09.11.2012 Aufrufe

Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“

Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“

Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

mutwilligen Eingriffen zu sichern: Neben Schulprojekten 27 sollten auch außerschulische<br />

Bildungsträger (KVHS, LEB/Ländliche Erwachsenenbildung, Evangelischer Jugendhof) <strong>und</strong><br />

Vereine (wie Ortsgruppen einzelner Vertriebenverbände) sowie die Gewerkschaften, die<br />

demokratischen Parteien <strong>und</strong> die Kirchengemeinden (z.B. im Rahmen des Konfirmanden- <strong>und</strong><br />

Firmungsunterrichtes) eine Patenschaft für einzelne Orte übernehmen. 28 Im Rahmen der<br />

regelmäßigen Pflege (Säubern, Laubbeseitigung etc.) erfolgt eine inhaltliche Beschäftigung<br />

mit dem jeweiligen Ort mit Bezügen zu heutigen politischen Auseinandersetzungen. Aus dem<br />

bereits recherchierten Quellenf<strong>und</strong>us erfolgt nach dem Vorbild der Unterrichtsmaterialien zur<br />

Zwangsarbeit von Joachim Woock eine kleine Zusammenstellung von Materialien für die<br />

Projektarbeit. Die aktuellen Bezüge werden dann jeweils vom Verantwortlichen/Betreuer der<br />

Gruppe hergestellt, das können aktuelle Berichte aus der Tagespresse, Dokumentationen aus<br />

dem Fernsehen oder der Besuch einer bestimmten Veranstaltung sein. Als Beispiele aktueller<br />

Bezüge sind denkbar:<br />

- Ort der zerstörten Synagoge – Religiöse Toleranz, religiöser Fanatismus;<br />

- Sachsenhain – Geschichtsverfälschung durch politische Instrumentalisierung;<br />

- Uphusen – Holocaust-Leugner oder/<strong>und</strong> Menschenwürde;<br />

- Gräber von Zwangsarbeiterkindern – Kinderrechte, Kindesmisshandlung <strong>und</strong> -vernachlässigung;<br />

- Haus von General von Seydlitz – Brüche im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert, Verrat <strong>und</strong>/oder Widerstand;<br />

- Verschleppung der Sinti <strong>und</strong> Roma – Toleranz für andere Lebenszusammenhänge/Kulturen;<br />

- etc.<br />

Fragen nach den Personen der Täter sollte in Informationstexten/Ausstellungen nachgegangen<br />

werden. Dabei gilt es zu bedenken: diese Auseinandersetzung kann Empathie, zumindest ein<br />

„Verstehen“ der Akteure erzeugen. Hier gilt, wie Christopher Browning bemerkt, dass<br />

Erklären nicht „Entschuldigen“ <strong>und</strong> Verstehen nicht „Vergeben“ bedeutet. Denn „wenn man<br />

unrechtes Verhalten erklärt, muss man es noch lange nicht entschuldigen, <strong>und</strong> wenn man es<br />

versteht, muss man den Tätern noch lange nicht vergeben. Ohne den Versuch, die Täter in<br />

menschlicher Hinsicht zu verstehen, wäre [ ...] jede historische Untersuchung [unmöglich],<br />

die sich mit den Holocaust-Verbrechern befasst“ 29 .<br />

27<br />

Bestimmte Klassenstufen aller Schulen sollten sich im Rahmen eines Geschichtsprojektes mit einem zuvor<br />

festgelegten Gedenkort beschäftigen.<br />

28<br />

Die Verfasserin betreute im Schuljahr 2000/2001 die Abschlussklasse der Realschule Curslack in Hamburg-<br />

Vierlande, die sich mit dem Weg der Häftlinge des KZ Neuengamme durch den Ort <strong>und</strong> ihre Leiden auseinander<br />

setzte. Die Klasse erhielt dafür den „Bertini-Preis für junge Menschen mit Zivilcourage gegen Vergessen für ein<br />

gleichberechtigtes Miteinander“, der seit 1997 jeweils am 27. Januar in Hamburg vergeben wird. Im Rahmen<br />

ihrer Schulabschlussfeier wurden fünf ausgewählte Orte mit Informationstafeln, die jeweils auch historische<br />

Fotos/Dokumente enthalten, mit Zuschüssen der Ortsverwaltung <strong>und</strong> der Kulturbehörde markiert, deren Pflege<br />

seither zweimal jährlich von der jeweiligen Abschlussklasse geleistet wird.<br />

29<br />

Christopher Browning: Ganz normale Männer. Das Reserve-Polizeibataillon 101 <strong>und</strong> die „Endlösung“ in Polen,<br />

Hamburg 1993, S. 17.<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!