Einblicke - Ein Rundgang durch das Parlamentsviertel - Brandner ...
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KUNST UND POLITIK<br />
Kunst im Paul-Löbe-Haus<br />
Die Werke<br />
„Deutscher 1“<br />
(oben) und<br />
„Deutscher 2“ des<br />
Künstlerduos Twin<br />
Gabriel. (unten)<br />
östlich gelegenen Mauerteilen, Bauten oder<br />
Hundezwingern der DDR-Grenztruppen als auch<br />
Teile vom Grundriss des Paul-Löbe-Hauses. Durch<br />
eine axiale Verschiebung sind Grundrisselemente<br />
der einstigen und gegenwärtigen Bebauung miteinander<br />
verschränkt – gleichsam schicksalhaft<br />
verklammert. So überlagern sich Vergangenheit<br />
und Gegenwart, die politische Entwicklung des<br />
Ortes wird reflektiert, wird im unmittelbaren Sinne<br />
greifbar und begreifbar. Darüber hinaus wird mit<br />
der magischen Figur eines Labyrinths, <strong>das</strong> in der<br />
Mythologie und Kunst auf eine lange Tradition<br />
zurückblicken kann, die Frage nach dem rechten<br />
Weg aufgeworfen – ein im politischen Raum gleichermaßen<br />
spielerischer und doch ernsthafter<br />
gedanklicher Anstoß.<br />
Das Künstlerduo Twin Gabriel (Else Gabriel und Ulf<br />
Wrede) wiederum spielt mit der Frage nach der<br />
Formgestaltung von Büsten: Aus Teflon haben die<br />
beiden Künstler zwei Rundprofile entworfen, von<br />
denen eines <strong>das</strong> Profil des Dichters Goethe und<br />
<strong>das</strong> andere <strong>das</strong> eines Deutschen Schäferhundes<br />
als „Deutscher 1“ und „Deutscher 2“ zeigen. Erst<br />
im Schattenwurf werden <strong>das</strong> markante Profil des<br />
Dichters und <strong>das</strong> des Hundes erkennbar. Beide<br />
Skulpturen sind wie elegante Barockskulpturen spielerisch<br />
in die Heckengestaltung einbezogen und ironisieren<br />
Monumente bürgerlicher Heldenverehrung<br />
ebenso wie <strong>das</strong> ständige Bemühen um deutsche<br />
Selbstvergewisserung.<br />
Auf andere Weise wirft die Frage nach dem,<br />
was eine Skulptur ausmacht, der Leipziger<br />
Künstler Till Exit auf. Er hat vier Plexiglas-Kuben<br />
geschaffen, die von innen erleuchtet werden.<br />
Strukturelemente im Innern der Kuben, unterschiedliche<br />
Oberflächentexturen sowie der halb-<br />
transparente Charakter der Würfel lassen komplexe<br />
Bildwirkungen entstehen, die <strong>das</strong> herkömmliche<br />
Verständnis einer Skulptur erweitern und<br />
zudem zu Tag- und Nachtzeit ganz unterschiedliche<br />
Ansichten der Skulpturen vermitteln.<br />
Auch die Restaurants im Paul-Löbe-Haus wurden<br />
von Künstlern gestaltet. So wurde <strong>das</strong><br />
Abgeordnetenrestaurant von dem kubanischen<br />
Künstler Jorge Pardo als Gesamtkunstwerk mit<br />
deckenfüllenden, farbigen Kristall-Leuchten und<br />
eigens gestalteten Möbeln entworfen. Für <strong>das</strong><br />
Besucherrestaurant hat Tobias Rehberger einen<br />
Bogen zwischen den Kulturen geschlagen, indem<br />
er klassische Designmöbel nach seiner Zeichnung<br />
von Handwerkern anderer Kulturen nachbauen<br />
ließ. Die englische Künstlerin Angela Bulloch wiederum<br />
verbindet Besucher und Abgeordnete in<br />
einer anspielungsreichen Installation: Wer sich<br />
vor dem Sitzungssaal des Europaausschusses (der<br />
im Innern mit großformatigen Arbeiten Helmut<br />
Federles ausgestattet ist) auf eine der Bänke setzt,<br />
lässt <strong>durch</strong> elektrische Kontakte im Geschoss darunter<br />
auf der Ebene des Besucherrestaurants farbige<br />
Lampen aufleuchten. Dabei ist für diejenigen,<br />
die auf den Bänken in den „Seats of Power“ sitzen,<br />
nicht erkennbar, was in den „Spheres of Influence“<br />
unter ihnen geschieht und umgekehrt.<br />
Darüber hinaus sind weitere dreißig Künstler<br />
<strong>durch</strong> Installationen oder Ankäufe im Paul-Löbe-<br />
Haus vertreten. So ist <strong>durch</strong> <strong>das</strong> Engagement des<br />
Kunstbeirates <strong>das</strong> Paul-Löbe-Haus nicht nur ein Ort<br />
für die konzentrierte parlamentarische Arbeit der<br />
Ausschüsse des Bundestages geworden, sondern<br />
zugleich ein Ort der Begegnung von Kunst und<br />
Politik mit der Chance zu gegenseitiger geistiger<br />
Anregung und Beflügelung.<br />
Angela Bullochs<br />
„Seats of Power –<br />
Spheres of Influence“.<br />
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