JAHRESBERICHT 2012 - Diakonie de La Tour
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Eine eigene Wohnung, wo er all diese Freiheiten leben<br />
kann, hat <strong>de</strong>r Jugendliche zuhause bereits.<br />
„Ich teile mir mit meiner Schwester eine Wohnung mit<br />
eigener Küche und Waschmaschine. Wir haben dort viel<br />
Platz, acht Zimmer, einen eigenen Balkon, und brauchen<br />
auch nicht selbst putzen, <strong>de</strong>nn das erledigt unser Roboterstaubsauger.<br />
Meinem Vater zahlen wir 50 Euro im Monat<br />
für die Heizung. Aber um fix zuhause zu wohnen, ist unser<br />
Hof zu weit entfernt von hier“, meint <strong>de</strong>r Köstenberger<br />
Anlehrling.<br />
Auch zuhause sind seine Wän<strong>de</strong> mit Sprüchen versehen.<br />
„Ich habe bestimmt hun<strong>de</strong>rt verschie<strong>de</strong>ne aufgeklebt. Es<br />
geht mir, nach<strong>de</strong>m ich sie durchgelesen habe, oft besser.<br />
Manchmal zipft mich einfach alles an, dann habe ich das<br />
Gefühl, ich dreh gleich durch. Dann ziehe ich mich zurück<br />
und lese Heute ein König … – und es geht mir gleich besser.<br />
Manchmal kommt auch mein Bezugsbetreuer zu mir,<br />
<strong>de</strong>r ist recht kommod, man kann auch gut mit ihm lachen.<br />
Es geht mir besser als noch vor einiger Zeit. Ich hatte<br />
immer wie<strong>de</strong>r Phasen, in <strong>de</strong>nen ich regelrecht ,ausgezuckt‘<br />
bin. Ich habe dann eine Therapie gemacht, meine Eltern<br />
haben darauf bestan<strong>de</strong>n. Sie hat wirklich geholfen.“<br />
Im Treffener Haus Ausblick genießt <strong>de</strong>r Jugendliche sein<br />
Einzelzimmer. „Ich kann alleine ganz gut abschalten, in<br />
meinem Zimmer chillen, meine Kopfhörer einstöpseln,<br />
Musik hören … es ist besser, als <strong>de</strong>n Raum mit jemand<br />
an<strong>de</strong>rem teilen zu müssen.“<br />
Dennoch habe er im Haus Ausblick gute Freun<strong>de</strong>, betont<br />
<strong>de</strong>r Jugendliche: „Drei bis vier Mal in <strong>de</strong>r Woche gehen<br />
wir ins Zentrum von Treffen, besuchen unsere Freundinnen<br />
o<strong>de</strong>r fahren gemeinsam nach Villach. Wir halten eigentlich<br />
immer sehr zusammen – das ist für Betreuer manchmal<br />
nicht so einfach, in <strong>de</strong>r Gruppe sind wir ganz schön stark“,<br />
erzählt er.<br />
Das frühe Aufstehen fällt ihm manchmal schwer. „Wir<br />
stehen schon um sechs Uhr auf, um sieben fangen wir<br />
mit <strong>de</strong>r Arbeit an. Manchmal sind wir zu spät dran – einer<br />
unserer Chefs ist da recht streng.“<br />
Wo er sich in zehn Jahren sieht?<br />
„Da bin ich entwe<strong>de</strong>r Hausmeister in einem Fünfsternehotel,<br />
o<strong>de</strong>r ich arbeite bei einem großen Golfklub", meint<br />
<strong>de</strong>r Gärtnergehilfe. „Und ich möchte gerne eine Familie<br />
haben, eine Frau und Kin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nn dann wird das Leben<br />
nie langweilig.“<br />
Bleibt <strong>de</strong>m 17-Jährigen zu wünschen, dass die Tage, an<br />
<strong>de</strong>nen er Werke vollen<strong>de</strong>t und sich als König fühlt, nicht<br />
nur vereinzelt, son<strong>de</strong>rn so häufig wie möglich kommen<br />
mögen …<br />
Rückblick <strong>2012</strong>: SERVICE UND Berufliche Integration<br />
Ausbildungsabschluss in Reichweite<br />
Gekonnt balanciert sie das schwere Tablett voller Gläser und kleiner<br />
Flaschen vorbei an Tischen, an <strong>de</strong>nen sich Menschen ausgelassen<br />
unterhalten, um <strong>de</strong>n darauf warten<strong>de</strong>n Gästen ihre Bestellung zu<br />
bringen. Ein Lächeln wird ausgetauscht, leere Gläser und Teller fin<strong>de</strong>n<br />
ihren Weg wie<strong>de</strong>r zurück aufs Tablett. Irgendwer möchte schnell bezahlen,<br />
ein an<strong>de</strong>rer hat es mit seiner Bestellung beson<strong>de</strong>rs eilig – egal<br />
wie viel zu tun ist, Tanja Kowald hat Spaß an ihrer Arbeit im Casino-<br />
Hotel „Le Café“.<br />
„Eine Karriere im Servicebereich war immer schon mein Traum“,<br />
erzählt die 19-Jährige, die im Sommer <strong>2012</strong> im Klagenfurter Stadtcafé<br />
ihre Ausbildung zur teilqualifizierten Arbeitskraft für <strong>de</strong>n Servicebereich<br />
been<strong>de</strong>te.<br />
Das Stadtcafé, eine Einrichtung <strong>de</strong>r <strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong>, unterstützt<br />
junge Menschen, die eine integrative Ausbildung für gastronomische<br />
Berufe absolvieren. „Wir bil<strong>de</strong>n junge Menschen je nach persönlichen<br />
