Rahmenkonzept „Erinnerungskultur und Demokratiebildung“
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Informationstafeln soll die Einwohner <strong>und</strong> Gäste auch im Vorbeigehen aufmerksam machen,<br />
wenn sie es wollen, <strong>und</strong> so ein Zeichen gegen die Neonazis setzen.<br />
Exkurs 1: Schlaglicht auf die Geschichte des Gedenkens seit dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
Kriegerdenkmäler wurden seit Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in Städten <strong>und</strong> Gemeinden errichtet,<br />
manchmal direkt in Kirchen platziert, um der Kriegstoten aus den jeweiligen Orten zu<br />
gedenken. 11 Auf Familiengräbern finden sich ebenfalls die Namen <strong>und</strong> Lebensdaten von<br />
Gefallenen unabhängig davon, ob sie am Ort ihres Todes ein Grab gef<strong>und</strong>en haben oder nicht.<br />
Seit 1952 wird der Volkstrauertag zwei Sonntage vor dem 1. Advent in Erinnerung an alle<br />
Opfer von Krieg <strong>und</strong> Gewaltherrschaft begangen. 12 Er ging auf eine Initiative des<br />
Volksb<strong>und</strong>es deutscher Kriegsgräberfürsorge im Jahr 1919 zurück. 13 Inzwischen – nach fast<br />
65 Jahren Frieden in Mitteleuropa – sind die Veranstaltungen, an denen sich überwiegend<br />
ältere Menschen <strong>und</strong> die Vertreter der politischen Parteien beteiligen, oft Rituale geworden,<br />
die – wie in Verden 2008 – nur durch die Beiträge einzelner Jugendlicher aufgelockert<br />
werden. Seit der Wende 1989 fällt in den Neuen B<strong>und</strong>esländern auf, dass selbst in kleinen<br />
Dörfern die vernachlässigten Denkmäler für die Gefallenen der beiden Weltkriege restauriert<br />
oder sogar wiedererrichtet wurden. 14 Es entspricht ganz offensichtlich auch noch nach<br />
Jahrzehnten dem Bedürfnis der Überlebenden <strong>und</strong> Angehörigen der Gefallenen, ihnen einen<br />
Ort der Erinnerung zu geben. 15<br />
Dagegen haben die Opfer der NS-Vernichtungspolitik meist kein Grab, keinen Namen<br />
<strong>und</strong> damit keinen Ort, der konkret an sie, an ihre Misshandlungen, ihr Leiden <strong>und</strong> ihr Sterben<br />
11 Während sie in fast allen europäischen Ländern bis in die 1930er Jahre hinein von Stolz <strong>und</strong> Wehrwillen, oft<br />
sogar Revancheabsichten ausdrücken, mahnen heutzutage Kriegerdenkmaler zu Frieden <strong>und</strong> Respekt vor den<br />
Menschenrechten <strong>und</strong> sind oft ein Ort des Gedenkens an alle Opfer von Krieg <strong>und</strong> Gewaltherrschaft (siehe Neue<br />
Wache in Berlin. vgl.: Meinhold Lurz: Kriegerdenkmäler in Deutschland, 6 Bände, Heidelberg 1985–1987;<br />
Reinhart Koselleck, Michael Jeismann (Hg.): Der politische Totenkult. Kriegerdenkmäler in der Moderne,<br />
München 1994.<br />
12 Nicht zu verwechseln – wie oft in der Presse, so auch im November 2008 in der Verdener Aller-Zeitung – mit<br />
dem Totensonntag, der dem Volkstrauertag folgt, dem evangelischen Gedenktag an die Verstorbenen, wie dies<br />
durch die Katholiken am 1.11. jeden Jahres geschieht.<br />
13 Thomas Peter Petersen: Der Volkstrauertag – seine Geschichte <strong>und</strong> Entwicklung. Eine wissenschaftliche<br />
Betrachtung, Bad Kleinen 1998 (Eigenverlag).<br />
14 Peter Franz: Martialische Idole. Die Sprache der Kriegerdenkmäler in Thüringen. Eine landesweite<br />
Darstellung des Bestands <strong>und</strong> eine kritische Analyse ihrer ikonografischen <strong>und</strong> verbalen Botschaften, Jena 2001.<br />
15 Reinhart Koselleck: Kriegerdenkmale als Identitätsstiftungen der Überlebenden. In: Odo Marquart, Karl-Heinz<br />
Stierle (Hg.): Identität, Politik, Hermeneutik, München 1979.<br />
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