Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“
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Vorwort<br />
Die menschenverachtende Politik des Nationalsozialismus mit ihren unendlichen<br />
Menschenrechtsverletzungen kann als zentrale Negativreferenz eines gemeinsamen<br />
europäischen Gedächtnisses – <strong>und</strong> damit auch in Stadt <strong>und</strong> Landkreis Verden – bezeichnet<br />
werden. 1 Bemühungen gegen den „medialen Overkill“ zum Nationalsozialismus (Filme,<br />
Dokumentationen, Romane etc.) stoßen immer wieder auf Distanz („nicht schon wieder“,<br />
„das hab´ ich doch alles schon im Fernsehen gesehen“), aber sie zielen darauf, „den<br />
Holocaust“ als Erinnerungsort zum Nachdenken über die Menschenrechte <strong>und</strong> die Folgen<br />
ihrer Missachtung zu etablieren. In Ländern wie Schweden oder den USA, wo es überwiegend<br />
weder personelle noch örtliche Bezüge zu den Verbrechen gibt, wird in Projekten <strong>und</strong> Museen<br />
sogar „Authenzität“ nachgestellt. 2 Dagegen sind in Deutschland flächendeckend – <strong>und</strong> nicht<br />
nur in den großen, inzwischen etablierten KZ-Gedenkstätten – authentische Orte der<br />
Verfolgung <strong>und</strong> der Täter vorhanden. Seit den späten 1970er Jahren durch die Gründung der<br />
Geschichtswerkstätten mit Unterstützung von schulischen <strong>und</strong> kirchlichen<br />
Geschichtsprojekten <strong>und</strong> – initiativen 3 sind nach <strong>und</strong> nach die Orte der Verbrechen, die<br />
Namen der Opfer – sofern die Quellen es zulassen – <strong>und</strong> die Biografien der Täter recherchiert<br />
worden. Verden ist in diesem Zusammenhang hervorragend aufgestellt 4 <strong>und</strong> möchte dies nun<br />
öffentlich darstellen. Gleichwohl wird – wie in jeder Demokratie – ein solches Vorhaben<br />
kontrovers diskutiert.<br />
"Die Gegenwart ist im Verhältnis zur Vergangenheit Zukunft, ebenso wie die Gegenwart der<br />
Zukunft gegenüber Vergangenheit ist. Darum, wer die Gegenwart kennt, kann auch die<br />
Vergangenheit erkennen. Wer die Vergangenheit kennt, vermag auch die Zukunft zu<br />
erkennen." (Le Buwei, chinesischer Philosoph 300 v. Chr.)<br />
Der Satz aus der chinesischen Philosophie verweist auf die Nachteile der<br />
„Schlussstrichmentalität“ („Belasten Sie nicht die jungen Menschen mit der Vergangenheit,“<br />
Leserbrief 16.11.07 in der VAZ) <strong>und</strong> auf das Missverständnis zur Auseinandersetzung mit<br />
dem Nationalsozialismus, wonach diese – <strong>und</strong> damit letztendlich auch die<br />
1<br />
Jens Kroh: Transnationale Erinnerung. Der Holocaust im Fokus geschichtspolitischer Initiativen, Frankfurt/M.<br />
2008.<br />
2<br />
United States Holocaust Memorial Museum in Washington, Institut for Levande Historie in Stockholm.<br />
3<br />
Detlef Garbe: Seismographen der Vergangenheitsbewältigung: Regionalbewußtsein <strong>und</strong> Erinnerungsorte der<br />
NS-Verbrechen am Beispiel des ehemaligen KZ Neuengamme, in: Habbo Knoch (Hg.): Das Erbe der Provinz.<br />
Heimatkultur <strong>und</strong> Geschichtspolitik nach 1945, Göttingen 2001, S. 218-232.<br />
4<br />
stellvertretend sei hier lediglich verwiesen auf: Joachim Woock: Zwangsarbeit ausländischer Arbeitsräfte im<br />
Regionalbereich Verden/Aller (1939-1945), Diss. Hannover 2004.<br />
3