29.11.2014 Aufrufe

JAHRESBERICHT 2012 - Diakonie de La Tour

JAHRESBERICHT 2012 - Diakonie de La Tour

JAHRESBERICHT 2012 - Diakonie de La Tour

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

MENSCHEN IM ALTER<br />

Seit <strong>de</strong>r Eröffnung <strong>de</strong>s Hauses lebt Gretl Pfaffenbichler im Wohn- und<br />

Pflegeheim Maria Gail. Im Interview erzählt sie von ihrem Alltag und davon,<br />

wie es für sie war, von <strong>de</strong>n gewohnten vier Wän<strong>de</strong>n im 19. Wiener Bezirk nach<br />

Kärnten in die Einrichtung <strong>de</strong>r <strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong> zu ziehen …<br />

Spielkarten, aufgereiht liegen sie auf einem Sekretär,<br />

dieser antiken Form eines Schreibtisches, klein und vor<br />

ein paar Jahrzehnten noch ausreichend – damals, als die<br />

Tische in <strong>de</strong>n eigenen vier Wän<strong>de</strong>n noch nicht mit großen<br />

Computern zugestellt wur<strong>de</strong>n.<br />

Es ist schon eine Zeit her, dass Margarethe Pfaffenbichler<br />

diesen Sekretär in ihrer Wohnung in Wien stehen hatte.<br />

An einem Ort, an <strong>de</strong>n sie sich heute noch manchmal<br />

zurücksehnt: „Ich hatte einen wun<strong>de</strong>rschönen Südbalkon,<br />

da bin ich gerne gesessen, manchmal auch mit Bekannten,<br />

und habe Kaffee getrunken. Dass ich mich da richtig zurückziehen<br />

konnte, das geht mir hier schon manchmal ab.“<br />

Seit <strong>de</strong>r Eröffnung <strong>de</strong>s Hauses Maria Gail bei Villach lebt<br />

Margarethe Pfaffenbichler in <strong>de</strong>r Einrichtung <strong>de</strong>r <strong>Diakonie</strong><br />

<strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong>. Zuvor hatte die 89-Jährige bereits einige Jahre<br />

in einem <strong>de</strong>r Häuser in Treffen gewohnt. Der Umzug von<br />

Wien nach Kärnten sei ihr nicht schwergefallen: „Ich war<br />

es gewohnt, an vielen Orten zu sein“, erzählt sie. „Früher<br />

habe ich für Vichy gearbeitet – ich war Diplomkosmetikerin<br />

und habe Apotheker geschult, manchmal sogar<br />

Vorträge vor gut zweihun<strong>de</strong>rt Menschen gehalten und war<br />

auch viel im Ausland unterwegs, in <strong>de</strong>r Schweiz und in<br />

Deutschland. Und meine Tochter hat ja schon vor vielen<br />

Jahren nach Kärnten geheiratet. Als sie selbst nicht mehr<br />

so häufig nach Wien zu mir kommen konnte, hat sie mich<br />

nach Villach geholt, damit ich in <strong>de</strong>r Nähe bin und sie mich<br />

besuchen kann.“<br />

Gemütlich hat es sich die Wienerin in ihrem Zimmer in<br />

Maria Gail je<strong>de</strong>nfalls eingerichtet – die eigenen vier Wän<strong>de</strong><br />

sozusagen eingepackt und mitgenommen, nur das Bett und<br />

ein Kasten, <strong>de</strong>r beim Fenster steht, sind Möbel, die von <strong>de</strong>r<br />

<strong>Diakonie</strong> <strong>de</strong> <strong>La</strong> <strong>Tour</strong> zur Verfügung gestellt wur<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />

übrigen Raum hat die Bewohnerin mit ihren eigenen Dingen<br />

ausgestattet: Gemäl<strong>de</strong> und Schwarz-Weiß-Fotografien an<br />

<strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n, eine edle Stehlampe, ein barocker Engel auf<br />

einer Nussholz-Kommo<strong>de</strong>, eine Porzellanpuppe in ungarischer<br />

Tracht. Dinge aus früherer Zeit, aber sehr stilvoll<br />

und geschmacksicher. „Ich bin früher sehr gerne ins<br />

Dorotheum gegangen und habe dort das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re<br />