Voraussetzungen als teilqualifizierte Hilfskraft im Gastronomiebereich<br />
aus o<strong>de</strong>r begleiten jene, die aus verschie<strong>de</strong>nen Grün<strong>de</strong>n eine<br />
verlängerte Lehrzeit benötigen“, erklärt die Stadtcafé-Leiterin Gabriele<br />
Schöffmann.<br />
Insgesamt gibt es zwei Ausbildnerinnen und eine Sozialarbeiterin, die<br />
<strong>de</strong>n Jugendlichen, wenn diese Hilfe benötigen, zur Seite stehen.<br />
Bei einem „Hineinschnuppern“ in <strong>de</strong>n Arbeitsbereich, nach <strong>de</strong>m Motto<br />
„Learning by Doing“, merkt <strong>de</strong>r Jugendliche, ob dieser für ihn überhaupt<br />
<strong>de</strong>r richtige ist. „Unsere Lehrlinge sind ab <strong>de</strong>m ersten Tag beim<br />
Gast, das soll ihnen gleich die Berührungsängste nehmen“, erzählt<br />
Schöffmann aus <strong>de</strong>r Praxis.<br />
Für Kowald war <strong>de</strong>r Einstieg ins Berufsleben am ersten Arbeitsmarkt<br />
ein wichtiger Schritt, trotz<strong>de</strong>m vermisst sie zeitweise noch ihre alte<br />
Ausbildungsstätte: „Im Stadtcafé waren meine Kolleginnen und Kollegen<br />
gleich alt, wir haben gemeinsam Kuchen gebacken, viel gelernt<br />
und gelacht – im ,Le Café‘ sind diejenigen, mit <strong>de</strong>nen ich zusammenarbeite,<br />
so um die vierzig, es ist aber eine wichtige Erfahrung“.<br />
Für die Zukunft gibt es auch schon Pläne: Die Berufseinsteigerin<br />
möchte unbedingt noch ihren Lehrabschluss zur Restaurantfachfrau<br />
machen.<br />
Die Leiterin <strong>de</strong>s Stadtcafés zeigt sich stolz darüber, dass Jugendliche,<br />
die im Stadtcafé eine Ausbildung abschließen, auch danach<br />
am Arbeitsmarkt gut unterkommen: „Zu unserer Aufgabe gehört es,<br />
die jungen Menschen auch zu vermitteln, mit circa siebzig Prozent<br />
Erfolgsquote schnei<strong>de</strong>n wir da recht gut ab.“<br />
Es muss aber nicht extra in die <strong>La</strong>n<strong>de</strong>shauptstadt gefahren wer<strong>de</strong>n,<br />
um das Projekt <strong>de</strong>r Beruflichen Integration kennenzulernen, auch das<br />
Seminar- und Gästehaus Philippus in Feldkirchen, das ebenfalls zur<br />
<strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong> gehört, bietet jungen benachteiligten Menschen<br />
die Möglichkeit, sich im Arbeitsleben zu etablieren.<br />
Wie in ähnlich großen Häusern, die Seminare, Tagungen o<strong>de</strong>r Feiern<br />
ausrichten und Nächtigungen bieten, ist das Betätigungsfeld für<br />
Mitarbeiter ein entsprechend umfangreiches: „Insgesamt machen vier<br />
Jugendliche eine Anlehre zur teilqualifizierten Hilfskraft, sie wer<strong>de</strong>n<br />
dabei in <strong>de</strong>n Bereichen ,Küche‘, ,Service‘ und ,Reinigung‘ ausgebil<strong>de</strong>t.<br />
Um die Motivation aufrechtzuhalten und <strong>de</strong>n jungen Menschen<br />
Abwechslung zu bieten, wechseln sie wöchentlich innerhalb dieser<br />
drei Bereiche“, schil<strong>de</strong>rt Leiterin Dunja Willegger <strong>de</strong>n Arbeitsalltag.<br />
Restaurantfachfrau o<strong>de</strong>r Restaurantfachmann – auch im Haus Philippus<br />
haben Jugendliche die Möglichkeit, diese Ausbildung im Zuge<br />
einer Integrativen Lehre zu absolvieren.<br />
„Neben <strong>de</strong>m Erlernen <strong>de</strong>s Berufes achten wir verstärkt auf das För<strong>de</strong>rn<br />
sozialer Kompetenz, da es bei vielen aufgrund ihrer nicht immer ganz<br />
einfachen Biografie Defizite gibt. Gute Erfahrungen in dieser Richtung<br />
sind externe Praktika, vorzugsweise am ersten Arbeitsmarkt, die von<br />
uns unterstützt wer<strong>de</strong>n“, so Willegger.<br />
Die Erfolge sprechen für sich: „Im Jahr <strong>2012</strong> hat einer unserer Lehrlinge<br />
die Lehrabschlussprüfung schon beim ersten Anlauf mit Bravour<br />
geschafft und gleich darauf einen Job in ihrem Heimatort gefun<strong>de</strong>n“,<br />
zeichnet Willegger ein positives Bild von <strong>de</strong>n Zukunftsperspektiven<br />
<strong>de</strong>r jungen Menschen.<br />
Sie berichtet zu<strong>de</strong>m über ein Mädchen, das sich im dritten Lehrjahr<br />
befin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n Hauptschulabschluss nachmachen möchte und nach <strong>de</strong>r<br />
Lehrabschlussprüfung zur Restaurantfachfrau die berufliche <strong>La</strong>ufbahn<br />
zur Diplomierten Behin<strong>de</strong>rtenbegleiterin einschlagen wird – die<br />
Aufnahmsprüfung auf <strong>de</strong>r SOB (Schule für Sozialbetreuungsberufe<br />
Waiern) hat sie bereits bestan<strong>de</strong>n.<br />
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