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Expertengutachten von Prof. Dr. Markus Schefer - Infosperber

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Glaubens- und Gewissensfreiheit <strong>von</strong> Lehrpersonen: Rechtsgutachten 2<br />

<strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Markus</strong> <strong>Schefer</strong>, LL.M. und Alexander Suter, MLaw<br />

Dieses Schreiben beantwortete Herr<br />

Abgottspon mit Brief vom 21. September<br />

2010, den er an die Schulpräsidentin der OS<br />

Stalden adressierte. Im Wesentlichen wiederholte<br />

er darin seine bereits am 25. August<br />

2010 an die Regionale Orientierungsschulkommission<br />

gerichteten Forderungen und<br />

verlangte, dass ihm alternativ eine anfechtbare<br />

Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung<br />

eröffnet werde.<br />

Am 08. Oktober 2010 kündigte der<br />

Regionalrat der Orientierungsschule Stalden<br />

das Arbeitsverhältnis <strong>von</strong> Herrn Abgottspon<br />

mit sofortiger Wirkung. Der Entschluss zur<br />

fristlosen Kündigung war <strong>von</strong> der Regionalen<br />

Orientierungsschulkommission und den<br />

Gemeindepräsidenten der Schulregion Stalden<br />

am 28. September anlässlich einer gemeinsamen<br />

Sitzung beschlossen worden.<br />

Im entsprechenden Sitzungsprotokoll<br />

findet sich eine chronologische Zusammenfassung<br />

der Ereignisse, die zur Sitzung und<br />

dem anschliessenden Entscheid geführt haben.<br />

Dabei werden als problematische Themen<br />

ausschliesslich die atheistische Einstellung,<br />

die öffentlichen Meinungsäusserungen<br />

<strong>von</strong> Herrn Abgottspon und die damit verbundenen<br />

Ereignisse erwähnt. Die Verfügung<br />

nennt als Gründe für die Entlassung<br />

jedoch das gestörte Vertrauensverhältnis<br />

zwischen Herrn Abgottspan und der Regionalen<br />

Orientierungsschulkommission sowie<br />

seine noch unbeendete Ausbildung. Das gestörte<br />

Verhältnis sei auf verschiedene Vorkommnisse<br />

in den Schuljahren 2009/2010<br />

und 2010/2011 zurückzuführen, ohne dass<br />

diese in der Verfügung näher konkretisiert<br />

wurden. Im Weiteren seien die <strong>von</strong> der<br />

Schulkommission im Schreiben vom 15.<br />

September 2010 an Herrn Abgottspon gestellten<br />

Forderungen (Wiederaufhängen des<br />

Kruzifixes und Unterlassung öffentlicher<br />

Äusserungen) nicht erfüllt worden. Vielmehr<br />

seien inakzeptable Gegenforderungen (Entfernung<br />

des Kruzifixes auch in den verbleibenden<br />

Räumlichkeiten der Schule wie dem<br />

Lehrerzimmer) gestellt worden.<br />

Die Kündigung wurde am 13. Oktober<br />

vom Vorsteher des Departements für<br />

Erziehung, Kultur und Sport bestätigt und<br />

Herrn Abgottspon am 19. Oktober 2010 zugestellt.<br />

II.<br />

Gutachtensfragen<br />

Aus dem bei den Akten liegenden<br />

Schriftverkehr zwischen Herrn Abgottspon<br />

und dem Gemeinwesen sowie aus internen<br />

Dokumenten des Gemeinwesens wird nachvollziehbar,<br />

welche Gründe zur Auflösung<br />

des Arbeitsverhältnisses geführt haben. Bis<br />

kurz vor der Freistellung drehte sich die<br />

Auseinandersetzung ausschliesslich um die<br />

Rolle religiöser Praktiken und Symbole an<br />

den öffentlichen Schulen des Kantons und<br />

die damit verbundene öffentliche Diskussion.<br />

So wurde – auf Hinweis des Adjunkts der<br />

Dienststelle für Unterrichtswesen des kantonalen<br />

Erziehungsdepartementes – <strong>von</strong> der<br />

Schulbehörde erst am Tag der Kündigung<br />

entschieden, „auf zwei Schienen“ zu fahren<br />

und für die Begründung der Entlassung auch<br />

die noch offen stehenden Qualifikationen<br />

<strong>von</strong> Herr Abgottspon heranzuziehen.<br />

Bei dieser Sachlage ist da<strong>von</strong> auszugehen,<br />

dass die ursprünglichen Differenzen<br />

über die Kruzifixe in den Schulräumen und<br />

Herrn Abgottspons öffentliche Äusserungen<br />

als Präsident der Freidenkervereinigung,<br />

obwohl im Kündigungsschreiben nicht explizit<br />

genannt, der Grund für die fristlose<br />

Auflösung des Arbeitsverhältnisses waren.<br />

Dadurch stellen sich mit Blick auf verfassungsmässig<br />

garantierte Grundrechte und<br />

Grundprinzipien verschiedene Rechtsfragen.<br />

Zunächst muss der Frage nachgegangen<br />

werden, ob die geschilderten Vorkommnisse<br />

zu Verletzungen der Glaubens- und<br />

Gewissensfreiheit geführt haben. Konkret<br />

muss geprüft werden, ob <strong>von</strong> Herrn Abgottspon<br />

verlangt werden durfte, in einem<br />

Unterrichtsraum mit Kruzifix zu unterrichten<br />

und Vorbereitungen für Kultushandlungen<br />

durchzuführen. Insbesondere ist dabei der<br />

Frage nachzugehen, ob <strong>von</strong> Herrn Abgottspon<br />

verlangt werden durfte, das Kruzifix<br />

in seinem Schulraum wieder aufzuhängen.

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