Möbelstück für meine Wohnung gekauft“, erzählt Gretl<br />

Pfaffenbichler. „Auch vielen meiner Freun<strong>de</strong> habe ich beim<br />

Einrichten geholfen, einige von ihnen meinten, an mir sei<br />

eine Innenarchitektin verloren gegangen.“<br />

Die ungarische Puppe kommt übrigens nicht von ungefähr<br />

– steht sie doch für die Wurzeln ihrer Besitzerin. Gretl<br />

Pfaffenbichler überrascht Besucher nämlich manchmal mit<br />

fließen<strong>de</strong>n Ungarischkenntnissen, die sie ihrer Herkunft –<br />

ihr Vater stammte aus Szerencs (im Nordosten Ungarns, in<br />

<strong>de</strong>r Nähe von Tokaj) – verdankt.<br />

„Ich bin wohl eine typische Österreicherin. Mein Vater<br />

Ungar, meine Mutter aus Polen – und geboren bin ich in<br />

Wien“, schmunzelt Pfaffenbichler.<br />

Manchmal spreche sie mit einer <strong>de</strong>r Betreuerinnen ungarisch.<br />

„Das gefällt nicht immer allen. Einmal haben wir<br />

miteinan<strong>de</strong>r geplau<strong>de</strong>rt, da meinte eine Besucherin, so eine<br />

junge Gans, zu uns: ,Hier wird <strong>de</strong>utsch gesprochen!‘ Man<br />

kommt schon mit verschie<strong>de</strong>nem Publikum zusammen …“<br />

Und so sei <strong>de</strong>r Alltag eben ein Auf und Ab. „Ich habe Tage,<br />

da bin ich wirklich gerne hier – es gibt sehr nette Betreuerinnnen,<br />

und einmal in <strong>de</strong>r Woche kommt auch eine ehrenamtliche<br />

Mitarbeiterin zu mir und geht mit mir spazieren<br />

o<strong>de</strong>r auf einen Kaffee.“<br />

Auch Ausflüge zum <strong>Diakonie</strong>-eigenen Grundstück am Ossiacher<br />

See gefallen ihr sehr gut.<br />

„Frau Pfaffenbichler ist die einzige unserer Bewohnerinnen,<br />

die noch selbstständig und gut schwimmen kann“, erzählt<br />

die stockwerksverantwortliche Pflegerin Daniela Peissl.<br />

„Manchmal fahren wir mit einem Bus zum See, und dann<br />

kann sie dort nach Herzenslust schwimmen.“<br />

Zu <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nschaften <strong>de</strong>r gebürtigen Wienerin zählt auch<br />

das Rauchen. Und so zieht sie genüsslich an einer Zigarette,<br />

während sie mehr aus ihrem bewegten Leben erzählt.<br />

Drei Mal sei sie verheiratet gewesen, die ersten bei<strong>de</strong>n<br />

Male nicht sehr glücklich. Ein weiterer Verehrer habe ihre<br />

Schwester geheiratet: „Eigentlich ihrer Wohnung wegen“,<br />

lacht Gretl Pfaffenbichler. „Sie hatte eine ehemals jüdische<br />

Wohnung im ersten Bezirk, gleich hinter <strong>de</strong>m Stephansdom.<br />

Mein Appartement war ihm wohl etwas zu wenig<br />

repräsentativ“, schmunzelt sie.<br />

„Meinen dritten Mann habe ich bei meiner Arbeit kennengelernt.<br />

Lei<strong>de</strong>r währte unser Glück nicht ewig, er wur<strong>de</strong><br />

falsch operiert – die Ärzte erkannten nicht, dass er einen<br />

Darmverschluss hatte, nahmen ihm statt<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n Blinddarm<br />

heraus. Das war schon ein Schock für mich.“<br />

Und so sei sie eben alleine nach Villach gezogen …<br />

Mit <strong>de</strong>r Tochter gehe sie manchmal einkaufen o<strong>de</strong>r auf<br />

einen Kaffee.<br />

Kontaktschwierigkeiten habe sie keine gehabt: „Die hatte<br />

ich nie, ich war ja viele Menschen durch meine Arbeit gewohnt.<br />

Wenn es Reibereien gibt, weiche ich aus, das habe<br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!