an<strong>der</strong>en, weinte eine Weile. Damit nahm sie<br />

Abschied von Verwandten und Freunden.<br />

Es dauerte so seine Zeit, aber irgendwann war<br />

die Braut fertig, hatte jeden „behandelt“. Dann<br />

ging die ganz normale Musik, <strong>der</strong> Reigentanz <strong>der</strong><br />

Frauen und das Trinken und Essen <strong>der</strong> Männer<br />

weiter.<br />

Es war interessant für <strong>mich</strong>, die so ganz an<strong>der</strong>e<br />

Kultur <strong>der</strong> Roma aus dem Kosovo kennen zu lernen.<br />

Beim Verabschieden fragten wir, wer denn<br />

<strong>der</strong> Bräutigam sei. Die Antwort: „Der ist nicht da,<br />

er wartet in Göttingen auf die Braut.“<br />

Nach ein paar Wochen schaute ich <strong>wie</strong><strong>der</strong> bei <strong>der</strong><br />

Familie vorbei, bedankte <strong>mich</strong> für die schöne Feier.<br />

Wir unterhielten uns <strong>über</strong> „Gott und die Welt“.<br />

Wir sind dankbar für alle Erfahrungen mit „unseren“<br />

Roma, <strong>wie</strong> verschieden sie auch sind. Jesus<br />

Christus möchte sie alle mit seinem Heil und seinem<br />

Angebot erreichen, auch durch uns.<br />

Hans-Martin und Sandra Dern<br />

Hans-Martin und Sandra Dern<br />

mit Rosanna, Emilio, Antonio und<br />

Mariella<br />

Bötzingen/Kaiserstuhl<br />

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