Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“

Sachverhalten/Ereignissen und Quellen die Multiperspektivität einer demokratisch verfassten
Gesellschaft ausmachen. 7
Zu bedenken ist, wenn wir die Menschen in der Verdener Ortsgeschichte abholen: Ein
Großteil der heutigen Bevölkerung hat ihre Wurzeln nicht in der Stadt bzw. im Landkreis,
sondern in den ehemaligen deutschen Ostgebieten, im heutigen Russland (Oblast Leningrad,
früher Ostpreußen), Polen oder Tschechien. Sie kamen erst nach 1945 hierher und mussten
sich eine komplett neue Existenz aufbauen. Allerdings wuchsen die Kinder und Enkel hier
auf, für die diese Stadt und ihre Umgebung ihre Alltagswelt wurde.
1. Zum konkreten historischen Hintergrund
Stadt und Landkreis Verden waren im Nationalsozialismus „ganz normal“: Die kleine
Gestapoaußenstelle der Staatspolizeistelle Bremen verfolgte die politischen Gegner, auch die
Menschen, die zu Gegnern erklärt oder von Nachbarn denunziert wurden. Die Kripo verfolgte
die „Berufsverbrecher“, die „Zigeuner“, die „Asozialen“, die Staatenlosen, ab 1939 die
Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen, was für viele von ihnen zur Verbringung ins KZ
führte und den Tod bedeutete. Die Gerichte sprachen Recht nach den nationalsozialistischen
Verordnungen und neuen Gesetzen. Die jüdischen Mitbürger waren von der Rassenpolitik
betroffen, ihre Geschäfte wurden zerstört, sie wurden mit den Nürnberger Gesetzen 1935 und
ihren Folgen zu Menschen 2. Klasse, wenn sie nicht emigrierten, kamen sie in
Konzentrations- und Vernichtungslager. Im Verlaufe des Krieges profitierten Betriebe,
Landwirtschaft und Haushalte vom Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, in
den letzten Kriegsmonaten befanden sich sogar zwei Außenlager des KZ-Komplexes
Neuengamme im Landkreis.
Verden hat darüber hinaus eine Besonderheit zu bedenken: In Dauelsen vor den Toren der
Stadt befand sich eines der Mythenprojekte von Reichsführer-SS und Chef der deutschen
Polizei Heinrich Himmler, der Sachsenhain. 1934-1936 SS-Kultstätte – vom
Reichsarbeitsdienst und örtlichen Baufirmen unter Mithilfe lokaler Handwerksbetriebe –
1934-1936 errichtet, verlor er jedoch danach wieder an Bedeutung. Getragen wurde der
Sachsenhain von der SS und der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe e.V., eine
7 Thorsten Heese: Vergangenheit „begreifen“. Die gegenständliche Quelle im Geschichtsunterricht, Bad
Schwalbach/Ts 2008 (Reihe: Methoden historischen Lernens).
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