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em. o. Univ.-Prof. Dr. Hans-Georg Koppensteiner Markenrecht - Manz

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F. Inhalt des <strong>Markenrecht</strong>s<br />

Die Informationspfl ichten des Parallelimporteurs d<strong>em</strong> Markeninhaber gegenüber lassen<br />

sich markenrechtlich nicht ohne Weiteres erklären. Verständlich werden sie aus d<strong>em</strong> von<br />

Art 36 AEUV geprägten Normzweck des Art 7 MRL und daher auch des § 10b. Er besteht<br />

darin, die Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs in Einklang zu<br />

bringen. 239 In Umpackfällen, in denen der Ausschluss der Erschöpfung an sich naheliegt, ist<br />

es daher gerechtfertigt, d<strong>em</strong> Markeninhaber die Möglichkeit zu verschaffen, ohne eigene Recherchen<br />

zu prüfen, ob er das Umpacken seines Produkts hinnehmen muss. 240 Die Rechtsfolge<br />

unterbliebener Information besteht bis zu ihrer Nachholung nach Auffassung des EuGH darin,<br />

dass Art 7 Abs 1 MRL (§ 10b Abs 1) nicht eingreift, die Rechte des Markeninhabers also<br />

erhalten bleiben. 241 Das ist markenrechtlich nicht selbstverständlich, wenn gerechtfertigt umgepackt<br />

worden ist. Der EuGH hatte aber wohl keine Möglichkeit, anders zu entscheiden. Das<br />

ergibt sich aus der Notwendigkeit einer Sanktion, die in allen betroffenen Staaten identisch<br />

sein muss. Bei Vorliegen eines berechtigten Grundes iSv Art 7 Abs 2 MRL – die Verletzung der<br />

Informationspfl icht gehört, wie dargelegt, hierher – bleibt daher gar nichts anderes übrig, als<br />

den Eintritt der Erschöpfungswirkung zu versagen.<br />

dd) Beweislast<br />

Die Beweislast für sämtliche Tatsachen, auf die sich die Legitimität von Änderungen der<br />

Ware einschließlich ihres Umpackens ergibt, liegt nach allg<strong>em</strong>einen Regeln beim Beklagten.<br />

Soweit es darum geht, dass der Zustand der Ware oder der Ruf der Marke/ihres Inhabers nicht<br />

beeinträchtigt werden kann, genügt ein „Anfangsbeweis“, dessen Widerlegung dann Sache des<br />

Klägers ist. 242<br />

IV. Rechtsfolgen der Markenverletzung<br />

1. Übersicht<br />

Im Unterschied zur vorher geltenden Regelung sind die zivilrechtlichen Ansprüche wegen<br />

Verletzung des Rechts an eingetragenen Marken jetzt in den §§ 51 ff zusammengefasst. 243<br />

Praktisch bedeutet dies, dass der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch de lege lata nicht<br />

mehr den §§ 9, 15 UWG, sondern den §§ 51 ff zu entnehmen ist. § 60 über strafrechtliche<br />

Sanktionen umfasst anders als in den §§ 51 ff Zeichenverletzungen schlechthin (§ 60 Abs 2).<br />

Deshalb wurde die Bestimmung zusammen mit prozessrechtlichen Folgenormen (§ 60a, b) in<br />

ein<strong>em</strong> eigenen Abschnitt verselbständigt. 244<br />

Strafbar ist, wer eine Marke iSd §§ 10 ff verletzt; Bedienstete oder Beauftragte allerdings<br />

nur, wenn es ihnen zumutbar war, einer entsprechenden Weisung zuwiderzuhandeln<br />

(§ 60 Abs 5). Subjektiv ist (bedingter) Vorsatz erforderlich. 245 Unternehmensinhaber, Geschäftsleiter,<br />

Organmitglieder sind nach § 60 Abs 3 und 4 verantwortlich, wenn betrieblich<br />

veranlasste Verletzungshandlungen von Bediensteten/Beauftragten (schuldhaft) nicht verhin-<br />

239 StRspr, zB EuGH MarkenR 2002, 155 (Tz 18) – Boehringer/Swingward. Dazu etwa Schmitt, 197.<br />

240 Für Einzelheiten OGH ÖBl 2009, 257, 259 – Zovirax III im Anschluss an den EuGH.<br />

241 EuGH EWS 2007, 279 (Tz 85) – Boehringer/Swingward II; vgl Hildebrandt, 403.<br />

242 „Boehringer/Swingward II“ aaO Tz 53. Zu Beweislastfragen im Kontext der Erschöpfungsbeschränkung<br />

auf den EWR-Raum oben RN 68.<br />

243 Zu den Gründen siehe die Materialien bei Kucsko, MSchG, 74. Zur Möglichkeit rechtsmissbräuchlicher<br />

Geltendmachung OGH ÖBl 2007, 28, 31 – Gmundner Keramik II (grüngefl ammt) mit Anm Gamerith; zur<br />

Relevanz sittenwidrigen <strong>Markenrecht</strong>serwerbs OGH wbl 2005, 539, 541 – INWA.<br />

244 Siehe die Materialien aaO 92.<br />

245 So OLG Wien ÖBl 2006, 78, 79 – Canon II mit (klärender) Anmerkung von Gamerith.<br />

184 <strong>Koppensteiner</strong>, <strong>Markenrecht</strong>, LexisNexis

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