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Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

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Das Herrenhaus<br />

der Heuneburg<br />

bei Hundersingen<br />

Nachtrag<br />

<strong>zur</strong> Ausgabe 3/2010<br />

30<br />

• hoher Harzgehalt, also Entnahme aus dem unteren Teil<br />

des Stammes.<br />

Wie wird eine Holzschindel hergestellt?<br />

Die erste Aufgabe war es, eine Auswahl geeigneter Bäume<br />

zu treffen. Notwendig sind <strong>im</strong> unteren Bereich geradwüchsige<br />

und astfreie Bäume. Ortsnamen wie etwa<br />

Schindelegg erinnern an Orte, wo für die Schindelherstellung<br />

geeignete Bäume wuchsen. Die Auswahl der Bäume<br />

wurde selbstverständlich von dem Schindelhersteller vorgenommen.<br />

Die Bäume wurden <strong>im</strong> Winter gefällt, meist<br />

zwischen dem 15. Dezember und dem 20. Januar.<br />

Die Schindelmacher schnitten dann aus dem unteren<br />

Teil des Stammes Stücke von ca. 50 cm ab für die Herstellung<br />

von Schindeln für ein Schardach oder aber Stücke<br />

von 80 cm für die Herstellung von Schindeln für ein<br />

Legschindeldach.<br />

Das Holz aus dem unteren Teil des Stammes hat den<br />

höchsten Harzanteil, das geringste Schwundverhalten<br />

und ist am ehesten astfrei. Diese Stammstücke wurden<br />

mit der sogenannten Kletzhacke und dem Kletzschlägel<br />

geviertelt und anschließend der Kern abgetrennt. Der eigentliche<br />

Spaltvorgang der Schindel konnte nun in zwei<br />

Arten erfolgen. Entweder von Außenwand zum Kern hin<br />

= stehende Jahresringe oder aber quer zum Kern hin = liegende<br />

Jahresringe.<br />

Bei Lärchen- und Kiefernholz wurde das weiche<br />

Splintholz entfernt und die Schindel mit dem Reifmesser<br />

auf der Schindelbank am stärkeren Ende einseitig<br />

entkantet. Es wurden in den verschiedenen Regionen unterschiedliche<br />

Schindelformen hergestellt. So gibt es den<br />

Rund- und Korbbogen, die an den Ecken abgekanteten<br />

Schindeln bis hin <strong>zur</strong> Eselsrückenform. Im Erzgebirge<br />

und <strong>im</strong> Böhmerwald wurden Holzschindeln mit einer<br />

seitlichen Nut hergestellt, um eine höhere Dichtigkeit zu<br />

erzielen. Die fertigen Schindeln wurden nun in trockenen<br />

Räumen kreuzweise aufgestapelt und von oben beschwert.<br />

So blieben sie mindestens ein Jahr liegen, oftmals wurde<br />

der Stapel aber auch umgepackt, um eine gleichmäßige<br />

Trocknung zu erreichen.<br />

Mit traditionell hergestellten, also gespaltenen Schindeln<br />

gedeckte Dächer haben eine sehr hohe Lebensdauer,<br />

bis zu 70 Jahren sind keine Seltenheit. Durch den<br />

Spaltprozeß sind nur wenige Holzporen angerissen bzw.<br />

beschädigt worden, d. h. Wasser kann nicht mehr über<br />

angeschnittene Poren in das Holz eindringen. Die durch<br />

den Spaltprozess zwangsläufig entstandenen Rillen auf<br />

der Oberfläche, durch die Jahresringstruktur, kann Wasser<br />

sehr schnell abfließen. Die zumeist dreilagig verleg-<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011<br />

ten Schindeln liegen dadurch nicht genau plan auf, so<br />

dass die Zwischenräume belüftet werden. Eine andere<br />

Eigenschaft von Holz trägt sehr <strong>zur</strong> Haltbarkeit eines<br />

Schindeldaches bei. Bei Regenwetter werden die Oberseiten<br />

der Holzschindel nass. Durch diesen einseitigen<br />

Vorgang wölbt sich die Schindel nach oben und drückt<br />

dabei die seitlichen Fugen zu. Scheint anschließend die<br />

Sonne, findet genau der umgekehrte Prozeß statt. Die<br />

Oberseite der Holzschindel trocknet schneller ab als die<br />

Unterseite, die Schindel wölbt nun ihre Außenkanten<br />

nach oben, die darunter liegenden Schindeln können abtrocknen<br />

und werden gut belüftet.<br />

Heute werden aus Kostengründen hauptsächlich gesägte<br />

Holzschindeln angeboten, die bei weitem nicht an<br />

die Lebensdauer gespaltener Schindeln heranreichen.<br />

Diesem Mangel versucht man mit dem Einsatz von Imprägnierungen<br />

und ähnlichem abzuhelfen, allerdings<br />

nur mit mäßigem Erfolg.<br />

Seit einigen Jahren erlebt die Holzschindel sowohl<br />

als <strong>Dacheindeckung</strong>smaterial wie auch als Material für<br />

Wandverkleidungen eine Renaissance, zum Beispiel<br />

wurde <strong>im</strong> Zuge der Entwicklung der sogenannten „Neuen<br />

Alpenarchitektur“ das Material wieder entdeckt. Prominentestes<br />

Beispiel hierfür dürfte die Chesa Futura von<br />

Norman Foster in St. Moritz sein.<br />

Rainer W. Leonhardt<br />

betreibt seit 1980 in Berlin einen Betrieb für antike Baumaterialien.<br />

Seit 1996 ist er als Dozent tätig an diversen<br />

Ausbildungsstätten <strong>im</strong> Rahmen der Ausbildung „<strong>Restaurator</strong><br />

<strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong>“ und dem Aufbaustudium Denkmalpflege.<br />

E-Mail: info@rainer-w-leonhardt.de<br />

Nachtrag zum Artikel „Stadtbürgerliche Bilderlust“ von<br />

Werner Brunner in der Ausgabe 3/2010<br />

In der Bildunterschrift zum Foto „Berlin–Mitte, Alte Schönhauser Allee 6 …“ auf<br />

Seite 29, oben rechts, fehlt der Hinweis auf die Durchführung des Restaurierungsprojektes<br />

durch die Freie <strong>Restaurator</strong>en-Gemeinschaft Sanden • König • Heise,<br />

Atelier für Farbgestaltung und Restaurierung.<br />

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