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JAHRESBERICHT 2012 - Diakonie de La Tour

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JUGEND<br />

Der 13-Jährige Amand M. lebt in <strong>de</strong>r Klagenfurter WG OK,<br />

einer Wohngemeinschaft für 13- bis 18-Jährige. Geboren in Ungarn,<br />

hatte er keinen leichten Start in Österreich – musste er doch erst die<br />

Sprache lernen. Heute träumt <strong>de</strong>r Teenager von einer Karriere als<br />

Mechaniker, von übergalaktischen Welten und von einem Neubeginn<br />

mit seiner Familie ...<br />

Eine Rotkreuz-Jacke, an <strong>de</strong>r Wand Nägel, auf <strong>de</strong>nen<br />

Baseballkappen hängen, und eine Masse winziger Figuren<br />

– Yoda, Obi Wan, Luke Skywalker o<strong>de</strong>r Captain Cody, sind<br />

nur die bekanntesten <strong>de</strong>r Star-Wars-Männchen, die auf<br />

Regalen und Tischen als Miniaturform in Reih und Glied<br />

positioniert über <strong>de</strong>n Eigentümer <strong>de</strong>s Zimmers regelrecht<br />

zu wachen scheinen.<br />

Dieser ist Bewohner <strong>de</strong>r WG OK in Klagenfurt-Welzenegg,<br />

13 Jahre alt und – wie wahrscheinlich bereits vermutet –<br />

glühen<strong>de</strong>r Star-Wars-Fan. „Manchmal stelle ich mir vor,<br />

auch so klein zu sein wie diese Figuren. Es muss total<br />

abenteuerlich sein, was man in so einem Fall alles erleben<br />

kann“, meint er begeistert. „Dann ist das Gras höher als<br />

man selbst und man muss auf Stufen klettern und vorher<br />

erst einmal überlegen, wie man das anstellt!“<br />

Gebürtiger Ungar, ist Amand M. im Volksschulalter nach<br />

Österreich gekommen. „Meine Mama kommt ursprünglich<br />

aus einem kleinen Dorf in Ungarn. In Österreich war<br />

zuerst schon schwierig. Ich hab ja nieman<strong>de</strong>n verstan<strong>de</strong>n“,<br />

erzählt er.<br />

Im Zug sei er nach Kärnten gereist, mit seiner Mutter und<br />

<strong>de</strong>m kleinen Bru<strong>de</strong>r – sein Vater habe ihm, im Sterben<br />

liegend, noch das Versprechen abgenommen, es <strong>de</strong>r Mama<br />

nicht so schwer zu machen und mit ihr mitzugehen.<br />

„Mein Papa war sehr krank, er hatte eine Bauchkrankheit,<br />

und daran ist er gestorben. Ich hab diese Krankheit auch,<br />

aber ich bekomme Medikamente und kann damit ganz normal<br />

leben und je<strong>de</strong>n Sport machen, <strong>de</strong>n ich möchte. Es war<br />

<strong>de</strong>r Wunsch von meinem Vater, dass wir nach Österreich<br />

gehen; er meinte, dass wir hier sicher sein wer<strong>de</strong>n.“<br />

Unsicheres Ungarn?<br />

„Na ja, meine Mama hatte Probleme mit ihrer Familie,<br />

mit unserer Oma und ihrem Bru<strong>de</strong>r hat sie sich gar nicht<br />

verstan<strong>de</strong>n.“<br />

Ein ungarischer Akzent ist im Deutschen je<strong>de</strong>nfalls gar<br />

nicht hörbar bei <strong>de</strong>m 13-Jährigen. Sehr wohl klingt sein<br />

Ungarisch sehr melodisch und für heimische Ohren fremdländisch:<br />

„Zu meinem Bru<strong>de</strong>r sag ich manchmal ,Gyere!‘<br />

(zu Deutsch: „Komm!“, Anm. d. Red.) – wenn er sich beeilen<br />

soll!“, lacht Amand.<br />

In Österreich hatte die Mutter einen guten Bekannten, <strong>de</strong>r<br />

ihnen beim Start geholfen hat. Und doch war alles nicht so<br />

einfach. Zunächst die Sprachbarriere, dann Schwierigkeiten<br />

im Familienalltag. „Es gab eine Zeit, wo ich nicht so gut<br />

mit meiner Mama ausgekommen bin und nicht so gern mit<br />

ihr gere<strong>de</strong>t habe. Das war damals die Zeit, als ich in die<br />

WG gezogen bin. Bald darauf ist auch mein Bru<strong>de</strong>r gekommen.“<br />

