Kirchen musikalische Mitteilungen - Amt für Kirchenmusik
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Weihnachtliche Musik in Orchestermessen<br />
23<br />
Schwerpunkt-Thema<br />
O R C H E S T E R M E S S E N<br />
Wenn nun das Benedictus nach der<br />
Wandlung gesungen wird, begegnet es<br />
hier einem Text des Kanons, mit dem<br />
es eng verwandt ist: Unde et memores…,<br />
dem mysterium fidei – dem Gedächtnis<br />
der Heilsgeheimnisse, des Erlösungswerkes<br />
Christi: Menschwertragen.<br />
Mit dem Durchbruch des polyphonen<br />
Gesangs in der gotischen Periode<br />
wird das Sanctus-Benedictus endgültig<br />
zur Aufgabe von Sängerchören.<br />
Von einem ursprünglich schlichten<br />
Ruf, einer Akklamation, ist es ein Stück<br />
reich gestalteter Musik geworden.<br />
„Der neutestamentliche Grundton, der<br />
im Engelshymnus zum Durchbruch gekommen<br />
ist, findet seinen volleren<br />
Ausdruck im angeschlossenen Benedictusruf,<br />
der vom doppelten Hosanna<br />
umrahmt ist…[Anm.: Hosanna jeweils<br />
als Antiphon verstanden zum Psalmvers<br />
Benedictus – so auch von Bach in<br />
der h-moll-Messe gegliedert]. Das Benedictus<br />
scheint zuerst auf gallischem<br />
Boden mit dem Sanctus verbunden<br />
worden zu sein. Jedenfalls muss der<br />
Gedanke bestimmend gewesen sein,<br />
dass die Herrlichkeit des Herrn, von<br />
der Himmel und Erde erfüllt sind, auf<br />
Erden doch erst in ihrem vollsten Glanze<br />
erstrahlt ist, als der Gottessohn im<br />
Fleische zu uns kam. Darum war sein<br />
Kommen schon in Bethlehem umklungen<br />
vom Gloriagesang der Engel und<br />
darum haben ihn in Jerusalem die<br />
Volksscharen gepriesen mit dem<br />
Psalmwort eben als den, ‚der da<br />
kommt im Namen des Herrn‘“. (MS<br />
II.165f)<br />
Wenn auch der Text im Evangelium<br />
„qui venit“ als Präsens, als Gegenwart<br />
versteht, bedeutet es in der Liturgie sicher<br />
auch den, der gekommen ist, und<br />
den, der kommen wird. „Die Frage ist<br />
natürlich unabhängig davon, ob das<br />
Benedictus vor oder nach der Wandlung<br />
steht; denn der Lobpreis müsste<br />
dann in beiden Fällen doch auf den bezogen<br />
werden, der einst in seiner Menschwerdung<br />
zu uns herabgestiegen ist.<br />
Doch dürfte die genannte Umdeutung<br />
unnötig sein. Christus ist immer noch<br />
der Kommende. Wir beten auch immer<br />
noch um das Kommen des Reiches,<br />
und selbst wenn wir in der Weihnachtszeit<br />
seines adventus gedenken, geht<br />
unser Blick ebensosehr in die Zukunft<br />
wie in die Vergangenheit. So ist auch<br />
seine Nähe im Sakrament ein fortgesetztes<br />
Kommen, das erst am jüngsten<br />
Tage seine Krönung findet.“ (MS<br />
II.166f)<br />
„Während das Sanctus mit dem Benedictus<br />
im Missale Romanum noch als<br />
einziger Gesang erscheint und auch in<br />
den Choralkompositionen als ein Gesang<br />
behandelt wird, sieht schon das<br />
1600 erschienene Ceremoniale episcoporum<br />
vor, dass das Benedictus<br />
erst elevato sacramento gesungen<br />
werde, eine Regel, die in jüngster Zeit<br />
zur allgemeinen Direktive erhoben<br />
worden ist. Es liegt hier offenbar eine<br />
Anpassung an die Verhältnisse des<br />
polyphonen Gesanges vor, in dessen<br />
reicheren Melodien sich das Sanctus,<br />
das noch in durchaus annehmbarer<br />
Weise das erste Hosanna an sich zieht,<br />
von selbst bis zur Wandlung hin erstreckt,<br />
während das Benedictus mit<br />
dem zweiten Hosanna den Rest des Kanons<br />
ausfüllt; mit anderen Worten, es<br />
ist hier für die mit Gesang gefeierte<br />
Messe die Kanonstille völlig aufgegeben<br />
und es ist der Raum freigegeben<br />
nicht zwar für das laute Beten des Priesters,<br />
wohl aber für den Gesang des<br />
Chores, der im Grunde nur die alte Dominante<br />
des Hochgebetes, Dank und<br />
Lobpreis, weiter festhält und für das<br />
Ohr der Teilnehmer über den Kanon hin<br />
musikalisch entfaltet.“ (MS II.167)