Kirchen musikalische Mitteilungen - Amt für Kirchenmusik
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Rezensionen<br />
La rhetorique du feu - Die Rhetorik des Feuers<br />
Festschrift zum 80. Geburtstag von Jean Guillou<br />
Butz-Verlag<br />
Zum 80. Geburtstag von Jean Guillou erschien im<br />
Butz-Verlag eine Festschrift unter dem Titel „La rhetorique<br />
du feu - Die Rhetorik des Feuers“.<br />
Schüler und Weggefährten schildern in ihren Beiträgen<br />
das Erleben der Person und des Musikers Jean<br />
Guillou. Günter Kaunzinger und Friedemann<br />
Winklhofer beschreiben den geduldigen, aber hartnäckig<br />
arbeitenden Lehrer. Der Sohn Karl Richters,<br />
Tobias Richter, schildert die Künstlerfreundschaft der<br />
beiden Musiker, Martin Lücker thematisiert in einem<br />
offenen Brief den Umgang mit Musik und die Freiheit<br />
in der Interpretation.<br />
Dazu kommen Erinnerungen an Guillous Berliner<br />
Zeit in der ersten Hälfte der 60er Jahre; ein beinahe<br />
leidenschaftlicher Artikel, wie die Ehefrau des Maitre<br />
dessen Musik empfindet, und - als Novität: Gedichte<br />
und Prosatexte aus der Feder Guillous.<br />
Was kennzeichnet die Person Guillou? Ein stetes<br />
Nachsinnen über die Musik, die Ablehnung der historischen<br />
Aufführungspraxis (Zitat: „Es hat nichts mit<br />
Kunst zu tun, wenn man etwas imitiert“), seine frei -<br />
geistige traditionslosgelöste Denkweise (so sieht er<br />
sich mehr als Kelte, denn als Franzose), seine Bescheidenheit<br />
(die ihm alle Autoren bescheinigen).<br />
„La rhetorique du feu“ ist eine aufschlussreiche Lektüre,<br />
die der Person Jean Guillou auf die Spur geht<br />
und in keinem Organistenregal fehlen darf. Noch besser<br />
ist es allerdings, Guillou „live“ zu erleben. Er ist<br />
ein Musiker, an dem sich die Geister scheiden, aber<br />
dessen schier grenzenlose Virtuosität begeistert und<br />
imponiert.<br />
Wer sich näher mit der Person Jean Guillou auseinandersetzen<br />
will, dem seien die „Colloques“, eine Art<br />
Gesprächsbiografie, aus demselben Verlagshaus,<br />
nachdrücklich empfohlen.<br />
Andreas Weil<br />
P.S.: Im Juli lehnte Guillou die Auszeichnung der<br />
französischen Ehrenlegion ab mit der Begründung,<br />
dass die klassische Musik fortwährend verdrängt<br />
werde und von politischer Seite aus keine Lobby<br />
mehr genieße.<br />
Michael Wersin: Bach hören<br />
Eine Anleitung, 180 Seiten, mit Notenbeispielen<br />
und Abbildungen<br />
Reclam ISBN 978-3-15-010779-9<br />
Johann Sebastian Bachs Musik wird von vielen als<br />
zeitlos empfunden, als habe er mit seiner Tonsprache<br />
grundlegende, fundamentale Aussagen formuliert,<br />
die den Hörer immer wieder berühren und ergreifen.<br />
Welche Gattung Bach auch bearbeitet hat, überall gelang<br />
es ihm, den barocken Musikstil zur Vollendung<br />
zu führen. Michael Wersins neues Buch erschließt<br />
diese geniale Musik dem Hörer, um sie besser zu verstehen<br />
und immer wieder aufs Neue entdecken zu<br />
<strong>Kirchen</strong><strong>musikalische</strong> <strong>Mitteilungen</strong> Dezember 2009<br />
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können. Dazu dringt er in die Tiefe der Musikstruktur<br />
vor, richtet den Blick aber zugleich in die Weite des<br />
kulturhistorischen und aufführungspraktischen Kontextes:<br />
von Bachs unterrichtspädagogischen Ansätzen<br />
in seinen Inventionen, über die Choralvorspiele<br />
und deren Verankerung im Gottesdienst, die Umsetzung<br />
seiner umfangreichen theologischen Kenntnisse,<br />
seine Concerti, die im Leipziger Cafe Zimmermann<br />
ein Podium fanden, bis zu seinen, das Lebenswerk<br />
krönenden letzten Werken, der Messe in h-Moll<br />
und der Kunst der Fuge.<br />
◆ Noten<br />
Bunk, Sämtliche Orgelwerke, Bd. III<br />
hrsg. von Jan Boecker und Wolfgang Stockmeier,<br />
Bärenreiter Urtext,<br />
Das kompositorische Schaffen Gerard Bunks<br />
(1888-1958), gebürtiger Niederländer und langjähriger<br />
Organist der evangelischen Kirche St. Reinoldi in<br />
Dortmund, erfreut sich seit einigen Jahren einer sukzessive<br />
erscheinenden, wissenschaftlich fundierten<br />
Neuauflage durch den Bärenreiter Verlag. Bunk, der<br />
in einem Atemzug mit Persönlichkeiten wie Walter Fischer<br />
oder Alfred Sittard zu nennen ist, zählt zur ersten<br />
Generation von Organisten, die, noch bevor Karl<br />
Straube als Professor am Leipziger Konservatorium<br />
zwei Generationen von Schülern heranbilden konnte,<br />
das Orgelwerk Max Regers zu spielen und aufgrund<br />
ihrer stetig wachsenden Reputation auch zu verbreiten<br />
imstande waren. Als Komponist stand er im Kontakt<br />
mit Größen wie Charles-Marie Widor und Albert<br />
Schweitzer, die ihm wiederholt ihre Hochachtung<br />
aussprachen.<br />
Der vorliegende dritte Band der Gesamtausgabe<br />
der Orgelwerke enthält die Werke „Einleitung, Variationen<br />
und Fuge über ein Altniederländisches Volkslied<br />
in d-Moll, op. 31“, „Sonate in f-Moll, op. 32“ und<br />
„Passacaglia in a-Moll op. 40“. Es handelt sich dabei<br />
um großdimensionierte Konzertstücke, die sich von<br />
einem Laienorganisten zugegebenermaßen nur<br />
schwerlich erschließen lassen. Jugendliche Spielfreude<br />
und eine Ausgewogenheit der Mittel lassen einen<br />
Komponisten erkennen, der sich stilistisch zwischen<br />
der deutschen und der französischen (Spät-)<br />
Romantik zu bewegen scheint.<br />
Neben dem Notentext warten die Herausgeber mit<br />
einer Fülle von Hintergrundinformationen inklusive<br />
Faksimiles von Briefen auf, die dem Spieler/Leser einen<br />
Eindruck der Persönlichkeit Bunks vermitteln. Als<br />
besondere Zugabe enthält der Band eine separate<br />
Geigenstimme des dritten Satzes „Intermezzo cantabile“<br />
aus der Sonate op. 32, das auch in einer Fassung<br />
für Violine und Orgel vorliegt. Ein kritischer Bericht<br />
am Ende informiert detailliert über die Quellen-