Ein Leben in einer Jugend-WG auf Vorschlag <strong>de</strong>r Familien-<br />

Intensivbetreuerin. „Sie hat mich gefragt, ob ich in einer<br />

WG wohnen möchte“, erzählt Amand. „Ich habe sie dann<br />

gefragt, ob es hier auch Spielkonsolen gibt, und sie meinte<br />

sie glaubt schon. Aber dann waren keine da“, erzählt <strong>de</strong>r<br />

13-Jährige. Statt<strong>de</strong>ssen einige neue Mitbewohner. „Es ist<br />

im Prinzip alles so wie in einer Familie, nur dass eben alles<br />

größer ist. Regeln gibt es hier und dort, Kin<strong>de</strong>r auch und<br />

die Betreuer sind ähnlich wie Eltern“, erklärt Amand.<br />

Gernot Klose ist einer <strong>de</strong>r Betreuer <strong>de</strong>r WG OK. „Wir<br />

haben hier eine recht stabile Besetzung“, meint er. „Das<br />

ist ein großer Vorteil, weil sich die Kin<strong>de</strong>r und Jugendlichen<br />

dadurch nicht dauernd auf jeman<strong>de</strong>n Neues einstellen<br />

müssen. Als Elternersatz kann man Betreuer aber<br />

nicht bezeichnen. Die Kin<strong>de</strong>r wohnen hier und sollen eine<br />

familiäre Struktur erleben. Natürlich übernimmt man dabei<br />

Funktionen, die sonst <strong>de</strong>n Eltern zufallen, sowohl die<br />

Schule als auch die Freizeit betreffend. Man reagiert dabei<br />

nach Intuition, aber man hat immer auch das pädagogische<br />

Fachwissen im Hinterkopf – zusammen mit <strong>de</strong>m Bauchgefühl<br />

funktioniert das an und für sich recht gut.“<br />

Gibt es eine Star-Wars-Figur, in <strong>de</strong>ren Haut Amand beson<strong>de</strong>rs<br />

gerne stecken möchte?<br />

„Comman<strong>de</strong>r Cody!“, folgt die Antwort wie aus <strong>de</strong>r Pistole<br />

geschossen. „Das ist ein Kämpfer gegen die Droi<strong>de</strong>n und<br />

<strong>de</strong>r beste Freund von Captain Rex. Cody kann irrsinnig gut<br />

klettern, zielen und schätzt Situationen immer sehr genau<br />

ein, außer<strong>de</strong>m geht er immer rechtzeitig in Deckung.“<br />

Die Figuren habe er schon seit <strong>La</strong>ngem gesammelt – geschenkt<br />

bekommen, gefun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r gekauft. Viele davon<br />

sind Legofiguren. „Ich vermisse manchmal meine alte WG<br />

(WG WIFZACK, gleich neben <strong>de</strong>r WG OK in Klagenfurt/Welzenegg,<br />

Anm. d. Red.), dort hatte ich viele Freun<strong>de</strong>, mit <strong>de</strong>nen ich<br />

Lego spielen konnte, außer<strong>de</strong>m lebt mein Bru<strong>de</strong>r ja auch<br />

noch drüben. Jetzt nehme ich zumin<strong>de</strong>st einmal die Woche<br />

Geschwisterzeit in Anspruch, dann können wir zusammen<br />

etwas unternehmen.“<br />

Umgezogen ist Amand, weil das Konzept <strong>de</strong>r WG OK<br />

mittlerweile besser zu ihm passe, erklärt Klose. „Das eine<br />

ist eine Kin<strong>de</strong>r-WG, und wir sind eine Jugend-WG, unsere<br />

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