Kirchen musikalische Mitteilungen - Amt für Kirchenmusik
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22<br />
<strong>Kirchen</strong><strong>musikalische</strong> <strong>Mitteilungen</strong> Dezember 2010<br />
Schwerpunkt-Thema<br />
Weihnachtliche Musik<br />
Text<br />
Der Text des Benedictus hat – anders<br />
als Gloria und Et incarnatus est - nicht<br />
unmittelbar mit Weihnachten zu tun,<br />
aber der Text findet sich mehrfach in<br />
der Liturgie wieder, wenn vom „Kommen“,<br />
von Ankunft die Rede ist. Das ist<br />
in der Weihnachtszeit der Fall (Graduale<br />
2. Weihnachtsmesse), aber auch am<br />
Palmsonntag, wo der aus dem Tagesevangelium<br />
stammende Text direkt<br />
mit dem Hosanna verbunden erscheint<br />
(„Hosanna filio David: benedictus qui<br />
venit…“, Mt 21,9). In der Messfeier ist<br />
das Benedictus Teil des zweiteiligen<br />
Ordinariumsgesangs Sanctus-Benedictus,<br />
wobei das Sanctus die direkte<br />
Fortsetzung der Präfation darstellt,<br />
was früher sogar musikalisch deutlich<br />
zum Ausdruck kam, indem es die Melodie<br />
der Präfation weitergeführt hat.<br />
Wie beim Gloria – und hier liegt vielleicht<br />
auch ein Ansatz für das weihnachtliche<br />
Verständnis des Textes –<br />
handelt es sich beim Sanctus ebenfalls<br />
um einen Engelshymnus, wie er<br />
bei Jesaja überliefert ist, als hymnischer<br />
Gesang der Seraphim. Allerdings<br />
will sich der Gesang an dieser Stelle<br />
nach der Präfation nicht einfach als Jesajazitat<br />
verstanden wissen und es<br />
geht auch nicht um den Gesang der Engel,<br />
sondern thematisiert wird die Teilhabe<br />
der irdischen Kirche am himmlischen<br />
Gesang. Damit hat der Text eine<br />
an der Theologie des Neuen Testaments<br />
orientierte Auslegung erfahren.<br />
Deshalb ist das Sanctus anfangs<br />
selbstverständlich Volksgesang. Wenn<br />
aber mehrere Verlautbarungen darauf<br />
hinweisen (müssen), dass das so sein<br />
sollte, gibt es wahrscheinlich schon<br />
andere Bräuche, und in entsprechenden<br />
„ordines“ für Festgottesdienste<br />
wird dieser Gesang durchaus auf bestimmte<br />
Gruppen von Klerikern überedel<br />
– Pamina-Tamino oder Elsa-Lohengrin<br />
–, bezieht sich auf Geist und<br />
Jungfrau. All das betont eine geistige<br />
Welt, die in der Musik sinnlich erfahrbar<br />
wird.<br />
Es gibt aber auch noch eine<br />
andere Interpretation des<br />
„Et incarnatus est“, die im<br />
Zusammenhang mit der Theologie<br />
des Paulus noch weniger<br />
Kind und Krippe, dafür<br />
umso stärker den Heilsplan<br />
betont und ursprünglich<br />
wohl die theologischen Aussagen<br />
des „Credo“ bestimmt<br />
hat: „Er (Christus) war Gott<br />
gleich, hielt aber nicht daran<br />
fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußert<br />
sich und wurde wie ein Sklave<br />
und den Menschen gleich. Sein Leben<br />
war das eines Menschen; er erniedrigte<br />
sich und war gehorsam bis zum Tod,<br />
bis zum Tod am Kreuz.“ (Phil 2,6-8)<br />
Diese Theologie betont das „descendit<br />
de caelis“, dieser Theologie folgt die<br />
<strong>musikalische</strong> Gestaltung von „Et incarnatus“<br />
und „Crucifixus“ als Einheit.<br />
Und hier finden sich der Erniedrigung<br />
entsprechend auch alternative <strong>musikalische</strong><br />
Kompositionsweisen: Bass-<br />
Solo, tiefe Instrumente und „sub“-dominante<br />
Tonarten.<br />
Musikalisch wird der Text meist in zwei<br />
Teile gegliedert: zum einen „Et incarnatus<br />
est de Spiritu Sancto ex Maria<br />
virgine“ (hohe Lage, tonartlich schwebend),<br />
daneben anders gestaltet (tiefe<br />
Lage, tonartlich kadenzierend) „et homo<br />
factus est“. Das zeigt deutlich einen<br />
„Oben-Unten-Kontrast“, auf der<br />
einen Seite die – geistige - Sphäre des<br />
Hl. Geistes und der Jungfrau, auf der<br />
anderen – real, irdisch - den Menschen<br />
Jesus: Menschwerdung als Erniedrigung:<br />
oben-unten - verbunden durch<br />
den Glauben: misterioso – „Credo“.<br />
Benedictus, qui venit