Einblicke - Ein Rundgang durch das Parlamentsviertel - Brandner ...
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KUNST UND POLITIK<br />
Kunst im Jakob-Kaiser-Haus<br />
Christiane Möbus‘<br />
Rennachter.<br />
Die farbigen<br />
Ruderboote schweben<br />
auf und ab.<br />
Kunst im Jakob-Kaiser-Haus<br />
Das Jakob-Kaiser-Haus, <strong>das</strong> Haus der Fraktionen, ist<br />
ein Komplex von acht einzelnen Häusern, zu denen<br />
noch mehrere Altbauten gehören. Jeweils zwei<br />
dieser Häuser wurden von einem Architektenteam<br />
in der speziell ihm eigenen Architektursprache<br />
gestaltet. Auf der Grundlage dieser Differenziertheit<br />
wurde ein Kunst-am-Bau-Konzept entwickelt, <strong>das</strong><br />
im <strong>Ein</strong>klang mit der jeweiligen Architektursprache<br />
jeden Gebäudekomplex künstlerisch ebenso differenziert<br />
akzentuiert.<br />
In Haus 1 betritt der Besucher eine großräumige<br />
Halle. Die Künstlerin Christiane Möbus<br />
lässt vom Hallendach herab vier Rennachter in<br />
den Farben Gelb, Rot, Blau und Schwarz auf und<br />
ab schweben. Jedes Boot folgt in der Auf- und<br />
Abwärtsbewegung einem eigenen Rhythmus, so<br />
<strong>das</strong>s sich fortwährend neue Konstellationen der<br />
Boote zueinander ergeben. Sie spielen auf die in<br />
Berlin allgegenwärtige Fluss- und Seenlandschaft<br />
an, insbesondere auf die in unmittelbarer<br />
Nähe vorbeifließende Spree. Die Öffnung des<br />
Hallenbodens zum Untergeschoss wirkt dank<br />
dieser Anspielungen wie ein Bassin, bis zu dessen<br />
oberen Rand die Boote herabgelassen werden.<br />
Aber nicht nur eine solche lokal-geographische<br />
Beziehung stellen die vier Rennachter her. Sie<br />
verweisen zugleich auf die Bootsrennen zwischen<br />
Oxford und Cambridge, den Sinnbildern des<br />
demokratischen Wettbewerbs unter Gleichen.<br />
So bewirkt der tänzerische Rhythmus der starkfarbigen<br />
Boote nicht nur eine beschwingte<br />
Stimmung, er verbindet gleichzeitig Spiel und<br />
Sport und symbolisiert – im Haus der Fraktionen<br />
– überdies die Lebendigkeit und Fairness des<br />
politischen Wettstreites.<br />
Die Wände des Untergeschosses erfahren ihre<br />
besondere Gestaltung <strong>durch</strong> Gemälde von Bernard<br />
Schultze, Andreas Schulze, Max Uhlig, Peter<br />
Herrmann, Karl Horst Hödicke sowie <strong>durch</strong> eine<br />
Fotofolge des Leipziger Fotografen Matthias Hoch<br />
zum Reichstagsgebäude vor dem Umbau <strong>durch</strong><br />
den Architekten Norman Foster. Von der Halle<br />
des Untergeschosses aus gelangt man in Haus 2<br />
zur Poststelle. Sie gibt einen Blick auf den vom<br />
Landschaftsarchitekten Gustav Lange gestalteten<br />
Innenhof frei: Wie in einem Urwald liegen Birkenstämme<br />
und Findlinge am Boden verteilt, von dem<br />
junge Birken dem Licht entgegenstreben. Auf der<br />
Erdgeschossebene sind sie von einem Wasserband<br />
umschlossen, <strong>das</strong> wie ein gleißender Silberrahmen<br />
<strong>das</strong> Bild der Birken umfasst.<br />
Das Erscheinungsbild des Jakob-Kaiser-Hauses<br />
zur Spree hin wird bestimmt von der Stadtraumgestaltung<br />
des israelischen Künstlers Dani Karavan.<br />
Zwar muss der von ihm gestaltete Außenhof aus<br />
Sicherheitsgründen gegenüber der Spreeprome nade<br />
abgeschlossen sein. Doch hat der Künstler an Stelle<br />
von Gittern oder Brüstungen meterhohe Glasplatten<br />
als Begrenzung gewählt, so <strong>das</strong>s wenigstens optisch<br />
ein hohes Maß an Transparenz gewährleistet ist. Aus<br />
dem Hofbereich heraus entwickeln sich unter diesen<br />
Glasplatten hin<strong>durch</strong> – auf die Hauptlinien des<br />
Reichstagsgebäudes orientiert – strahlenförmige<br />
Bodenstrukturen, abwechselnd aus Vegetations- und<br />
Metallflächen gebildet – bis nahe an die Spree.<br />
Dieser gelungenen formalen Gestaltung entspricht<br />
die anspielungsreiche inhaltliche Ausrich-tung:<br />
So ist auf jeder der 19 Glasplatten<br />
eines der 19 Grundrechte des Grundgesetzes in<br />
der Fassung aus dem Jahre 1949 zu lesen. Diese<br />
19 Grundrechtsartikel erinnern unmittelbar an der<br />
Gustav Langes<br />
Innenhof.<br />
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